Den Schalter im Kopf umlegen

Guten Morgen zusammen!

Es ist ja bei verschiedenen Themen (vor allem bei Diäten, Drogenproblemen) immer wieder die Rede von dem „Klick“, den es im Kopf geben muß, der einen grundsätzlich motiviert, durchzuhalten bzw. sein Verhalten grundlegend zu ändern.

Jeder kennt bestimmt Geschichten, wie die vom Herzinfarkt, der als Schuß vor den Bug wahrgenommen wird und einen dazu bringen kann, sein Leben von Grund auf umzugestalten. Es muß ja nicht grad der Herzinfarkt sein… Da setzt meine Frage ein: Was kann dieses radikale Umdenken einleiten? Läßt sich das irgendwie künstlich beschleunigen oder hervorrufen? Warum sind manche immun dagegen und machen weiter wie bisher? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein? Hat jeder diesen „Nullpunkt“ an dem der Selbsterhaltungstrieb greift? Wie kann man ihn finden?

Die Fragen haben natürlich einen persönlichen Hintergrund, den ich hier kurz umreißen will: Ich habe den Eindruck, mir fehlt dieser Nullpunkt einfach. Wenn ich sage „Ich tu etwas für mich“ ist das nur eine Phrase, ich empfinde das nicht wirklich so, demzufolge ist mein eigener Antrieb diesbezüglich gleich null. Die Motivation kann nur von außen kommen und das ist natürlich der falsche Weg. Für mich betrifft das nicht nur den Bereich Gewichtsabnahme, sondern mehr oder wenier eigentlich fast alle Lebensbereiche wenn ich es mir recht überlege. Ich kann mir tausendfach die positiven Auswirkungen von geändertem Verhalten vor Augen führen, es motiviert mich nicht. Mißerfolge sind da natürlich vorprogrammiert (und treten auch im erhöhtem Maße auf) und verstärken das Ganze. Es ist eine Tretmühle, die meine gesamte Energie auffrißt.

Für Anregungen wäre ich dankbar

kernig

Kernigen Morgen, kernig!
Was Du bschreibst, ist sicherlich beim Rauchen wictig, ich meine natürlich: Wenn man aufhören will damit.
Bei mir war es vor etwa 20 Jahren so: Ich bekam das deutlichere Gefühl, dass ich mir mit jedem Zug was Ungesundes antue und konnte dann nicht mehr genussvoll rauchen. Hab dann aufgehört. Vielleicht nochmal n Joint alle paar Jahre in sympathischer Gesellschaft, aber keine Zigaretten mehr. Inzwischen krieg ich aber auch keinen Joint mehr rein. :wink: Das Gefühl im Hals und in der Lunge ist zu negativ geworden. Inwischen wird mir auch übel von Zigarettenrauch. So wurde ich ein -leider?- militanter Nichtraucher, der auch schonmal im Restaurant zu seinen dauerqualmenden Tischnachbar sagt:
„Könnten Sie mal ne Viertelstunde aufhören zu rauchen? Mir ist schon ganz schlecht.“
Gruß,
Branden

Glückwunsch dazu!

Ich bekam das
deutlichere Gefühl, dass ich mir mit jedem Zug was Ungesundes
antue und konnte dann nicht mehr genussvoll rauchen. Hab dann
aufgehört.

Genau das meine ich, da warte ich drauf. Nicht das Rauchen betreffend, bin sowieso Nichtraucher.

Z.B. Essen: ich weiß, wann es genug ist und ich weiß auch bei jedem Bissen, den ich zuviel esse, dass ich mir etwas Ungesundes antue. Aber diese Wissen hilft mir nicht, es zu lassen. Ich komme immer wieder auf das Thema Essen, weil es einfach das eingängigste Beispiel ist, es ist nicht mein einziges und größtes Problem.

