Denkweisen

Gibt es Menschen, die „optisch denken“, ich meine in dem Sinne, daß sie nicht „mit sich sprechen“, also akustisch denken (und dabei, wie ich, sich selbst irgendwie auch mit sich sprechen hören und antworten), sondern sich innerlich „Briefe schreiben“? Oder auch nur (hauptsächlich) „in Bildern denken“?
Wenn ich z.B. in Gedanken 8+9 rechne, dann höre ich mich: „acht und neun“ (unhörbar) sagen, und antworte mir selbst.
Auch wenn ich dabei (nur) manchmal „8 + 9“ hingeschrieben sehe, innerlich.
Deshalb spricht man ja auch oft von „mit sich ein Gespräch führen“.
Wie haben Menschen vor einer „reifen“ Entwicklung der Sprache gedacht?
Und was ist die „Reife einer Sprache“?
Gibt es wirklich so etwas? Also:
Wie haben die Menschen „früher“, vorgeschichtlich, gedacht/mit sich selbst gesprochen?
„Sprechen“ auch Tiere mit sich selbst?
Oder ist das eines der unterscheidenden Merkmale der Menschen, und auf welche Weise unterscheidend?
Gibt es sowas wie eine deutsche, französische, englische, russische, chinesische, japanische, indische Denkungsart?
Und auch auf ähnliche Weise geschlechterspezifische und altersbedingte Unterschiede?
Ist in der „Achsenzeit“ (Jesus, Bhudda, ecc) „nur“ eine „neue Stufe des Denkens“ erklommen worden?

fragt sich und euch manni.
Fragt eine® mit mir?

Herzliche Grüße, moin, manni

Hi Manni,

interessante Frage. Ich denke, das gibt es sehr wohl.
Hinweise darauf würde ich weniger beim Denken, als bei unseren Träumen suchen. Denn die geben Aufschluß darauf, wie wir denken, in gewisser Weise.

Letztens las ich, daß schon Ungeborene nachgewiesenermaßen träumen, nur dürften ihre Träume ganz andere sein als unsere, da sie auf einen ganz anderen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Sicher träumen sie nicht in Worten oder Geschichten, so wie wir.

Auch Tiere träumen - und auch ihre Träume sind wahrscheinlich „wortlos“… oder sind sie in ihrer eigenen Sprache?

Es gibt Menschen, die bestimmte Worte untrennbar mit Farben verknüpfen (es gibt für diese Fähigkeit auch einen bestimmten Fachausdruck, der mir leider entfallen ist).
Außerdem kenne ich eine Frau, die sich Dinge leichter merken kann, wenn die Rhythmen und TOnfolgen damit verbinden kann. Die „denkt akustisch“.

Wahrscheinlich gibt die Art, wie Menschen lernen und ihr Gedächtnis anstrengen, weiteren Aufschluß über Deine Frage.

Aber das wäre dann eher eine psychologische denn eine philosophische Herangehensweise an selbige (die Frage, meine ich).

Nun, das waren nur so ein paar Gedanken von mir als Laie, aber ich glaube, daß es mit Sicherheit Menschen gibt, die verschieden denken, die ihre Verbundenheit eher zu Worten, Buchstaben, Tönen oder Farben haben und deren Synapsen im Gehirn sich auch dergestalt entwickeln.

Vielleicht entstehen so Künstler: Menschen, die nicht nur ein bißchen, sondern ganz besonders in Tönen (Worten, Farben) denken, und dadurch durch ihre TÖne, Worte oder Farben Neues erschaffen können?

Liebe Grüße,
Nike

Hallo Dilda,

also ich persönlich denke wohl eher in vor mir ablaufenden Bildern, denen Worte zugeordnet sind. Rein nur in Worten zu denken, könnte ich mir garnicht vorstellen. Wo und wie soll dabei ein Bezug zu etwas hergestellt werden? Es ist wohl eher die weibische Denkweise :smile: (denen die Worte aus dem Mund fallen, wie sie im Kopf auftauchen)

Über Denkweisen im Alölghemeinen dürften sich aber ganze Heerscharen von Philosophen über die Jahrhunderte ziemlich ausgiebig ausgelassen haben. Sprachbezogen gibt es da tatsächlich Unterschiede - wird in Germanistik, Anglistik… behandelt.

Gruß
Frank

Hallo,

vielleicht ein Denkanstoss : wenn alle Gedanken Worte wären, dürfte ja der Fall, dass man seine Gedanken nicht mitteilen kann, weil einem die Worte fehlen, gar nicht eintreten. Oder ? Sicher : Nur klare Gedanken führen zu klaren Worten. Dennoch ist das bei mir oft ein Übersetzungsprozess.

