Der Ärger ist vorprogrammiert

Hallo Sprachkenner,

hatte gestern eine ziemlich lange Diskussion:

Ich war und bin der Meinung, die Redewendung heißt „etwas ist vorprogrammiert“. Mein Diskussionspartner meinte aber, man müsste sagen, „etwas ist programmiert“, da der Vorgang des Programmierens ohnehin im Vorfeld stattfindet und die Vorzeitigkeit damit schon ausgedrückt ist.

Klingt zwar irgendwie logisch, aber ich kenne die Redewendung halt w.o. und finde, sie hat dann irgendwie auch eine andere Aussage. Ich hab auch einige Leute gefragt, die sahen das alle auch so.

Jetzt hätte ich gern noch ein paar dazu Meinungen gehört, bzw. gute Argumente, mit denen ich ihn doch noch überzeugen kann…

Danke und Grüße
Mio

Ich war und bin der Meinung, die Redewendung heißt „etwas ist
vorprogrammiert“. Mein Diskussionspartner meinte aber, man
müsste sagen, „etwas ist programmiert“, da der Vorgang des
Programmierens ohnehin im Vorfeld stattfindet und die
Vorzeitigkeit damit schon ausgedrückt ist.

Klingt zwar irgendwie logisch, aber ich kenne die Redewendung
halt w.o. und finde, sie hat dann irgendwie auch eine andere
Aussage. Ich hab auch einige Leute gefragt, die sahen das alle
auch so.

Ich glaube, es können auch unterschiedliche Dinge zum Ausdruck gebracht werden in den Redewendungen:

Wenn ich eine Ausgangslage als ungünstig charakterisaieren möchte, würde ich sagen: Jetzt ist der Ärger programmiert. Oder auch auf eien Person bezogen: Er ist auf Konflikt programmiert.
Ohne „vor“ bezeichnet es die generelle Richtung.

Im Nachhinein würde ich sagen, der Konflikt war vorprogrammiert,
bzw. er war von vornherein auf Ärger programmiert.
Mit „vor“ bezeichnet es ein eher konkretes Ereignis.

Programmiert im Sinne von gepolt, eingestellt. (Ressentiment)
Vorprogrammiert im Sinne von vorbestimmt. („Vorsehung“)

Metaphern haben es an sich, nicht mehr der Sachlogik ihres Fachgebietes zu folgen, sondern sich der Logik ihres neuen Umfeldes anzupassen. Das wirkt dann of etwas befremdlich, für Leute mit Kenntnissen aus dem Herkunftsgebiet der Metapher.

Das ist dann die Stuinde, in denen sich die Generalisten etwas an den Fachgebietsexperten rächen können für erlittene Unbill:smile:

Grüße
Thomas

Das tangiert mich nur periphär!
Hallo Mio

Sachlich gebe ich Deinem Diskussionpartner recht, aber auch ich kenne die Redewendung so wie Du.

Sie genauso doppeltgemoppelt wie die aus meiner Überschrift, denn jede Tangente ich periphär.

Ein noch krasseres Beispiel ist der weisse Schimmel.

Ergo, alles Ansichtssache!

Gruss
CrNiMo

Hallo Mio,

ich verstehe das eher wie Du.
Natürlich wird alles vor einer Nutzung programmiert, allerdings ist für mich „vorprogrammiert“ ein Ausdruck, der anzeigt, daß das was kommt vorhersehbar war und deshalb bereits vor dem ersten Auftreten des konkreten Nutzungswunsches fertig programmiert ist.

Im Gegensatz dazu würde eine neue Funktion stehen, die nachträglich einprogrammiert wird, weil man erst nach Entstehen des Bedarfs an sie gedacht hat…

Grüße
Jürgen

Hallo Mio,

die Verwendung von „vorprogrammiert“ hat sich in diesem Kontext (der Ärger, der nächste Konflikt etc.) etabliert. Selbst der Duden kennt diesen Begriff:

vor|pro|gram|mie|ren : programmieren: der nächste Konflikt ist schon vorprogrammiert.
Quelle: DUDEN - Deutsches Universalwörterbuch

Und so falsch finde ich das nun auch wieder nicht, da wir es ja in diesem Kontext nicht mit Computer-Programmierung zu tun haben, nicht wahr?

