Dauert es wirklich um die 10 Jahre, bis Arzneimittel zugelassen werden?

Wir haben gelernt, dass es viele Jahre dauert, bis ein Arzneimittel zugelassen wird. Doch was ist, wenn wir in dem Fall der Mikrozephalie durch die Stechmücken nun ein Notstand ausgesprochen werden würde und jemand würde einen potentiellen Impfstoff finden. Der wird dann auch erstmal an Tieren und so ausprobiert, okay (ich will hier keine Diskussion über Tierversuche eröffnen, aber Medikamente werden an denen nun mal zuerst getestet) und dann an einigen Menschen, dann an 100 und dann an 1000en und dann gibt es doch normalerweise noch Abschlussproben und das ganze dauert ewig, bis es zugelassen wird. Gäbe es in so einem Notfall auch eine andere Bestimmung, die das ganze kürzt?

Hi!

Woher weißt du denn, auf welchen Wegen ein Arzneimittel zugelassen wird?

Wie auch immer: Was nützt ein Medikament, dass nicht ausreichend geprüft auf den Markt kommt und mehr Schaden als Nutzen anrichtet? Du erinnerst dich an Contergan? Sowas will kein Arzneimittelhersteller erleben.

Der Notstand kann groß sein wie er will: Niemand kann sich ein Heilmittel oder einen Impfstoff aus den Rippen schneiden. Und Ängste zu schüren hilft auch niemandem.

Gruß

Hallo,

kuckstu hier

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo

Sehr viele potentielle Medikamente werden nie auf den Markt geworfen, weil sie entweder wirkungslos sind, oder wirklich schädlich, obwohl man in der Entwicklung grosse Hoffnung in sie setzte. Da man an verschiedenen Geweben, an verschiedenen Tieren und auch Langzeitstudien bzgl. Spätschäden und Embryonenschäden überprüfen muss, kommen da schnell mal ein paar Jahre zusammen

Bei einer so extrem gefährlichen Erkrankung wie zB Ebola hat man tatsächlich einige Versuchsreihen am Menschen sein lassen, weil das Virus sehr ansteckend und sehr tödlich ist - da war es eine Abwägung.
Beschleunigtes Zulassung wird eigentlich nur gewährt, wenn die Grunderkrankung sehr schwer, meist tödlich, ist und es sich abzeichnet, dass es unethisch wäre, weiter abzuwarten - der Patient hat eh nichts zu verlieren…

Zika ist im Vergleich zu Ebola harmlos - es schädig in der Regel Ungeborene und hat hin und wieder auch bei Geborenen schwere Verläufe mit Nervenschäden, aber das ist schlussendlich nur ein winziger Teil der Bevölkerung, der bedroht ist (Ganz bewiesen ist es ja sowieso noch nicht, das es zwischen Zika und den Erkrankungen einen Zusammenhang gibt, aber das lasse ich jetzt mal aussen vor, da wohl einiges dafür spricht).

Damit eine Impfung nicht nur individuell schützt, sondern in einer Region wirksam greift müssen in der Regel über 80% der Bevölkerung („Herdenimmunität“) geimpft werden. Man würde mit einem schlecht getesteten Impfstoff gesunde Menschen einem ungeheuren Risiko aussetzen.
Stell dir vor, wenn nur 1% oder auch nur 0.5% der Geimpften schwere Nebenwirkungen haben?

Und die potentielle Zielgruppe „Schwangere“ darf erst recht nicht mit einem ungetesteten Medikament versorgt werden - das Risiko einer kompletten Generation mit Geburtsfehlern wäre da beinahe schon vorprogrammiert.

Aus aktuellem Anlass: vor 10 Tagen erst gab es ein Beispiel in Frankreich - das Medikament war bereits durch alle Zell- und Tierversuche durch und wurde an gesunden, freiwilligen Probanden getestet.
Es war eine Katastrophe (128 Versuchsteilnehmer, 90 bekamen das Medikament, einer davon tot, 3 schwer geschädigt). So ein Fall kommt sehr selten vor, denn in den allermeisten Fällen bricht die Versuchsreihe bereits bei den Tieren ab, bevor man am Menschen testet. - Aber stell dir mal vor, man würde mit einem ungetesteten Mittel die gesamte Bevölkerung impfen…

Gruss, Sama

So ist es. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Die US Arzneimittelbehörde FDA hat das Medikament/Serum ZMapp ohne jedwede Prüfung zugelassen. Meines Wissens wurden mindestens 2 Patienten geheilt, welche Ebola sonst nicht überlebt hätten. Klar ist das ein krasser Fall, aber heiligen solche Extremfälle nicht auch Mittel, die unter „Normalbedingungen“ nicht akzeptabel wären?