kernig

Hi kernig.
Meine Meinung dazu als interessierter Laie:
Wenn Dich etwas stört an Dir, ein Verhalten, z.B. in Bezug auf Deine Essgewohnheiten o.ä. und Du es „eigentlich“ ändern willst, aber der Wille nicht reicht, den inneren Schweinehund zu überwinden und Du immer wieder „rückfällig“ wirst, dann könnte das heißen, daß Du Dich einfach noch nicht selbst davon überzeugt hast, daß Du das ändern willst.
Greif Dir das raus, was Dich offensichtlich am meisten stört oder beeinträchtigt und beschäftige Dich mit diesem Verhalten eindringlich.
Nimm z.B. das Rauchen, denn da weiß ich, wovon ich spreche:
Bevor ich damit aufhören konnte, hat es mehrere Monate gedauert, in denen ich mich wieder und wieder gefragt habe, was mir das eigentlich bringt, in welchen Situationen ich besonders dringend rauchen möchte oder wann ich nicht rauche, was das physiologisch bewirkt, also auch, was es mir nützt und was es schadet.
Irgendwann bin ich dann (wenigstens subjektiv) hinter die (meine) „Mechanismen“ gestiegen, so z.B. Streßsituationen, die einen Raucher besonders gern zur Kippe greifen lassen. Das Paradoxe daran ist, -habe ich mir zumindest gesagt- daß das Denkvermögen durch Rauchen (wenigstens kurzfristig) leiden kann, da z.B. der Sauerstoffgehalt im Blut ja gesenkt wird und da habe ich mir gedacht, wenn ich beispielsweise vor Aufregung vor einer Prüfung rauche, wird es mir umso schwerer fallen, die „Gefahrensituation“ zu meistern, weil ich mich selbst behindere - ich schaffe mir schlechtere Bedingungen, obwohl ich eigentlich das Gegenteil will…
So in der Art habe ich viele Lebensbereiche „gescreent“ und war letztlich so überzeugt davon, daß ich nicht mehr rauchen will, daß es dann tatsächlich „geklickt“ hat.
Also würde ich raten: Überzeuge Dich selbst 100%ig davon, was Du ändern willst.
Wenn Du das geschafft hast, hast Du gewonnen.
Ist zumindest meine Erfahrung.
Grüße,
Grünblatt

Glückwunsch dazu!

Danke!

Z.B. Essen: ich weiß, wann es genug ist und ich weiß auch bei
jedem Bissen, den ich zuviel esse, dass ich mir etwas
Ungesundes antue. Aber diese Wissen hilft mir nicht, es zu
lassen.

Ja, kann ich verstehen. Beim Essen hab ich auch noch nicht alles vollständig „im Griff“. Ich leiste mir z.B. fast jeden Morgen eines von diesen herrlichen Schokoladen-Vollkorn-Croissants, die es im „Backhaus“ hier in Berlin-Schmargendorf gibt (ist das jetzt schon Werbung? Nee, ich verdien ja nix dabei, gebe das Geld nur da aus…). Ich nehme natürlich nicht ab, sondern eher zu, obwohl ich mir egentlich meine Grenze bei 80 kg gezogen hatte. Ich wollte sogar runter auf 75 kg, und was bin ich zur Zeit? Auf 82 oder 83. Na, vielen Dank auch.
Ich bin also eine Schokoladen-Schnauze, wie Du schon merkst. Bei anderen Nahrungsmitteln kann ich einigermaßen kontrolliert an mich halten. Ich muss keinen Schweinsbraten oder 5 Klopse verdrücken. Aber eben diese schöen Dinge wie Schoko-Croissants oder zum Nachtisch mal Tiramisu.
Gruß,
Branden

Greif Dir das raus, was Dich offensichtlich am meisten stört
oder beeinträchtigt und beschäftige Dich mit diesem Verhalten
eindringlich.

Das habe ich mehr als ausgiebig getan.

Um beim Beispiel Essen (auch mein zeitweise bedenklicher Alkoholkonsum fällt in diese Kategorie) zu bleiben: Ich könnte wahrscheinlich fast selbst Ernährungsberaterin werden, so gut kenne ich mich in dem Bereich aus. Ich weiß genau, was ich esse, wie es mir schadet, wann es mir gut tut. Ich weiß auch, warum ich häufig zu viel/ das Falsche esse oder trinke, auch in dem Moment in dem ich es tue. Dieses Wissen zieht aber das Gefühl nicht nach. Es reicht aber nicht, nur zu wissen und zu durchschauen und zu wollen.

So in der Art habe ich viele Lebensbereiche „gescreent“ und
war letztlich so überzeugt davon, daß ich nicht mehr rauchen
will, daß es dann tatsächlich „geklickt“ hat.
Also würde ich raten: Überzeuge Dich selbst 100%ig davon, was
Du ändern willst.

Genau das schaffe ich nicht

Wenn Du das geschafft hast, hast Du gewonnen.
Ist zumindest meine Erfahrung.

Das funktioniert bei vielen so, bei mir irgendwie nicht. Ich sehe da durchaus tieferliegende Gründe und wüßte gerne mehr darüber. Zeitweise denke ich sogar an selbstschädigendes Verhalten, denn das ist es in letzter Instanz wohl auch. In meiner verdrehten Kopfwelt bin ich es mir einfach nicht wert, mir etwas Gutes zu tun. Ich würde gern auf einem Tiefpunkt aufschlagen, aber ich fürchte eben, genau diesen nicht zu haben.