Dein Diskussionspartner ist deshalb m.E. ein Erbsenzähler :wink:

Gruß
Uschi

Umkehrschluss
Hallo CrNiMo,

Sie genauso doppeltgemoppelt wie die aus meiner Überschrift,
denn jede Tangente ich periphär.

Das ist zwar richtig, trotzdem handelt es sich bei der Redewendung „das tangiert mich nur periph e r“ nicht um eine Tautologie.

Tangieren kommt ja nicht von Tangente, sondern umgekehrt.
Tangieren bedeutet „berühren, betreffen“. Und wenn ich sage, dass mich etwas nur am Rande (=peripher) berührt oder betrifft, will ich damit ausdrücken, dass es mich nicht im Zentrum oder eben direkt betrifft/berührt.

Ein noch krasseres Beispiel ist der weisse Schimmel.

Das ist ein Pleonasmus.

Gruß
Uschi

1 Like

Entschuldigung, dass ich geboren wurde!

Mimöschen?
Liebster CrNiMo,

du befindest dich hier im Brett „Deutsche Sprache“. Und wenn du es nicht vertragen kannst, dass jemand etwas offensichtlich Falsches richtig stellt, dann beschwere dich doch bitte im Brett „Anregungen, Lob und Kritik“. Da hast du ja sonst auch keine Hemmungen beim Aufzeigen von Fehlern, die das Team oder die Moderatoren oder andere angeblich machen.

Aber es bewahrheitet sich halt immer wieder:
Diejenigen, die gut austeilen können, sind beleidigt, wenn sie mal was einstecken müssen…

Gruß
Uschi

6 Like

noch ne erbse

keine Hemmungen beim Aufzeigen von Fehlern, die das Team oder
die Moderatoren oder andere angeblich machen.

huhu uschi,
bin gerade dabei, einen frisch eingetroffnenen sack erbsen zu zählen.
aufzeigen ist ja nun ganz schlechtes deutsch.
aber da du es ja selbst geschrieben hast…
*winkundunschuldigkuck*

strubbel

http://www.webwelten.de/smile_2.gif

Irgendwie faszinierend

Ist es nicht faszinierend, dass zu der ursprünglichen Frage ganze vier Antworten kamen, wegen Besserwisserei und Geschwätz auf eine Antwort hin dann mittlerweile aber schon fünf?

Ist es nicht faszinierend, dass zu der ursprünglichen Frage
ganze vier Antworten kamen, wegen Besserwisserei und Geschwätz
auf eine Antwort hin dann mittlerweile aber schon fünf?

Die Lehr’ von der Geschicht’:

Besserwisserei und Geschwätz erzeugen, bedeutet, Aufmerksamkeit zu programmieren.

Wer vorprogammieren will, dass es viele Antworten gibt, sollte…

Ich glaube, die Spezifizieung „viele“ zieht hier das „vor-“ nach sich.

Um der ursprünglichen Frage plaudernd wieder das Wort zu geben.

Gruß
Thomas

Hi Uschi,

so ein Zufall, hier jemanden vom FF-Brett wiederzutreffen; bzw. ist ja kein Zufall, weil dein Job, stimmt’s? Ich habe mich nach den gröbsten Aufräumarbeiten bei der Neuen Männerfrage den zirkelschlüssigen Flächenbränden beim Antisemitismus-Vorwerfen gewidmet. Ein übel vermintes Gelände.

(Ich „spüre“ da auch strukturelle Parallelen in den Begriffsverwendungs- und verständnisdifferenzen zwischen dem Antisemitismusbegriff und einigen Gender-wordlogiken.)

Beim Inlandsbrett habe ich mal eine Auseinandersetzung mit Friedmann gewagt (Titel: „mal grundsätzlich journalistisch“) und in anderen Beiträgen versucht, diese, wie ich finde, tückischen Überlappungen all der Stereotye, die man unbedingt nicht bedienen soll, aufzufalten.

Hier bei der Sprache habe ich mal einen Anlauf genommen, ((Vor)urteil und Belehrbarkeit…) die beiden unterschiedlichen „Sprachlogiken“ die in der Begriffsverwendung beim „Antisemitismus“ am Werk sind, gegenüberzustellen.

„Sprachlogiken“ nur als Arbeitsbegriff gemeint.

