Ich habe zwei Sätze: In einem wird „derer“ und im anderen "die " verwendet. Danach folgt der Genitiv für beide Sätze. Ich frage mich, welche stilistischen oder grammatikalischen Zwecke hier angewendet bzw. verfolgt werden
„Und ganz heiß wurde ihr bei den Gedanken, dass ihre selbst gemachten Mitbringsel im Vergleich derer der Freundinnen von solchem Adel ganz armselig wirken könnten“
Ich bin mir nicht sicher, aber „derer“ ist hier kein Relativpronomen, sondern ein Verweispronomen
„Und deshalb freu ich mich ganz besonders über Ihre Gaben und die Ihrer Verwandten. Hat mein Hätschelhans Ihnen das alte Kochbuch gegeben“
Hier wird „die“ verwendet. „Die“ steht für „die Gaben“ und dann folgt der Genitiv. Funktioniert „die“ anaphorisch? Warum mal „derer“ und andermal „die“? Was ist der Unterschied und warum?
Diese zwei Sätze erscheinen auf einer einzigen Seite, Seite 234 aus einem Roman „Frau von Goethe“
Es ist natürlich kein Relativpronomen. Mit “Verweispronomen” meinst du vermutlich “Demonstrativpronomen"? Dann ja. Aber in einer besonderen Erscheinungsform.
Aber zunächst: Der besagte Ausdruck ist ein stilistischer Fauxpas. Es müsste heißen “… im Vergleich mit denen der anderem Freundinnen”. Aber davon hier mal abgesehen: Das “derer” ersetzt in diesem Satzteil nicht allein ein Nomen, sondern eine ganze Nominalphrase: Ausgeschrieben also: “… im Vergleich [der selbst gemachten Mitbringsel] der Freundinnen …”. Und stilistisch korrigiert: “… im Vergleich [mit den selbst gemachten Mitbringseln] der Freundinnen …”.
“derer” - und in der stilistisch korrigierten Forn „(mit) denen“ - ist hier also als Wortart anaphorisches Demonstrativpronomen, und zwar als Genitiv-Attribut eines neuen Bezugswortes (“Vergleich”). Als syntaktische Struktur ist es eine anaphorische genitivische demonstrativische elliptische Pro-Form. “Pro-Form” = eine Struktur, die einen komplexen Ausdruck ersetzt.
Im zweiten Satz haben wir ein einfaches anaphorisches Demonstrativpronomen: In “… und die ihrer Verwandten” ersetzt das Demonstrativpronomen “die” (Akkusativ) das Nomen “Gaben” des vorher genannten akkusativischen Präpositionalobjektes “über ihre Gaben”. Also ausgeschrieben: “… freue mich … über ihre Gaben und [die Gaben] ihrer Verwandten”. Das Ganze gehört also zu ein und derselben Präpositionalphrase, die mit “über” eingeleitet ist.