Dazu kommt noch eine Art „erlernter Hilflosigkeit“. Ich habe in allem, was ich tue die Hoffnung verloren, wirklich etwas zum Guten ändern zu können. Bei allen Versuchen, etwas zu ändern ist nichts oder sogar eine Verschlechterung zustande gekommen. Teils durch äußere (nicht von mir beeinflußbare) Umstände, teils durch ebengenau diese Einstellung / Überzeugung. Ich glaube einfach nicht mehr, dass die Größe meiner Anstrengung eine Wirkung auf das Ergebnis hat.

Ein Beispiel: Seit 3 Wochen habe ich konsequent und systematisch 3 mal pro Woche Sport getrieben (2 mal 1300m Schwimmen, 1 mal gut 1 h Nordic Walking, z.T. Ergometertraining - alles in sehr zügigem Tempo). Nebenbei habe ich darauf geachtet, was und wieviel ich esse und trinke. Keine Diät, aber auf jeden Fall nicht mehr als vorher. Das Ergebnis? Null. Nicht ein Gramm weniger auf der Waage. Mir hätte ein Kilo gereicht, mehr hätte ich gar nicht erwartet. Nur eine Tendenz zu sehen, hätte mich weiter motiviert. So aber hake ich das als Mißerfolg ab. Jede Sportmaßnahme ist lästig und frustrierend, ein gutes Gefühl will sich einfach nicht einstellen.

Mir fehlt einfach die innere Überzeugung. Ich könnte wahrscheinlich recht gut Hinz und Kunz überzeugen, sich mehr zu bewegen, ich habe das sogar schon mehrfach wirklich getan - bei mir selber klappt das nicht.

kernig

Hallo kernig,

nach meiner Erfahrung bringt es nichts, darauf zu warten, dass es ‚klick‘ macht, bloß weil man etwas, das einen irgendwie stört, abstellen will.

‚Nicht wollen‘ allein gibt keine Motivation. Am besten erkennbar, dass das nicht klappt, ist das beim Thema Essen, Trinken und Rauchen. Natürlich will man nicht soviel… (Fast Food, Süßigkeiten, Bierchen, Zigaretten)- und dann wird man doch wieder schwach. Und gefrustet.
Man kat kein konkretes Ziel vor Augen. „15 kg weniger wiegen“, ist zwar eine konkrete Aussage, aber allein für sich kein geeignetes Ziel im Sinne der Motivation. Man hat einen riesigen Berg an Verzicht vor sich um sich gleich anschliessend die Frage zu stellen: ja und was danach? dann passt die 4 Jahre alte Hose wieder?
Besser geeignet wäre das Ziel, fitter zu werden und sich wohler zu fühlen und dann gezielt darauf hinzuarbeiten. U.a. wird eine gewisse Umstellung des Essens damit verbunden sein, aber nicht im Sinne von ‚alles Mögliche verkneifen‘ sondern von ‚Anders wollen‘.

Vor der Motivation kommt, dass ein echts Ziel ins Auge gefasst wird, was positiv formuliert sein muss. Wenn das Ziel in Angriff genommen wird und - wichtig! - die ersten Erfolge oder Vorteile daraus erlebt/erfahren werden, kommt der ‚klick‘ von ganz allein (geht doch! - geht noch besser!).

Wers allein nicht schafft, für den gibts entsprechende Gruppen. Diese sind deswegen so erfolgreich, weil die Teilnehmer immer wieder das positive Ziel und den Weg dorthin vor Augen geführt bekommen und sie sich gegenseitig bestärken und unterstützen.

Meinen ‚klick‘ bekam ich im Fitnesstraining. Wegen Rückenproblemen dort nur mal so vorbeigeschaut. 3x Muskelaufbautraining pro Woche schien mir unvorstellbar. Seltsamerweise wurde das Training schon nach 3 Wochen zum Selbstläufer. Ich konnte es gar nicht mehr erwarten, nach Feierabend dort hin zu kommen. Es tat mir spürbar gut, ich fühlte mich zunehmend kräftiger und hatte keinerlei Rückenschmerzen mehr.

Viele Grüße
Mara

Hi nochmal.

Ich weiß auch,
warum ich häufig zu viel/ das Falsche esse oder trinke, auch
in dem Moment in dem ich es tue.

Und warum nu?

In meiner verdrehten Kopfwelt bin ich es mir einfach nicht wert,
mir etwas Gutes zu tun. Ich würde gern auf einem Tiefpunkt
aufschlagen, aber ich fürchte eben, genau diesen nicht zu
haben.

Hm. Das klingt traurig.
Und zumindest mich macht das ratlos.
Aber die Aussage könnte schon auf den Kern Deines Problems hindeuten.
Und wenn Du es Dir nicht „wert“ bist, Dir was Gutes zu tun, dann fehlt natürlich auch die Hauptmotivation…

Ich denke, ein Verhaltenstherapeut bzw. ein Psychologe könnte Dir da weiter helfen, indem er mit Dir daran arbeitet, Dich selbst mehr Wert zu schätzen, aber da wissen andere hier im Forum sicher mehr!
Ich wünsch Dir auf jeden Fall alles Gute,
sei gut zu Dir!
Grüße,
Grünblatt

Auch nochmal hi!

