Bei solchen Fragen, liebe® Nescio,
Weiss jemand hier, seit wann Freier in diesem Sinn in Gebrauch
ist ?
hilft stets ein Blick in den Grimm (übrigens hier verlink!).
Dort findet man:
_ FREIER [Lfg. 4,1], m. procus, petitor, mnhstÀr, minner, nnl. vrijer, dän. frier, böhm. frejir, bei DIEFENBACH unter procus viele belege aus 15 jh., der werbende, bulende, nicht schon der bräutigam und heiratende , sowol mit dem gen. als praepositionen:
weil französisch, wie man saget, ist, latein, dein hurenkind,
wie dann, dasz um sie bei Deutschen so viel tolle freier sind? LOGAU 3, 83, 43,
um sie, um die französische sprache, tochter der lateinischen; es wird ihr an stattlichen freiern nicht mangeln. ‚ja wol, sie müssen sich sehr umb mich reiszen, wie um das saure bier‘. WEISE erzn. 135;
im anfang scheint es schön, wanns mädchen aufgeputzt,
wie eine puppe vor des freiers augen stutzt. eine frau ein nothwendig übel s. 143;
ein freier kam, man wies ihm Philippinen. GELLERT 1, 135;
ein freier bat einst einen freund,
ihm doch ein mädchen vorzuschlagen. 1, 206;
verlangt dein kind ein freier. LESSING 1, 18;
nu, einen freier hat er ihnen doch wol nicht gebracht? obgleich jetziger zeit die freier auch zu einer art von geldborgern geworden sind. 2, 391; ein so alter soldat und ein so hitziger freier! 7, 203; als ehemaliger verehrer der mutter, als jetziger freier der tochter. GÖTHE 31, 213;
hast du nicht schon mutige freier?
ich komme zur hochzeit, nicht wahr?
doch Dorchen, ist dieses nicht heuer,
so ists aufs künftige jahr. WEISZE kom. op. 1, 189; [4,108]
des königs töchterlein war schön
und auch schon flück geworden,
drum lieszen itzt sich freier sehn
von ost, süd, west und norden. BLUMAUER Aen. 3, 21;
frau füchsin sind sie da?
‚ach ja, mein kätzchen ja‘.
es ist ein freier draus.
‚mein kind, wie sieht er aus?‘ Km. no 38;
jetzo fand sie die freier, die üppigen, die an des hauses
doppelter pfort ihr herz mit steineschieben erfreuten,
hin auf häute der rinder gestreckt, die sie selber geschlachtet. Od. 1, 106.
sprichwort: wo viel freier sind, da sind wenig nehmer. SIMROCK 2680; sie hat freier aber keinen nehmer. in der Wetterau nennt man die von der zimmerdecke niederhangenden spinnefäden, an welche sich staub ansetzt, freier. bedeuten sie spinnenden mädchen freier vor? [Abschnitt reduzieren]
FREIERCHEN [Lfg. 4,1], n. nnl. vrijertje.
FREIERDINGS [Lfg. 4,1], sponte, von freien stücken, wie allerdings, für freier dinge, aller dinge:
ob dich nicht sonst ein argwohn treibt, mir dieses
erbieten freierdings zu thun. LESSING 2, 282;
so wären sie es werth, dasz man ihnen nachsagte, dasz sie, bei eigener einschauung der handschrift, sich freierdings der nemlichen oscitanz schuldig gemacht, die ich an Gottscheden bewundere. 10, 332.
FREIEREI [Lfg. 4,1], f. procatio:
der freierei wir gar gnug han,
ein anders mals bleib wir zu haus. AYRER 348a;
aber seine freierei ist nichts als politik. LESSING 7, 203; siehst du, das hast du von deinem plaudern. hätten wir nu nicht von unserer freierei (unserm liebeshandel) sprechen können? WEISZE kom. op. 3, 25; mich so auf die freierei zu führen! FR. MÜLLER 2, 174.
**FREIERIN [Lfg. 4,1], f. proca: pulerin, kupplerin, sponsirerin. voc. 1482 i 3a, also die selbst bulende und geworbene, wie die für andre werbende. nnl. vrijster.
FREIERISCH [Lfg. 4,1], amatorius, bulerisch:
wo die freierischen westen (westwinde)
buhlen mit den schwanken ästen,
und wehn einen hall darein,
als es solten küsse sein. FLEMING 442.**
FREIERSCHAFFEN [Lfg. 4,1], libere creatus:
dies that auch die natur, die hier mit starker hand
den abscheu und die lust mit eurem thun verband.
dadurch bewog sie euch, ihr feierschafnen seelen,
das böse selbst zu fliehn, das gute selbst zu wählen. LICHTWER 169.
