Das Wort 'eigentlich'

Hallo Ihr,

vor einigen Jahren sind wir in einer Gesprächsrunde mal darauf gekommen, wie oft man das Wort „eigentlich“ verwendet. Dann haben wir versucht, den Sinn/die Bedeutung zu erklären (z.B. wenn ein gut deutsch sprechender Ausländer fragt, was denn damit ausgedrückt wird).

Falls Interesse besteht, schreibe ich gern mal eine Abhandlung darüber, wie weit wir gekommen sind.

Wir haben es (eigentlich=)aber nicht auf den Punkt bringen können.

Mich interessieren aus reiner Neugierde mal Eure Meinungen. Über wikipedia bin ich nicht weitergekommen.

Neugierige Grüße
von Maita (die eigentlich auch anders heißen könnte…)

Hallo Maita, eigentlich könntest Du wohl nur dann anders heißen, wenn Deine Eltern diesen -schönen- Namen im eigentlichen Sinne nicht gewollt hätten…

„eigentlich“ (Adjektiv) hat mehrere Bedeutungen:

  1. Im adverbialen Gebrauch deutet es einen Gegensatz an:
    „eigentlich wollte ich etwas anderes machen, aber nun schreibe ich Dir…“. Hier gibt es mehrere Nuancen, aber die habt ihr sicher schon in eurer Diskusion ergründet.

  2. In der Verwendung bei Fragesätzen:
    „Weißt Du eigentlich, wie schön es hier ist?“ Hier wird es nicht gegensätzlich, sondern im Sinne von fehlenden oder anzuzuweifelnden „Argumenten“ (vgl. denn, überhaupt) verwendet. Auch hier gibt es eine Vielzahl von Nuancen, wohl weil der Bedeutungskern nicht exakt definierbar ist.

  3. Im attributiven Gebrauch (und nur da!) wird es verwendet, um das Wesentliche zu unterstreichen:
    „der eigentliche Zweck meiner Reise…“
    „seine eigentliche Aufgabe“ oder eben:
    „in des Wortes eigentlicher Bedeutung“ (ursprüngliche Bedeutung)

Historisch gesehen ist der Bedeutungskern „ursprünglich“, „wirklich“. Zugrunde liegt ein mittelhochdeutsches Adjektiv „eigenlîche“ in der Bedeutung „eigen“ (Eigentumsverweis wie in „leibeigen“). Bereits in frühneuhochdeutscher Zeit (etwa 15. Jh.) ist vereinzelt der Gleitlaut „t“ eingefügt worden, so wie es sich heute darstellt.

Ich hoffe, Dir einige Argumente für eure Diskussion geliefert zu haben.

Beste Grüße… ingmar

Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennen

Guten Tag

Hier noch eine literarische Ergänzung:

„Peter Bichsel: Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennenlernen.
21 Geschichten.
‚suhrkamp taschenbücher Allgemeine Reihe‘.
6. Auflage.
Suhrkamp Verlag KG
September 2004 - kartoniert - 73 Seiten“

http://www.libri.de/shop/action/productDetails/2992370/
peter_bichsel_eigentlich_moechte_frau_blum_den_milchmann_kennenlernen_3518390678.
html

Gruss

Rolfus

Das eigentlich benachteiligte 'Un’Wort
Hallo Malte

Eigentlich kenne ich keinen Satz, in dem ich auf dieses Wörtchen nicht verzichten könnte; aber dies ist eigentlich nur meine Meinung.
Zudem gibt es eigentlich kaum einen Satz, in den ich es nicht, unter irgend einem Vorwand, einbringen könnte.
Mein Lieblingssatz ist und bleibt aber: Wie alt bist du eigentlich?

Gruß,
pathfinder
Fast so unnütz ist das ß, wobei es wenigsten noch ein Unterscheidungskriterium gleicher Wörter darstellt, wenn der Zusammenhang nicht zugrunde liegt.

Hallo Pathfinder,

ich bin Maita, nicht Malte, aber nicht so schlimm.

Genau, was Du schreibst, meinte ich. Und nun Deine Erklärung dazu?
Ist Dir das Alter einer Person wirklich so wichtig? Was bringt Dir das entsprechende Wissen?

Liebe und auch hier neugierige Grüße
Maita

Holla.

Eigentlich ist eigentlich ein Wort, das man eigentlich nicht verwenden sollte.

