Hallo!
Man gründe eine „Nationale Bildungskameradschaft“. Eine größere Organisation und irgendwelche Mitglieder sind entbehrlich. Wichtig ist nur, daß man die Gründung nebst ein paar möglichst kruden, aber für den Staatsanwalt unangreifbaren Zielen in der Presse veröffentlicht. Das ist wie beim Verhökern von Zahnpasta ganz normales Marketing. Parallel dazu erwirbt man als Privatmensch eine marode und deshalb billige Immobilie in einer beliebigen Gemeinde mittlerer Größe. Die Anonymität einer Großstadt ist dem Vorhaben abträglich und auch eine zu kleine Gemeinde, die schon bei einer zerdepperten Bushaltestelle an ihre Grenzen gerät, ist ungeeignet. Ein Städtchen in der Größenordnung einiger zigtausend Einwohner ist genau richtig. Jetzt folgt der nächste Schritt: Die Nationale Bildungskameradschaft bekundet ihr Interesse, die Immobilie zu einem ungefähr 3fach überhöhten Preis zu kaufen, um dort ein Schulungszentrum einzurichten. Das örtliche Käseblatt berichtet darüber. Sodann muß man nur noch abwarten.
Protest gegen das beabsichtigte Schulungszentrum wird sich rühren. Die Gemeinde bekommt Angst, in ein schlechtes Licht zu geraten und wird zur Verhinderung des Ungemachs ihr Vorkaufsrecht in die Waagschale werfen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Gemeinde irgendeine Verwendung für die Immobilie oder überhaupt Geld hat. Sobald die Sache droht, im öffentlichen Interesse einzuschlafen, gibt der private Verkäufer dem Reporter des örtlichen Blättchens ein Interview und berichtet brühwarm über den guten Fortschritt der Verkaufsgespräche mit der Nationalen Bildungskameradschaft. Die Sache läßt man vor sich hin köcheln. Kost ja nichts und die Gremien der Gemeinde brauchen immerhin Zeit, um die Kommunalaufsicht zu überzeugen, daß die sowieso hoffnungslos überschuldete Stadt die Immobilie unbedingt kaufen muß.
Die Gemeinde wird die Immobilie also kaufen und ihr Bürgermeister kann vor der Presse den Erfolg verkünden, daß man dem Rechtsextremismus erfolgreich entgegengetreten sei.
Jede Existenzgründung braucht ihre Zeit, das Unternehmen muß langsam wachsen und seine Eigenkapitalbasis auf kaufmännisch saubere Weise mitwachsen lassen. Der tüchtige Unternehmer wird außerdem für steigenden Bekanntheitsgrad sorgen. Der erste erfolgreiche Immoverkauf dient diesen Zielen in idealer Weise. Die „Nationale Bildungskameradschaft“ ist plötzlich überregional bekannt. Außerdem ist die Kasse nach dem ersten Verkauf gut gefüllt. Das alles wird den nächsten Coup ungemein erleichtern.
Man suchst sich also wieder als Privatmensch eine marode Immobilie in einem Städtchen mittlerer Größe …
Der Businessplan läßt nach einem mühsamen ersten Jahr mit nur 6stelligem Überschuß für die Folgejahre reichlich 7stelligen Gewinn wahrscheinlich erscheinen, zumal mehrere gleich gelagerte Aktivitäten in verschiedenen Orten parallel laufen können. Das Marktpotenzial ist beträchtlich, denn es gibt aberhunderte geeigneter Ortschaften, die nur darauf warten, dem Rechtsextremismus entgegentreten zu dürfen.
Man kann nur richtig gut machen, was man auch gerne macht. Deshalb darf der Spaß nicht zu kurz kommen und dafür dient eine besondere Variante des Geschäfts: Im Osten gibt es etliche Wohnungsgesellschaften mit riesigen Betonkästen, die aufgrund von Leerstand nur eine Belastung darstellen. Die Wohnungsgesellschaften sind in aller Regel im Eigentum einer oder mehrerer Gemeinden. Man kauft also ganz billig einen der riesigen Kästen z. B. auf einer der regelmäßig stattfindenden Auktionen letztlich von der Gemeinde, zieht die beschriebene Nummer ab und verkauft den Kasten wieder an die Gemeinde. Es gibt viele solcher Betonkästen … viel Spaß wartet…
Zugegeben, die Idee ist nicht ganz neu. Aber sie wurde in Delmenhorst erfolgreich erprobt und hat so gut wie keine Risiken. Nach einigen Jahren ist die Geschäftsidee abgenutzt. Aber das macht gar nichts, man hat längst ausgesorgt.
Ist das eine gute Geschäftsidee? Oder sind nur Delmenhorster Bürger und die Delmenhorster Verwaltung so dämlich, daß sie sich aus der leeren Stadtkasse oder der ebenso leeren Kasse einer städtischen Gesellschaft Millionen herausleiern lassen?
Gruß
Wolfgang