Grüsse

Heike

hi manni,

was spricht eigentlich gegen eine kombinierte nutzung aller verfügbaren kanäle? multimediales denken sozusagen?

warum denn strikte trennung in optisch, akustisch, haptisch, olfaktorisch u.a. beim denken?

gruß
ann

was spricht eigentlich gegen eine kombinierte nutzung aller
verfügbaren kanäle? multimediales denken sozusagen?
warum denn strikte trennung in optisch, akustisch, haptisch,
olfaktorisch u.a. beim denken?

Hallo, Ann,
das macht unser Gehirn ja sowieso. Da sind Worte mit Gerüchen, Farben mit Geschmack, Textur mit Klängen usw. alles kreuz und quer verbunden. Einer der Antworter wies ja bereits darauf hin, dass die Codierung dieses Konglomerates von Sinneseindrücken wahrscheinlich eine Unmöglichkeit ist.

Beispiel: Für mich ist ein bestimmtes Blau mit meiner Tante (ihrem Gesicht, ihren Händen) und Bratengeruch verknüpft. Das Zirpen von Grillen ist für mich untrennbar mit warmem Sonnenschein und der Verlegenheit erster Liebe verbunden.

Wollte ich das Dir kommunizieren, würde das wahrscheinlich mit Empfindungen kollidieren, die Du mit diesem Blau bereits hast. Meine Tante wäre nicht Deine Tante :smile: und was hätte sie für Dich mit Bratenduft zu tun - mit dem Du vielleicht (als Vegetarier - nur beispielshalber) etwas sehr Unangenehmes verbunden hättest.

Um diese einelnen Eindrücke und ihre Verknüpfungen kommunizieren zu können, wäre eine unendliche Bandbreite erforderlich - alternativ unendliche Übertragungsdauer, zum anderen müßte beim Empfänger ja ein, wenn schon nicht identischer, so doch zumindest ähnlicher Erfahrungsschatz vorliegen.

Das dürfte schon bei eineiigen Zwillingen nach den ersten Wochen nicht mehr zutreffen, geschweige denn bei Menschen unterschiedlichen Alters, Geschlechtes, Herkunft, Sozialisationsgrad usw.

Die Alternative dazu wäre natürlich ein reduzierter, standardisierter „Zeichensatzt“, aber das haben wir doch schon: Schrift, Sprache, Bilder.

Grüße
Eckard.

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hallo eckard,

das macht unser Gehirn ja sowieso. Da sind Worte mit Gerüchen,
Farben mit Geschmack, Textur mit Klängen usw. alles kreuz und
quer verbunden. Einer der Antworter wies ja bereits darauf
hin, dass die Codierung dieses Konglomerates von
Sinneseindrücken wahrscheinlich eine Unmöglichkeit ist.

na eben, deshalb wundere ich mich ja über die strikte trennung, von der dilda schreibt.

gruß
ann

Hallo,
ich denke, Du vermischst hier im folgenden „Denken“ und
„Gedächtnis“, also „Wahrnehmen“ und „Merken“
-> im speziellen Fall „Lesen“ (also aufnehmen von Text und
Zahlen).
Im Gegensatz zum Aufnehmen von Informationen und auch speziellen
Abstraktionsprozessen (z.B. Rechnen) welche wohl tatsächlich
nach bestimmten Schemen ablaufen, ist das Denken ein weit
komplexerer Prozeß, der nicht an bestimmte Sinne gebunden ist.

Gibt es Menschen, die „optisch denken“

Der optische Sinn ist überhaupt der mächtigste Sinn und
erzeugt den bei weitem größten Input und verlangt die
meiste Verarbeitungsleistung im Gehirn.
Nur das Lesen macht einen Umweg über die Sprache.

, ich meine in dem

Sinne, daß sie nicht „mit sich sprechen“, also akustisch
denken (und dabei, wie ich, sich selbst irgendwie auch mit
sich sprechen hören und antworten), sondern sich innerlich
„Briefe schreiben“? Oder auch nur (hauptsächlich) „in Bildern
denken“?
Wenn ich z.B. in Gedanken 8+9 rechne, dann höre ich mich:
„acht und neun“ (unhörbar) sagen, und antworte mir selbst.

Da gib’s garantiert auch leute, die die Rechung vorm
„geistigen Auge“ machen.