Die eigentliche Bedeutung findet man noch in der Mathematik wieder; hier sagt es etwas über die Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit eines Sachverhaltes aus. Die genaue Definition sollte aber eigentlich von einem Mathematiker hier hingestellt werden …

Gruß Eigentllicht zu Vensre

zweifacher Erklärungsnotstand
Hallo Maita (tut mir wirklich leid)

ich bin Maita, nicht Malte, aber nicht so schlimm.

Das Oberlicht (welch bezauberndes Wort) gewährt der Sonne Schein einen penetranten Eindruck auf meines Notebook LCD-Bildschirm zu hinterlassen. Ich hoffe, das gereiche zur Ausrederei :wink:

Genau, was Du schreibst, meinte ich. Und nun Deine Erklärung
dazu?

Die Erklärung dieses meines "Hass"Wortes lag mir schon immer so fern wie die Notwendigkeit zu akzeptieren.
Ich wollte lediglich der Meinungsanfrage Beantwortung nachkommen, welche da lautet:
Ich mag es nicht; ich benutze es, wenn überhaupt, versehentlich und schäme mich dann überaus dafür.

Ist Dir das Alter einer Person wirklich so wichtig?

Häh, entschuldigung, wie bitte?
Ich wollte dein genaues Alter nicht wirklich erfahren,
lediglich zum Ausdruck bringen, dass ich meine, die Verbindung des Wortes „eigentlich“ mit der Altersfrage, gefalle mir von allen eigentlich-Kompositionen am wenigsten.

Was bringt Dir das entsprechende Wissen?

Sollte tatsächlich ernstgemeint jemandem die Frage nach seinem Alter stellen, ohne natürlich „eigentlich“ zu verwenden, bringt mir das in erster Linie Gewissheit über das Alter der befragten Person, sofern sie mich nicht anflunkert, oder gar „rotzfrech“ belügt :wink:

Gruß,
pathfinder

Lauter Missverständnisse :wink:)

Ich mag es nicht; ich benutze es, wenn überhaupt,
versehentlich und schäme mich dann überaus dafür.

Da hatte ich Dich in der ersten Antwort aber gründlich missverstanden, sorry. Ich kenne Deine Gepflogenheiten (noch?) nicht so gut, ich bin noch nicht so lange hier im Forum. Aber wofür schämst Du Dich bei Verwendung eines gebräuchlichen Wortes?

Ich wollte dein genaues Alter nicht wirklich erfahren,

Nein, habe ich auch nicht so verstanden, dass Du MEIN Alter erfahren wolltest, wer schlau ist, schaut in die ViKa. Auch hier allerdings ein Missverständnis von mir, siehe oben.

Was bringt Dir das entsprechende Wissen?

Und wieder: ein kleines Missverständnis meinerseits, aber die Beantwortung meiner Frage würde mich doch schon einigermassen interessieren. Denn damit meinte ich, was bringt Dir das WISSEN um das Alter der befragten Person (so Du diese Frage also selber stellst)? Hast Du eine andere Meinung, weil Du ein anderes Alter erwartet hättest? Was besagt schon das Alter (x Jahre seit Geburt)?

Lieben Gruß
Maita

Hallo Ingmar,

vielen Dank für diese tolle Erklärung! Jetzt weiss ich wieder, warum ich eigentlich (=ursprünglich) mal Interesse daran hatte, Germanistik zu studieren. Die deutsche Sprache und ihre Entstehung/Entwicklung fand ich schon in Schulzeiten hochinteressant.

Liebe Grüße
Maita

Hallo Maita,
danke für Dein Kompliment; ich bin Sprachhistoriker aus Leidenschaft! Aber „eigentlich“ ist eigentlich (ursprünglich) ein Wort wie jedes andere´; es gibt immer Konnotationen (Wertungen positiver oder negativer Art), wenn man bestimmte Wörter verwendet. Deshalb sollte sich auch eigentlich (prinzipiell) niemand für die Verwendung dieses Wortes schämen, selbst die Frage nach Deinem eigentlichen (wirklichen) Alter musst Du ja nicht beantworten :smile:

Also, wenn Du Material über bestimmte sprachhistorische Dinge benötigst, zapf mich ruhig an, denn eigentlich (im tefsten Herzen) freue ich mich darüber! Es gibt genug Menschen, denen der sensible Umgang mit der Sprache eigentlich (ganz bestimmt) egal ist. Noch einen schönen Tag und liebe Grüße, Ingmar

Richtig!

