Demenzkranken aus dem Schneckenhaus holen

Hallo,

eine mir nahestehende Person (87)hat sich im Laufe der Jahre aufgrund massiver schlechter Erfahrungen (und einer Demenzerkrankung*) immer mehr in ihr Schneckenhaus zurückgezogen.

Der Geisteszustand ist vermutlich auch deshalb sehr schwankend, aber ich habe festgestellt, dass wenn man diese Person gezielt fordert, doch einiges noch möglich ist.

*Die Person bekommt diesen Rückzug aber stellenweise aktiv mit, und hat diverse Unteruchungen auch selbst veranlasst, doch bislang ergaben sich aufgrund diverser widriger Umstände nicht die Möglichkeiten dem Geschehen im Umfeld entgegen zu wirken.

Das hat sich aber jetzt geändert! Das ist jetzt möglich!!

Ich würde gerne wissen wie man jemanden, der sich aufgrund einer schon meßbaren pathologischen Demenz fördern und fordern kann.

Gibt es Übungen, Aktivitäten, die das Gehirn fordern können, und einen auch aus einer anfänglich selbst gewählten Isolation herausholen könnte?

Ich erwarte keine Wunder, aber da die Person von sich selbst spricht und selbst feststellt, sie sei „aus allem draussen“ oder „weit weg“ und das jetzt sehr bedauert, aber selbst den Weg nicht zurück findet, muß man doch etwas versuchen.

Was schlagt Ihr vor?

Danke und Gruß
M.

Hallo,

der Umgang mit dementen Personen erfordert unendliche viel Einfühlungsvermögen und Geduld. Ich weiß es aus der Pflege und Betreuung meiner Großeltern und meines Schwiegervaters.
Meine Erfahrung:
Die Person dort „abholen“, wo sie sich „befindet“; soll heißen, sie so anzunehmen wie sie ist. Man kann keinem Demenzkranken etwas lehren, man kann aber sehr wohl auf ihn eingehen, ihm zu verstehen geben, dass man ihn ernst nimmt und ihn respektiert. Auch wenn ihm viele Fähigkeiten verloren gegangen sind (z. B. Erinnerungsvermögen, Mobilität) sollte man ihn keinesfalls auf sein „Handicap“ hinweisen. Die Betroffenen merken meist selbst, dass sie mehr und mehr auf Hilfe angewiesen sind und das macht viele unsicher.
Mein Schwiegervater war zeitlebens Landwirt und hat dementsprechend gearbeitet. Als seine körperlichen und geistigen Kräfte nachließen, er mehr und mehr im Haus bleiben musste, haben wir ihm jeden Tag von der Arbeit erzählt, in teilhaben lassen an unserem Leben. Auch bekam er jeden Tag seine „Arbeitskleidung“ angezogen und nicht - weil es für uns ja bequemer wäre - Jogginghose und Pulli. Und wir merkten: Wenn wir uns mit ihm unterhielten - besonders wenn wir nach seiner Jugend fragten - wurden seine Augen hell und es freute ihn, dass er uns etwas erzählen konnte. Auch wenn es für uns das hundertste Mal war, für ihn war es das erste Mal und man konnte sehen, dass ihm das gut tat.

Mein Tipp:
http://www.validation-eva.com/de/20val.html

Gruß von der
kleinen Göre

Hallo,

hier bietet sich die 10-Minuten-Aktivierung oder die
Selbsterhaltungstherapie (SET) nach Dr. Barbara Romero an.

Bitte vorher gut einlesen und immer wieder (selbst)kritisch überprüfen ob die Massnahmen für den Betroffenen hilfreich sind.

http://www.amazon.de/Beschäftigung-alten-Menschen-Gi…

http://www.amazon.de/Wahrnehmen-Motivieren-10-Minute…

http://www.alzheimerforum.de/3/1/6/5/set_heim.html

Am wichtigten ist es dass du den Betroffenen nicht überforderst oder frustrierst. Nicht „Das musst du doch noch wissen“ sondern „Ich weiss noch was / Ich habe in meinem Leben etwas geleistet“ sollte das gefühlte Ergebniss sein.

viele Grüße
Susanne

Hallo Maja,

das Validationsthema, was die „kleine Göre“ erwähnt hat, fand ich sehr interessant, besonders, da es um Empathie geht.

Ich „begleite“ den 85-jährigen Demenz kranken Lebensgefährten meiner Oma. Er will noch so viel erzählen - da muss man genau zuhören und Phantasie entwickeln. Aber er hat noch Leidenschaften: Er hat früher viel gemalt und mir einige Bilder geschenkt: Die schauen wir uns gemeinsam bei jedem Besuch an. Auf das eine ist er besonders stolz! Außerdem ist er körperlich noch so fit, dass ich ihn auffordere, mir regelmäßig seine Tanzschritte zu zeigen. Er redet gern, macht sich auch noch Sorgen um andere - zuhören, Bilder zeigen lassen, Fotos machen, Verwandte einladen - auch wenn er die wenigsten noch erkennt. Häufig kommt von ihm: „Ich glaube, ich kann das nicht mehr…“ Ich versuche, ihn dann zu ermutigen - und wenn er etwas geschafft hat (z.B. gutes Geschirr in die Küche tragen), freut er sich wie ein „Schneekönig“. Klar rutscht mal die Hose auf dem Nach-Hause-Weg nach unten, so dass ich ihn mitten auf der Straße anziehen muss - klar, es kommt vor, dass er beim letzten WC-Gang leider daneben gepinkelt hat und nun seine Hose Flecken aufweist…aber wir machen kein Drama draus.

Ich denke, solche Menschen suchen eine Hand, die sie in einen Teil ihres Lebens, der lange vor der Demenz bewahrt bleibt, zurückführt. Und diesen Teil muss man suchen und daran anknüpfen. Jeder Demente ist anders, daher teile ich die Ansicht, dass hier nur Empathie helfen kann.

Liebe Grüße

Kathleen