Der Ereignisraum (Wahrscheinlichkeitstheorie)

Hi,

ich lese gerade in einem Mathematikbuch über Wahrscheinlichkeitstheorie.
Alle Teilmengen zusammen nennen wir den Ergebnisraum und bezeichnen tun wir ihn mit 2^{\Omega}.

Alles ausreichend verständlich, doch dann steht dort noch folgende, mir nicht einleuchtende, Behauptung:
|2^{\Omega}| = 2^{|\Omega|}

Wozu dienen die Betragszeichen?
Haben die in dieser Schreibweise die übliche Bedeutung des „Betragnehmens“; oder dienen sie hier nur der Notation von irgendetwas, haben also einen anderen Sinn, bei Angaben über den Ergebnisraum?

Es müssen sich meinem Verständnis nach mindestens 2 Elemente in einer Ergebnismenge befinden.
Dass eine Ergebnismenge eine negative Anzahl an Elementen hat, ist also von vornherein auszuschließen, wozu dennoch den Betrag betrachten?

Noch ein kleines Rätsel (zumindest für mich):
Wenn man die Anzahl der unterschiedlichen Teilmengen von einer Ergebnismenge (\Omega) berechnet, dann erhält man für 2 enthaltene Elemente (n = 2) 2^{n}, also 2² oder auch 4, Teilmengen.
Wirft man eine Münze, dann liegt eine 2-elementige Ergebnismenge vor - stimmts oder hab’ ich Recht?
Dass aus dieser Ergebnismenge (Kopf oder Zahl) 4 Teilmengen hervorgehen, sehe ich nicht.
Was habe ich also nicht begriffen?

Hallo,

Alle Teilmengen zusammen nennen wir den Ergebnisraum und
bezeichnen tun wir ihn mit
2^{\Omega}.

Teilmengen wovon? Ich vermute, von
\Omega. Gut. Sind wir uns einig, dass es sich bei
2^{\Omega} um eine Menge handelt? Und zwar um eine Menge, die aus Mengen (nämlich aus den Teilmengen von
\Omega) besteht. Das brauchen wir nämlich gleich.

Alles ausreichend verständlich, doch dann steht dort noch
folgende, mir nicht einleuchtende, Behauptung:
|2^{\Omega}| = 2^{|\Omega|}

Wozu dienen die Betragszeichen?
Haben die in dieser Schreibweise die übliche Bedeutung des
„Betragnehmens“; oder dienen sie hier nur der Notation von
irgendetwas, haben also einen anderen Sinn, bei Angaben über
den Ergebnisraum?

Nich nur speziell beim Ergebnisraum. Allgemein bedeuten Betragsstrich, wenn Mengen dazwischen stehen, etwas anderes als wenn Körperelemente („Zahlen“) dazwischen stehen. Es handelt sich bei |\Omega| um die Mächtigkeit der Menge \Omega, also die Anzahl ihrer Elemente. Vielleicht kennst du die Mächtigkeit unter der Bezeichnung # \Omega. Analog bezeichnet |2^{\Omega}| die Mächtigkeit der Menge 2^{\Omega}(s.o.).

Es müssen sich meinem Verständnis nach mindestens 2 Elemente
in einer Ergebnismenge befinden.

Nein, es muss gar keines drin sein. Dieser Fall ist in der Praxis aber zugegebenermaßen uninteressant.

Dass eine Ergebnismenge eine negative Anzahl an Elementen hat,
ist also von vornherein auszuschließen,

Richtig.

wozu dennoch den
Betrag betrachten?

Wie oben erklärt handelt es sich um die Mächtigkeit, denn bei \Omega zum Beispiel handelt es sich ja um eine Menge, nicht um ein Körperelement, dessen Betrag du nehmen könntest.

Noch ein kleines Rätsel (zumindest für mich):
Wenn man die Anzahl der unterschiedlichen Teilmengen von einer
Ergebnismenge (\Omega) berechnet,
dann erhält man für 2 enthaltene Elemente (n = 2) 2^n, also 2² oder auch 4, Teilmengen.

Richtig.

Wirft man eine Münze, dann liegt eine 2-elementige
Ergebnismenge vor - stimmts oder hab’ ich Recht?

Kannst du dir aussuchen :wink:

Dass aus dieser Ergebnismenge (Kopf oder Zahl) 4 Teilmengen
hervorgehen, sehe ich nicht.
Was habe ich also nicht begriffen?

Du hast zwei Teilmengen der Menge {Kopf, Zahl} übersehen. Ich vermute du hast nur die Teilmengen {Kopf} und {Zahl} beachtet nicht aber die leere Menge und die Menge {Kopf, Zahl} selbst.
Natürlich kann keine dieser Mengen wirklich bei einem Wurf mit eine Münze „eintreten“, aber es handelt sich dennoch um Teilmengen. Jede zweielementige Menge M hat vier Teilmengen, {Element1}, {Element2}, M und die leere Menge.

