Allerdings fühlte ich mich dazu doch mehr als
versucht nach deinem Argument, welches man auch als billig
bezeichnen könnte: Das Bezahlen alter Schulden als Anzeichen
für rechtmäßiges Vorgehen.
Ist das Bezahlen alter Schulden etwa kein rechtmäßiges Vorgehen?
Die Frage ist natürlich, wer mit welchen Interessen diesen
Satz wie auslegt.
Du sagst es. Due USA hat diesen Satz so ausgelegt, daß die Erwähnung des Selbstverteidigungsrechtes im Zusammenhang mit terroristischen Anschlägen ihr die Aktivierung von Artikel 51 der UN-Charta ermöglicht und die Tatsache, daß die UNO keinen Wiederspruch gegen diese Auslegung erhoben hat darf man getrost so interpretieren, daß sie mit ihren Resolutionen genau das gemeint hat.
Ich bin leider kein Völkerrechtler. Das ist zwar ein
interessantes Argument, aber ich denke, die UNO hätte wohl
eine explizite Ermächtigung geben müssen, damit ein fremdes
Land irgendwo Krieg führen kann.
Selbstverzteidigung ist auch ohne eine solche Ermächtigung möglich.
Anders würde es aussehen, wenn die USA den Krieg nicht zur Selbstverteidigung, sondern zur allgemeinen Bekämpfung des Terrorismus oder aus irgendwelchen anderen Gründen geführt hätte. Das hat (offiziell) aber nicht. Während des gesamten Krieges hat die USA immer wieder betont, daß es um die Ergreifung der Verantwortlichen der Anschläge vom 11.9. zur Abwendung weiterer Anschläge dieser Art geht. Wenn dabei auch die Nordallianz unterstützt und die Taliban bekäpft wurden, dann wurde das offiziell als Nebeneffekt des krieges gegen die Terroristen bezeichnet. Nur Fischer & Co. haben die völkerrechtliche Tragweite dieses Unterschiedes offenbar nicht begriffen un den Krieg mit dem Kampf gegen das Talibanregime begründet. Die USA hat sich in dieser Beziehung wesentlich dichter am Völkerrecht bewegt.
Ehrlich gesagt: Das hat mich auch erstaunt. Gerade mit einem
Geisteszwergen wie Bush an der Spitze hätte ich genau das
erwartet: sofortiges Losbomben.
Genau das meinte ich. Das jetzige Vorgehen der USA unterscheidet sich von ihrem früheren Verhalten durch ein deutlich besseres diplomatisches Vorgehen und die geradezu auffallende Einhaltung des Völkerrechtes. Nach der peinlichen Vorstellung die die NATO bei ihrer Generalprobe als Weltpolizist im Kosovo gegeben hat, könnte das ein Hinweis auf einen Kurswechsel bedeuten. Möglicherweise setzt die USA nun wieder mehr auf die UNO, anstatt sie zu schwächen und durch die NATO zu ersetzen.
Und sie brauchten dringend Pakistan als Ausgangsbasis.
Wozu? Beim letzten Anschlag auf das WTC hat Clinton seine Marschflugkörper auch ohne Überflugrechte nach Afghanistan geschickt. Das wäre diesmal sicher auch gegangen. Was sollte Pakistan dagegen tun? Die Amerikaner abschießen?
Nicht umsonst gibt es z.B. für
das deutsche Recht die Verfassungsgrundsätze (Gleichheit,
Menschenwürde etc.), auf die alle Gesetze aufbauen müssen.
Genau dieses Grundgesetz fehlt aber auf internationaler Ebene. Es gibt keine Weltverfassung die allgemeingültige Grundsätze festlegt. Statt dessen gibt es nur ein Wirrwar internationaler Verträge und selbst deren Einhaltung ist nicht bindend (siehe ABmm-Vertrag).
- gegen national geltende Grundsätze auf internationaler
Ebene verstößt (unter stillschweigender zu Hilfenahme des
Argumentes, dass es international eben kein gefestigtes
Rechtsgefüge gibt)
Landesrecht unterscheidet sich von Bundesrecht, Bundesrecht von Europarecht und dieses wiederum von internationalem Recht. Es ist nicht notwenigerweise verwerflich, wenn beispielsweise Bundesrecht durch Gesetze auf Landesebene weiter eingeschränkt werden. Das bedeutet keineswegs, daß man sich bundesweit an diese Einschränkungen halten muß. Genausowenig wie Landesrecht bundesweit bindend ist, ist nationalers recht auf internaionaler Ebene binden. das gilt besonders dann, wenn sich beide Rechtssysteme so grundlegend unterscheiden, wie es bei nationalem und internationalem Recht der Fall ist.
- die Festigung eben der Rechtsgrundlagen auf internationaler
Ebene auch noch torpediert.
Das kann ich nur verlogen, scheinheilig und unverschämt
nennen.
Aber leider nicht rechtswiedrig.
Das grundsätzliche Problem beim internationalen Recht besteht darin, daß sich die Rechtsauffassungen vieler Länder so grundlegend unterscheiden, daß die Schaffung eines internationalen Rechtes, welches mit allen vereinbar ist unmöglich erscheint. Zwar erscheint es vom moralischen Standpunkt aus am besten, wenn sich die Länder auch nach außen so verhalten, wie es in ihrem Inneren vorgeschrieben ist, aber dadurch würden sie sich Beschränkungen auferlegen, die für andere Staaten mit anderen Gesetzen nicht gelten. (Beispielsweise müßten sich demokratische Staaten demokratisch verhalten, während sich diktaturen nicht um die meinung anderer kümmern müßten.) Gegenüber diesen Staaten würden sich sich damit selbst benachteiligen. Da das niemand gerne tut, versucht man sich auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen und der liegt wegen der großen Differenzen zwischen der verschiedenen Rechts- und Moralvorstellungen leider in der Nähe der Anarchie.