Hallo und guten Tag,
kann mir wohl jemand sagen, wie die Menschenaffen mit dem Tod ihrer Artgenossen/Artgenossinnen umgehen? Werden die toten Tiere ignoriert, gemieden, bedeckt oder wird sonst in irgend einer Weise mit ihnen verfahren?
Für Antworten vielen Dank im Voraus.
Castiglio
Hallo!
kann mir wohl jemand sagen, wie die Menschenaffen mit dem Tod
ihrer Artgenossen/Artgenossinnen umgehen?
Es kommt schon auch darauf an, wie eng das Verhältnis der betreffenden Affen war.
Es sind schon zahlreiche Fälle dokumentiert, die man als Trauer auffassen könnte.
ZB habe ich mal irgendwo von einer Beobachtung Jane Goodals (die brühmte Primatenfoscherin) gelesen. Sie hat das Verhalten eines 8jährigen Schimpansenmännchens beobachten können, dessen Mutter verstarb. Er hat tagelang bei dem Leichnam gesessen und immer wieder angestupst. Irgendwann ist er an den Platz gegangen, wo er mit seiner Mutter immer gesessen hat und hat körperlich immer mehr abgebaut…ein paar Wochen nach seiner Mutter ist er dann auch verstorben.
Auch kann man ja in Zoos zB immer wieder beobachten, wie Affenmütter ihre verstorbenen Kinder noch tagelang mit sich herumtragen.
Auch bei „niederen“ Affenarten kann man solches Verhalten beobachten (bei anderen Tierarten auch, zB Elefanten).
Werden die toten
Tiere ignoriert, gemieden, bedeckt oder wird sonst in irgend
einer Weise mit ihnen verfahren?
Das vergraben von Leichen eigener Art ist soweit ich weiß nur dem Menschen eigen.
liebe Grüße
aj
Hallo atrox,
Es sind schon zahlreiche Fälle dokumentiert, die man als
Trauer auffassen könnte.
was natürlich interessant zu wissen wäre, aber sicher schwer herauszufinden:
Verstehen diese Tiere, dass der Artgenosse tot ist (also nicht wieder lebendig, „gesund“ wird) und bleiben aus Trauer, weil sie den Artgenossen nicht hergeben wollen, bei ihm?
Oder merken sie nur, dass der Artgenosse nicht mehr aktiv ist und bleiben bei ihm, weil sie ihn noch versorgen, beschützen etc. wollen (wie ein krankes oder schlafendes Individuum) - das wäre keine Trauer im eigentlichen Sinne?
Zumindest gibt es Beobachtungen, dass diese Tiere wohl nach einer gewissen Zeit sich eindeutig auf einmal anders verhalten (sich vom verstorbenen Artgenossen abwenden). Fragt sich nur, ob sie schon zuvor oder erst zu dem Zeitpunkt verstanden haben, dass der Artgenosse nicht mehr lebendig wird.
Viele Grüße,
Nina
Hallo Castiglio!
Zu dem Thema gab es im Zoo Münster ein wirklich traurigen Zwischenfall.
Eine Gorilla-Mutter ist gute eine Wochen mit ihrem verstorbenen Kind in den Händen durch das Gehege gelaufen. Sie hat in der Zeit wohl zeimlich an Gewicht verloren und auch kaum geschlafen.
http://www.allwetterzoo.de/fotos/news2009/gorilla-na…
http://www.stern.de/wissen/natur/zoo-muenster-tierpf…
lg
PaleMan
Ich habe selbst vor vielen Jahren im Münchener Tiergarten gesehen, wie ein Pavianweibchen ein totes Kleinkind mit sich getragen hat. Der tote Kleine hat sich natürlich nicht mehr festklammern können. Die Mutter hat ihn mit der Hand an sich gedrückt oder einfach am Ärmchen hinter sich her geschleift. Gefühlsregung war nicht erkennbar. Sie hat sich auch am Betteln nach Erdnüssen beteiligt und das tote Kind dabei recht rüde rumgeschleudert. Dennoch war eine Bindung (instinktiv ?) da.
Udo Becker
Hallo.
Auch Menschen fällt es ja manchmal schwer, den Tod definitiv fest zu stellen. Natürlich ist diese Unsicherheit auf wenige Stunden beschränkt.
Interessant wäre in diesem Zusammenhang eventuell noch, dass es durchaus auch beim Menschen vorkommt, dass sich enge Verwandte, gewöhnlich Mütter, nicht von einem toten Kind trennen können. Beim Menschen wird dieses Verhalten als krankhaft eingestuft.
Gewöhnlich sorgen andere Angehörige dafür, dass Schlimmes verhindert wird.
Tiere können durchaus trauern, es scheint allerdings, als sei ihnen das Endgültige des Todes nicht bekannt.
Beim Menschen kam mit dem Sündenfall, „der Tod in die Welt“. Der Apfel vom Baum der Erkenntnis brachte die Erkenntnis der eigenen, unabwendbaren Sterblichkeit.