Ich hoffe, ich konnte dir helfen!
Liebe Grüße
Nadine

Hi Roach,

Alles ausreichend verständlich, doch dann steht dort noch
folgende, mir nicht einleuchtende, Behauptung:
|2^{\Omega}| = 2^{|\Omega|}
Wozu dienen die Betragszeichen?

die Betragsstriche sind hier etwas anders aufzufassen als gewöhnlich, nämlich als Mächtigkeit bzw. Anzahl der Elemente der Menge.

Noch ein kleines Rätsel (zumindest für mich):
Wenn man die Anzahl der unterschiedlichen Teilmengen von einer
Ergebnismenge (\Omega) berechnet,
dann erhält man für 2 enthaltene Elemente (n = 2) 2^{n}, also 2² oder auch 4,
Teilmengen. Wirft man eine Münze, dann liegt eine 2-elementige
Ergebnismenge vor - stimmts oder hab’ ich Recht?

Recht. Und zwar K(opf) und Z(ahl), also \Omega={Z,K}.

Dass aus dieser Ergebnismenge (Kopf oder Zahl) 4 Teilmengen
hervorgehen, sehe ich nicht.
Was habe ich also nicht begriffen?

Jede Menge - also insbesondere der Ereignisraum - enthält die leere Menge \emptyset. Zudem ist in jedem Ereignisraum das sichere Eriegnis, also \Omega enthalten, denn die leere Menge und die Menge selber sind immer Teilmengen. Also ist der Ereignisraum ={{K},{Z},\Omega,\emptyset}

Grüße,
JPL

Hallo,

Alle Teilmengen zusammen nennen wir den Ergebnisraum und
bezeichnen tun wir ihn mit
2^{\Omega}.

Nein - der Ergebnisraum ist die Menge aller Ergebnisse, üblicherweise
\Omega.
Das was du meinst ist der Ereignisraum. Ein Ereignis ist eine Teilmenge des Ergebnisraums. Die Menge aller Ereignisse, also aller Teilmengen des Ergebnisraums, nennen wir den Ergebnisraum und

bezeichnen tun wir ihn mit

2^{\Omega}.

Alles ausreichend verständlich, doch dann steht dort noch
folgende, mir nicht einleuchtende, Behauptung:
|2^{\Omega}| = 2^{|\Omega|}

Wozu dienen die Betragszeichen?
Haben die in dieser Schreibweise die übliche Bedeutung des
„Betragnehmens“; oder dienen sie hier nur der Notation von
irgendetwas, haben also einen anderen Sinn, bei Angaben über
den Ergebnisraum?

Die bezeichnen die Mächtigkeit einer Menge. In unserem Fall bedeutet |2^{\Omega}| = 2^{|\Omega|} dass der Ereignisraum genau 2^{|\Omega|} Elemente hat, wobei der Exponent |{\Omega}| die Anzahl der Ergebnisse bezeichnet, also die Mächtigkeit von
\Omega.

Es müssen sich meinem Verständnis nach mindestens 2 Elemente
in einer Ergebnismenge befinden.

Nicht zwangsläufig - theoretisch kann ein Experiment auch nur ein mögliches Ergebnis haben oder gar keins.

Dass eine Ergebnismenge eine negative Anzahl an Elementen hat,
ist also von vornherein auszuschließen, wozu dennoch den
Betrag betrachten?

s.o… der Betrag hat hier eine mengentheoretische Bedeutung.

Noch ein kleines Rätsel (zumindest für mich):
Wenn man die Anzahl der unterschiedlichen Teilmengen von einer
Ergebnismenge (\Omega) berechnet,
dann erhält man für 2 enthaltene Elemente (n = 2) 2^{n}, also 2² oder auch 4, Teilmengen.
Wirft man eine Münze, dann liegt eine 2-elementige
Ergebnismenge vor - stimmts oder hab’ ich Recht?

Stimmt.

Dass aus dieser Ergebnismenge (Kopf oder Zahl) 4 Teilmengen
hervorgehen, sehe ich nicht.
Was habe ich also nicht begriffen?

Zu jedem Ereignisraum gehört auch das unmögliche Ereignis - das ist die leere Menge - und das sichere Ereignis, das ist \Omega selbst. Damit hast du deine 4 Teilmengen. Es gilt der Satz: Jede Menge mit n Elementen hat 2^n Teilmengen. Die leere Menge und die Menge selbst gehören da immer dazu. Zu beweisen mit vollständiger Induktion.
Gruß orchidee

Hallo,

Jede Menge - also insbesondere der Ereignisraum - enthält die
leere Menge \emptyset.

