Darf ich auch …?
Hallo Thomas und Uschi,
nun kann ich mal wieder nicht an mich halten und muß auch noch meine unmaßgeblichen Kommentare in die Runde schmeißen:
vorweg: ich bin mir nicht immer sicher, ob ich das, was du
schreibst, auch richtig verstehe (wobei wir eigentlich schon
mitten im Thema sind…)
Damit hatte ich teilweise auch meine Schwierigkeiten.
und außerdem halte ich mich auch auf
linguistischem Gebiet nicht für einen Experten. Auch ich habe
da meist mehr Fragen als Antworten…
Das bleibt nicht aus. Zumal sich ja auch dort inzwischen mehrere konzeptionelle Ansätze um des Kaisers Bart streiten.
Nein, ist kein Zufall. In den Sprachbrettern fühle ich mich
wohler, weil ich da auf Wissen (hoffe ich jedenfalls)
zurückgreifen kann und nicht nur auf Meinungen…
Wie wahr…deshalb habe ich auch vor Monaten das letzte M;al in die Politikbretter geschaut. Das war mir einfach zu sehr „aufeinander einschlagen“.
Aber vielleicht interessiert dich folgender link:
http://www.webwelten.de/meinungsbild.htm
Hab ich gleich mal mitgemacht
Ich hatte diesen Beitrag gelesen. Ob dein Ansatz (über die
Linguistik) der richtige ist, vermag ich nicht zu beurteilen.
Ich denke schon. Semantik und Psycholinguistik (eventuell sogar Pragmatik) sollten (!) hierzu einiges sagen können. In diesen Bereichen bin ich allerdings auch nicht fit genug, um Näheres anzugeben.
Nettes Beispiel. Und vielleicht auch nicht ganz verkehrt. Die
Frage, die sich mir hier sofort stellt, ist: woher kommt es,
dass darüber ein Streit ausbricht? Bei deinem Beispiel sind es
mangelnde Kenntnisse der Physik, d.h., einer hat hier einen
Wissensvorsprung, den der andere nicht (aus welchen Gründen
auch immer…aber dazu weiter unten mehr) akzeptieren
will/kann.
Die Physik fällt ja auch unter die sogenannten „exakten“ Wissenschaften. Den Begriff will ich hier gar nicht weiter diskutieren, aber hier handelt es sich nun mal um Zahlenangaben - und die sind exakt und somit richtig oder falsch - sprich verifizierbar durch Experiment. Bei der Semantik (und auch der Linguistik allgemein) gilt das aber nun mal nicht: Es gibt zwar auch hier „exakte“ Angaben, aber diese nur in der abstrakten Theorie. Der Bedeutungsrahmen von Wörtern ist nun mal keine absolute, sondern eine relative Größe, und daher vom Sprecher und Zuhörer abhängig. Dies ist sowohl die Quelle zahlreicher Mißverständnisse als auch diejenige vieler Probleme beim Übersetzen.
Genau zu dieser Frage habe ich am Mittwoch beim Friseur einen,
wie ich meine, hoch interessanten Artikel in GEO gelesen. Er
ist sogar online:
http://www.geo.de/themen/geoskope/02/05/linguistik.h…
Habe ich mit Interesse gelesen. Für mich bestätigt das wieder, daß Sapir/Whorf eigentlich recht hatten: Nur haben sie das Pferd von hinten aufgezäumt. Nicht unsere Wahrnehmung wird durch die Sprache beeinflußt, sondern unsere Sprache durch unsere Wahrnehmung…aber ich werde immer „off-topicker…“
Also selbst bei vermeintlich eindeutigen und
unmissverständlichen Begriffen scheint es mehr Raum für eine
individuelle semantische Zuordnung zu geben als wir uns
vorstellen können.
Das würde ich nicht im Konjunktiv formulieren, sondern klar sagen: „…gibt es mehr…“ Oder anders ausgedrückt: eigentlich ist es schon erfreulich, daß wir uns überhaupt meist richtig verstehen - oder zumindest, glauben, daß wir es tun
Ist dir sprachwissenschaftlich dieser Unteschied für das
unterschiedliche logische Funktionieren von Begriffen ein
Begriff; ich meine weist du eine Bezeichung dafür?
Da gibt’s mehrere. Ich muß nochmal meine Bücher wälzen…
Und da es sich dabei nicht um so einen „simplen“ Begriff wie
„Baum“ handelt (wobei auch hier schon ziemlich viel Spielraum
besteht, was der einzelne als „Baum“ bezeichnet),
Eben. Das liegt halt an der mangelnden „Definiertheit“ eines Baums. Jeder erkennt einen, wenn er ihn sieht (die kleinen Meinungsunterschiede jetzt mal weggelassen), aber es ist eine immense und komplexe Aufgabe, beispielsweise einem Mustererkennungsprogramm beizubringen, was einer ist…
Du kannst ja auch den
Begriff „Demokratie“ nehmen und 10 Leute fragen, was sie
darunter verstehen. Du wirst vermutlich auch 10 verschiedene
Antworten bekommen, je nach Interessenlage, Bildungsstand,
persönlichen Erfahrungen usw. usf.
Da sag ich fast: mindestens…frag die gleichen Leute zwei Wochen später, und du hast insgesamt zwanzig Definitionen. Weil wir nämlich nicht in festen Definitionen denken, sondern in schwammigen Begriffen (Stichwort Fuzzy-Logik). Das heißt: wir haben keine eindeutige Definition (im mathematischen Sinne) von Demokratie, sondern definieren sie über ein Merkmalbündel - nach dem Muster „Demokratie hat Eigenschaften x, y, z, aber nicht a, b, c“. Diese „Eigenschaftslisten“ sind aber weder vollständig noch bei jedem gleich - und schon fängt der Ärger an.
Eben. Zuhören können reicht nicht. Selbst wenn mir einer
zuhört, ist meine gesendete Botschaft eine andere, wenn sie
beim Rezipienten ankommt. Weil eben individuelle
Bewertungsmaßstäbe mit einfließen.
Bingo.
Kernfrage: ist die Welt so wie sie ist oder ist sie so,
wie wir sie sehen? Warum fällt mir hier jetzt Platons
Höhlengleichnis ein, wo jeder in seiner eigenen Höhle
hockt?..
Die Frage geht noch weiter: Ist die Welt „so, wie sie ist“ überhaupt von Relevanz, da wir sie ja in diesem Zustand ohnehin nicht wahrnehmen können? Und in die andere Richtung: Unsere Wahrnehmung ist ja durch die „echte“ Welt erzeugt worden. Woher stammen also die Differenzen?
Keine Ahnung, ob ich nun etwas zu deinem „Fortkommen“
beigetragen habe. Aber ich kann dir versichern, dass die
Fragen, die du stellst, auch mich bewegen, weil ich mich zu
den Zweiflern zähle, die immer hellhörig werden, wenn jemand
auf komplizierte Fragen einfache Antworten hat.
Da ist das Gegenteil auch sehr viel realistischer: Auch scheinbar einfache Fragen erfordern oft komplexe Antworten…
Aber vielleicht sollten wir bei weiterem Diskussionsbedarf
doch lieber in ein anderes Brett umziehen,
Sozialwissenschaften oder Philosophie (welche Vermessenheit
meinerseits *g*) böten sich an…
Wobei mir auffällt, daß wir kein Brett für allgemeine linguistische Fragestellungen haben (wie z.B. die hier aufgeworfenen). Ich muß doch mal anregen, die Überschrift dieses Brettes zu erweitern - oder würde sich ein eigenes wohl rentieren?
Grüße, Kubi