Und warum nu?

Aus Trotz. Frust. Um ein (wenn auch schlechtes) Ergebnis wenigstens selbst herbeigeführt zu haben. Um mir selbst zu bestätigen: Siehst Du, es geht nicht.

Hm. Das klingt traurig.

Das ist es auch.

Und zumindest mich macht das ratlos.

Und mich erst und alle, die ich damit belästige auch.

Ich denke, ein Verhaltenstherapeut bzw. ein Psychologe könnte
Dir da weiter helfen, indem er mit Dir daran arbeitet, Dich
selbst mehr Wert zu schätzen, aber da wissen andere hier im
Forum sicher mehr!

Auch da habe ich schon eine gewisse Karriere hinter mir. Irgendwie habe ich das jedesmal falsch angepackt (im Nachhinein ist man schlauer). Ja, und das Ergebnis kannst Du Dir ja denken: Null, es hat nichts gebracht. Ein paar Erkenntnisse vielleicht, aber keine Verbesserung. Meine Motivation, mich noch einmal in diese Richtung aktiv zu werden, ist also entsprechend gering. Arztbesuche, Therapeutensuche, Wartezeiten, für mich unüberwindbare Hindernisse.

Ich wünsch Dir auf jeden Fall alles Gute,

Danke

kernig

eins noch
Hi kernig.
In Deinen Beiträgen schimmert so ein wenig ein anderes, vielleicht grundlegendes Problem durch, der Alkohol (Du sprichst ja auch von Ernährungs- UND Drogenproblematik bzw. von Deinem zeitweise bedenklichen Alkoholkonsum).
Darauf würde ich an Deiner Stelle sehr achten!
Beginnender Alkoholismus kann sich auch dadurch äußern, daß man zunehmend in eine passive Opferrolle („mir kann ja eh keiner helfen“) schlüpft, zunehmend jede Hilfe (unbewußt!) ablehnt, nur, um sich vor lauter Selbstmitleid dann mit „gutem Grund“ mit Alkohol oder mit Freßattacken oder sonstigen Suchtmitteln zu behelfen.
Ist nicht bös gemeint, aber das kann hundsgefährlich sein.
Viele Grüße,
Grünblatt

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keine Sorge

In Deinen Beiträgen schimmert so ein wenig ein anderes,
vielleicht grundlegendes Problem durch, der Alkohol (Du
sprichst ja auch von Ernährungs- UND Drogenproblematik bzw.
von Deinem zeitweise bedenklichen Alkoholkonsum).
Darauf würde ich an Deiner Stelle sehr achten!

Ich will das jetzt nicht weit von mir weisen, kann dazu nur sagen, dass ich (und nicht nur ich) da ein durchaus kritisches Auge drauf haben.

kernig

Hi kernig,

du schreibst, dass du durch Ziele nicht wirklich motiviert wirst. Wenn du dir die Konsequenzen deines derzeitigen unerwünschten Verhaltens in den gruseligsten Farben ausmalst bis in die Zukunft hinein… bewegt dich dann dieses negative?

Manche Menschen sind nicht durch die Aussicht auf was Schönes motivierbar, die brauchen den Druck, sehr negative Konsequenzen zu vermeiden. Und… wichtig ist dabei, die Konsequenzen nicht nur zu kennen, also im Kopf zu wissen, sondern sie quasi vorab zu spüren, als würdest du sie jetzt erleben.

Und… ich glaube, dass jedes Verhalten einen (manchmal auch versteckten) Sinn hat… wofür ist es denn gut, dass deine Veränderungen nicht so klappen, wie du dir das vorstellst. Essen, trinken, rauchen… schädigen ja nicht nur, sondern erfüllen auch wichtige andere Funktionen.

Klassisches Beispiel „zuviel essen“: Klar, es macht dick… aber… es entspannt auch und wenn zuviel essen die allereinzige Möglichkeit, zu entspannen, darstellt… was ist dann, wenn derjenige weniger isst? Wie kommt diese Person zur Entspannung? Dann muss zuerst ein Verhalten her, dass besser für Entspannung sorgt als zuviel essen, bevor man das Essen „angreifen“ kann.

Das ist nur ein Beispiel… wie ist es bei dir?

Gruß
Xelya

Gewohnheiten ersetzen?
Hi kernig,

wie sieht es mit Kurz- und Langzeitperspektiven aus? Diese guten Vorsätze beziehen sich ja immer auf Belohnungen, die eher in der Ferne liegen, während die Schokolade jetzt sofort befriedigt. Und wenn man Stress hat, will man Erleichterung jetzt sofort, da kommt es auf die eine Sünde nicht an… und schon ist es wieder passiert (aus Erfahrung sprech, seufz).

