Schon viele Politiker sind wegen Privatreisen auf Kosten des Staates in Bedrängnis geraten.
Von Jakob Augstein -Suedd.Ztg.
(SZ vom 7.9.2001) - Am meisten beeindruckten den Kanzler die Telephone: In einer Höhe von 10000 Metern über dem indischen Subkontinent war die Verbindung zur grippekranken Ehefrau am Rhein „glasklar wie ein Ortsgespräch“, freute sich Helmut Kohl. Das konnte man wohl auch erwarten angesichts der 50 Millionen Mark, die die Bundesregierung allein in den kohlgerechten Umbau des Airbus gesteckt hatte, der auf den Namen „Konrad Adenauer“ getauft worden war.
Fliegen ist immer ein bisschen teurer – wenn man Politiker ist. Und sich über die teuren Flugreisen der Kollegen zu beklagen, war schon immer wohlfeil für Politiker, wenn sie gerade nicht an der Regierung sind. Das galt für die CDU während der Regierung Schmidt, für die SPD während der Regierung Kohl, und es gilt heute wiederum für die CDU während der Regierung Schröder.
Dabei lässt sich mit vermeintlichen oder tatsächlichen Reise-Vergehen von Politikern erst seit kurzer Zeit beim Publikum punkten. Vielleicht hat das Volk seinen Repräsentanten früher die Zügel lockerer gelassen.
Vielleicht haben sich die politischen Vorväter schlicht mit dem Zug begnügt. Jedenfalls sind nennenswerte Klagen über maßlosen Polit-Tourismus aus den Zeiten Adenauers oder Brandts nicht überliefert. Zu Beginn der neunziger Jahre jedoch mokierte man sich plötzlich über eine Feststellung des Auswärtigen Amtes, nach der sich die Zahl von Auslandsreisen der Bundestagsabgeordneten zwischen 1985 und 1991 glatt verdreifacht hatte.
An einer neuen weltpolitischen Geltung der Bundesrepublik allein wird diese verstärkte Reisetätigkeit kaum gelegen haben. Vorzugsweise während des dunklen deutschen Winters häuften sich die Reisen nach Kenia, Bali, den Seychellen oder an welchen Stränden sonst es galt, deutsche Interessen zu vertreten. Der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher ließ dringend darum bitten, das parlamentarische Reisefieber einzudämmen.
Seine Leute in Übersee seien „häufig nicht mehr in der Lage, die Betreuung der Parlamentarier in der gewünschten Form zu gewährleisten“.
Adressat Genschers in dieser Sache: Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth.
Süssmuth war es auch, die später dem Begriff „Flugaffäre“ einen festen Platz im politischen Sprachgebrauch verschaffte.
Reisefreudige Politiker, die Linie fliegen und die Rechnung an den Staat weiterleiten, sind eine Sache. Eine andere, und auf der Skandal-Skala höher angesiedelte, sind aber Politiker, die gleich die Flugbereitschaft der Bundeswehr in Marsch setzen.
Süssmuth kam darum 1996 in heftige Turbulenzen als man ihr vorwarf, die Bundeswehrflieger für private Reisen in die Schweiz genutzt zu haben, wo ihre Tochter wohnte. Der bemerkenswerteste Effekt der Affäre war ein sofortiger und deutlicher Rückgang der Auslandsflüge der Bundeswehr um mehr als ein Viertel.
Wofür wiederum kaum die internationale Lage verantwortlich gewesen sein wird. Als die allgemeine Aufregung abgeklungen war, normalisierte sich das politische Reiseverhalten rasch wieder.
Ursprünglich sollte die 1957 gegründete Flugbereitschaft „der Erfüllung der Aufgaben der Bundeswehr“ dienen. Wenn einer der sieben Airbusse, der sechs Challenger oder der drei Hubschrauber aus Köln-Bonn oder Berlin-Tegel abhebt, ist der militärische Nutzen zumeist allerdings eher gering: In drei Viertel aller Fälle ist es die Politprominenz, die sich der Wehr-Flieger bedient, vom Bundespräsidenten bis hin zum Fraktionsvorsitzenden.
Nach der Süssmuth-Affäre waren 1998 die Richtlinien für die Nutzung der Wehr-Flieger verschärft worden: Ausdrücklich wurden die Maschinen nun für die Ausübung von Amtsgeschäften reserviert und das auch nur dann, wenn andere Verkehrsmittel nicht zur Verfügung stehen. Eine hinlänglich flexible Vorschrift, die die bisherigen Reisegewohnheiten der Politiker nicht ernsthaft gefährdete.
Der schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete und Luftwaffengeneral a.D. Manfred Opel hatte stattdessen vorgeschlagen, die Flugbereitschaft weitgehend zu privatisieren. Nur noch Kanzler und Präsident sollten mit Staatsmaschinen reisen, alle übrigen am Lufthansa-Schalter einchecken.
Dieser radikale Vorschlag ging selbst dem Verteidigungsministerium zu weit, das manchmal über die Zweckentfremdung seiner Flotte die Nase rümpft. Ohne Flugbereitschaft sei die „Landes- und Bündnisverteidigung“ in Gefahr, stöhnte seinerzeit die Hardthöhe.
Und auch Verteidigungsminister Rudolf Scharping will sich nicht wirklich von seiner Luftflotte trennen. Die Kurz- und Mittelstreckenflieger sollen zwar privatisiert werden. Aber wenigstens zwei Challenger-Maschinen will Scharping behalten. Die Maschinen würden für den Krankentransport der Truppe benötigt, heißt es. Die bequemen Ledersessel lassen sich übrigens ganz leicht wieder einbauen.
…soll das geregelt werden -da ja nicht nur bei Scharping relevant ?
Privatisieren?
Gruss
dizar