Auch wenn ich dabei (nur) manchmal „8 + 9“ hingeschrieben
sehe, innerlich.
Deshalb spricht man ja auch oft von „mit sich ein Gespräch
führen“.
Wie haben Menschen vor einer „reifen“ Entwicklung der Sprache
gedacht?
Und was ist die „Reife einer Sprache“?
Gibt es wirklich so etwas? Also:
Wie haben die Menschen „früher“, vorgeschichtlich, gedacht/mit
sich selbst gesprochen?
„Sprechen“ auch Tiere mit sich selbst?
Oder ist das eines der unterscheidenden Merkmale der Menschen,
und auf welche Weise unterscheidend?

Gibt es sowas wie eine deutsche, französische, englische,
russische, chinesische, japanische, indische Denkungsart?

Ja, die Art zu denken ist extrem stark vom kulturellen Umfeld
abhängig. Das äußert sich z.B. darin, daß für den gleichen
Sachverhalt/Vorgang in einem Kulturkreis viele sprachliche
Audrucksformen mit feinen Abstufungen existieren und
im anderen Kulturkreis gar kein Ausdruch dafür vorhanden ist.
Auf Verhaltensweisen, die in einem Land ganz normal sind können
woanders Abscheu, Ekel, Befremden oder auch einen Lachanfall
auslösen.

Und auch auf ähnliche Weise geschlechterspezifische und
altersbedingte Unterschiede?

Sonst gäbe es ja nicht die vielen Konflikte zwischen Männchen
und Weibchen und der sogenannte Generationskonflikt wäre auch
nur Suggestion.
Unser Sohn(16) erklärt uns regelmäßig, daß „früher“ alles ganz
anders war und wir von Heute gar keine Ahnung haben und überhaupt
nichts verstehen.
Das ist natürlich im allgem. völliger Quatsch, wir als Eltern
verstehen nur nicht, warum es cool sein soll, wenn man mit
runtergelassener Hose rumläuft.

Ist in der „Achsenzeit“ (Jesus, Bhudda, ecc) „nur“ eine „neue
Stufe des Denkens“ erklommen worden?

Ich denke, die Entwicklungen von Religionen haben wenig mit
neuen Denkweisen zu tun, sondern sind nur Folge anderer
Entwicklungen (z.B. Entw der Produktionsmittel -> Änderungen
gesell. Verhältnisse usw.)
Gruß Uwi

Nicht Fragwürdig?
Danke für Deinen Beitrag, lieber Uwi,
ich bin Dir aber nicht wirklich dankbar für Deine ausführlichen Bemühungen, „keine Frage mehr offen zu lassen“.
Es geht mir eigentlich mehr darum, die „eigentliche Frage in ihrem ganzen Umfang“ zu verstehen!
Natürlich ist die Art des Denkens von den Umständen bestimmt, aber zu diesen Umständen gehören auch die „innneren“, also die eigene „Bedürftigkeit“, „Triebhaftigkeit“, „Geistigkeit“, oder vielleicht Anteilhaftigkeit an der „großen Seele“.
Auch der „menschliche Geist“ ist ein Naturphänomen mit materieller Gewalt, und zwar nicht nur im „dialektisch-materialistischen Sinne“ (Mao&Cie: „wird zur materiellen Gewalt, wenn es die Köpfe der Menschen ergreift“).
Im Denken „spreche ich sich“ (wie es im slawischen grammatischen Reflexivduktus deutlicher zum Ausdruck kommt).
Mit Denkweisen meine ich nicht (nur) die von mir ja anfangs selbst schon angesprochene „Art zu denken“ in dem Sinne, daß man „unter anderen Umständen anders über die Welt denkt“, also andere Gewichtungen hat, sondern…ja, wenn du das nicht spürst, was ich meine, dann hat vielleicht jeder seine eigene Art, über denken zu denken…
Unzweifelhaft ist Denken ein Treffpunkt zwischen Innen- und Außenwelt und zwischen „gestern, heute und morgen“.
Aber nicht in dem Sinne, wie „Tomorrow never dies“ total falsch übersetzt wurde zu: „D e r Morgen stirbt nie“.
Was werden unsere Nachfolger eigentlich machen, wenn eines Morgens die Sonne „nicht mehr aufsteht“?
Hast du auch eigentlich einmal die Wahrscheinlichkeit berechnet, daß es k e i n e andere Zivilisation im Kosmos gibt?
Wenn ich hier fragen sollte, wieviel 1+2 ist, dann erwarte ich eine kurze Antwort, und keine Limesuntersuchung, von wegen:
das ist lim{n*(1-[1-1/n]*[{1-2/n])}, für n gegunendlich, aber wenn ich nach den „Denkweisen“ frage, möchte ich gerne, daß andere mitdenken/fragen.
Ich verzichte gerne auf die, die immer nur Antworten haben und zusammen mit der Frage die eigene und unser aller Unsicherheit aus der Welt schaffen wollen.
Ich möchte mit dieser leben, nicht aber ohne diese sterben lernen.
ciao, moin, manni

Das müsste eigentlich weiter unten auf mehrere Stellen verteilt stehen, aber der Einfachheit wegen, steht es hier.