Vielleicht würde es helfen, nicht nur die Situationen zu analysieren, die du mit Essen und Co. bewältigen willst, sondern auch über die Wirkung, die du damit erzielst - Entspannung, Trost, Selbstbewusstsein aufpäppeln? Und kannst du das vielleicht auch auf harmlosere Weise erreichen?
Es heißt doch, dass man Gewohnheiten niemals ablegt, sondern nur durch andere ersetzt.
Und den Langfristkram erst mal auf sich beruhen lassen - wenn ich mir, sagen wir bei der Arbeit - einen großen Brocken vornehme, komme ich auch nur vom Fleck, wenn ich ihn mir in kleinere, erreichbare Etappenziele zerlege. Vielleicht ist es bei dir auch so?

Schönen Feierabend,

Beate

Guten Morgen!

Wenn du dir die Konsequenzen deines derzeitigen
unerwünschten Verhaltens in den gruseligsten Farben ausmalst
bis in die Zukunft hinein… bewegt dich dann dieses negative?

Jawohl, sogar sehr. Aber ich sehe es als unausweichlich an. Das liegt u.a. an den wirklich vielen Pech dass wir in den letzten Jahren hatten. Jede Entscheidung, die wir getroffen haben, hat sich im Nachhinein als falsch herausgestellt. Und das zig mal. Da gehe ich sowieso davon aus, dass aus der Palette der möglichen Entwicklungen für uns die übelste zutreffen wird, egal was ich tue.

Und… wichtig ist dabei, die
Konsequenzen nicht nur zu kennen, also im Kopf zu wissen,
sondern sie quasi vorab zu spüren, als würdest du sie jetzt
erleben.

Ich glaube in manchen Bereichen spüre ich durchaus schon jetzt und ganz realistisch die Konsequenzen, aber es geht bestimmt noch schlimmer…

Und… ich glaube, dass jedes Verhalten einen (manchmal auch
versteckten) Sinn hat… wofür ist es denn gut, dass deine
Veränderungen nicht so klappen, wie du dir das vorstellst.
Essen, trinken, rauchen… schädigen ja nicht nur, sondern
erfüllen auch wichtige andere Funktionen.

Den habe ich leider noch nicht gefunden, obwohl ich ihn schon lange gesucht habe. Ich glaube, der Sinn liegt darin, mein negatives Selbstbild immer und immer wieder zu bestätigen. Wenigstens damit will ich Recht haben. Vielleicht auch eine Art Strafe für meine Unzulänglichkeiten.

Dann muss zuerst ein Verhalten her, dass besser
für Entspannung sorgt als zuviel essen, bevor man das Essen
„angreifen“ kann.

Da fällt mir sonst einfach nichts ein (ein Bier vielleicht?). Und das mir, wo ich sonst vor Ideen so sprühe. Und das was mir einfällt ist durch irgendwelche Umstände nicht möglich (oder ich rede mir das vorher ausgiebig ein).

Das Ganze ist übrigens nicht akut gefährlich, falls sich jemand Sorgen machen sollte. Ich schleppe das jetzt schon seit fast 7 Jahren mit mir rum und habe schon verschiedene Lösungswege ausprobiert. Das ist einfach wahnsinnig anstrengend, mein Aktivitätspotential ist gleich null. Wenn ich das jemandem erzähle wundert man sich, woher ich die Kraft dafür nehme (Oder tut es als Spinnerei ab). Immerhin habe ich die eine oder andere Erkenntnis auf diesem Weg gewonnen, vom glücklichsein bin ich aber noch Meilen entfernt. Es fehlt eben der grundsätzliche Wandel, nach dem ich im Eingangsposting fragte.

kernig

Kenn ich

Für mich betrifft das nicht nur den
Bereich Gewichtsabnahme, sondern mehr oder wenier eigentlich
fast alle Lebensbereiche wenn ich es mir recht überlege. Ich
kann mir tausendfach die positiven Auswirkungen von geändertem
Verhalten vor Augen führen, es motiviert mich nicht.
Mißerfolge sind da natürlich vorprogrammiert (und treten auch
im erhöhtem Maße auf) und verstärken das Ganze. Es ist eine
Tretmühle, die meine gesamte Energie auffrißt.

Für Anregungen wäre ich dankbar

kernig

Hm,

es ist eigentlich eher ein ruhiger Moment, in dem man das spürt. Man merkt einfach ganz intensiv, dass man JETZT mit einer alten Gewohnheit / Sucht fertig ist. Dann wird es zwar nicht leichter, aber es bricht ein neuer Abschnitt an.

Lohnt sich, aber wenn Du es net wirklich willst, dann lass es lieber. Man muss sehr selbstbeherrscht sein und das ist manchal sehr schwierig.