Ich meine folgenden Unterschied: Wenn ich sage, ich brauche, um 10 Kartoffeln zu würzen, doppelt so viel Oregano wie für fünf; dann heißt das keineswegs, dass ich für 10 Kartoffeln auch doppelt so viel Kochwasser brauche, weil dieses, in meinem Pott wenigstens, von 10 umfangreicher verdrängt wird, als von fünfen nur. Das Wasser legt als „Medium“ ein völlig anderes Proportionalitätsgebaren an den Tag als der „Rohstoff“ Gewürz.
Wenn man die Differenz einmal erkannt hat, ist es sofort klar. Wenn man die aber nicht „erblickt“ und Kochwasser so betrachtet wie Trinkwasser, also analog proportional, dann kann man ewig aneinander vorbeireden, sich verzanken etc.

Wenn man in einer Streitfrage nun ein einziges Wort hat, mit dem der eine etwas bezeichnet, was sich proportional verhält und der andere etwas, was sich eher wie ein Medium verhält, dann kommen die auf keinen grünen Zweig miteinander, auch wenn sie ab und zu beschliessen, wieder nett zu sein und von vorne anzufangen.

Wenn ich mit „Antisemitismus“ etwas gegen mich Feststehendes meine, dann kann ich dass nicht „nähren“, sondern nur „outen“. Wenn ich jedoch mit „Antisemitismus“ etwas meine, was sich gegen mich bilden könnte, dann muss ich aufpassen, es nicht zu nähren.

„Nährer“ und „Outer“ sind so lange zum Krieg miteinander verdonnert, wie sie nicht raffen, dass der andere etwas anderes „im Auge hat“. Raffen sie dass, dann können sie dem anderen seinen Punkt konzedieren, ohne fürchten zu müssen, dass der eigene damit weg ist.

Ist dir sprachwissenschaftlich dieser Unteschied für das unterschiedliche logische Funktionieren von Begriffen ein Begriff; ich meine weist du eine Bezeichung dafür?

De facto ist ja viel davon die Rede in der Kommunikation unter der Überschrift „Zuhören“, nur wenn beim intensivsten Hinhören der verstandene Begriff notorisch ein anderer bleibt als der gemeinte, dann langt es mit dem klassischen „Zuhören“ nicht.

Weist du, wo sich die Linguistik (oder sonst wer) mit dem (praktisch) beschäftigt, was nach dem Zuhören kommen sollte, wenn das nicht mehr reicht? Hermeneutik und Fallstrukturanalyse habe ich schon mal unter die Lupe genommen. Aber ich fände es toll, wenn es in der Linguistik noch was praktischeres gäbe. Die „General Semantics“ waren schon mal recht dicht dran, sind dann aber irgendwie in Vergessenheit geraten und waren auch etwas unpraktisch.

Mein „Problem“, dass ich ein waches Gespür für solche begrifflichen „Unstimmigkeiten“ in der Kommunikation habe und dass ich die auch seit einiger Zeit (Reifung, inneres Wachtum, Reflexion…:smile: auseinandergedröselt kriege und sich Leute hinterher richtig freuen, dass sie einander verstehen, und sei es, worüber sie sich uneins sind. Nur der Freude, die die Leute hinterher empfinden, entspricht leider keine Bedarfswahrnehmung im Vorfeld. Die Leute verwechseln ihre Verständnisdifferenzen mit Charakter, Temperament- oder Meinungsunterschieden, die sie auch haben mögen; aber nachdem ich sie in der „Mangel“ hatte, oft eher woanders sehen und weniger drastisch sehen, als vorher.

Die Leute haben manchmal ein „nicht gespürtes Problem“, dass sie mit der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit verwechseln, ein Eindruck, den ja auch der eine oder andere FF-Korrespondenzpartner nicht scheute. Was ich bei FF geschieben habe, war natürlich nur die eine Seite der Medaille, das diese fatale Haltung zu den Genen noch fataler ist als die schlimmsten Gene sien können. Die andere Seite der Medaille ist, dass man entweder feundlich verführen lernt, oder seine Sexualität wirklich an den Nagel hängen kann als Mann. Aber um das rüberzubringen, ist nun wieder das FF-Brett nicht das angemessene gewesen.

Also steh ich da, kann was, was auch einen schönen Nutzen tut; doch weigert sich der Nutzen sich zuvor als knurrender Hunger zu avisieren und nimmt statt dessen die Forrm von Meingungen etc. an, die ja auch in einem manchmal „fatalen Sinn“ frei sind, so dass sich Fehlverständnisse, Verwechselungen und Verständnisdifferenzen oft freier entfalten und vertiefen können, als Vernunft, Kooperation, Liebe, Solidarität.

