Das philosophische Quartett

Hallo

Der eine oder andere kennt doch sicherlich die Sendung „Das
philosophische Quartett“, die manchmal spaetabends im ZDF kommt.
Dort sitzen Peter Sloterdijk und Ruediger Safranski nebst zweier von
Sendung zu Sendung wechselnder Gaeste und labern, dass einem uebel
werden kann. Die letzte Sendung beschaeftigte sich mit dem freien
Willen b.z.w. dem freien Gehirn. Ein Schriftsteller, dessen
Expertentum ich gar nicht erkennen konnte, und ein
Neurobiologe/Gehirnforscher waren zu Gast. Was letzterer sagte, war
noch recht interessant, aber bei Safranski und Sloterdijk habe ich
immer den Eindruck, dass sie oeffentlich masturbieren, und zwar
dadurch, dass sie sich selbst an ihrem Wissen und schwierigen
Woertern befriedigen. Ach was war das wieder klug, was ich da eben
gesagt hatte, findest du nicht auch Ruedi? Klar doch, aber schau
erstmal, was ich alles weiss.
Diese Sendung war noch nicht das Schlimmste, aber vorangegangene
waren wirklich grausig.
Warum ich mir das dann immer ansehe? Weiss nicht, werde mal im
Psychologieforum fragen.
In diesen Diskussionen wird ja gar nicht diskutiert, sondern jeder
sagt, was er weiss und was er vorbereitet hat ohne Bezug zu nehmen
auf die Worte des Vorredners. Man ist nach der Sendung so dumm wie
vorher.
Habe ich allein diese Meinung oder koennen mir andere zustimmen?

Tychi

Du bist nicht allein … :smile:
Hallo,

ich stimme dir in jeder Hinsicht zu. Das Problem ist meiner Ansicht nach, dass die Selbstdarstellung in dieser Sendung zu deutlich ist. Darunter leidet die inhaltliche Diskussion sehr. Ich hatte mir allerdings nur die ersten vier oder fünf Sendungen angesehen. Danach mochte ich mir das nicht mehr antun.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hi Tychi,

genau den gleichen Eindruck hab ich auch. Allerdings hab ich nur eine halbe snedung durchgehalten, bis mir Schlotterteig mit seiner Selbstgefälligkeit (oder was würde Kant, Hegel, Wittgenstein, … jetzt sagen) den Garaus gemacht hat.
So was nenn ich Antiwerbung für diese Wissenschaft.

Gandalf

Philosophie nur für Statements geeignet?
Hallo Thomas,

fällt es Philosophen schwer zu diskutieren? Ist das eine Berufskrankheit, weil schon allein bei Wortbedeutungen Uneinigkeit herrscht? Vielleicht ist ja Philosophie für einen Meinungsaustausch gar nicht geeignet.
Ich kann mir vorstellen, dass Reibereien bei der der Sendung absichtlich vermieden werden.

viele Grüße
claren

Unsitte
Hallo Claren,

fällt es Philosophen schwer zu diskutieren?

nein, eigentlich nicht, es ist nur eine Unsitte geworden, weil man glaubt, keine Fehler mehr machen zu dürfen, weil man meint, sich mit falschen Statements lächerlich zu machen. Das ist aber natürlich Unsinn. Es kommt oft vor, dass ich Fehler mache, entweder aus Unaufmerksamkeit oder aus Unkenntnis oder aus irgendeinem anderen Grund heraus.

Ist das eine Berufskrankheit, weil schon allein bei Wortbedeutungen
Uneinigkeit herrscht?

Das trifft schon eher zu, allerdings nicht für diesen Fall von Sloterdijk und Safranski. Diese beiden sind einfach mehr Schriftsteller als Philosophen, weil sie in ihre Konstruktionen so verliebt sind, dass sie häufig die Sache nicht mehr sehen. Sloterdijk ist ja auch - soweit ich weiß - nur Professor für Ästhetik (in Karlsruhe) und Safranki ist ohnehin nur „philosophischer Autor“. Das spricht nicht gegen seine Kenntnisse, wohl aber dagegen, dass er sich so aufbläht, denn seine Äußerungen sind alles andere als „tief“.

Allerdings gibt es in der Tat eine solche Uneinigkeit unter den Fachphilosophen, die im 20. Jahrhundert besonders zutage trat: Ich meine den Streit zwischen den Phänomenologen (im weitesten Sinn) und den Vertretern der sog. Analytischen Philosophie auf der anderen Seite. Ich will es nur erwähnen, aber nicht vertiefen, es sei denn, du interessierst dich dafür und fragst nach - ansonsten ist es im Thread offtopic.