Aber sie traut sich nicht… so bald…

ingmar

Hallo, Maita,
vielleicht kann ich ja erklärend eingreifen.

Die Frage nach dem „eigentlichen“ Alter kann, je nach Betonung, unterschiedliche Bedeutung haben.

Frage ich eine Dame im Verlauf der Unterhaltung „Wie alt bist Du eigentlich?“ mag das durchaus als Kompliment gelten - Die Dame sieht einfach jünger aus, als sie ist.
Sage ich aber zu einem Kollegen, der eine sehr alberne Frage stellte, „Wie alt bist Du eigentlich!“ Dann ist das eher ein Hinweis darauf, dass ich ihn im Augenblich für ziemlich kindisch halte.

Gruß
Eckard (65)

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Hallo Ingmar,

mir ist da noch etwas aufgefallen:

Bei Deiner 3. Erklärung „der eigentliche Zweck meiner Reise…“ sagt das Wort „eigentlich“ trotzdem ewas Gegensätzliches aus (wie in der 1. Erklärung). Nämlich, dass es einen Zweck der Reise gibt, aber eben auch (noch) ein weiterer oder anderer Aspekt mit eine Rolle spielt. Das betrifft die anderen Beispiele genauso, also wäre die 3. Erklärung nicht der 1. gleichzusetzen?

Es wäre sicher interessant, einmal eine Gegenüberstellung zu verfassen, welche Worte man statt „eigentlich“ verwenden könnte.

Die Diskussionsrunde ist schon ewig her, so ca. 6-8 Jahre. Die ist inzwischen keine Grundlage für meine Frage gewesen, aber dieses Wort hat mich seither immer wieder einmal beschäftigt und nun, da ich im Forum dieses Brett entdeckt habe, fand ich die Gelegenheit passend, mal hier danach zu fragen bzw. in regen Austausch zu treten.

Herzliche Grüße wieder
von Maita

Hallo,

Eigentlich ist eigentlich ein Wort, das man eigentlich nicht
verwenden sollte.

Stimmt.
Wenn ich das Wort „eigentlich“ höre, klingeln die Alarmglocken. Denn irgendjemand hat mal zu mir gesagt: Alles, was nach „eigentlich“ kommt, ist gelogen. Dieser Satz hat sich bei mir „eingebrannt“.

Gruß
Jörg Zabel

Denn irgendjemand hat mal zu mir gesagt: Alles,
was nach „eigentlich“ kommt, ist gelogen. Dieser Satz hat sich
bei mir „eingebrannt“.

Hallo Jörg,

das kannst Du meiner Meinung nach aber nicht so pauschal sagen. Dieses Wort wird sicherlich oft bei Unsicherheiten verwendet, aber wenn Du Dir die Erklärung von Ingmar (unterstes direktes Re) anschaust, dann wirst Du bestätigt finden, dass Deine Aussage nicht ganz stimmen KANN. Ansonsten wärest Du in meinen Augen ein ziemlicher Pessimist!

Gruß Maita

Zur Klärung…
Bei der zitierten Frage nach dem Alter wird das Wort „eigentlich“ fälschlicherweise anstelle des Wortes „übrigens“ verwendet. Dies mag unbewußt aus Nachlässigkeit (Gehörtes nachplappernd) oder bewußt und mit obskurantistischer Tendenz geschehen.

Gruß, Uwe

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Vielen Dank und *
Hallo Uwe

Bei der zitierten Frage nach dem Alter wird das Wort
„eigentlich“ fälschlicherweise anstelle des Wortes „übrigens“
verwendet. Dies mag unbewußt aus Nachlässigkeit (Gehörtes
nachplappernd) oder bewußt und mit obskurantistischer Tendenz
geschehen.

Bravo.
Ich habe schon etliche Male nach einem Ersatzwort in dieser Fragestellung gesucht, wenn ich mit einem ungläubigen Lächeln den den Fragenden aus der Reserve zu locken suchte: „Wieso eigentlich?“
„Übrigens“ gefällt mir hier sehr gut, wennauch ich weiterhin fragen würde: „Wie alt bist du Musteria?“

Gruß,
pathfinder