Definitionsweise 'Skalarprodukt'

Hallo, liebe (männliche und weibliche) Mathematiker,
definiert ihr das Skalarprodukt der Vektoren
Va = (a1;a2) und Vb = (b1;b2)
(in senkrechter/Spalten Schreibweise)
als:
a)|Va|*|Vb|*cos(Va;Vb), wie Bronstein
oder
b) (a1;a2)*(b1;b2), wie ich es einst in der Schule lernte,
als a1*a2+b1*b2?

Daß beide Terme IDENTISCH sind, ist klar, es geht mir darum,
was man DEFINIERT und was man ABLEITET.

Liegt es nicht näher, das SkalarProdukt über das
SkalarQuadrat als Längenquadrat
zu definieren? Va^2 =
(a1;a2)^2 = a1^2 + a2^2 = |Va|^2 = a^2

Das Produkt zweier verschiedener Vektoren ergibt sich dann so:
(Va-Vb)^2 = Va^2 - 2Va*Vb + Vb^2 also
c^2 = a^2 - 2ab*cos(gamma) +b^2
(aus trigonometr. Cosinussatz) also als KONSEQUENZ:
Va*Vb = a*b*cos(Va;Vb).
Oder warum gilt die Bronsteinsche Definitionsweise,
wo sich jeder fragt, WO diese merkwürdige Formel HERkommt?
(ich schreibe hier z.B.: |Va| = a)

P.S.: die Mathematik birgt genug Geheimnisse, warum muß man künstlich welche erzeugen? Liebe Grüße, Mietek
Ich hoffe, daß diese Frage euch nicht allzu sehr langweilt. Sie ist nur scheinbar rein formaler Natur.

Hallo

definiert ihr das Skalarprodukt der Vektoren
Va = (a1;a2) und Vb = (b1;b2)
(in senkrechter/Spalten Schreibweise)
als:
a)|Va|*|Vb|*cos(Va;Vb), wie Bronstein
oder
b) (a1;a2)*(b1;b2), wie ich es einst in der Schule lernte,
als a1*a2+b1*b2?

Die Definition a) taugt ja allein schon deshalb nichts, weil man hier zuerst definieren müsste, was denn unter dem Winkel zweier Vektoren und dem Betrag eines Vektors zu verstehen ist.

Im allgemeinen wird das Skalarprodukt eines K-Vektorraums V definiert, indem man von der Skalarprodukt-Abbildung

g: V x V -> K

fordert, dass sie gewisse Eigenschaften erfüllt. Welche das im einzelnen sind, hängt im wesentlichen von dem dem Vektorraum zugrunde liegendem Körper K ab. Siehe:

http://de.wikipedia.org/wiki/Skalarprodukt#Allgemein…

Im Falle eines endlich dimensionalen euklidischen IR-Vektorraums (also der aus der Schule bekannte), erfüllt die Abbildung wie Du sie oben unter b) definiert hast, alle Forderungen. Sie entspricht daher der allgemeiner Definition des Skalarprodukts.

Der Winkel zweier Vektoren und der Betrag eines Vektors können dann mit Hilfe des Skalarproduktes definiert werden:

|a| := Wurzel(g(a,a))

cos(α(a,b)) := g(a,b) / (g(a,a)g(a,b))

sind also abgeleitete Größen.

Gruß
Oliver

Moin,

wenn man mit „Vektoren“ die in der Physik oder auch in der Schulmathematik gebräuchlichen „Pfeile“ meint, dann würde ich so definieren:
Das Skalarprodukt ist der Betrag des einen Vektors mal die Projektion des anderen auf den ersten.
Das ist das, was man in der Physik braucht, z.B. bei der Berechnung der mechanischen Arbeit (Kraft mal Weg), wenn Kraft- und Wegrichtung nicht übereinstimmen. Dann braucht man eben die in Wegrichtung wirkende Kraft, also die Projektion des Kraftvektors auf den Weg.

a)|Va|*|Vb|*cos(Va;Vb), wie Bronstein

Das ist dann eher eine Möglichkeit, das zuvor definierte mathematisch auszurechnen.

oder
b) (a1;a2)*(b1;b2), wie ich es einst in der Schule lernte,
als a1*a2+b1*b2?

Das ist dann die sehr konkrete Rechenvorschrift, wenn die Vektoren in einem kartesischen Koordinatensystem in Komponentenschreibweise gegeben sind.

Liegt es nicht näher, das SkalarProdukt über das
SkalarQuadrat als Längenquadrat

Was jetzt kommt, verstehe ich leider nicht. Was ist z.B. ein SkalarQuadrat?