Ich hoffe, du spürst das ganze gattungsgeschichtliche Gewicht der Frage, von der ich aus deiner Profession jetzt auf ein Fortkommen hoffe :smile:

(Wenn nicht, ist es auch kein Drama. Dann habe ich so eine Anfrage wenigstens endlich mal geschieben und schicke sie dem nächsten Verständigkeits-versprechenden Menschen.)

Davon gibt es aber leider nicht allzu viele. Deswegen wäre ich dir für den entscheidenden Tipp, wie ich meine Aufspür- und dröseldenke anpreisen kann, maßlos dankbar.

Ich schließe mit, ich glaube Voltaire: „Verzeihen Sie Madame, dass ich Ihnen einen langen Brief schreib, für einen kurzen fehlte mir die Zeit.“

Neugierige Grüsse,

Thomas

Hallo Uschi,

die Verwendung von „vorprogrammiert“ hat sich in diesem
Kontext (der Ärger, der nächste Konflikt etc.) etabliert.

ja, leider!

Und so falsch finde ich das nun auch wieder nicht, da wir es
ja in diesem Kontext nicht mit Computer-Programmierung zu tun
haben, nicht wahr?

Ich würde auch nicht so weit gehen, „vorprogrammiert“ als definitiv falsch zu deklarieren, aber es ist eine sprachliche Blähung. In „programmieren“ steckt nämlich schon ein „vor“, denn genau das bedeutet die lateinische Vorsilbe „pro“ hier (wie auch z. B. in „progressiv“, „Prognose“, „Prolog“). „Programmieren“ heißt also „vor-grammieren“, und deshalb ist das „vor“ in „vorprogrammieren“ schlicht und ergreifend überflüssig.

Für alle, die es interessiert, hier noch andere Beispiele aus der Kategorie Blähungen und „geschwätzige Verdoppelungen“ (so genannt von W. Schneider, aus dessen Buch „Deutsch für Profis“ ich die folgende Liste abgeschrieben habe), die Platz und Zeit vergeuden, und den Schreiber als einen entlarven, der beim Schreiben nicht gedacht hat: „Attentatsversuch“ („Attentat“ bedeutet „Versuch“; ein Attentatsversuch wäre also ein Versuch-Versuch), „Frontlinie“ (die Front ist die vorderste Linie), „Rückantwort“, „Arzneimittel“, „Stillschweigen“,„verheerende Verwüstungen“, „schwere Katastrophen“, „steile Felswände“, „dicke Trossen“, „letzten Endes“, „allermeiste“, „schlußendlich“, „lohnenswert“, „auseinanderdividieren“, „kontrovers diskutieren“, „restlos überzeugt“, „neu renoviert“.

Dein Diskussionspartner ist deshalb m.E. ein Erbsenzähler :wink:

Ich rechne ihm an, daß er „vorprogrammiert“ als logisch-sprachliche Blödheit – entschuldige das harte Wort, aber mir fällt kein besseres ein – erkannt hat.

Mit freundlichem Gruß
Martin

Liebster CrNiMo,

du befindest dich hier im Brett „Deutsche Sprache“. Und wenn
du es nicht vertragen kannst, dass jemand etwas offensichtlich
Falsches richtig stellt, dann beschwere dich doch bitte im
Brett „Anregungen, Lob und Kritik“. Da hast du ja sonst auch
keine Hemmungen beim Aufzeigen von Fehlern, die das Team oder
die Moderatoren oder andere angeblich machen.

Aber es bewahrheitet sich halt immer wieder:
Diejenigen, die gut austeilen können, sind beleidigt, wenn sie
mal was einstecken müssen…

Volltreffer, Uschi :wink:
Herr Kruppstahl oder Nirosta oder wie auch immer hat offensichtlich ein etwas dünnes Gemütsblech.
Wundert mich überhaupt nicht, sonst hätte er den Namen auch nicht nötig.
Na ja, wers braucht, bitte schön *g*
*wink*
Rainer

huhu

denn genau das bedeutet die lateinische Vorsilbe „pro“ hier
(wie auch z. B. in „progressiv“, „Prognose“, „Prolog“).
„Programmieren“ heißt also „vor-grammieren“

ist in diesem falle griechisch. programmieren heißt „vorschreiben“

grüße
lehitraot.

