Ich quaele mich gerade mit Searles Unterscheidung zwischen den von ihn so genannten ‚regulativen‘ und ‚konstitutiven Regeln‘. Diese Unterscheidung glaubte er vornehmen zu muessen, um zu rechtfertigen, warum er glaubt fuer Sprechakte, wie z.B. Versprechen, Auffordern, Mitteilen etc. Regeln aufstellen zu koennen. Ich erwarte jetzt nicht unbedingt, dass mir jemand von Euch diese spezielle Unterscheidung erklaert (Searle selbst bemueht irgedwelche Beispiele, die mir aber nicht klarmachen, warum Sprache sich fuer ihn aus den sog. konstitutiven Regeln zusammensetzt)
Mein Frage ist vielmehr, wie man Regeln an sich definiert. Was fuer Bedingungen muessen vorhanden sein, dass man Regeln aufstellen kann? Irgendeinen Grund muss es doch haben, dass Searle als Sprachphilosoph sich so schwer tut zu begruenden, warum er Sprechaktregeln aufstellt. Vielen Dank schon mal im voraus.
Ps. Ich kann mir auch etwas Spannenderes vorstellen…
Hallo Marcela,
die Unterscheidung ist gar nicht so schwer:
konstitutiv (=festsetzend, bestimmend, grundlegend, wesentlich)
sind Regeln dann, wenn sie etwas regeln, was es ohne die Regeln nicht gäbe, d.h. läßt man die Regeln weg, ist es nicht das gleiche
Beispiel: Schachspiel - wird von Regeln bestimmt, wenn man diese wegläßt ist es nicht mehr Schachspielen (Figuren hin und her bewegen, Bauernhofspielen, Schlachtplan-Ausarbeitung, aber NICHT Schach)
regulativ (= steuernd, ausgleichend)
sind Regeln dann, wenn sie etwas regeln, das bei Wegfall der Regel trotzdem bestehen bleibt
Beispiel: Verkehrsregeln - wenn man sie weglassen würde, würde man trotzdem vom Straßenverkehr sprechen (auch wenn er nach anderen, oder „keinen“ Regeln stattfinden würde)
Auf Sprechakte bezogen bedeutet das, wenn man die Regeln wegläßt, ist es nicht mehr der gleiche Sprechakt (sie sind also konstitutiv)
Beispiel:
Versprechen hat die Regel, daß das, was versprochen wird, von den EmpfängerInnen als positiv bewertet wird.
Der Satz „Ich verspreche Dir, Dich bei der Polizei anzuzeigen.“
ist kein Versprechen, sondern eine Drohung, weil Grundregel verletzt wurde (sie ist bestimmend, grundlegend, wesentlich).
Ist es jetzt klarer?
Ist wirklich ein schwieriges Thema.
Mein Freund hat geholfen (macht gerade seinen Magister in Linguistik)!
Gruß Stefanie
P.S.: DIE Definition von Regeln gibt es nicht.
Wichtig ist hier aus welcher Theorie her argumentiert werden
soll. Soziologische Ansätze komplett anders als juristische etc.
Liebe Stefanie!
Du hast gerade meinen Tag gerettet. Ich habe ja nicht mehr an eine Antwort geglaubt, und jetzt schau’ ich zufaellig noch mal nach (eher aus Gewohnheit, als aus Gruenden freudiger Erwartung) und dann SOWAS!
Ich habe mich total gefreut, und bin offensichtlich nicht die Einzige, die Dir ein Sternchen verliehen hat. Deine Erlaeuterung war klar und anschaulich. Gruesse bitte auch Deinen Freund. Sage ihm, dass ich mit ihm fuehle (bin selbst gerade in der Magister-Falle)
Zufaelligerweise war die Frage, die ich ins Forum gestellt habe immer noch aktuell. Habe naemlich in zwei Wochen muendliche Pruefung und hatte sie damals verschoben.
Alles Gute
Marcela
Hallo Marcela,
die Unterscheidung ist gar nicht so schwer:
konstitutiv (=festsetzend, bestimmend, grundlegend,
wesentlich)
sind Regeln dann, wenn sie etwas regeln, was es ohne die
Regeln nicht gäbe, d.h. läßt man die Regeln weg, ist es nicht
das gleiche
Beispiel: Schachspiel - wird von Regeln bestimmt, wenn man
diese wegläßt ist es nicht mehr Schachspielen (Figuren hin und
her bewegen, Bauernhofspielen, Schlachtplan-Ausarbeitung, aber
NICHT Schach)regulativ (= steuernd, ausgleichend)
sind Regeln dann, wenn sie etwas regeln, das bei Wegfall der
Regel trotzdem bestehen bleibt
Beispiel: Verkehrsregeln - wenn man sie weglassen würde, würde
man trotzdem vom Straßenverkehr sprechen (auch wenn er nach
anderen, oder „keinen“ Regeln stattfinden würde)Auf Sprechakte bezogen bedeutet das, wenn man die Regeln
wegläßt, ist es nicht mehr der gleiche Sprechakt (sie sind
also konstitutiv)
Beispiel:
Versprechen hat die Regel, daß das, was versprochen wird, von
den EmpfängerInnen als positiv bewertet wird.
Der Satz „Ich verspreche Dir, Dich bei der Polizei
anzuzeigen.“
ist kein Versprechen, sondern eine Drohung, weil Grundregel
verletzt wurde (sie ist bestimmend, grundlegend, wesentlich).Ist es jetzt klarer?
Ist wirklich ein schwieriges Thema.
Mein Freund hat geholfen (macht gerade seinen Magister in
Linguistik)!Gruß Stefanie
P.S.: DIE Definition von Regeln gibt es nicht.
Wichtig ist hier aus welcher Theorie her argumentiert werden
soll. Soziologische Ansätze komplett anders als juristische
etc.
Hallo Marcela,
wie nett, daß Du Dich so ausführlich bedankst (kommt ja nicht so häufig vor). Ich drücke Dir für Dein Examen die Daumen!!!
Wie ist denn Deine mündliche Prüfung gelaufen?
Herzliche Grüße aus Hamburg
von Stefanie