Denken findet sicher nicht nur in Worten statt. Es gibt Versuche, bei denen gezeigt wird, dass das Auge und das Bewusstsein einige Hundert verschiedene Farbschattierungen wahrnehmen können. Und die Sprache stellt außer den sieben Regenbogenfarben samt einigen Abtönungen mit hell und dunkel kaum zwei Dutzend Bezeichnungen bereit, wenn man von den Nonsensbildungen der Modemacher absieht.

Dazu lohnt es sich nachzulesen: „Wiedersehen mit Whorf –Sprache & Denken“ in der Aufsatzsammlung: So kommt der Mensch zur Sprache von Dieter E. Sommer. Der ganze Band ist in diesem Zusammenhang lesenswert.

Zu Nike noch:

Es gibt Menschen, die bestimmte Worte untrennbar mit Farben :verknüpfen (es gibt für diese Fähigkeit auch einen :bestimmten Fachausdruck, der mir leider entfallen ist).

Damit ist wohl:

Synästhesie [griechisch], die Erscheinung, dass bei Erregung eines Sinnesorgans außer den ihm zugehörigen Empfindungen auch solche eines anderen Sinnesorgans auftreten, z. B. Farben beim Hören (audition colorée, Photismen) oder Klänge beim Sehen (Phonismen). Zahlreiche Wortverbindungen gehen auf Synästhesie zurück, z. B. „schreiendes Rot”, „warme Farbe”. In der Rhetorik und Literatur bewusst zur Metaphernbildung eingesetzt. E. Jaensch glaubte bestimmte Synästhetiker-Typen charakterologisch beschreiben zu können.

Und zu Eckard und Ann: eine meiner Lieblingspassage aus Hesses „Glasperlenspiel“, in der eine solche „private Assoziation“, die zwar mitteilbar, aber nicht nachvollziehbar ist, beschrieben wird.