Vielleicht ist ja Philosophie für einen Meinungsaustausch gar nicht
geeignet.

Das ist mit Sicherheit nicht der Fall, nur vielleicht ist die Öffentlichkeit der Medien nicht der richtige Ort. Es gibt viele Beispiele von Briefwechseln, in denen solche Kontroversen sachlich ausgetragen wurden, der letzte, den ich gelesen habe, war der zwischen dem Wissenschaftsanarchisten Paul Feyerabend und dem kritischen Rationalisten Hans Albert: ehrlich, knallhart und komisch bis zum Abwinken! In kleineren Zirkeln, in Symposien und Sektionsvorträgen auf Jahrestagungen ist das (in der Regel!) auch so - keine Spur von Selbstdarstellung, sondern sachliche thematische Arbeit (natürlich gibt es auch da Ausnahmen, aber sie bleiben eben Ausnahmen).

Ich kann mir vorstellen, dass Reibereien bei der der Sendung
absichtlich vermieden werden.

Ja, das vermute ich auch, aber ich vermute den Grund nicht in der Philosophie selbst, sondern in der Zielgruppe der Sendung, denn sobald die beiden tiefer in die Diskussion eindringen würden, würden sie von neunzig Prozent des Publikums nicht mehr verstanden. Und da die Sendung eine Werbung für Philosophie sein soll (der Absicht nach, was sie aber eben de facto nicht ist), bemüht man sich, Nichtphilosophen und Scheinphilosophen zu Wort kommen zu lassen, eben Prominente, die - egal ob sie etwas von der Sache verstehen - den Identifikationspunkt für den Zuschauer abgeben sollen. Das ist aber ja im Fernsehen nicht nur in der Philosophie so, sondern auch etwa z. B. bei Sabine Christiansen, wo durchaus bei außenpolitischen oder innenpolitischen Themen ein Herr Wussow oder eine Frau Dohm sitzen, nur weil sie prominent sind.

Ich denke also, dass man die Sendung besser machen könnte. Safranski ist z. B. einmal im Monat beim literarischen Rätsel des WDR/NDR im Rundfunk zu hören, und dort ist er nicht nur erträglich, sondern auch ziemlich gut. Man müsste den Leuten im Publikum vielleicht nur mehr zutrauen und zumuten. Ein Beispiel für eine relativ (!) gelungene Diskussionsrunde gab es im Februar, wo zum Anlass des Kantjubiläums sich einige Philosophen und Wissenschaftler anderer Sachgebiete trafen und wo das Gespräch durchaus fruchtbar war. Aber das war eben 3Sat und nicht ZDF … - also eine ganz andere Klientel.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

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(offtopic) prominent
Hallo Thomas,

auch etwa z. B. bei Sabine Christiansen, wo durchaus bei
außenpolitischen oder innenpolitischen Themen ein Herr Wussow
oder eine Frau Dohm sitzen, nur weil sie prominent sind.

Echt?? Leider(?) nicht mehr deutsches TV bewandert (ich kriege
zwar ARD, aber durch die Zeitverschiebung ist immer Vorabend-
programm, wenn ich mal vorbeischaue) ist mir das noch nicht
begegnet. Ist das regelmaessig der Fall?
Ich kann mich erinnern, wie ich mich aufregte, dass ein 18jaehriger
Boris Becker seine Meinung zu wirklich jedem Thema loswerden
konnte und auf diese Weise verheizt wurde. Er konnte Tennisspielen.
Welcher 18jaehrige, mit abgebrochener SChulausbildung, haette
denn eine Meinung zu Aussenpolitik, Innenpolitik,
Rassismus (das war vor Babs B.) haben koennen, die den Normal-
buerger interessiert haette? Aber seine Kommentare wurden
gedruckt. Gefallen hat man damit weder ihm noch den Lesern
getan.
Ist das nun wirklich Dauerrealitaet?

Ich glaub, ich bleib im Sand.

Gruesse, Elke

Hallo!