Nein. Hier kommt es leider immer wieder zu Verwechsungen: Nicht jede Menge enthält die leere Menge! Aber die leere Menge ist Teilmenge jeder Menge.
Das Problem ist hier der (etwas ungünstige) Sprachgebrauch: Man sagt „Die leere Menge ist in jeder Menge enthalten“, das heißt sie ist Teilmenge jeder Menge, aber nicht „Jede Menge enthält die leere Menge“, denn das würde heißen, dass die leere Menge Element jeder Menge wäre, was offensichtlich falsch ist.
So, ich hoffe das stiftet jetzt nicht noch mehr Verwirrung :wink:

Liebe Grüße
Nadine

Zunächst einmal Dank an alle drei Antwortenden.

Ich habe gelernt:

  1. Betragsstriche, die Mengen umgeben, bedeuten, dass die Mächtigkeit zu betrachten ist, also die Anzahl der enthaltenen Elemente der jeweiligen Menge.
  2. Ein jeder Ergebnisraum enthält minestens die „leere Menge“, sowie „Omega“ (Beim Münzwurf ist 2^|Omega| = 4 also korrekt).

Für den, den’s interessiert, vorweg noch etwas negative Kritik an den Antworten (insbesondere an Nadine, weil mir ihre Antwort sehr half, die Antwort jedoch auch folgende Mängel hatte - so mein Empfinden):
Es war auffällig, dass mein Ursprungstext immer gänzlich zitiert wurde, teils auch doppelt. Das Zitieren mag seine Nützlichkeit haben. Dies ist der Fall, solange das Geantwortete nicht bezugslos stehen kann, weil es sonst an Sinn verlöre.
Wenn man aber meint, auf diese Weise alle Fragen zubeantworten, oder, der Einfachheit wegen, sich nicht mehr Mühe machen zu müssen, dann irrt man. Die Qualität der Antwort leidet darunter erheblich. Zum einen ist der Antwortene nicht mehr dazu gezwungen, sich zu überlegen, was die eigentlichen Fragen des Fragenden sind. Zum anderen wird schwer erkannt über was sich der, dem geantwortet wurde, sich bereits im Klaren ist. Man bekommt schnell das Gefühl, abgefertigt zu werden.
Ein genauso unerwünschtes, wie vermeidbares Nebenprodukt einer Belehrung - oder nicht?

(Level 2:smile:
Ich habe leider immer noch 'ne Frage:
Wie erkenne ich, ob es sich um eine Menge handel?
|\Omega| ist unter der Vereinbarung, dass „Omega“ eine Menge bezeichnet, definitif eine Menge.
Handelt es sich bei 2^{\Omega} um eine ähnliche Vereinbarung?

Nochmals vielen Dank!
Gruss Roach

Hallo,

diesmal ohne Zitat (obwohl sich mir der Inhalt deiner Kritik ehrlich gesagt nicht völlig erschließt):

Eine Menge ist eine Zusammenfassung von mehr oder weniger gleichartigen Dingen, wobei es eine befriedigender Definition leider nicht gibt. Aus Gründen der Logik sollte man das Axiom, dass die Menge sich nicht selbst enthält, hinzufügen, da man ansonsten zu einem logischen Problem kommt (Enthält sich die Menge aller Mengen, die sich nicht selbst enthalten, selbst?).

Soviel zur Mengentheorie im Allgemeinen. Konkret kannst du eine Menge an ihrer Definition erkennen. Die meisten Mengen sind in irgendeiner Form schlicht und einfach definiert als „Die Menge, die dieses und jenes enthält“.

In deinem Fall, also für 2^{\Omega} kannst du auch aus der Definition ablesen, dass es sich um eine Menge handelt: Da steht nämlich (vermutlich, da du das Buch, das du benutzt, nicht genannt hast) so etwas wie „Die Menge aller Teilmengen von {\Omega} bezeichnen wir mit 2^{\Omega}“ oder auch „Wir fassen alle Teilmengen von {\Omega} zu 2^{\Omega} zusammen“, was auch aussagt, dass es sich um eine Menge handelt, denn man fasst verschiedene Dinge in der Mathematik zu einer Menge zusammen und zu nichts anderem (Ob diese Menge dann auf Grund bestimmter Eigenschaften gleichzeitig eine Gruppe, ein Körper oder sonstwas ist, ist dabei egal. Sie bleibt auf jeden Fall eine Menge).

Vorsicht allerdings mit der Ausdrucksweise:
|\Omega| ist eben keine Menge, sondern deren Mächtigkeit, also in diesem speziellen Fall eine natürliche Zahl.

So, ich hoffe ich konnte dir auch diesmal weiterhelfen :smile:

Liebe Grüße
Nadine

Hi Nadine!

Natürlich hast du Recht! Aber dein einwand ist eigentlich die ganze Problematik, die hier Thema war, insofern ist dein Einwand treffend. ausserdem ist die Ergebnismenge und der Ereignisraum das besten Bsp. dafür.
Viele Grüße,
JPL