Beste Grüße Fritz

Da wir an Dokumenten über Knechts erste Eliteschulzeit so arm sind, ziehen wir eine Stelle aus seinen späteren Vorlesungen über das Glasperlenspiel heran. Allerdings liegen von Knecht eigene Manuskripte zu diesen für Anfänger gehaltenen Vorlesungen nicht vor, ein Schüler hat sie nach seinem freien Vortrag stenographiert. Knecht spricht an einer Stelle über Analogien und Assoziationen im Glasperlenspiel und unter- scheidet bei den letztern zwischen „legitimen“, das heißt allgemeinverständlichen, und „privaten“ oder subjektiven Assoziationen. Er sagt dort: „Um euch ein Beispiel für diese privaten Assoziationen zu geben, welche ihren privaten Wert dadurch nicht verlieren, daß sie im Glasperlenspiel unbedingt verboten sind, erzähle ich euch von einer solchen Assoziation aus meiner eigenen Schülerzeit. Ich war etwa vierzehn Jahre alt, und es war im Vorfrühling, im Februar oder März, da lud ein Kamerad mich ein, eines Nachmittags mit ihm auszugehen, um ein paar Holunderstämmchen zu schneiden, die wollte er als Röhren beim Bau einer kleinen Wassermühle benutzen. Wir zogen also aus, und es muß ein besonders schöner Tag in der Welt oder in meinem Gemüt gewesen sein, denn er ist mir im Gedächtnis geblieben und hat mir ein kleines Erlebnis gebracht. Das Land war feucht, aber schneefrei, an den Wasserläufen grünte es schon stark, im kahlen Gesträuch gaben Knospen und erste aufbrechende Kätzchen schon einen Hauch von Farbe, und die Luft war voll Geruch, einem Geruch voll Leben und voll Widerspruch, es duftete nach feuchter Erde, faulendem Laub und jungen Pflanzenkeimen, jeden Augenblick erwartete man schon die ersten Veilchen zu riechen, obschon es noch keine gab. Wir kamen zu den Holundern, sie hatten winzige Knospen, aber noch kein Laub, und als ich einen Zweig abschnitt, drang mir ein bittersüßer, heftiger Geruch entgegen, der alle die andern Frühlingsgerüche in sich gesammelt, summiert und potenziert zu haben schien. Ich war ganz benommen davon, ich roch an meinem Messer, roch an meiner Hand, roch an dem Holunderzweig; sein Saft war es, der so dringlich und unwiderstehlich duftete. Wir sprachen nicht darüber, aber auch mein Kamerad roch lang und nachdenklich an seinem Rohr, auch zu ihm sprach der Duft. Nun, jedes Erlebnis hat eben seine Magie, und hier bestand mein Erlebnis darin, daß der kommende Frühling, schon beim Gehen über die feucht schwappenden Wiesenböden, beim Duft der Erde und Knospen von mir stark und beglückend empfunden, sich nun im Fortissimo des Holunderduftes zu einem sinnlichen Gleichnis und einer Bezauberung konzentrierte und steigerte. Vielleicht hätte ich, auch wenn dies kleine Erlebnis für sich allein geblieben wäre, diesen Geruch niemals mehr vergessen; vielmehr, jede künftige Wiederbegegnung mit diesem Geruch hätte mir wahrscheinlich bis ins Alter stets die Erinnerung an jenes erste Mal aufgeweckt, da ich den Duft bewußt erlebt hatte. Nun kommt aber noch etwas Zweites hinzu. Ich hatte damals bei meinem Klavierlehrer einen alten Band Noten gefunden, der mich gewaltig anzog, es war ein Band Lieder von Franz Schubert. Ich hatte darin geblättert, als ich einmal etwas lange auf den Lehrer warten mußte, und auf meine Bitte hatte er ihn mir für einige Tage geliehen. In meinen Freistunden lebte ich ganz in der Wonne des Entdeckens, ich hatte bis dahin nichts von Schubert gekannt und war damals ganz von ihm bezaubert. Und nun entdeckte im, am Tag jenes Holundergangs oder am Tage nachher, Schuberts Frühlingslied „Die linden Lüfte sind erwacht“, und die ersten Akkorde der Klavierbegleitung überfielen mich wie ein Wiedererkennen: diese Akkorde dufteten genau so wie der junge Holunder geduftet hatte, so bittersüß, so stark und gepreßt, so voll Vorfrühling! Von jener Stunde an ist für mich die Assoziation Vorfrühling – Holunderduft - Schubertakkord eine feststehende und absolut gültige, mit dem Anschlagen des Akkords rieche ich sofort und unbedingt den herben Pflanzengeruch wieder, und beides zusammen heißt: Vorfrühling. Ich besitze an dieser privaten Assoziation etwas sehr Schönes, etwas, das ich für nichts hergeben möchte. Aber die Assoziation, das jedesmalige Aufzucken zweier sinnlicher Erlebnisse beim Gedanken, Vorfrühling’, ist meine Privatsache. Sie läßt sich mitteilen, gewiß, so wie ich sie euch hier erzählt habe. Aber sie läßt sich nicht übertragen. Ich kann euch meine Assoziation verständlich machen, aber ich kann nicht machen, daß auch nur bei einem einzigen von euch meine private Assoziation gleichfalls zu einem gültigen Zeichen, zu einem Mechanismus wird, der auf Anruf unfehlbar reagiert und stets genau gleich abläuft.“

Hallo,
da wirst Du Dir bei Deinen Ansprüchen aber sagen lassen müssen,
daß jegliche Verständigung (Diskussion) nur Sinn macht, wenn man
sich grundsätzlich der gleichen Begrifflichkeiten bedient,
als sozusagen die gleiche Sprache spricht, denn nur die
Sprache kann bei noch so unterschiedlichen Denkweisen vermitteln.

Dann ist für eine Verständigung auch eine gewisse Geradlinigkeit
der Gedanken recht zweckmäßig und gerade daran mangelt es
oft bei Deinen Beiträge, so daß ich mir dann auch meistens
„sagen muß“, daß aus dem geschriebene „wirren“ Zeug absolut
nicht zu entnehmen ist, was Du eigentlich sagen willst. Es kommt
dann eben wie „Selbstgespräch“ rüber, bei dem man sich ja nicht
groß bemühen muß, (von anderen) verstanden zu werden.

Mein Eindruck beim Lesen des Postings war eben zuerst mal, daß
da ein Widerspruch ist zwischen dem Wort „Denken“ und den Beispielen dazu, die in diesem Kontext mir unlogisch und widersprüchlich erscheinen.