Ihr seid zu streng! Absolut! *g*
Zum einen solltet ihr die Intention der Sendung nicht ausser acht lassen! Die angesprochenen Gäste spielen ja durchaus eine interessante Rolle, nämlich die des Indikators, des Verbindungsgliedes zwischen dem Fachmann und dem interessierten Zuschauers/Laien. Wenn Sloti und Safranski wirklich in die Tiefe gingen, kämen zum einen die Gäste gar nicht mehr zu Wort, bzw. würden wohl mehr oder weniger dämlich dreinblicken. Zum anderen würde die Sendung wegen unhaltbarer Einschaltquoten eingestellt.
Die Sendung hat Vorgaben die erfüllt werden müssen, nicht nur die Einschaltquoten, sondern auch die thematische Struktur. Bei freier Diskussion würde man den Stoff niemals durchbringen.
Im übrigen hege ich den Verdacht, dass insbesondere auf Sloterdijk, seit es ihm gelungen ist mit „Kritik der zynischen Vernunft“ einen Bestseller zu schreiben, was im philosophischen Bereich eine Seltenheit darstellt, ein gewisses Ressentiment um nicht das Wort Neid zu benutzen, herrscht. Womit ich jetzt keine inhaltliche Stellungnahme machen will. Wenn ich die wissenschaftlichen Pendants, die gezeigt werden, betrachte, ist deren Qualität nun auch nicht größer.
Man muß eben dem Medium, das man benutzt, Rechnung tragen.
Im übrigen sind Safranskis Publikationen so schlecht nicht, da muß ich ihn schon ein wenig in Schutz nehmen. Eine Schopenhauer Adaption von Safranski, von Sloterdijk herausgebracht, habe ich sehr positiv in Erinnerung.
Für den Fachmann ist die Sendung nicht gedacht. Ein Wissenschaftler guckt sich auch nicht Quarks oder gar die Sendung mit der Maus! *fg*

Was das „Masturbieren“ betrifft erkenne ich da in der Tat eine gewisse Portion Unsicherheit. Es ist eben eine Gratwanderung, auf der sich die beiden bewegen.
Ich gucke es ab und zu, ohne allzu kritische Betrachtung, eher zur Unterhaltung und diesem Ansinnen genügt es allemal.

Gruss
Junktor

Hallo Thomas,

Diese beiden sind einfach mehr Schriftsteller als Philosophen, weil sie in ihre
Konstruktionen so verliebt sind, dass sie häufig die Sache
nicht mehr sehen.

Fabulierkunst hat auch etwas mit Philosophie zu tun. Jetzt kommt es darauf an, aus welche Ecke die Verliebtheit kommt, ist es aus Eigenliebe oder aus Liebe zu der Idee, weswegen empfindlich reagiert wird. Ich kenne die Sendung leider nicht, weshalb ich hier nur mutmaße, dass es aus Eigenliebe geschieht. In diesem Fall wäre es egal, über welches Thema jemand doziert.

Das ist mit Sicherheit nicht der Fall, nur vielleicht ist die
Öffentlichkeit der Medien nicht der richtige Ort. Es gibt
viele Beispiele von Briefwechseln, in denen solche
Kontroversen sachlich ausgetragen wurden, der letzte, den ich
gelesen habe, war der zwischen dem Wissenschaftsanarchisten
Paul Feyerabend und dem kritischen Rationalisten Hans Albert:
ehrlich, knallhart und komisch bis zum Abwinken! In kleineren
Zirkeln, in Symposien und Sektionsvorträgen auf Jahrestagungen
ist das (in der Regel!) auch so - keine Spur von
Selbstdarstellung, sondern sachliche thematische Arbeit
(natürlich gibt es auch da Ausnahmen, aber sie bleiben eben
Ausnahmen).

Das sind mit Sicherheit Delikatessen für manchen professionellen Philosophen.
Ein bisschen ich habe den Eindruck, dass gerade diese Disziplin so speziell ist, dass es durch das Fernsehen keine Möglichkeit zu geben scheint, laienhaften Interessierten da hinein zu helfen, was ich schade fände.

aber ich vermute den Grund nicht in
der Philosophie selbst, sondern in der Zielgruppe der Sendung,
denn sobald die beiden tiefer in die Diskussion eindringen
würden, würden sie von neunzig Prozent des Publikums nicht
mehr verstanden.

Man kann also nicht ein bißchen über Philosophie reden, im Sinne von philosophieren? Ich denke an die vielen Worthülsen (Willen, Freiheit, Leben, Liebe, Tod), mit denen wir ständig zu tun haben. Die Philosophie könnte zu Sinn und Inhalt verhelfen. Ich empfinde diese Wissenschaft als besonders wichtig, weil es immer weniger Zuständige für Wertevorstellungen gibt.

