Hallo Aqib, ich danke dir vorab für deine Antwort,
Erst einmal festzuhalten ist dass es den „wahren Muslim“ aus
islamischer Sicht nicht gibt.
Ist das so? Dann kann ja aus islamischer Sicht jeder sich zu Recht Muslim nennen, ob nun Khomeini, Bin Laden, König Ibn Saud, Erdogan, die Mitglieder der Al-Qaida, die Taliban oder sonstwer.
Diese Frage basiert auf eine Antwort die du dir selbst auf die
letzte Frage gegeben hast. Mit dieser Frage implizierst du ja
dann dass die Taliban eifrige, wahre Muslime sind. Sind sie
aber definitiv nicht.
Aber eben sagtest du doch, dass es den „wahren Islam“ aus islamischer Sicht nicht gibt.
Wie kannst du dann wissen, dass die Taliban nicht besonders eifrige Muslime sind?
Warum wurden und werden die Taliban stets als „radikalislamisch“ bezeichnet, warum distanziert sich nicht die islamische Welt eindeutig von Ihnen?
Gemässigte islamische Länder haben auch
ihre eigenen Probleme
Na, du bist gut!
Meinst du, „eigene Probleme“ haben wir in Deutschland nicht?
und die Pakistanische Armee ist schon
längst von der Taliban infiltriert worden, selbst der
Geheimdienst dort pflegt seine Kontakte mit der Taliban.
Also, das heisst, die Taliban, die eigentlich keine „wahren Muslime“ sind (wobei es „wahre Muslime“, siehe oben, ja aus islamischer Sicht eigentlich nicht gibt) schaffen es, die pakistanische Armee zu infiltrieren, weil die Nicht-Taliban-Muslime in Pakistan, die aber in der Regel auch Muslime, und zwar wirklich religiöse, gläubige Muslime sind, es nicht schaffen, die Taliban-Muslime vom Infiltrieren abzuhalten?
Aber auch dass man in Afghanistan tut, als gäbe es die „Nicht-Taliban-Afghanen“ (=„gute, wahre Muslime“) einerseits und „Taliban-Afghanen“ (=„böse, falsche Muslime“) andererseits, und eine klare Trennlinie zwischen diesen beiden Gruppierungen ist doch offensichtlich eine Farce.
Ich zitiere mal aus der „Zeit“ 38/2008:
" (…)Schon Stunden vor dem Abflug verwandelt er sich zurück in das Mitglied des Vorstandes der SPD, schaltet sein Handy öfter ein, lauert auf Nachrichten, siebt im Kopf die Essenzen seiner Reise. Zu Hause könnte Niels Annen seinen Wählern erzählen, dass afghanische Polizisten 70 Dollar im Monat verdienen, dass manche von ihnen plötzlich verschwinden oder überlaufen, weil sie bei den Taliban oder im Drogengeschäft mehr verdienen.
Dass man deshalb aufpassen müsse, welche Waffen man den jungen Polizisten aushändige, weil man leicht riskiere, den Gegner auszurüsten. (…)"
(http://www.zeit.de/2008/38/DOS-Afghanistan)
D.h. ob ein Afghane - ein Muslim - ein Taliban ist oder nicht, oder manchmal und manchmal nicht ist offenbar nicht zuletzt auch eine Frage des Geldes - oder seiner Tageslaune.
Einen Unterschied zwischen „Taliban-Muslimen“ und „Nicht-Taliban-Muslimen“ kann offenbar weder in Afghanistan noch in Pakistan eindeutig gezogen werden.
Trotzdem hat der Bundeswehrprofessor Michael Wolfssohn kürzlich in der Talkshow „Anne Will“ vertreten, Taliban, die als solche eindeutig identifiziert worden seien, sollten „liquidiert“ werden.
Und eine solche Haltung u.a. führt dann natürlich zu Gemetzeln wie dem Angriff auf den Tanklastzug im September 2009 in Kunduz.
