financial weapons of mass destruction
Hallo,
Für die Realwirtschaft hat es aber kaum eine Bedeutung,
wieviel Derivatevolumen mit wieviel echtem Geld gehebelt wird,
ob die Blase platzt oder nicht usw. … Es sind hier und da
beschränkte Auswirkungen auf Individuen drin ( z.B. wie jetzt
durch die Pleite dieses US-Brokers ) und in Einzelfällen
gesamtwirtschaftliche Folgen ( z.B. Spekulation in Waren
welche die Lebensmittelpreise stark beeinflussen ), aber im
großen und ganzen ist das Volumen im Verhältnis zum Welt-BIP
relativ irrelevant.
das ist ein Trugschluß. Die ganze Diskussion über die Systerelevanz einiger Banken kam doch nicht zuletzt aufgrund des Derivatevolumens zustande. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt blieb auch das Drama um AIG, AMBAC und MBIA - Versicherungsgesellschaften, die ihr Geschäftsmodell mit dem Verkauf von Kreditausfallversicherungen aufmotzten und dafür sorgten, daß Aktiva von anderen Marktteilnehmern im Billionenbereich um mehrere Ratingklassen nach oben rutschten und entsprechend rentabler wurden.
Beim Blick in die Bilanzen der großen deutschen Banken sollte eigentlich auch jedem Angst un Bange werden. Spaßeshalber habe ich mir mal den Geschäftsbericht der Commerzbank gegriffen. Das ausstehende Derivatevolumen beläuft sich auf fast 12 Billionen Euro. 10 Billionen Euro davon sind OTC-Zinsderivate (i.W. Swaps). Das bedeutet nichts anderes, daß die Commerzbank ihren Kunden Zinsrisiken abgenommen hat. Diese Risiken fallen bei Ausfall der Commerzbank wieder auf diese Kunden zurück. Das kann am Ende jeden von uns betreffen, wenn nämlich der Arbeitgeber von diesen Risiken lötzlich förmlich erschlagen wird.
Die Derivate der Commerzbank hatten per Jahresende übrigens einen negativen Marktwert von 11 Mrd. Bei einem Eigenkapital von 28 Mrd. ist das schon ein Wort - insbesondere, wenn man sich überlegt, daß diese negative Markt umso größer werden dürfte, wenn ein größerer Geschäftspartner ausfällt, der wiederum der Commerzbank Risiken abgenommen hat.
Nun ist es natürlich nicht so, daß die Commerzbank die einzige Bank wäre, die mit Derivaten handelt. Bei der konservativen Helaba beträgt das Nominalvolumen 565 Mrd., bei der Deutschen Bank stattliche 60 Billionen - darunter Kreditderivate von 3,4 Billionen Euro.
Ich bin schon der Ansicht, daß das nennenswerte Volumina sind, die auch durchaus zur Bedrohung für das Wirtschaftssystem werden können, wenn sie entweder durch Ausfall der betreffenden Bank oder aber durch Ausfall eines größeren Handelspartners der betreffenden Bank entfesselt werden. Der Begriff von den „financial weapons of mass destruction“ (Warren Buffet) ist insofern gar nicht mal so falsch.
Gruß
Christian