Glück auf!

denn genau das bedeutet die lateinische Vorsilbe „pro“ hier
(wie auch z. B. in „progressiv“, „Prognose“, „Prolog“).
„Programmieren“ heißt also „vor-grammieren“

ist in diesem falle griechisch. programmieren heißt
„vorschreiben“

Mr. Check sagt zu „Programm“:

Pro|gramm, das; -s, -e [unter Einfluss von frz. programme : […]

und zur Vorsilbe „pro“ gibt er die Auskunft:

pro…, Pro… : Präfix mit folgenden Bedeutungen: 1. vor, vorher, zuvor, vorwärts […]

Mhh, „Programm“ und „programmieren“ sind also griechischen Ursprungs, aber „pro“ ist lateinisch. Sollten am Ende das „pro“ in „programmieren“ und das lateinische zwei verschiedene „pros“ sein? Das kann ich mir kaum vorstellen. Also – wer hat hier von wem abgeschrieben: die Römer von den Griechen oder andersrum? Na, wie auch immer, jedenfalls danke für Deinen Hinweis.

Ciao
Martin
*dessenprogrammjetztdarinbestehtzubettzugehen*

Versuch einer Antwort
Hallo Thomas,

vorweg: ich bin mir nicht immer sicher, ob ich das, was du schreibst, auch richtig verstehe (wobei wir eigentlich schon mitten im Thema sind…) und außerdem halte ich mich auch auf linguistischem Gebiet nicht für einen Experten. Auch ich habe da meist mehr Fragen als Antworten…

so ein Zufall, hier jemanden vom FF-Brett wiederzutreffen;
bzw. ist ja kein Zufall, weil dein Job, stimmt’s? Ich habe
mich nach den gröbsten Aufräumarbeiten bei der Neuen
Männerfrage den zirkelschlüssigen Flächenbränden beim
Antisemitismus-Vorwerfen gewidmet. Ein übel vermintes Gelände.

Nein, ist kein Zufall. In den Sprachbrettern fühle ich mich wohler, weil ich da auf Wissen (hoffe ich jedenfalls) zurückgreifen kann und nicht nur auf Meinungen
Aus der Antisemitismus-Debatte in den einschlägigen Brettern halte ich mich nach einigen vergeblichen Versuchen vollkommen raus, weil ich mit dem Diskussionsstil dort nicht zurecht komme.
Aber vielleicht interessiert dich folgender link:
http://www.webwelten.de/meinungsbild.htm

Hier bei der Sprache habe ich mal einen Anlauf genommen,
((Vor)urteil und Belehrbarkeit…) die beiden
unterschiedlichen „Sprachlogiken“ die in der
Begriffsverwendung beim „Antisemitismus“ am Werk sind,
gegenüberzustellen.

Ich hatte diesen Beitrag gelesen. Ob dein Ansatz (über die Linguistik) der richtige ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber da du mich jetzt hier persönlich ansprichst, versuche ich mal darauf einzugehen.

„Sprachlogiken“ nur als Arbeitsbegriff gemeint.

Ich meine folgenden Unterschied: Wenn ich sage, ich brauche,
um 10 Kartoffeln zu würzen, doppelt so viel Oregano wie für
fünf; dann heißt das keineswegs, dass ich für 10 Kartoffeln
auch doppelt so viel Kochwasser brauche, weil dieses, in
meinem Pott wenigstens, von 10 umfangreicher verdrängt wird,
als von fünfen nur. Das Wasser legt als „Medium“ ein völlig
anderes Proportionalitätsgebaren an den Tag als der „Rohstoff“
Gewürz.
Wenn man die Differenz einmal erkannt hat, ist es sofort klar.
Wenn man die aber nicht „erblickt“ und Kochwasser so
betrachtet wie Trinkwasser, also analog proportional, dann
kann man ewig aneinander vorbeireden, sich verzanken etc.

Nettes Beispiel. Und vielleicht auch nicht ganz verkehrt. Die Frage, die sich mir hier sofort stellt, ist: woher kommt es, dass darüber ein Streit ausbricht? Bei deinem Beispiel sind es mangelnde Kenntnisse der Physik, d.h., einer hat hier einen Wissensvorsprung, den der andere nicht (aus welchen Gründen auch immer…aber dazu weiter unten mehr) akzeptieren will/kann.