Hi,

Ich könnte
wahrscheinlich fast selbst Ernährungsberaterin werden, so gut
kenne ich mich in dem Bereich aus. Ich weiß genau, was ich
esse, wie es mir schadet, wann es mir gut tut. Ich weiß auch,
warum ich häufig zu viel/ das Falsche esse oder trinke, auch
in dem Moment in dem ich es tue. Dieses Wissen zieht aber das
Gefühl nicht nach. Es reicht aber nicht, nur zu wissen und zu
durchschauen und zu wollen.

vielleicht solltest du dich zwingen.

Ich hab auch etliche schlechte Angewohnheiten, zB habe ich seit frühester Kindheit kaum etwas getrunken (ich rede nicht von Alk :wink:, es gab Tage, da habe ich gar nichts getrunken, an guten Tagen war es maximal ein halber Liter. Und das über Jahre, obwohl man doch mindestens 2 Liter täglich trinken soll. Nur in wirklichen Ausnahmesituationen (große Hitze) hab ich es geschafft mal einen oder gar zwei Liter zu trinken. Das war dann ein Tag, am nächsten war es wieder erheblich weniger. Zusätzlich mag ich kein kohlensäurehaltiges Mineralwasser und stilles Wasser aus der Flasche? Dann lieber aus dem Hahn, den hab ich aber nicht neben dem Bett / Sofa / Schreibtisch, also wird wieder nichts getrunken oder wenn dann hauptsächlich Zuckerplörre (Sprite etc.).
Letzten Sommer habe ich angefangen, mir Wasser in Flaschen zu kaufen und bei den ersten paar Flaschen musste ich mich wirklich zwingen (inkl. Brechreiz), das Zeug zu trinken. Es war eine Qual für mich, zu trinken, aber ich hab mich gezwungen ständig die Flasche anzusetzen.
Und dann, nach einer Weile war es nicht mehr ganz so schlimm. Je länger ich durchhielt, desto weniger quälend wurde es. Und wenn ich dann mal „zur Belohnung“ eine Sprite trinken wollte hat mir das Zeug gar nicht mehr geschmeckt, ich hab dann lieber zum Wasser gegriffen.

Inzwischen ist es für mich noch immer nicht normal jeden Tag 1,5 l (eine Flasche) Wasser zu trinken und ich schaffe es auch nicht jeden Tag. Dafür habe ich Tage an denen ich 3 l trinke und ich fühle mich nicht mehr schlecht, wenn ich zu wenig trinke. Ich habe es also durch Zwang geschafft, eines meiner schlechten Verhaltensmuster zu durchbrechen. Ich hab die Qualen (und ja, es waren wirkliche welche) ausgehalten und nicht aufgegeben - warum kann ich dir nicht mal sagen.
Ich hatte keinerlei Motivation dazu, ich weiß bis heute nicht, was es mir bringt, dass ich so viel trinke (außer, dass ich etwa 4 mal so häufig auf die Toilette muss…) und irgendwelche Schauermärchen von Austrocknung haben mich noch nie beeindruckt (ich hab ja 25 Jahre sehr wenig getrunken und es überlebt). Statt drüber nachzudenken wieso, wofür usw. hab ich es einfach gemacht.

Langfristige Änderungen erreicht man nur durch Konsequenz. Dazu braucht es keinen Klick. Bei mir und dem Trinken hat ja wie gesagt noch immer nichts geklickt, muss es aber auch nicht. Man braucht ja auch keinen Klick, um sich nach der Toilette die Hände zu waschen oder um sich die Zähne zu putzen, man tut es einfach.

Also hör einfach auf, auf den Klick zu warten und tu es, weil es sein muss. Iss nicht gesünder / besser, weil du damit abnehmen kannst oder weil dir FastFood schlechte Blutwerte beschert, das ist alles egal. Tu es einfach, weil du es tun musst. Zwing dich einige Wochen dazu. Und selbst wenn du nach einer Woche doch eine Pizza bestellst - ja, und? Dann genieß die Pizza und am nächsten Tag isst du wieder normal.
Ich benutze absichtlich das Wort „normal“, weil es das ist, was das Verhalten für dich werden muss, genau wie für mich der Griff zur Wasserflasche. Vernünftig zu essen muss für dich so normal werden wie Hände waschen und Zähne putzen. Das erreichst du nur mit Konsequenz, auch wenn du dich dafür anfangs quälen musst.

In
meiner verdrehten Kopfwelt bin ich es mir einfach nicht wert,
mir etwas Gutes zu tun.

Provokant: Gesundes Essen bist du nicht wert aber den Schokoriegel schon? Womit hast du die Schokolade verdient?