Tut mir leid, wenn Dir meine Antwort nicht paßt, aber ich bin
wohl doch ein sehr rationell denkender Mensch und habe immer
das Bestreben mich beim Informationsaustausch an die gängigen
(mindestens umgangssprachlichen) Konventionen zu halten und
einer gewissen Sytematik zu folgen (eben, damit man das gleiche
meint, wenn man die gleichen Worte wie der Gesprächspartner
benutzt).

Im nachhinein kann bin mir natürlich schon darüber klar, daß
Dir meine Antwort nichts bringt, weil der Inhalt auch für
Dich nicht gerade neu sein wird. Bleibt eben die Tatsachen,
daß wie natürlich unterschiedlich Denken, was beim
Gedankenaustausch offensichtlich Probleme bereitet.
Was Du nun aber wirklich willst, das kann ich immer noch nicht
ahnen.

Abgesehen davon war meine Antwort wohl alles andere als
„ausführlich“ (auch so eine spitze Bemerkung), höchstens
inhaltlich komprimiert,
und falls Du zu Deinen Fragen nicht „fertige“ Antworten suchst,
sondern eher einen Bericht über Gefühle und subjektive
Wahrnehmungen hören willst, dann solltest Du das auch eindeutig
so zum Ausdruck bringen. Daß Du bei einer Frage eiene Gegenfrage
erwartest, kann als Gesellschaftsspiel ganz amüsant sein, würde
aber bei den meisten Leuten im normalen Umgang wohl eher
als Unhöflich klassiert werden.
Ich habe jedenfalls aus den Posting eindeutig Fragen herausgelesen.

Mein Denken/Mitdenken beschränkt sich also in der 1.Iteration
zum Thema auf die Widersprüche in der Begriffsdef. der wohl
doch nicht so offensichtlich klaren Fragestellung.
Ich bin nämlich eigentlich auf bischen Faul und will nicht
über Gott und die Welt schreiben, nur weil Du ganz andere Sachen
meist als Du geschrieben hast und dann vom Gesprächspartner
erwartest, daß er schon das richtige in Deinem Sinne „mitdenken“
wird.

Letztendlich sollte Dir das Ganze auch helfen, weil es
offensichlich eine ganz andere Denkweise zu Grunde legt,
als Deine eigene.
Womöglich kannst Du diese nur eben auch nicht verstehen und
qualifizierst meine Antwort deshalb einfach mal ab :wink:

Was machen wir nun???
Gruß Uwi

Danke für Deinen Beitrag, lieber Uwi,
ich bin Dir aber nicht wirklich dankbar für Deine
ausführlichen Bemühungen, „keine Frage mehr offen zu lassen“.
Es geht mir eigentlich mehr darum, die „eigentliche Frage in
ihrem ganzen Umfang“ zu verstehen!

Natürlich ist die Art des Denkens von den Umständen bestimmt,
aber zu diesen Umständen gehören auch die „innneren“, also die
eigene „Bedürftigkeit“, „Triebhaftigkeit“, „Geistigkeit“, oder
vielleicht Anteilhaftigkeit an der „großen Seele“.
Auch der „menschliche Geist“ ist ein Naturphänomen mit
materieller Gewalt, und zwar nicht nur im
„dialektisch-materialistischen Sinne“ (Mao&Cie: „wird zur
materiellen Gewalt, wenn es die Köpfe der Menschen ergreift“).
Im Denken „spreche ich sich“ (wie es im slawischen
grammatischen Reflexivduktus deutlicher zum Ausdruck kommt).
Mit Denkweisen meine ich nicht (nur) die von mir ja anfangs
selbst schon angesprochene „Art zu denken“ in dem Sinne, daß
man „unter anderen Umständen anders über die Welt denkt“, also
andere Gewichtungen hat, sondern…ja, wenn du das nicht
spürst, was ich meine, dann hat vielleicht jeder seine eigene
Art, über denken zu denken…

Unzweifelhaft ist Denken ein Treffpunkt zwischen Innen- und
Außenwelt und zwischen „gestern, heute und morgen“.
Aber nicht in dem Sinne, wie „Tomorrow never dies“ total
falsch übersetzt wurde zu: „D e r Morgen stirbt nie“.
Was werden unsere Nachfolger eigentlich machen, wenn eines
Morgens die Sonne „nicht mehr aufsteht“?
Hast du auch eigentlich einmal die Wahrscheinlichkeit
berechnet, daß es k e i n e andere Zivilisation im Kosmos
gibt?
Wenn ich hier fragen sollte, wieviel 1+2 ist, dann erwarte ich
eine kurze Antwort, und keine Limesuntersuchung, von wegen:
das ist lim{n*(1-[1-1/n]*[{1-2/n])}, für n gegunendlich, aber
wenn ich nach den „Denkweisen“ frage, möchte ich gerne, daß
andere mitdenken/fragen.
Ich verzichte gerne auf die, die immer nur Antworten haben
und zusammen mit der Frage die eigene und unser aller
Unsicherheit aus der Welt schaffen wollen.
Ich möchte mit dieser leben, nicht aber ohne diese sterben
lernen.
ciao, moin, manni