Und da die Sendung eine Werbung für
Philosophie sein soll (der Absicht nach, was sie aber eben de
facto nicht ist), bemüht man sich, Nichtphilosophen und
Scheinphilosophen zu Wort kommen zu lassen, eben Prominente,
die - egal ob sie etwas von der Sache verstehen - den
Identifikationspunkt für den Zuschauer abgeben sollen. Das ist
aber ja im Fernsehen nicht nur in der Philosophie so,

Warum nicht einen echten Philosophen? Ich habe z.B. einen Faible für Kosmologie, und schaue sehr gerne in BR-alpha die Sendung mit Harald Lesch, Professor für Astrophysik. Der macht das super, dem kann ich geistig folgen, ohne das Fach studiert haben zu müssen. Das müßte doch auch mit der Philosophie möglich sein?

sondern auch etwa z. B. bei Sabine Christiansen, wo durchaus bei
außenpolitischen oder innenpolitischen Themen ein Herr Wussow
oder eine Frau Dohm sitzen, nur weil sie prominent sind.

Über die Sendung mit der Christiansen ärgere ich mich jedes Mal. Die ist einfach unseriös, und wird durch die Promis mit ihren Jedermannsmeinungen nicht gerade erträglicher.
Ich glaube, dass es zum einen eine Kunst ist die richtigen Leute für eine Sendung zu finden, ein Kunstgriff sozusagen, und zum anderen kommt es darauf an, welche Absichten die Redaktion verfolgt: möglichst viel Publikum (Christiansen für die breite Masse) erreichen oder fundierte Wissenvermittlung (BR-alpha mit niedrigen Einschaltquoten) betreiben, wobei Sprachgewandtheit noch eine wichtige Rolle spielt. Manchmal scheitere ich schlichtweg an Satzverschachtelungen, weil ich darin nicht geübt bin.

Ich denke also, dass man die Sendung besser machen könnte.
Safranski ist z. B. einmal im Monat beim literarischen Rätsel
des WDR/NDR im Rundfunk zu hören, und dort ist er nicht nur
erträglich, sondern auch ziemlich gut. Man müsste den Leuten
im Publikum vielleicht nur mehr zutrauen und zumuten. Ein
Beispiel für eine relativ (!) gelungene Diskussionsrunde gab
es im Februar, wo zum Anlass des Kantjubiläums sich einige
Philosophen und Wissenschaftler anderer Sachgebiete trafen und
wo das Gespräch durchaus fruchtbar war. Aber das war eben 3Sat
und nicht ZDF … - also eine ganz andere Klientel.

Oder das ZDF läßt nur einen Philosophen vortragen. So ist dieser eher mit der Sache als mit seinem Ansehen beschäftigt.

viele Grüße
claren

Mediale Möglichkeiten der Philosophie
Hallo Claren,

Fabulierkunst hat auch etwas mit Philosophie zu tun.

nein, nicht direkt, höchstens indirekt bzw. als Philosophie im weiteren Sinne. Philosophie im engeren Sinne (als in der Tradition von Sokrates, Platon und Aristoteles) orientiert sich an Richtigkeit und nicht an der Darstellung.

Jetzt kommt es darauf an, aus welche Ecke die Verliebtheit kommt,
ist es aus Eigenliebe oder aus Liebe zu der Idee, weswegen
empfindlich reagiert wird. Ich kenne die Sendung leider nicht,
weshalb ich hier nur mutmaße, dass es aus Eigenliebe
geschieht. In diesem Fall wäre es egal, über welches Thema
jemand doziert.

Du wirst doch sicher Dozenten oder Lehrer kennen, die sich selbst gerne reden hören, oder? So etwa läuft die Sendung ab. Es geht nur nebenbei um ein Thema, das wichtigste bleibt in dieser Sendung leider die Selbstdarstellung der eigenen Ideen von Safranski und Sloterdijk. Solterdijk gerät des öfteren ins Schwärmen über seine eigenen Ideen, das finde ich an sich schon abstoßend. Safranski hat mir auch eine freundliche Nachfrage, ob er ein bestimmtes definitiv von ihm behauptetes Detail in seiner E.-T.-A.-Hoffmann-Biographie bitte belegen könne, bis heute nicht geantwortet (trotz zweier Nachfragen, das ist recht unüblich bei Philosophen, von denen man normalerweise wenigstens eine kurze Mitteilung erhält, da habe ich viele Beispiele selbst erlebt). Ich schließe daraus, dass man die Details, die Safranski behauptet, noch genauer unter die Lupe nehmen sollte, als man es bei anderen ohnehin tut. Er behauptet also anscheinend gerne Dinge, die schön klingen (wobei es dann unwesentlich ist, ob sie stimmen oder nicht) - das ist kein philosophisch zu nennendes Vorgehen.