Olaf

War wohl doch schon zu spät gestern.

cos(α(a,b)) := g(a,b) / (g(a,a)g(a,b))

Ich meinte natürlich

cos(α(a,b)) := g(a,b) / (|a||b|)

Gruß
Oliver

Hallo,

also zunächst mal muss ich anmerken, dass Dein poetischer Schreibstil in diesem Brett ungewöhnlich ist… Ich verstehe auch nach wie vor nicht so richtig das Problem. Aber ich erkläre trotzdem nochmal was dazu.
Ein Vektor (so wie wir ihn kennen) ist ein mathematisches Objekt, das eine Verschiebung kennzeichnet. Und eine Verschiebung hat eine Richtung und einen Betrag. Diese lassen sich durch Zahlen, also durch skalare Größen darstellen. Trotzdem ist doch der Unterschied klar - der Vektor ist eben das Objekt, und das andere ist eine Möglichkeit, ihn zu beschreiben.
Eine andere Möglichkeit ist ein Koordinatensystem. Da wird ein Vektor eben durch drei kartesische Koordinaten beschrieben. Durch drei Zahlen, durch drei skalare Größen also.
So. Jetzt kann man verschiedene Operationen zwischen Vektoren definieren. Zum Beispiel die Addition. Die kann man definieren, wie man will, aber sinnvoll ist, sie als Hintereinanderausführung von 2 solchen Verschiebungen zu definieren. Und dann kann man dafür Rechenregeln herleiten.
Und jetzt Multiplikation: Was soll denn „eine Verschiebung mal eine andere Verschiebung“ sein? Das ist eben überhaupt nicht klar. Daher kann/muss man erstmal was definieren, was man dann vielleicht z.B. in der Physik gebrauchen könnte. Und da gibt es eben 2 Definitionen, die überhaupt gar nichts miteinander zu tun haben. Die eine ist das Skalarprodukt. Und man definiert es eben so, dass es eine Zahl (ein Skalar) sein soll, die in bestimmter Weise von den beiden Vektoren abhängen soll. Das andere ist das Kreuz- oder Vektorprodukt.
Für beide Definitionen kann man dann Rechenregeln herleiten, die meist noch vom jeweiligen Koordinatensystem abhängen. Und bei diesen Rechenregeln werden natürlich Zahlen verwendet.
Also alles in allem eigentlich keine Widersprüche oder so. Oder habe ich die Frage doch nicht verstanden?

Olaf

Hallo,

Ein Vektor (so wie wir ihn kennen) ist ein mathematisches
Objekt, das eine Verschiebung kennzeichnet. Und eine
Verschiebung hat eine Richtung und einen Betrag. Diese lassen
sich durch Zahlen, also durch skalare Größen darstellen.

in diesem Zusammenhang ist der Begriff `skalare Größe’ gefährlich. Durch welche Zahl beschreibst du die Richtung eines Vektors, wenn du keinen Bezug auf ein Koordinatensystem nimmst?

Üblicherweise bezeichnet man mit Skalar einen Tensor nullter Stufe. Ein solcher ist invariant unter Koordinatentransformationen. Die Koordinaten eines Vektors sind keine Skalare - sie verändern sich unter Koordinatentransformationen.

Eine andere Möglichkeit ist ein Koordinatensystem. Da wird ein
Vektor eben durch drei kartesische Koordinaten beschrieben.

Bzw. n. Außerdem gibt es auch andere, als kartesische Koordinaten.

Durch drei Zahlen, durch drei skalare Größen also.

S.o. die Koordinaten eines Vektors sind keine Skalare.

So. Jetzt kann man verschiedene Operationen zwischen Vektoren
definieren. Zum Beispiel die Addition. Die kann man
definieren, wie man will,

Nun, sie sollte schon assoziativ und kommutativ sein und es sollten neutrales und inverses Element existieren.

Daher kann/muss man erstmal was definieren, was man dann
vielleicht z.B. in der Physik gebrauchen könnte. Und da
gibt es eben 2 Definitionen, die überhaupt gar nichts
miteinander zu tun haben.

Was du mit der Beschränkung auf genau `2 Definitionen’ aussagen willst, ist mir nicht klar.

Die eine ist das Skalarprodukt.

Als Skalarprodukt oder inneres Produkt bezeichnet man üblicherweise diejenige symmetrische, positiv definite Bilinearform, die man bei der Definition des Vektorraums mit Skalarprodukt gewählt hat. Aus diesem allgemeinen Begriff rührt die Definition des Standardskalarprodukts im dreidimensionalen euklidischen Raum als die Summe der komponentenweise multiplizierten Koordinaten her (bis auf Tippfehler Definition b) des OP).