FREIERSFÜSZE [Lfg. 4,1], pl. proci pedes: auf freiers füszen gehn, freiers gedanken haben;
ein bettler gieng auf freiersfüszen. LESSING 1, 13;
steht ihre erbschaft auf freiersfüszen? 2, 394; ein herlich sinnbild, Simsons nackter schädel, für einen der auf freiersfüszen geht wie ich. FR. MÜLLER 178.
FREIERSGEDANKEN [Lfg. 4,1], pl., dän. friertanke.
FREIERSMANN [Lfg. 4,1], m. nuptiarum conciliator, der einem die braut wirbt, brautwerber: ich will freiersmann sein. was krieg ich, wenn ich sie dir kupple? GÖTHE 11, 14; só war ich freiersmann, só bin ich jetzt gesandter. 20, 306;
hatten die eltern die braut für ihren sohn sich ersehen,
ward zuvörderst ein freund vom hause vertraulich gerufen.
diesen sandte man dann als freiersmann zu den eltern
der erkorenen braut, der dann in stattlichem putze
sonntags etwa nach tische den würdigen bürger besuchte,
freundliche worte mit ihm im allgemeinen zuvörderst
wechselnd, und klug das gespräch zu lenken und wenden verstehend.
endlich nach langem umschweif ward auch der tochter erwähnet
rühmlich, und rühmlich des manns und des hauses, von dem man gesandt war.
kluge leute merkten die absicht, der kluge gesandte
merkte den willen gar bald und konnte sich weiter erklären.
lehnte den antrag man ab, so war auch ein korb nicht verdrieszlich.
aber gelang es denn auch, so war der freiersmann immer
in dem hause der erste bei jedem häuslichen feste,
denn es erinnerte sich durchs ganze leben das ehpaar,
dasz die geschickte hand den ersten knoten geschlungen. GÖTHE 40, 301._
Demzufolge ist der Freier schon vor dem 18. Jahrhundert, zumindest als „Kuppler“, nicht der um eine Ehefrau sich Bewerbende, sondern einer, der ein sehr viel kurzfristigeres Interessa an einer Frau hat.
Und es gibt auch die „Freierin“.
Und da scheint auch Platz zu sein für datafOxens Anmerkung.
Kluge bietet dazu:
_ freien
wschwaches Verb „um eine Frau werben“ erweiterter Standardwortschatz obsolet (12. Jh.)Stammwort.
Ursprünglich nicht oberdeutsch, durch Luther allgemein eingeführt. Mhd. vrien, mndd. vrien, vrigen „heiraten, umwerben“ ist eine Spezialisierung von g. *frijO- Vsw. „freundlich behandeln, umwerben“, wohl unter dem Einfluß von as. frI „(Ehe)Frau“. Das Verb auch in gt. frijon, anord. frjá, ae. frEogan, mndl. vrien „hold sein, lieben“. Es ist grundsprachlichen Alters, vgl. ai. priyAyáte, akslav. prijati „hold sein, beistehen, sorgen (für)“, ein Denominativ zu ig. *prijo- „eigen, lieb, freundlich“ (s. frei). Zu beachten ist allerdings kymr. priodi „heiraten“ (heute fast nur noch als „Kunde einer Prostituierten“. Zur alten Bedeutung noch auf Freiersfüßen gehen „sich mit dem Gedanken einer Hochzeit befassen“. S. auch Freite.
Scheller (1959), 89-101;
Mezger, F. ZVS 79 (1964), 32-38 (etwas anders);
Bomhard (1995), 47f. deutsch iz_
Meine älteren Dudenausgaben von vor 1945 geben diese Bedeutung nicht an, vielleicht aus Prüderie (?); Mackensen von 1983 hat sie.
Den Befund des Nachkriegsduden hast du ja genannt. Heute heißt es da:
_ Frei|er , der; -s, - [mniederd., mhd. (md.) vrier]: 1. (veraltend) jmd., der um ein Mädchen freit; Bewerber: der F. wurde abgewiesen. 2. (verhüll.) Kunde einer Dirne od. eines Strichjungen.
© Duden - Deutsches Universalwörterbuch 2004_
Es scheint also so, dass die Bedeutung Kunde einer Hure schon in frühneuhochdeutscher Zeit vorhabden war; heute gibt es nur noch diese.
O tempora, o mores! 
Gruß Fritz