Ich halte das, was die Bibel hier schildert, für einen durchaus realen Prozess. Anscheinend bedarf es eines Mindestmaßes an Verstand, den Tod zu erkennen.
Gruß, Nemo.
Dennoch war eine Bindung (instinktiv ?)
da.
Hi
Kann mich irren, aber kommt bei Pavianen mit einer sehr ausgeprägten Hackordnung nicht noch hinzu, dass die Weibchen besser in der Gruppe dastehen, wenn sie ein Jungtier haben? Wirkt das nicht etwas beschwichtigend auf die anderen?
Grüße
Laralinda
Kann mich irren, aber kommt bei Pavianen mit einer sehr
ausgeprägten Hackordnung nicht noch hinzu, dass die Weibchen
besser in der Gruppe dastehen, wenn sie ein Jungtier haben?
Wirkt das nicht etwas beschwichtigend auf die anderen?
Ich kenne mich da nicht aus. Jedenfalls war das eine makabre Szenerie.
Udo Becker
Hallo Nemo,
Auch Menschen fällt es ja manchmal schwer, den Tod definitiv
fest zu stellen. Natürlich ist diese Unsicherheit auf wenige
Stunden beschränkt.
was ich meinte:
Menschen wissen (aus Erfahrung, aus Erzählung), dass es den Tod gibt und dass eine Person, die sich einige Zeit nicht „wecken“ lässt, nicht mehr lebendig wird (Ausnahme: Glaube an Auferstehung, aber hier wird auch getrennt zwischen „normalem“ Leben und „auferstanden sein“).
Genau das meinte ich mit „verstehen diese Tiere, dass der Artgenosse tot ist“ - kennen sie den Tod als solchen, oder ist es (vermenschlicht ausgedrückt) eher „komisch, dass der nicht mehr reagiert…“?
Das herauszufinden, dürfte aber schwer sein.
Interessant wäre in diesem Zusammenhang eventuell noch, dass
es durchaus auch beim Menschen vorkommt, dass sich enge
Verwandte, gewöhnlich Mütter, nicht von einem toten Kind
trennen können. Beim Menschen wird dieses Verhalten als
krankhaft eingestuft.
Genau. Hier wird es aber wahrscheinlich so sein, dass diese Menschen prinzipiell wissen, dass es den Zustand des Todes gibt.
Tiere können durchaus trauern,
es scheint allerdings, als sei
ihnen das Endgültige des Todes nicht bekannt.
Wieso vermutest du das? (ernst gemeinte Frage, keine rhetorische Frage)
Mir ist z.B. von in Kleinschwärmen gehaltenen Nymphensittichen bekannt, dass sie beim Tod ihres Partners (Nymphensittiche suchen sich nicht nur zur Paarung und Jungenaufzucht einen Partner, sondern teilen mit ihm auch ansonsten ihren Alltag) trauern (wenig fressen, wenig Kontakt suchen, still sind, befreundete Schwarmgenossen von sich weisen), aber nach einigen Wochen wieder munterer, aufmerksamer, quirliger, kontaktfreudiger wirken und mitunter, wenn es im Schwarm einen gibt der passt, einen neuen Partner haben - anstatt weiter zu warten.
Das wirkt (!) zumindest so, als würden sie ab einem gewissen Punkt bemerken, dass der verstorbene Partner nicht mehr zurück kommt.
Anscheinend bedarf es eines
Mindestmaßes an Verstand, den Tod zu erkennen.
Das ist auch meine Meinung.
Viele Grüße,
Nina
Huhu!
Zu Pavianenen kann ich gerade auch noch was beisteuern, was ich ziemlich berührend fand.
Gestern kam ein Bericht im TV auf 3sat oder Arte oder so, von einer Station in Afrika, die verwaiste Paviane aufziehen, in Gruppengefüge zusammensetzen und nach einigen Jahren als Gruppe auswildern.
Da war ein Pavianmännchen dabei, dass vier Jahre vor seiner Auswilderung miterlebt hat, wie seine Mutter erschossen wurde.
Bei der Auswilderungszene hat der menschliche Betreuer versucht das Tier von seinem Wagen runterzuscheuchen, was sich aber durch nichts beeindrucken lies. Erst als der Mensch eine Stock so anlegte, als sei es ein Gewehr, zuckte das Tier panisch zusammen und sprang weg.
Das fand ich echt beeindruckend, dass es sich nach 4 Jahren, noch an diese Bewegung erinnert, und solch einen Respekt davor entwickelt hat. (wobei ich nicht unbedingt glaube, dass das Tier dachte „Ah, durch diese Bewegung wurde meine Mutter umgebracht“, sondern wohl eher ganz allgemein eine beängstigende Erfahrung damit verbunden hat, also das Herausgrissen werden aus der Horde usw)
Lieben gruß
aj
hallo,
People of the Forest: The Chimps of Gombe ist ein herzzerreißender Film,mit viel Informationen darüber,unter anderem.
Grüße von Oscara