Historisch hat man das Skalarprodukt bzw. das Standardskalarprodukt aber zunächst anschaulich über Beträge der Vektoren und dem eingeschlossenen Winkel definiert (Definition a des OP).

Das andere ist das Kreuz- oder Vektorprodukt.

Dabei ist zu beachten, dass das Kreuzprodukt als Abbildung V x V -> V etwas ganz spezielles und nur im Dreidimensionalen mögliches ist.


Philipp

Hallo,

Lieber Philip,

drei P bitte.

hast du exakte historische Kenntnisse? Woher?

Dass die anschauliche Definition die historische ist, ergibt sich schon daraus, dass sie auf abstraktere Vektorräume überhaupt nicht anwendbar ist. Entsprechende Bemerkungen sollten sich in vielen Lehrbüchern zur linearen Algebra und analytischen Geometrie finden.

Ist meine Suche nach möglichst anschaulichen und praktikablen
DEFINTITIONEN, hier des „Skalarproduktes“, sooo ungewöhnlich
und unmathematisch?

Das Skalarprodukt ist ein mathematisches Konstrukt, um Betrag und Winkel zu definieren, die dann eine anschauliche Interpretation haben.

Bronstein ed all:
„Das Skalarprodukt ist def. als das Produkt aus Betrag Vektor
a mal Betrag VeKtor b mal den Cosinus des eing. Winkels“

Das ist wie gesagt die historische Version. Diese hat das Problem, dass man bereits die Begriffe Betrag und Winkel zur Verfügung haben muss, um das Skalarprodukt zu definieren. In diesem Sinne ist das Skalarprodukt tatsächlich nur ein Rechentrick, um gewisse Formeln elegant zu schreiben.

In der modernen Version wird ein Skalarprodukt auf einem reellen Vektorraum definiert, noch bevor es Begriffe wie Betrag' oder Winkel’ überhaupt gibt. Man setzt nur voraus, dass das Skalarprodukt bilinear, symmetrisch und positiv definit ist. Jetzt kann man Betrag eines Vektors' (Wurzel aus dem Skalarprodukt des Vektors mit sich selbst) und Winkel zwischen zwei Vektoren’ (hier nimmt man einfach die historische Skalarprodukts-Formel als Definition für den Winkel) definieren - und das auch in Räumen in denen man keine anschaulische Darstellung dessen hat.

Der Definitionsgehalt nach Bronstein ergibt sich bei mir
als bloße Anwendung der geltenden Rechengesetze
(Cosinussatz).

Diese Definition ist eben im `Nachhinein’ in einen bereits auf anderem Wege voll ausgestatteten Vektorraum eingebaut.

Im Unterschied zu Bronstein treten in „meiner“ Definition
NUR bereit gegebene Größen auf,

Wie gesagt ist heutzutage üblicherweise vor der Definition des Skalarprodukts weder Betrag' noch Winkel’ eine gegebene Größe.

Deine `Definition’:

Bei mir: „Das Skalarprodukt ist so definiert, daß das
Skalarquadrat eines einzelnen Vektors gleich seinem
Betragsquadrat ist“

definiert das Skalarprodukt ja garnicht. Sie trifft beispielsweise auf die Abbildung

V x V -> IR; =-1, falls x!=y und =|x|^2

zu.

Und hier ergibt sich die Skalarprodukt-Identität nicht
aus einer zunächst ominösen Definition, sondern rein
rechnerisch aus dem auf eine vektordifferenz angewandte
trigonometrisch bekannten Cosinussatz.

Die moderne Definition funktioniert eben auch, wenn keinerlei Trigonometrie bekannt ist, etwa wenn die Vektoren in dem Vektorraum abstrakter sind, als Pfeile im Anschauungsraum.

Mein Bestreben ist, „Formelkram in Definitionen möglichst
reduzieren!“ Aber natürlich bleibt mir auch zu erklären,
warum ich Va^2 = |Va|^2 definiere.

Heutzutage macht man es, wie gesagt, eher umgekehrt:
|V|^2 :=

Das liegt aber nicht nur pythagoräisch nahe, meine ich.
Und führt auch nur ERSTMAL EINE neue Größe ein, den Betrag.

Da erscheint es mir weniger aufwändig erstmal nur eine Operation, nämlich die Bildung des Skalarproduktes einzuführen und damit dann zwei Begriffe zu definieren (Betrag und Winkel).


Philipp