Ein Beispiel: Seit 3 Wochen habe ich konsequent und
systematisch 3 mal pro Woche Sport getrieben (2 mal 1300m
Schwimmen, 1 mal gut 1 h Nordic Walking, z.T.
Ergometertraining - alles in sehr zügigem Tempo). Nebenbei
habe ich darauf geachtet, was und wieviel ich esse und trinke.
Keine Diät, aber auf jeden Fall nicht mehr als vorher. Das
Ergebnis? Null. Nicht ein Gramm weniger auf der Waage. Mir
hätte ein Kilo gereicht, mehr hätte ich gar nicht erwartet.

Konsequenz bedeutet nicht, etwas 3 Wochen durchzuhalten. Es bedeutet eher, sich notfalls so lange dazu zu zwingen, bis es normal ist, es einfach zu tun.

Durch meine ersten paar Wochen Sport musste ich mich auch quälen, hab immer überlegt, ob ich „heute ausnahmsweise mal ein bisschen weniger“ machen sollte - Erfolge hab ich auch nicht gesehen und Spaß hat es auch nicht gemacht. Und trotzdem hab ich weitergemacht. Auch wenn es noch keine sichtbaren Erfolge gab hab ich irgendwann gemerkt, dass sich trotzdem was verändert. Irgendwann habe ich eben nicht mehr drüber nachgedacht, das Trainung „heute mal“ ausfallen zu lassen oder zu verkürzen, auch wenn es immernoch keinen Spaß gemacht hat fiel es mit der Zeit einfach immer weniger schwer. Und irgendwann kam dann der Punkt, an dem ich das Auspowern vermisst habe, wenn ich mal keine Zeit dafür gefundenden habe.

Verhaltensmuster von 20 oder 30 Jahren lassen sich eben nicht binnen 3 Wochen ändern, das braucht viel mehr Zeit. Nimm dir diese Zeit und halte einfach durch, auch wenn du noch nicht weißt wofür. Irgendwann bekommt man für alles im Leben die Rechnung, für negative Dinge genauso wie für positive (Sport zB), nur manchmal dauert es eben ein bisschen länger.

Viele Grüße,
Sue

Guten Morgen,
danke für Deine Rückmeldung und Anregung.

vielleicht solltest du dich zwingen.

das mit dem Zwingen habe ich auch schon ausgiebig probiert.

Ein Beispiel: Ich habe 1 Jahr lang systematisch 2 - 3 mal pro Woche Lauftraining absolviert, nach diesem Lauftrainer von der AOK. Ich habe mich zu jedem einzelnen Training gezwungen, aber auch nach nach dem Laufen hat sich kein gutes Gefühl eingestellt. Und, ja ich hatte Erfolg: Nach ca. 7 Monaten konnte ich eine halbe Stunde am Stück joggen, nach 9 Monaten eine ganze Stunde. Dann hatte ich Probleme mit den Füßen (Ballen durchgetreten), mußte ein paar Wochen pausieren, mir Einlagen anfertigen lassen. Das Ergebnis: Das Trainings-Jahr über blieb das Gewicht konstant, sobald ich aufgehört hatte, habe ich binnen kürzester Zeit 5kg zugenommen. Die Fitness war natürlich auch sofort flöten. Das Ergebnis für mich: Schlimmer als vorher. Und mangelndes Durchhaltevermögen kann mir da keine unterstellen.

Ich weiß, dass es Menschen gibt, die sich zwingen können, zu allem möglichen. Ich kann das durchaus auch, aber es kostet mich Unmengen an Kraft (eben weil mir die rechte Überzeugung fehlt), die ich einfach nicht habe. Ich zwinge mich ja schon zu so unglaublich viel jeden Tag, das fängt mit dem Aufstehen an (ganz im Ernst).

Langfristige Änderungen erreicht man nur durch Konsequenz.

Das sagen viele, genau das nimmt mir den Mut überhaupt anzufangen.

Provokant: Gesundes Essen bist du nicht wert aber den
Schokoriegel schon? Womit hast du die Schokolade verdient?

Das nenne ich mal eine wirklich gute Frage. :smile: Ich denke, ich weiß, dass ich mir mit der Schokolade nichts Gutes tue. Kann man so verdreht denken?

Konsequenz bedeutet nicht, etwas 3 Wochen durchzuhalten. Es
bedeutet eher, sich notfalls so lange dazu zu zwingen, bis es
normal ist, es einfach zu tun.

Genau das funktionert nicht.s.o. Gerade kämpfe ich mit dem Schweinehund in mir, um noch eine Runde in den Wald laufen zu gehen. Ich könnte hier ungefähr 10 Gründe aufzählen, es nicht zu tun.

Und
irgendwann kam dann der Punkt, an dem ich das Auspowern
vermisst habe, wenn ich mal keine Zeit dafür gefundenden habe.