Ein bisschen ich habe den Eindruck, dass gerade diese
Disziplin so speziell ist, dass es durch das Fernsehen keine
Möglichkeit zu geben scheint, laienhaften Interessierten da
hinein zu helfen, was ich schade fände.

Man muss wohl eher sagen, dass sie zu allgemein ist, um in ihrer Abstraktheit von jedem verstanden zu werden. Aber dass es Möglichkeiten gibt, beweißt ja nicht nur die von mir in einem anderen Posting schon erwähnte Kant-Reihe bei 3Sat, sondern beweisen auch die vielen Volkshochschulkurse, die Philosophiekurse für das dritte Lebensalter und nicht zuletzt die philosophischen Praxen. Freilich sind die erreichten Tiefen unterschiedlich, nicht nur zwischen den verschiedenen Angebotsarten, sondern auch innerhalb der einzelnen Angebote. Ich bin jedenfalls nicht der Ansicht, dass es nicht möglich ist. Im Gegenteil: Ich bereite schon seit längerer Zeit Programme hierfür vor.

Man kann also nicht ein bißchen über Philosophie reden, im
Sinne von philosophieren?

Doch, doch, das hat sogar schon Kant behauptet, dass man nicht „Philosophie“ lernen solle, sondern „Philosophieren“. Aber das ist natürlich nicht einfach, weil es die kompromisslose Auseinandersetzung mit eigenem fehlerhaften Vorgehen fordert, was selbst für Profis gelegentlich schwierig ist. Man könnte also z. B. durchaus fragen, was etwa die eine oder andere Formulierung Platons 1. bedeutet, 2. für mich bedeutet, 3. überhaupt bedeuten kann, aber diese Ebene erreichen die Herren Sloterdijk und Safranski nicht - jedenfalls nicht in den Sendungen, die ich gesehen habe. Sie fallen oft zurück in eben das, was nicht philosophisch ist, nämlich in das schöngeistige Schwärmen. Sie denken auch in der Sendung nicht einen einzigen Gedanken weiter als bis zu dem Punkt, wo er interessant würde - und dann lassen sie den Zuschauer mit diesem Halbwissen allein.

Ich denke an die vielen Worthülsen
(Willen, Freiheit, Leben, Liebe, Tod), mit denen wir ständig
zu tun haben. Die Philosophie könnte zu Sinn und Inhalt
verhelfen. Ich empfinde diese Wissenschaft als besonders
wichtig, weil es immer weniger Zuständige für
Wertevorstellungen gibt.

Sehr gut, das kann ich natürlich gut unterschreiben. Allerdings klingt es auch ein wenig danach, als würdest du auch fordern, dass Philosophie durch und durch und ausschließlich praktisch würde und an der Praxis sich orientieren sollte. Das scheint mir ein häufiges Missverständnis zu sein. Die Praxisorientierung ist ein Teil, sogar ein wichtiger Teil der Philosophie, aber ohne den (viel größeren Anteil) der theoretischen Kenntnisse geht es eben nicht bzw. kann man nur zu sehr begrenzt praktisch nützlichen Ergebnissen kommen.

bemüht man sich, Nichtphilosophen und
Scheinphilosophen zu Wort kommen zu lassen, eben Prominente,

Warum nicht einen echten Philosophen? Ich habe z.B. einen
Faible für Kosmologie, und schaue sehr gerne in BR-alpha die
Sendung mit Harald Lesch, Professor für Astrophysik. Der macht
das super, dem kann ich geistig folgen, ohne das Fach studiert
haben zu müssen. Das müßte doch auch mit der Philosophie
möglich sein?

Ich kenn den Mann nicht, aber es gibt durchaus auch Fachleute, die sich klar ausdrücken können. Aber die kommen für solche Sendungen scheinbar nicht in Frage. Warum das so ist, kann ich auch nur vermuten. Wahrscheinlich ist das Bild von der Philosophie und den Philosophen derart verzerrt, dass die Bezeichnung einfach abschreckt.

