Mainländer, Matrix und Co.
Hallo Stefan,
ich kann deine Argumentationen nicht so ganz nachvollziehen.
Der Gedanke ist uralt (man denke bereits an die Ursprünge der
indischen Philosophie)
Das könnte ich noch nachvollziehen, wenn auch nicht in dem oben von Dirk gefragten Sinn.
und das „Matrix“ den Anstoss zu dieser
Diskussion gegeben hat , zeugt für mich nur davon wie stark
dieser Film was seinen geistigen Gehalt betrifft überschätzt
wird.
Das ist mir unklar: Dass der Film einen Anstoß gibt, soll der Grund für eine Überschätzung sein? Oder wird der Film überschätzt, weil er einen Anstoß gibt?
Ein bisschen platonische Philosophie gemixt mit einem
futuristischen Ambiente mehr ist da nicht.
Das sehe ich anders: Ich meine, dass zum Einen dieses „bisschen“ Platon äußerst notwendig wäre für unser heutiges Selbstverständnis, eben weil wir zu sorglos davon ausgehen, dass wir „wissen“. Wir wissen eben nicht oder eben sehr wenig, und ich mir gefällt es, dass dieser Gedanke filmisch umgesetzt wird. Wer liest schon Platon oder gar Kant? Zum Anderen scheint mir der Gedanke in Dirks Zitat keineswegs der Kerngedanke des Films zu sein. Um Ethik geht es nur marginal, weil man nämlich die heutigen Menschen mit Erkenntnistheorie leider abschreckt. Die Problematik von Erkenntnisvorgängen, aber gerade das scheint mir die eigentliche Problematik zu sein - die auch viel mehr „geistigen Sprengstoff“ enthält.
Was den Geschwür-Gedanken angeht, lest Schopenhauer er war
bereits der selben Ansicht, aber nicht aus sentimentaler
Naturromantik, sondern einfach aus dem fundamentalen
mephistolischen Pessimismus. („Alles was entsteht/ Ist wert
das es zugrunde geht/ Drum besser wärs das nichts entstünde“)
Auch da bin ich anderer Meinung. Nicht, dass ich nicht eine Schopenhauer-Lektüre empfehlen würde (ich bin ja schließlich Mitglied der Schopenhauergesellschaft), aber dieser Pessimismus greift für Schopenhauer dann doch zu kurz. Der Pessimismus wird bei ihm ja durchaus gemildert, nämlich erstens durch Mitleid und zweitens durch das ästhetische Erleben. (Über die Einschätzung gerade dieses Faustzitats durch Schopenhauer bin ich mir momentan nicht ganz im Klaren, habe aber in der Erinnerung, dass es dazu einiges zu sagen gibt, was deine These nicht stützt.)
Mainländer, der sich konsequenter Weise sogar umgebracht hat,
Cioran und heute Ulrich Horstman stehen alle für den
philosophischen Geschwür-Gedanken.
Mainländer hat Schopenhauer gerade hier missverstanden, denn Schopenhauer hat wiederholt gegen den Suizid argumentiert - von Konsequenz sehe ich bei Mainländer nichts.
Cioran ist auch kein gutes Beispiel, da er an der Skepsis schlicht verzweifelt, aber weiter nichts zu bieten hat. Und über Ulrich Horstmann möchte ich nichts sagen, weil ich seine neueren Veröffentlichungen nicht kenne (das wissenschaftliche Werk überzeugt mich allerdings nicht sonderlich).
Ich hoffe, dass macht jetzt nicht den Eindruck der Besserwisserei. Ich würde mich durchaus freuen, deine Gegenargumente zu hören.
Herzliche Grüße
Thomas Miller