Darauf habe ich das ganze Jahr über gewartet und hüte mich momentan davor, dies wieder zu erwarten.

Irgendwann bekommt man für alles im Leben die
Rechnung, für negative Dinge genauso wie für positive (Sport
zB), nur manchmal dauert es eben ein bisschen länger.

Diese Überzeugung habe ich leider verloren, gerade was positive Entwicklungen anbelangt.

Druck von außen funktioniert auch nur in Ausnahmefällen. Zuallererst ruft er bei mir Trotz hervor.

Jou, der nächste Vorwurf ist der „Du willst Dir ja nicht helfen lassen“. Der Eindruck entsteht natürlich, das ist mir bewußt. Aber irgendwie krieg ich die Kurve einfach nicht.

kernig

hallo kernig,

ich pers. sehe nur einen weg - die therapie.

denn es handelt sich bei dir ja nicht nur um abnehmen oder nicht und wie, es erscheint mir, du hast verhaltensweisen entwickelt, die dein
leben in vielerlei hinsicht schädigen.

du hast geschrieben, du willst keine thera mehr, auch willst du nicht zum doc.

hier kann ich nur sagen - man kann sich in 2 richtungen beeinflussen - und damit auch dahingehend, sich dazu zu überwinden, auch wenn zweifel
vorhanden sind.

vielleicht kann man in der neuen therapie erstmal aufarbeiten weshalb du so zweifelst und was wirklich dahinter steckt und dir neue blickwinkel eröffnen, damit du dich einlassen kannst auf das was wichtig ist um dir zu helfen, damit du lernst dir selbst zu helfen.

deine aussage: man könnte denken, du willst dir nicht helfen lassen - finde ich gar nicht so unpassend - irgendwas in dir kann sich ja evtl wirklich nicht einlassen - und wäre dem so, würde auch keine therapie greifen - das kann man aber ändern.

es gibt defininitv im leben eine bestimmte anzahl der möglichkeiten für jedes problem. wenn keine eine ist die du annehmen willst, leidest du evtl noch nicht genug um zu tun was nötig wäre (ich weiss, das klingt fies - gilt aber für alle menschen)

vielleicht versuchst du mal zu schauen wie du etwas für dich tun kannst anstatt immer zu schauen wieso was nicht geht. - denn 2 seiten gibts da auch bei dir! sonst würdest du hier nicht schreiben…aber diese seite muss bearbeitet werden und das kannst nur du selbst.
nur soviel, dass du dir hilfe suchen kannst - beim rest wird dir geholfen auf deinem weg´.

liebe grüsse
nina

Guten Morgen - leicht verspätete antwort von mir:

ich pers. sehe nur einen weg - die therapie.

Den Weg sehe ich natürlich auch, ich dachte nur, vielleicht habe ich was übersehen, deshalb meine Eingangsfrage. Die Therapie muß ich allerdings erst einmal auf die lange Bank schieben, aus ganz profan organisatorischen Gründen.

du hast geschrieben, du willst keine thera mehr, auch willst
du nicht zum doc.

Ich würde sofort eine Therapie machen, wenn der Vorlauf nur etwas unkomplizierter wäre. Heute zum Arzt die Überweisung holen, morgen 1. Sitzung, das würde ich noch heute machen. Aber wenn ich den üblichen, langen Weg dahin sehe (zig Untersuchungen, um körperliche Ursachen auszuschließen - schon 2 mal durchlaufen- ein Hausarzt, der mir erzählt, ich müsse sofort und für den Rest meines Lebens Antidepressiva schlucken, der mir nicht glaubt, was ich ihm bez. Seroxat an eigenen Erfahrungen schildere (schließlich bin ich ja diejenige, die einen an der Murmel hat), 100te Telefonate, um einen Platz zu finden, darunter Therapeuten, die mir beim 1. Telefonat sagen: „Also wir geben immer Lithium, das hat auch keine Nebenwirkungen“, Wartezeiten von 6 oder 8 Monaten. Da sehe ich für mich keine Perspektive, das packe ich einfach nicht. Ich habe im Rahmen von mehreren Umzügen schon so vielen Ärzten und Therapeuten von meinen Problemen und meiner Geschichte erzählt, ich kann es selbst schon nicht mehr hören.

es gibt defininitv im leben eine bestimmte anzahl der
möglichkeiten für jedes problem. wenn keine eine ist die du
annehmen willst, leidest du evtl noch nicht genug um zu tun
was nötig wäre (ich weiss, das klingt fies - gilt aber für
alle menschen)

Das habe ich schon einmal gehört. :smile: Da ist auch bestimmt was dran. Was mich wirklich unter Druck setzt, ist gar nicht die „Höhe des Leidens“, sondern die Dauer, die sich das schon hinzieht.

Nochmal danke für deine Anregungen

kernig