DDR Umweltverschmutzung Industrie

Guten Tag,

ich bin schon seit langem auf der Suche nach entsprechenden Videomaterial. Vielleicht können Sie mir hierbei helfen.

Ich interessiere mich sehr für den Verfall der Innenstädte und der Industrielandschaft und die Umweltverschmutzung. Halle, Leipzig, Bitterfeld, Espenhain etc.
Der MDR zum Beispiel hat einen Bericht über den Silbersee von Bitterfeld erstellt. http://www.mdr.de/damals/archiv/artikel95380.html
Gibt es irgendwie/wo Videomaterial zu meinem Thema?

Zudem interessiere ich mich für den Alltag der Menschen in den 70-80er Jahren. Wie lebten Sie in einfachen DDR? Wie kamen Sie mit der Umweltverschmutzung, Industriearbeit etc. zurecht?

Vielen Dank

Chris

Videomaterial habe ich leider nicht. Ich bin in den Siebzigern in Berlin aufgewachsen und tote Fische im Wasser waren fuer uns normal. Die grossen Ostberliner Indurstiebetriebe lagen an Dahme und Spree und haben die Fluesse verseucht. Trotzdem sind wir dort baden gegangen und haben uns keine grossen Sorgen gemacht. Meine Eltern waren beide Lehrer in der DDR. Bei uns zu Hause wurde ueber so vieles gesprochen, Umweltverschmutzung war nicht dabei. Wenigstens erinnere ich mich nicht daran.

Katrin

Hallo Chris!

In Sachen Umweltverschmutzung kann ich Dir schreiben, daß die Elbe sehr dreckig war (hab direkt an der Elbe in Dresden gewohnt). Und war das Wasser voller Fasern, so etwa 3 cm lang, was wohl von den Zellstoffwerken in Heidenau herrührte. Man konnte, wenn man mit dem Dampfer elbaufwärts fuhr, die Einleitung von gelblichem Abwasser direkt bei dem Werk selber sehen. Das kam da aus einem gut 70 cm dicken Rohr in die Elbe rein. Die Fische, die es in der Elbe gab, waren deshalb auch nicht genießbar. Als Kinder waren wir trotzdem auch mal in der Elbe baden, ohne gesundheitliche Folgen. Allerdings waren auch Steine, die am Ufer lagen, mit einer schmierigen Schicht bedeckt.
In der Dresdner Innenstadt waren die Fensterbretter im Winter innerhalb weniger Tage schwarz vom Ruß, der aus den vielen Schornsteinen und dem Kohl-Kraftwerk Mitte kam. Wobei die Luft heute in den Großstädten sicher ähnlich schmutzig ist. Es gab ja zu DDR-Zeiten wesentlich weniger Verkehr auf den Straßen und damit natürlich auch weniger Luftverschmutzung durch den Straßenverkehr.

Zum Alltagsleben ist zu sagen, daß das viel normaler war, als das heute in Fernseh- oder Kinofilmen immer mal wieder dargestellt wird. Gestern lief z.B. „Der Turm“ in der ARD. Der Alltag war viel normaler, weniger gedrückt bzw. viel weniger depressiv, als das dort dargestellt wurde. Auch die Klamotten waren viel bunter (wenn auch nicht so bunt, wie heute), die Menschen lockerer drauf. Wir, ich bin 66 geboren, hatten immer viel Spaß, immer reichlich zu essen und waren keineswegs so gedrückt, wie häufig dargestellt. Wir hatten als Jugendliche auch Mopeds, Motorräder, manche auch schon Autos, standen auf verschiedenste Musik, gingen auf Konzerte, fuhren zusammen in den Urlaub, betranken uns, gingen in die Disko usw.

Soweit von mir mal ganz allgemein.
Solltest Du etwas spezielleres wissen wollen, schreib mich einfach nochmal an.
Gruß
René

Hallo Rene,

Danke für die ausführliche Antwort.

Ich bin selber 1978 in einer kleinen Kreisstadt (Bz. Magdeburg) auch an der Elbe geboren. Ja, und hier war die Elbe auch ziemlich dreckig. Die eigene Hand konnte man nach 15cm Tiefgang schon nicht mehr sehen. Für uns war das normal, dass es Schaumkronen gab, geangelt und gebadet wurde.
Bei uns gab es die klassischen Neubauviertel. Im Stadtkern war sehr viel Verfallen. Die Farbenpracht reichte von hellgrau, über dunkelbraun bis hin zum Schwarz. Selbst die Verwandtschaft aus Schwerin wunderte sich über den Dreck.
Als Kind haben wir natürlich nicht viel mitbekommen. Die tägliche Ordnung und der Drill waren ja Alltag. Wehrübungen, Pioniertage, Klassenfahrten, Sportfeste, allg. Strukturen, Linientreu etc.
Ich hätte gern noch selber 15 Jahre in der DDR wohnen wollen. Um einfach mal mitzubekommen, wie es war in der DDR zu leben. Enthaltsamkeit, Einfachheit, Kollektiv, Gemeinsamkeit, Alltag, Tristes, Mangel, Repressalien, Beschränkungen, Propaganda und natürlich auch Umwelterschmutzung/Verfall. Ich hätte gern mal die Innenstädte gesehen. Siehe hier: http://www.youtube.com/watch?v=j4zVt8VPgHg
In Dresden sah es wohl nicht anders aus. Vielleicht kannst du mir noch über den Alltag in den Innenstädten berichten.

Den Turm habe ich auch gesehen. Wenn nicht so wie war es dann?

Wie kann ich mir die Stasi im Alltag vorstellen? Bei X00.000 IM muss man doch etwas mitbekommen haben.
Wie schaute es mit der Planerfüllung aus?
Warum hat man 25 auf einen Trabbi gewartet?
Kennst du die http://de.wikipedia.org/wiki/Kommerzielle_Koordinierung?
Wie konnte man mit wenigen oder nicht Vorhandenen Ersatzteilen/ Waren eine Industrie betreiben bzw. aufrechterhalten?

Mir fallen da noch so viele Fragen ein.

Besten Dank
Chris