Wenn man in einer Streitfrage nun ein einziges Wort hat, mit
dem der eine etwas bezeichnet, was sich proportional verhält
und der andere etwas, was sich eher wie ein Medium verhält,
dann kommen die auf keinen grünen Zweig miteinander, auch wenn
sie ab und zu beschliessen, wieder nett zu sein und von vorne
anzufangen.

Genau zu dieser Frage habe ich am Mittwoch beim Friseur einen, wie ich meine, hoch interessanten Artikel in GEO gelesen. Er ist sogar online:
http://www.geo.de/themen/geoskope/02/05/linguistik.h…
Also selbst bei vermeintlich eindeutigen und unmissverständlichen Begriffen scheint es mehr Raum für eine individuelle semantische Zuordnung zu geben als wir uns vorstellen können.

Ist dir sprachwissenschaftlich dieser Unteschied für das
unterschiedliche logische Funktionieren von Begriffen ein
Begriff; ich meine weist du eine Bezeichung dafür?

Der GEO-Artikel erklärt dieses Phänomen m.E. sehr schön. Übertragen auf unseren umstrittenen Begriff „Antisemitismus“ heißt das dann doch, dass unser individueller kultureller und soziologischer Hintergrund zumindest mitbestimmen, was wir darunter verstehen.
Und da es sich dabei nicht um so einen „simplen“ Begriff wie „Baum“ handelt (wobei auch hier schon ziemlich viel Spielraum besteht, was der einzelne als „Baum“ bezeichnet), sondern um einen höchst komplexen und abstrakten Begriff, ist der Interpretationsspielraum natürlich riesig. Und was hier noch dazu kommt, ist die individuelle politische Zielsetzung, die in die Interpretation mit einfließt. Du kannst ja auch den Begriff „Demokratie“ nehmen und 10 Leute fragen, was sie darunter verstehen. Du wirst vermutlich auch 10 verschiedene Antworten bekommen, je nach Interessenlage, Bildungsstand, persönlichen Erfahrungen usw. usf.

De facto ist ja viel davon die Rede in der Kommunikation unter
der Überschrift „Zuhören“, nur wenn beim intensivsten Hinhören
der verstandene Begriff notorisch ein anderer bleibt als der
gemeinte, dann langt es mit dem klassischen „Zuhören“ nicht.

Eben. Zuhören können reicht nicht. Selbst wenn mir einer zuhört, ist meine gesendete Botschaft eine andere, wenn sie beim Rezipienten ankommt. Weil eben individuelle Bewertungsmaßstäbe mit einfließen.

Weist du…etwas unpraktisch.

Mein „Problem“, dass ich ein waches Gespür für solche
begrifflichen „Unstimmigkeiten“ in der Kommunikation habe und
dass ich die auch seit einiger Zeit (Reifung, inneres Wachtum,
Reflexion…:smile: auseinandergedröselt kriege und sich Leute
hinterher richtig freuen, dass sie einander verstehen, und sei
es, worüber sie sich uneins sind. Nur der Freude, die die
Leute hinterher empfinden, entspricht leider keine
Bedarfswahrnehmung im Vorfeld. Die Leute verwechseln ihre
Verständnisdifferenzen mit Charakter, Temperament- oder
Meinungsunterschieden, die sie auch haben mögen; aber nachdem
ich sie in der „Mangel“ hatte, oft eher woanders sehen und
weniger drastisch sehen, als vorher.

Bist du dir da sicher, dass du durch dein „in die Mangel nehmen“ tatsächlich etwas bewirkt hast? Das mag für Einzelfälle gelten, aber einen generellen „Erfolg“ halte ich für unwahrscheinlich.
Warum? Einfach, weil Begriffe durch subjektive Erwartungen, Interessen und Erfahrungen bestimmt werden. Objektivität kann es nicht geben, sonst müssten ja bei bestimmten Fragestellungen alle immer der gleichen Meinung sein. Womit ich aber nicht ausschließen will, dass durch Reflexion wenigstens eine Mehrheit zu einer Übereinkunft kommen könnte.