Hallo, Manni,
dies soll durchaus keine Metadiskussion werden sondern voll ‚on topic‘ bleiben.

wenn ich nach den „Denkweisen“ frage, möchte ich gerne, daß
andere mitdenken/fragen.

Und genau das machst Du mir und anderen so furchtbar schwer.

Als Kind hatte ich einen Hund. Wenn ich mit dem in den Wald ging, lief er dorthin und dahin, schnüffelte hier und da, bellte dies an und jenes, lief in wildem Zickzack durchs Gelände. Ich als Mensch, selbst als Kind mit weit offenen Sinnen, konnte nur bruchstückhaft verfolgen, was dieser Hund tat, und vor allem warum. Mir mangelte sein Geruchsinn um nachzuvollziehen, was ihn an dem Stein, den er ausgiebig beschüffelte, so faszinierte, mir fehlte der Hörbereich, in dem er etwas hörte, das ihn von seinem ursprünglichen Weg weglockte, er sah in anderen Farben, fühlte in mir fremden Gefühlen, erlebte vor einem mir ganz und gar fremden Erlebnishintergrund.

So ähnlich ergeht es mir mit vielen Deiner Postings. Ich sehe Dich mit Erstaunen von einem zum anderen Punkt hasten, hier ein Thema anreißend, auf den Hacken kehrtmachend dort einen Gedanken aufgreifend. Alles durchaus sicher mit wichtigen Gründen und in sinnvoller Folge - aber eben nur für Dich.
Das lahme Fußvolk um Dich herum ist nicht imstande, Deinen Gedankengängen und -sprüngen zu folgen, wir stecken nicht in Deiner Haut, kennen nicht die Erfahrungskulisse, vor der sich Deine Gedanken abspielen. Jeder von uns trägt seinen eigenen Fundus von Erlebnissen, Begegnungen und Erkenntnissen mit sich herum, den er mit den ihm zur Verfügung stehenden Sinnen und Mitteln erworben hat und der vollkommen verschieden, ja diametral zu dem Deinen sein kann.

Wir sehen nur einen winzigen Bruchteil Deiner Wirklichkeit, so wie ich auch nur einen winzigen Bruchteil dessen erkennen konnte, was damals meinen Hund bewegte.

Der einzige Weg aus diesem Dilemma heraus ist die Sprache, das, was uns verbindet und uns ermöglicht, unser eigenes subjektives Erleben anderen mitzuteilen, zu objektivieren. Und selbst dann müssen wir immer davon ausgehen, dass diese grob gezeichneten „subjektiven Objekte“, die wir zur Kommunikation mit anderen nutzen, wiederum vor deren subjektiven Hintergrund erscheinen und dadurch oft und leicht von ihnen fehlinterpretiert werden. Das ergibt (für den Fall der Gutwilligkeit) dann Nachfragen und den Versuch der Verdeutlichung, oder (für den Fall der Ablehnung oder Indifferenz) Abbruch der Kommunikation.

Sprache ist immer Vereinfachung, ein Rückzug auf einfachte, standardisierte und vereinbarte Strukturen des subjektiven Erlebens zum Zwecke, dieses Erleben als von anderen wahrnehmbares Objekt darzustellen. Dabei ist dieses Mittel Sprache ein sehr grobes Werkzeug um die differenzierten Nuancen subjektiven Empfindens wiederzugeben und es bedarf schon einer großen Meisterschaft, diese in Worte zu fassen - das Hesse-Zitat, das Fritz anführt, ist ein gutes Beispiel dafür - und bereits das nennen wir „Dichtung“ - Komprimierung von Gefühlen in Sprache.

Im Alltag raffen wir, die wir keine Wortkünstler sondern allenfalls Handwerker sind, noch weiter zusammen, bis hin zum formelhaften Dialog: „Und, … wie isses?“ „Muß!“ Wieviele Erlebnisse, Gefühle, Sinneseindrücke, Empfindungen können in diesen Floskeln stecken! Eine Welt von Gedanken, zusammengefpercht in einer Nußschale. Dass dabei Feinheiten verlorengehen - was wundert’s?

