Der Name der Rose: Bibliothek

Hi.

Es geht um den Roman „Der Name der Rose“ von Umberto Eco.
Kann mir jemand sagen, welchen der vielen Räume der Bibliothek William und Adson als erstes betreten?
Es gibt ja zu der Bibliothek eine Skizze:

P.S.: Wofür steht „FONS ADAE“?

Danke
M.

https://books.google.de/books?id=M1taEAAAQBAJ&pg=PT563&lpg=PT563&dq=FONS+ADAE&source=bl&ots=3p-Y6SoTtP&sig=ACfU3U22YfHDhFtBk0m7eHlkUSEIsPshGA&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwieh7eu-v72AhW07rsIHTf_BucQ6AF6BAgdEAM#v=onepage&q=FONS%20ADAE&f=false

Fons adae - irdisches Paradies, so steht es jedenfalls im Buch

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und heißt wörtlich „Adams Brunnen“ - ob die im Lateinischen ungewohnte Genitiv-Endung Adae etwas mit einer hebräischen Deklination zu tun hat, weiß ich nicht.

Fons Adae, hier eher Quelle/n Adams, Paradies, Geburtsort/Ursprungsort Adams

Hanc interpretationem dubito, quia verbum „fons“ in lingua Latina, dissimile „Quelle“ germanice, semper mihi videtur concretam coniunctionem habere cum aqua - et bene novit omnis Benedictinus Adamum non esse natum.

Danke!
Jetzt habe ich es auch gefunden:
https://www.frag-caesar.de/lateinwoerterbuch/Adam-uebersetzung-2.html

Bitte hab Mitleid und schreib deutsch😀
Laut Übersetzer :wink:
wird „fons“ auch mit Herkunft, Quelle, Ursprung übersetzt.

Wie würdest du denn z.B. Quelle des Lebens, Quelle der Weisheit übersetzen? Da kommt auch kein Wasser vor.

Zum Glück hatte ich mal Latein. :stuck_out_tongue_winking_eye:

Man könnte FONS evtl. auch unabhängig von AQUA mit Geburt, Entstehung o.Ä. übersetzen. FONS wird ja auch schon mal für ‚Frühling‘ gebraucht.

FONS ADAE könnte dann auch im übertragendem Sinne einfach ‚Ursprung‘ / ‚Ursprung der Menschheit‘ bedeuten.

Zum Übersetzen nicht nur lateinischer Texte braucht man in der Regel mindestens einen ganzen Satz; ob ich an dieser Stelle origo schreiben oder den Begriff ganz anders konstruieren würde, hängt vom Kontext ab.

Mit dem „Brunnen Adams“ bin ich auch keineswegs sicher - wenn man den Grundriss der Bibliothek anschaut, liegt das aber (meine ich) nahe.

Der Lage nach ist sicher die Gegend zwischen Tigris und Euphrat gemeint, in der der Paradiesgarten gelegen haben soll. Umgehen könnte man das lästige fons, indem man an dieser Stelle „Garten Eden“ schreibt.

Kann auch sein, dass meine Zweifel völlig unberechtigt sind. Ich hab mich bloß daran gestört, wie großzügig sie von vornherein abgetan worden sind.

Schöne Grüße

MM

Nicht ganz. fons ist Quelle. Und übertragen Ursprung, Herkunft. Es wird auch benutzt für „Quellenliteratur“ (z.B. „Fontes Christiani“ usw.). Brunnen wäre puteus. So steht zwar in Vulgata Joh.-Ev. 4.6 „fons Jacob“ (weil es das griech. πηγη wiedergibt. Aber in 4.12 steht korrekt „qui dedit nobis puteum“, entsprechend dem griech. φρεαρ.

Fons ist auch ein römischer Quellgott. Einen Brunnengott gibt es in der röm. Mythologie nicht. Fons (bei Hyginus), alias Fontus (bei Arnobius), ist - je nach Autor - Sohn des Ianus und der personifizierten Quelle Iuturna, oder des Giganten Pallas und der Styx.

Und der Ort in der Bibliothek, zwischen Ägypten und Judaea, wie von @newcallas aus dem Roman zitiert „Fons Adae, das heißt im irdischen Paradies“ und weiter „das wahrscheinlich irgendwo weit im Osten liegt“. Und das war bekannlich kein Brunnen, sondern ein Garten :wink: Auch in Vulgata Genesis 2.6 heißt es „sed fons ascendebat e terra“, womit nicht ein Brunnen gemeint war.

Wie Vulgata Genesis 5.1,4,.5 zeigt, wird Adam nicht dekliniert („liber generationis Adam“, „facti sunt dies Adam“). In der griech. LXX ja auch nicht. Aber es gibt eine Apokryphe von Anfang 3. Jhdt: „Vita Adae et Evae“. Da hat Eco den Genitiv vielleicht hergenommen, denn ich wüßte nicht, wo sonst jemals der Ausdruck „fons Adae“ aufgetaucht wäre.

Aus Hebr. ist das nicht abgeleitet. Im Hebräischen haben Namen und überhaupt Substantive keine Kausendungen. Im Aramäischen auch nicht.

Gruß
Metapher

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Mein Latein ist nicht der Rede wert, eigentlich dürfte ich mich gar nicht einmischen, aber ich habe noch was zu diesem Genitiv gefunden. Vielleicht ist es einfach interessant, dass er ab und zu erscheint. Von einer Kreuzholzlegende habe ich auch noch nie etwas gehört.

