Hallöchen,
interessanter Beitrag. Und sicherlich sehr sehr gut vertretbar.
Die Idee mit der spezialgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für eine (schulische) Durchsuchung ist mir grundsätzlich auch sehr sympathisch, weil sie am saubersten ist. Insbesondere da es um Durchsuchungen im Zusammenhang mit einer Gefahrenabwehr (Verletzung von Schulregeln/Schulfrieden) geht.
Ich möchte nun aber anführen, warum ich der Meinung bin, dass der Eingriff (in manchen Fällen) dennoch gedeckt ist.
Sie schreiben, dass es zwingend eine Spezialnorm im Schulgesetz geben muss, weil der Eingriff zu schwer wiegt. Eine Generalklausel reiche nicht aus.
Sie schreiben weiter, es bedürfe weiterer formaler Bedingungen (Niederschrift, Zeugen, Begründung etc.)
Die Ansicht ist, wie gesagt, sehr gut vertretbar. Aufgabe der Generalklauseln ist indes, im Falle von Gesetzeslücken, den Berechtigten eine rechtliche Handhabe für ihr Tun zu geben. Bei der Auslegung und Anwendung der Generalklausel ist dabei aber natürlich besonders auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (VHM) Acht zu geben. Es dürfen also nur Maßnahmen ergriffen werden, die einen legitimen Zweck verfolgen, zur Zweckerreichung geeignet und erforderlich sind und die letzten Endes auch im Einzelfall angemessen sind.
Ein legitimer Zweck (z.B. Gleichbehandlung und faire Bewertung schulischer Leistungen u.a.) und die Geeignetheit dürften hier keine Probleme machen. Auf der Ebene der Erforderlichkeit wäre nun zu gucken, ob mildere, dabei aber gleichwirksame Mittel in Frage kommen. Alternative Mittel wären wohl folgende:
1.) Laufenlassen des Schülers;
2.) Herbeirufung der Eltern;
3.) Hinzuziehung der Polizei (Störung des Schulfriedens als Gefahr);
4.) Hinzuziehung der Strafverfolgungsbehörden (wenn man die Täuschung bei der Prüfung mal als Betrug verstehen möchte).
Möglichkeit 1.) dürfte keine Option sein. Hier fehlt es schon an der gleichen Wirksamkeit.
Möglichkeit 2.) dürfte zwar eine Option sein. Meines Erachtens fehlt es dann aber ebenfalls an der gleichen Wirksamkeit. Ansonsten müsste man den Schüler, bis zum Eintreffen der Eltern, 100% Überwachen. Sonst könnte er den vermeintlichen Spickzettel beseitigen.
Möglichkeit 3.) und 4.) dürften indes schon kein milderes Mittel darstellen. Die Durchsuchung durch die Polizei- und Ordnungsbehörden, bzw. durch die Strafverfolgungsbehörde wäre dann zwar der „ordentliche“ Weg. Dieser dürfte für den Schüler letztlich aber einen deutlich höheren Eingriffsgrad darstellen. Insbesondere wenn dann eben ein Zettel gefunden würde, der den Schüler der Täuschung überführt. Zumindest aber dürfte dieses alternative Vorgehen an den Hürden der Angemessenheit scheitern.
Dass der Täuschungsversuch in (Schul-)Prüfungen sanktioniert (Ungenügend, Wiederholung) werden kann, ergibt sich dabei aus dem (materiellen) Gesetz. Vgl. für NRW: § 52 Abs. 1 Nr. 14 SchulG NRW i.V.m. §§ 36, 6 Abs. 7 APO-S 1
Vgl. http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Schulrecht/APO…
Wenn solche Sanktionen möglich sind, dann muss der Lehrer denklogisch auch eine Handhabe (und sei es nur über eine Generalklausel) dafür haben, den Täuschungsversuch überhaupt nachzuweisen.
Natürlich muss aber auch die Durchsuchungsform an sich, verhältnismäßigen Grundsätzen genügen. So wird ein sich Entkleiden völlig unverhältnismäßig sein. Ein Griff in die Jackentasche dürfte indes unbedenklich sein. Bei einem Griff in die Hosentasche sind dann wieder sehr viel strengere Maßstäbe heranzuziehen. So wird man bei einem Mädchen eine weibliche Lehrperson heranzuziehen haben, während man bei einem Jungen einen männlichen Lehrkörper fordern müsste.
Insofern wäre der Gesetzgeber in der Tat aufgerufen, die Rechtslage an dieser Stelle genauer zu klären.
Die von Ihnen geforderten formalen Bedingungen können allerdings - bis zur Schaffung einer Spezialnorm - in die Anforderungen an die VHM hineingelesen werden. So könnte man die Durchsuchung in allen Fällen dann doch noch „Tod bekommen“.
Fazit:
Nicht jede Durchsuchung ist erlaubt und nicht jede Durchsuchung ist explizit als verboten anzusehen.