Ich weiß jetzt nicht, wie Du auf das Thema Mord./.Totschlag kommst, aber ich gehöre auch zu denjenigen, die von der aktuellen Mord-Definition nichts halten. Aber solange es die nun einmal lt. Gesetz gibt, muss man damit halt im realen Rechtsleben auch entsprechend umgehen. Oder würdest Du wirklich von einem Verteidiger in einer Mordsache erwarten, dass der sich hinstellt, und die Mord-Definition ablehnt, und sich dann weigert, sich hiermit im weiteren Verfahrensverlauf auseinander zu setzen?
Dass man mal gewinnt und mal verliert, gehört für die Kollegen, die viel streitig vor Gericht machen, nun mal zum Tagesgeschäft. Wenn man einen Mandanten gewonnen hat, der nun mal die schlechteren Karten hat, aber nichts von einem angemessenen Vergleich wissen will, dann geht man eben unter. Auch Anwälte können keine Wunder vollbringen.
Und was die schönen guten alten Legenden angeht: Ein Einser-Abi muss natürlich zum Medizinstudium führen, was dann wieder zur schönen eigenen Praxis zu führen hat, damit man so richtig das Klischee erfüllt und als erfolgreich gilt. Und auch den Pharmazeuten mit seiner Apotheke, dem Architekten mit seinem eigenen Büro, … würde niemand nachsagen, dass er das alles nur gemacht hat, weil er nicht das Zeug hatte, in einem internationalen Großunternehmen zu landen. Dass die Großkanzleien jetzt im Ansehens-Ranking hingegen noch vor dem Richteramt auftauchen sollen, erstaunt mich etwas. Wenn man selbst Jura studiert hat, dann kennt man einen riesigen bunten Strauß an Gründen für dieses Studium und geplanten/gewünschten/angestrebten Karrieren. Und wenn man sich einige Jahre später ansieht, was aus den Leuten geworden ist, dann sind die wirklich wirtschaftlich erfolgreichen und gleichzeitig mit ihrem Leben zufriedenen Kollegen sehr weit im Arbeitsmarkt gestreut.
Was die Großkanzleien angeht, so sind da ein paar Bekannte direkt nach dem Studium hin gegangen. Es gab ein sehr interessantes Einstiegsgehalt, Schmalspur-Juristerei bis zum Umfallen (Feierabend/Wochenende, nie gehört), und die Ernüchterung, einer von hunderten bis tausenden zu sein, und nur eine minimale Chance zu haben, jemals ein interessantes Mandat selbstverantwortlich vertreten zu können. Lange geblieben sind sie alle dort nicht. Die Ausbeutung junger Talente hat da Tradition. Die Tochter meines Ausbilders bei der StA tut sich dies gerade an, und Papa zählt schon die Tage, wie lange das wohl gut gehen wird.
Die angehenden Richter hingen ewig und drei Tage auf Probe fest, und wer dann endlich mal Richter am Amtsgericht wurde, hatte vor 40 das Ende der Karriereleiter erreicht, aber zumindest einen entspannten Tag. Über die LG-Schiene hat es eine Bekannte zu einer interessanten Behördenleitung gebracht.
Aus der Masse herausgestochen sind langfristig eher die „Exoten“, die von vorne herein einen eigenen Plan hatten und hierfür besondere Voraussetzungen mitbrachten. Ich war schon vor dem Studium in der IT selbständig, wollte immer in die IT, und bin heute ziemlich genau da, wo ich damals schon hin wollte.