Pakistan hat selber Terroristen mit dene sie jeden Tag zu
kämpfen haben und das auch jenseits des Swat-Tals.
Eben darum sollte doch Pakistan die Taliban in Afghanistan bekämpfen, oder sich zumindest an der ISAF beteiligen. Und ebenso das einzige islamische Nato-Mitglied Türkei. Wenn wirklich die „Nicht-Taliban-Muslime“ in der islamischen Welt eindeutig die Ansicht vertreten, dass die „Taliban-Muslime“ den „falschen Islam“ vertreten, die „Nicht-Taliban-Muslime“ aber den „wahren Islam“, dann müssten sich doch muslimische Freiwillige aus aller Welt darum reissen, die Bundeswehr bzw. ISAF-Truppen in Afghanistan gegen die Taliban zu unterstützen.
Schließlich hat es doch auch seinerzeit, während der 1980er Jahre, massenhaft Muslime aus aller Welt gegeben, die gegen die Sowjetarmee gekämpft haben.Tatsächlich ziehen aber, wie bereits erwähnt, Muslime aus Deutschland und zwar sowohl geborene Muslime als auch Konvertiten an den Hindukusch, um die Taliban gegen die Bundeswehr zu unterstützen.
Du verallgemeinerst zu schnell. Du musst immer den
persönlichen Hintergrund der Menschen berücksichtigen. Das
diese Leute dort hinziehen um die Taliban zu unterstützen,
bedeutet nicht dass sie ausreichend und v.A. richtig sich über
den Islam informiert haben.
Wer, wenn nicht Menschen in Deutschland hat denn die Möglichkeit, sich umfassend aus Büchern, Presse und Internet zu informieren?
Übrigens glaube ich auch nicht, dass Taliban überwiegend „Analphabeten“ sind, sie sind ja schließlich selber auch im Internet höchst präsent.
Und das kann man als Analphabet nur schwerlich sein.
Das verstärkt sich dann auch durch
den Eifer der hinzu kommt, da sie versuchen sehr gute Muslime
zu sein weil Konvertiten einfach weniger akzeptiert werden von
Gläubigen (Traurige Wahrheit).
Aber wenn doch angeblich ein Konsens in der islamischen Welt besteht, dass die Taliban den „falschen, missbrauchten Islam“ repräsentieren, dann müsste sich der „Eifer“ sowohl jener Konvertiten als auch der Muslime, die von vorneherein als Muslime geboren wurden, die zum Kämpfen an den Hindukusch ziehen, doch dahingehend äussern, die Bundeswehr/ISAF gegen die Taliban zu unterstützen und nicht umgekehrt. Vorausgesetzt, es gibt in der islamischen Welt, die ja immerhin 1,3 Milliarden Menschen umfasst, eine Mehrheitsmeinung darüber, dass die Taliban die „falschen Muslime“ sind. Gerade dann aber müsste es doch für Nicht-Taliban-Muslime das Selbstverständlichste der Welt sein, in Afghanistan gegen die Taliban in den Krieg zu ziehen und dies nicht Soldaten der - aus islamischer Sicht - „Ungläubigen“, der „Kuffar“, zu überlassen.
Wenn es aber so sein sollte, dass es vielleicht sowieso keine klare Trennlinie zwischen „Taliban-Afghanen“ und „Nicht-Taliban-Afghanen“ bzw. zwischen „Taliban-Muslimen“ und „Nicht-Taliban-Muslimen“ gibt, dann ist ein „Krieg ohne Ende“ in Afghanistan vorprogrammiert. Und ich finde nicht, um jetzt mal als Deutscher zu sprechen, dass die Bundeswehr an so etwas beteiligen sollte. Was der „wahre Islam“ ist und was der „falsche Islam“, das müsste doch die islamische Welt untereinander ausfechten. Und das müsste doch auch jeder Muslim so sehen, oder nicht?
Gruß Jasper.