Über die Sendung mit der Christiansen ärgere ich mich jedes Mal.

Ich schaue sie mir schon lange nicht mehr an, weil man immer schon vorher weiß, was dort und wie das dort besprochen wird.

Die ist einfach unseriös, und wird durch die Promis mit
ihren Jedermannsmeinungen nicht gerade erträglicher.

Eben.

Manchmal
scheitere ich schlichtweg an Satzverschachtelungen, weil ich
darin nicht geübt bin.

Das geht den meisten Menschen so, und genau darum muss ein Philosoph, der öffentlich auftritt, sich besonders einfach ausdrücken, wenn er verstanden werden will. Allerdings gibt es durchaus philosophische Probleme, für die man Geduld mitbringen muss - und da sind die Laien dann doch gefordert. Philosophisches Fastfood ist jedenfalls nicht in jeder Frage sinnvoll, eigentlich gar nicht, sondern nur in bestimmten Grenzen tolerierbar.

Oder das ZDF läßt nur einen Philosophen vortragen. So ist
dieser eher mit der Sache als mit seinem Ansehen beschäftigt.

Ich sage wieder nur: 3Sat. Da hört man Sonntags Mittags z. B. Vorträge von Hans Lenk oder anderen. Sehr empfehlenswert. Weniger hingegen kann ich die Sendungen mit Annemarie Pieper empfehlen, die dann doch zu sehr sich von Einfachheit lenken lässt. Der WDR hatte vor einigen Jahren eine Reihe zur Philosophie mit über 100 Sendungen gebracht (die Liste steht im Netz), wovon einige inzwischen auf Video zu bekommen sind, aber leider zu so unverschämten Preisen, dass man sich die Anschaffung dreimal überlegt und dann doch eher davon absieht. Einige Vorträge (z. B. von Nida-Rümelin) hatte ich vor einiger Zeit auch im Netz gefunden (zum Ansehen oder herunterladen!). Auch davon war einiges sehr empfehlenswert.

Summa: Es geht - nur es wird leider zu selten gemacht!

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Als einer, der ein bisschen Sinn für die philosophische Art von Gedankenexperimenten hat, finde auch ich die Sendung recht unterhaltsam. Besonders die vorletzte über Bildung hat mir wegen des Einfallsreichtums fast aller Beteiligten gefallen, und im Dialog mit der Neurobiologie haben Philosophen schon älter ausgeschaut als diesmal.

Zenon

Hallo Leute

Ich moechte noch etwas nachtragen in dieser Sache. Zunaechst freue
ich mich, dass eine so interessante Diskussion entstanden ist.

Manch einer sagte, dass das Fernsehen prinzipiell ungeeignet sei,
Philosophie zu transportieren. Dem widersprach Thomas Miller und ich
schliesse mich seiner Meinung an. Vielleicht hatte jemand das Glueck,
die 6 Sendungen zur Geschichte der Philosophie zu sehen, die vor etwa
1 Jahr morgens im WDR kamen, dort aber bereits eine Wiederholung
waren. In diesen Sendungen sah man genau eine Person, naemlich Hans
Gadamer, der einen Monolog hielt. Trotzdem er schon so alt war,
sprach er scheinbar ganz spontan und konzentriert, ohne abzulesen von
den Anfaengen der (westlichen) Philosophie bei Thales und gelangte im
Laufe der Sendungen bis zu Nietzsche. Es war, als haette man einen
weisen Grossvater bei sich im Wohnzimmer sitzen, der in aller Ruhe
erzaehlt, was er weiss. In der heutigen Fernsehwelt war diese Sendung
etwas besonderes: es gab keine Schnitte, keine Zwischenrufe, kein
klatschendes Publikum…, sondern nur den alten Mann und seine Worte.
Das fand ich gut.
Nun ist natuerlich Philosophie etwas anderes als ihre Geschichte und
schwieriger darzustellen b.z.w. durchzufuehren, aber ich glaube, auf
diese Weise koennte doch auch eine Person ein Thema der Philosophie
beleuchten, z.B. in dem sie (scheinbar) ueberlegt, ob der Wille frei
sei, was dafuer spreche, was dagegen. Auf dem Niveau, wie es fuer das
Fernsehen angemessen waere, sind weder Experten noetig noch gespielte
Dispute.

Tychi