In diesem Sinne
Gruß
Eckard.

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Denkweisen
Hallo, denkende Fühler und fühlende Denker!
(Dies ist auch ein Brief an euch beide, Uwi und Eckard)
Denkweisen - sind auch weise Gedankenträger.
Ich ahne, daß es gar keine „endgültigen Antworten“ auch in dieser wenig wandelbaren Erscheinung des „Denkens an sich“ gibt. So à la: „Denken ist,…“; und das v.a., wenn da auch noch: „wenn…“. Und bin sicher, daß „diese Worte wieder mal keiner versteht. Weil ich sie selbst „noch nicht“ verstehe. Aber gemeinsam mit euch zu verstehen suche. Manchmal bin ich beim Lesen der „Antworten“ erinnert an die „Weisen“, die Mona´s Lächeln „natürlich erklären können“.
Oder die TV Dokumentationen, in denen so oft davon gesprochen wird, daß „die Menschen damals die Götter des Donners“ besänftigen wollten.“ Im TV „wird ja immer alles erklärt“. Für den Handwerker. Und v.a. auch für die „Denker“, „die es leider ja tatsächlich immer noch gibt“.
Okay:
„und bereits das nennen wir „Dichtung“ - Komprimierung von Gefühlen in Sprache“.
Und ihr fordert von mir das Gerät zur Dekompression, das ich nicht habe und nicht haben will.
Heute ist ja sowieso „Dichtung“ wohl nichts mehr als Dichtung bei den anderen (Lesern) nur vorgestellten Gefühle und nachgemachten Sprachen. „Dichter“ treten wohl auch nur deshalb noch nicht in der viel einträglicheren Werbung auf, weil diese Tatsache dann Handwerkern und Denkern offensichtlich werden würde.
Für mich offenbart sich die „eigentliche Frage“ wie die „Wahrheit“ (leider noch nicht) im Gespräch, oder, wie nun schon wieder Tante Emma „weise“ nachplappern kann:
„Der Weg ist das Ziel“.
Das ist vielleicht meine eigentliche Frage:
Was ist die wirkliche, tiefere Wahrheit dieser Erkenntnis? (ursprünglich von Bernstein, glaubich, dem „1ten Revisionisten“).
Gleichzeitig ist natürlich in allen praktischen Frage Verbindlichkeit in Frage und Antwort nötig. Daher meine Anspielung auf „1+2 = ?“. Da erwarte ich ja nun nicht als Antwort: "Das hängt davon ab, ob der Durchschnitt der mit „1“ bezeichneten Einheit und der mit „2“ bezeichneten Einheiten leer ist, und ob oder ob nicht dazwischen Interaktion stattfindet. Denn 2*H + 1*O, als fertiges Molekül, ist Wasser; als Gasmischung ist explosiv. Und gibt dann eben nich 3*X, eher nix.
Irgendwie möcht
Es ist kein „Abbruch der Kommunikation“, wenn von niemanden in die Kommunikation über die Fragen, bzw. die von mir nur mit Mühe und immer noch unklar zunächst einmal „hingeflanschte“ Fragestellung wirklich „einsteigt“, und ich frustriert wieder den „Platz räume“ (weil ja alle „wieder mal genau bescheid wissen, nur ich nicht“)
moin, manni

Gibt es Menschen, die „optisch denken“,
denken"?
Wenn ich z.B. in Gedanken 8+9 rechne, dann höre ich mich:
„acht und neun“ (unhörbar) sagen, und antworte mir selbst.
Auch wenn ich dabei (nur) manchmal „8 + 9“ hingeschrieben
sehe, innerlich.
Deshalb spricht man ja auch oft von „mit sich ein Gespräch
führen“.

>Hallo Dilda,
Ich glaube nicht, dass wir nur in Bildern denken. Ich denke natürlich vorwiegend in meiner Muttersprache.

Wie haben Menschen vor einer „reifen“ Entwicklung der Sprache
gedacht?

> Damals als der Urmensch kaum sprechen konnte, war für ihn ein Hirsch z.B. ein „Oochch“ und er dachte dann eben oochch.

„Sprechen“ auch Tiere mit sich selbst?

> Wie denn, wenn sie nicht sprechen können ?

Oder ist das eines der unterscheidenden Merkmale der Menschen,
und auf welche Weise unterscheidend?
Gibt es sowas wie eine deutsche, französische, englische,
russische, chinesische, japanische, indische Denkungsart?

> Jeder in seiner Sprache - wie denn sonst !
Mit Gruss : Hardy