Hallo,

Naja, nicht so ganz!

ZMapp wurde nicht wirklich als Medikament zugelassen, sondern nur in diesem Fall zugelassen es an Manschen zu erproben!
ZMapp war schon an Primaten getestet worden.

Beim letzten Ebola-Ausbruch lag die Sterblichkeit bei 50-90% innerhalb von 1-2 Wochen.
Unter diesen Umständen wäre ZMapp auch ein Erfolg gewesen, wenn nur ein Teil der Patienten geheilt worden wäre und ein Teil am Serum gestorben wäre.
Auch das Ebola-Virus mutiert dauernd, sodass jeder Ausbruch etwas andere Symptome aufweist und auch die Sterblichkeit etwas unterschiedlich ist.
Ob ZMapp bei einem nächsten Ausbruch genau so wirksam ist, weiss noch keiner wirklich.

Medizin muss man vor allem auch als Risikomanagement betrachten!

Medikamente haben eine gewünschte Wirkung aber auch unerwünschte (Nebenwirkung).
Medikamente werden heute oft zuerst an Zellkulturen getestet, einerseits auf Wirkung, aber auch auf Giftigkeit.
Dann folgen Tierversuche, wobei heute Tierversuche auch erst bewilligt werden müssen.
Der nächste Schritt sind dann Studien an gesunden Menschen, mit Dosen, welche therapeutisch eigentlich keine Wirkung haben. Hier sucht man hauptsächlich nach Nebenwirkungen. Medikamente können auch psychische Störungen verursachen.
Die nächsten Studien finden dann an Kranken statt, wobei das Medikament eine Wirksamkeit nachweisen müssen.

Bei der Wirksamkeit ist Viagra durchgefallen, dieses war ursprünglich als Herzmedikament gedacht, aber die Nebenwirkung brachte dann den Durchbruch als Potenzmittel. Allerdings hat Viagra Nebenwirkungen aufs Herz!

Dann sind auch die Langzeitwirkungen wichtig, es nützt ja nichts, wenn das Medi super gegen Schnupfen hilft, die Leute aber nach 2 Jahren an einer Nebenwirkung sterben.

Wenn dann alle diese Studien durch sind, kann das Medikament zugelassen werden. Allerdings nur für die Krankheit für welche es Untersucht und zugelassen wurde.
Manche Medikamente helfen aber auch bei ganz anderen Erkrankungen. Dazu muss man dann aber wieder neue Studien machen um auch dafür eine Zulassung zu erhalten.

MabThera wurde 1998 in der EU als Krebsmedikament zugelassen. Später folgten dann Studien für den Einsatz bei Rheuma, wofür es seit einigen Jahren auch zugelassen ist. Aktuell laufen Studien zur Zulassung bei Multiple Sklerose.
Eine Langzeitnebenwirkung bei MabThera ist Zahnausfall, nach etwa 10 Jahren Behandlungsdauer. Bei Krebspatienten spielt dies keine Rolle, da diese nicht so lange behandelt werden, bei den Rheuma und MS sieht das anders aus, hier ist eine Behandlung über Jahrzehnte nötig.

MfG Peter(TOO)

3 „Gefällt mir“

Moin auch,

das kann bis zu 10 Jahren dauern, muss es aber nicht. Unter bestimmten Bedingungen kann das Zulassungsverfahren verkürzt werden. Ein schönes aktuelles Beispiel dafür wäre die Ebolaepidemie in Afrika.

Ralph

Ja klar, es müssen sehr, sehr viele Klinische Studien gemacht werden, damit auch niemand dabei umkommt

Danke für eure ganzen Antworten! Finde das super interessant!

Bei Ebola waren schon umfangreiche Entwicklungen lange zuvor gelaufen. Außerdem bewegt man sich bei der Entwicklung von Impfstoffen auf einem gut bekannten Terrain, weil das Grundprinzip die Generierung einer Immunantwort ist. Das ist für viele Impfstoffe gegen Viruserkrankungen erprobt und bewährt. Nicht zu vergleichen mit einer völlig neuen chemischen Verbindung, die noch dazu in wichtige Stoffwechselprozesse eingreift.
Udo Becker