„… aus dem wunderbaren Osterlob – dem Exsultet – lautet:
O certe necessarium Adae peccatum,
quod Christi morte deletum est!
O felix culpa,
quae talem ac tantum meruit habere Redemptorem!“
Quelle: https://auslegungssache.at/4402/die-notwendige-und-selige-suende-adams/

Und da gibt es noch eine Kreuzholzlegende „Post peccatum Adae“ https://handschriftencensus.de/werke/4195
Gruß,
Eva

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Ich habe von Latein keinerlei Ahnung, habe aber schon viele Hunderte Bücher in meinem Leben gelesen und der erste Einwand, der mir zum Thema einfiel: ist schon jemand auf die Idee gekommen, das Eco „nur“ Schriftsteller war, und das ihm und auch seinem Lektorat auch mal ein Fehler unterlaufen sein könnte?

Anekdote: Ich kann Dan Brown (in der deutschen Übersetzung) genau aus diesem Grunde nicht lesen. Seine Romane strotzen vor logischen, technischen und menschlichen Unzulänglichkeiten, dass es mich graust. Oder wie es Stephen King potentiellen Schriftstellern mit auf den Weg gab: schreibe über etwas von dem Du etwas verstehst, und von Orten an denen Du Dich auskennst.

Servus,

das dürfte beim „Namen der Rose“, zumindest was Namen und Begriffe betrifft, ausgeschlossen sein: Durch das ganze Buch ist eine Spur von Nominalismus gelegt, es würde durch Fehler bei Begriffen so schwer beschädigt, dass wohl kein Lektor gewagt hätte, welche stehen zu lassen.

Schöne Grüße

MM

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Er war auch promovierter Philosoph und Literaturwissenschaftler (Promotion über Thomas von Aquin) und weiterhin hatte er jahrzehntelang die Professur für Semiotik an der Universität Bologna inne.

Ich glaube, man tut ihm nicht unrecht, wenn man ihm unterstellt, dass er sich in dem Rahmen, in dem „Der Name der Rose“ spielt, einigermaßen auskennt. :slight_smile:

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Ah ja, das ist interessant! Danke dir für den Hinweis!

Die sog. „Kreuzholzlegende“ findet sich in der apokryphen Schrift „Descensus Christi ad inferos“ („Abstieg Christi in die Unterwelt“, später im Dt. unter der falschen Bezeichnung „Höllenfahrt Christi“ geläufig). Die Schrift ist ein Teil des apokryphen Nikodemus-Evangeliums aus dem 4. Jhdt.

Die hab ich aber nie lateinisch gelesen, daher wußte ich das nicht.

Die oben erwähnte „Vita Adae et Evae“ (die lat. Version der inhaltlich ähnlichen, griech. „Apokalyse des Moses“) geht dem Inhalt nach zwar auf das 1. Jhdt zurück, aber die frühesten Textfunde stammen aus dem 9. Jhdt. Der ungewöhnliche Genitiv „Adae“ dürfte daher jedenfalls erst eine spätlateinische Bildung sein.
.
Gruß
Metapher

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Danke für die Aufklärung.

Addendum

Gerade mal durchgesehen: In den Quaestiones der Summa des Thomas v. Aquin (STh III) finden sich ebenfalls solche Genitive: „Adae“, „Abrahae“, „Judae“.

Gruß
Metapher

Das glaube ich weniger.
Vielleicht ist die Verwendung von FONS „ADAE“ auch nur notgedrungen, weil es sonst im Grundrissplan der Bibliotheksräume nicht hingehauen hätte. Denn die Buchstaben „U“, „D“, „A“, „E“ sind ja schon durch IUDAEA in den benachbarten Räumen vorgegeben. Da ließ sich nicht viel anderes hineinbringen. Es ist ohnehin etwas erstaunlich, dass der äußere Raum im Ostturm keinen Buchstaben trägt – aber vielleicht genau aus dem genannten Grund.
Man könnte vermuten, dass das der Eingangsraum ist, deswegen meine ursprüngliche Frage (!).
Ähnlich ist es ja bei „ACAIA“ , was für Griechenland (GRAECIA) stelllvertretend steht, weil „GRAECIA“ nicht gepasst hätte. (Heute ist Achaia eine Region in Griechenland.)
Und ebenso das Hilfskonstrukt „YSPANIA“ für HISPANIA(E) = Spanien.

M.

Servus,

hier

verhalten sich die Dinge, meine ich, einfacher:

Die Achäer gehörten zu den wichtigsten Stämmen im antiken Griechenland. Die römische Provinz Achaea schrieb sich zwar mit ch, aber das Lateinische kennt „eigentlich“ keinen eigenen chi-Laut, so dass die Umschrift Acaia (meine ich) auch nicht falsch wäre.

Schöne Grüße

MM

Ich meinte hiermit nur, dass das Wort als solches nicht zu dem Buchstaben-Labyrinth gepasst hätte.

fonsadae

Der Einwand, es gäbe im Lateinischen keinen chi-Laut, ist richtig. Allerdings wird das hier nicht so genau genommen, da es ja auch kein „Y“ im Lateinischen gibt. Trotzdem ist „AEGYPTUS“ und „YSPANIA“ hinterlegt. Übrigens heißt es bei Eco (wie bei den meisten Räumen mit „I“): „in diebus illis“ = „in diesen Tagen“. Diesen gleichen Spruch hat Eco ebenso für den Raum „Y“ in „AEGYPTUS“ verwendet, wonach es dann eigentlich „AEGIPTUS“ hieße.
Also entweder wird Ägypten falsch geschrieben, oder ein Latein-fremdes „Y“ benutzt.

M.