Die Leute haben manchmal ein „nicht gespürtes Problem“, dass
sie mit der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit
verwechseln, ein Eindruck, den ja auch der eine oder andere
FF-Korrespondenzpartner nicht scheute. Was ich bei FF
geschieben habe, war natürlich nur die eine Seite der
Medaille, das diese fatale Haltung zu den Genen noch fataler
ist als die schlimmsten Gene sien können. Die andere Seite der
Medaille ist, dass man entweder feundlich verführen lernt,
oder seine Sexualität wirklich an den Nagel hängen kann als
Mann. Aber um das rüberzubringen, ist nun wieder das FF-Brett
nicht das angemessene gewesen.

Der Weg des geringsten Widerstandes, das Schuld auf andere schieben und die individuellen (negativen) Erfahrungen zu generalisieren sind halt Schutzmechanismen und damit oft das einzige, was manchen zur Verfügung steht. Und wenn du daran kratzt, können diese Menschen das nicht akzeptieren, weil das mühsam erbaute Weltbild sonst noch vollends aus den Fugen gerät. Kernfrage: ist die Welt so wie sie ist oder ist sie so, wie wir sie sehen? Warum fällt mir hier jetzt Platons Höhlengleichnis ein, wo jeder in seiner eigenen Höhle hockt?..

Also steh ich da, kann was, was auch einen schönen Nutzen tut;
doch weigert sich der Nutzen sich zuvor als knurrender Hunger
zu avisieren und nimmt statt dessen die Forrm von Meingungen
etc. an, die ja auch in einem manchmal „fatalen Sinn“ frei
sind, so dass sich Fehlverständnisse, Verwechselungen und
Verständnisdifferenzen oft freier entfalten und vertiefen
können, als Vernunft, Kooperation, Liebe, Solidarität.

Selbst diese 4 Begriffe sind von ihrem semantischen Gehalt individuell interpretierbar.

Ich hoffe, du spürst das ganze gattungsgeschichtliche Gewicht
der Frage, von der ich aus deiner Profession jetzt auf ein
Fortkommen hoffe :smile:

Keine Ahnung, ob ich nun etwas zu deinem „Fortkommen“ beigetragen habe. Aber ich kann dir versichern, dass die Fragen, die du stellst, auch mich bewegen, weil ich mich zu den Zweiflern zähle, die immer hellhörig werden, wenn jemand auf komplizierte Fragen einfache Antworten hat.

Ich schließe mit, ich glaube Voltaire: „Verzeihen Sie Madame,
dass ich Ihnen einen langen Brief schreib, für einen kurzen
fehlte mir die Zeit.“

Da gibt es nichts zu verzeihen. Ganz im Gegenteil. Ich lese lange Beiträge, bei denen ich das Gefühl habe, hier hat jemand auch keine Patentrezepte, tausendmal lieber als selbstherrliche, kurz angebundene „Wahrheiten“.

Aber vielleicht sollten wir bei weiterem Diskussionsbedarf doch lieber in ein anderes Brett umziehen, Sozialwissenschaften oder Philosophie (welche Vermessenheit meinerseits *g*) böten sich an…

Gruß
Uschi

PS: ich habe einiges aus deinem Ursprungsartikel wegen der Übersichtlichkeit „weggekürzt“

Ballermanngeschädigt??
Hallo Rainer

Danke! Endlich mal wieder einer Deiner wichtigen und unverzichtbaren Kommentare.

Schau Dir mal den Link hier an: http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/WISSENSC…

Vielleicht hat Dein Verhalten damit eine gewisse Ähnlichkeit.

Gruss
CrNiMo, der mal gehört hat, dass MOD’s bei w-w-w auch als User angemessen verhalten sollten.

Moin!

Mhh, „Programm“ und „programmieren“ sind also griechischen
Ursprungs, aber „pro“ ist lateinisch. Sollten am Ende das
„pro“ in „programmieren“ und das lateinische zwei verschiedene
„pros“ sein? Das kann ich mir kaum vorstellen. Also – wer hat
hier von wem abgeschrieben: die Römer von den Griechen oder
andersrum?

Ersteres. Die Römer haben etliches von den Griechen übernommen, nicht zuletzt massenweise Vokabular. Ich weiß jetzt zwar nicht, ob das lateinische „pro“ ebenfalls eine Entlehnug aus dem Griechischen ist oder ob hier eine zufällige Gleichheit besteht, aber mit Sicherheit haben es NICHT die Griechen von den Römern übernommen. Ich tippe allerdings auf den umgekehrten Fall.

Gruß Kubi