Descartes-6.Meditation

Hallo Zusammen!

Es wäre toll, wenn mir jemand mit eigenen Worten die 6.Meditation von Descartes erklären würde.
Sehe zu viele Unklarheiten.

Descartes nimmt doch eine Unterscheidung von Körper und Geist vor - der Geist ist nicht teilbar, der Körper schon.
Stimmt es dann, dass der Geist ohne den Körper leben kann, aber nicht umgekehrt?? Aber warum hat dann die Seele ihren Sitz in der Zirbeldrüse, sprich im Körper??
Sie ist doch dann vom Körper abhängig oder soll dieser Sitz nur die Verbindungsstelle zwischen Körper und Seele darstellen, um aufzuzeigen, dass sie eng miteinander verbunden sind, aber durchaus ohneeinander leben können??

Wäre für Antworten dankbar.
Liebe Grüsse und einen schönen sonnigen Tag!

*Diana

Hallo Diana

Ich habe jetzt den Text von Descartes nicht mehr in Erinnerung, ist
schon ein Weilchen her, dass ich ihn las. Aber vielleicht hilft es
dir, wenn ich zu dem, was du hier schreibst, eine Analogie herstelle.
Denk an einen Computer. Seine Hardware ist tot und steht nur rum,
wenn keine Software auf ihm laeuft. Die Software belebt die Hardware
also. Die Software braucht andererseits aber auch die Hardware, um
sich auszudruecken, um aktiv zu sein. Und irgendwie muessen Hardware
und Software in Verbindung treten. Das geschieht an einer
Schnittstelle (Zirbeldruese), wenn die Software von einem externen
Speichermedium kommt. Normalerweise liegt sie aber auf der Festplatte
vor und die Interaktion zwischen Soft-und Hardware geschieht nicht
nur an einem Punkt, sondern auf mehrere Komponenten verteilt, aber
das Prinzip ist das gleiche.
Die Hardware kannst du zerhacken, die Software nicht. Du kannst
hoechstens die Festplatte oder die CD zerhacken, auf der sie
abgespeichert ist, aber eigentlich ist sie immateriell.

Also:

Descartes nimmt doch eine Unterscheidung von Körper und Geist
vor - der Geist ist nicht teilbar, der Körper schon.

Siehe oben.

Stimmt es dann, dass der Geist ohne den Körper leben kann,
aber nicht umgekehrt??

Na ja, existieren kann der Geist ohne den Koerper, aber um in der
Welt der materiellen Dinge etwas zu bewirken braucht er ihn.

Aber warum hat dann die Seele ihren
Sitz in der Zirbeldrüse, sprich im Körper??

Zirbeldruese = Andockstelle

Sie ist doch dann vom Körper abhängig oder soll dieser Sitz
nur die Verbindungsstelle zwischen Körper und Seele
darstellen, um aufzuzeigen, dass sie eng miteinander verbunden
sind,

Ja.

aber durchaus ohneeinander leben können??

Aktiv leben koennen sie nur zusammen. Existieren auch getrennt.

Wäre für Antworten dankbar.
Liebe Grüsse und einen schönen sonnigen Tag!

Hier sind Wolken :_(

Tychi

Hallo Tychi!

Vielen Dank für deine schnelle und kompetente Antwort! Prima, so kann ich es mir gut vorstellen!!

Ich wünsche dir ganz viel Sonne!

*Diana

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Tychi!

Vielen Dank für deine schnelle und kompetente Antwort! Prima,
so kann ich es mir gut vorstellen!!

Ich wünsche dir ganz viel Sonne!

Das ist sehr lieb von dir, nur mit der Kompetenz ist das so eine
Sache. Eine plausible Erklaerung zu geben, heisst noch lange nicht,
dass sie richtig ist. Mit richtig meine ich hier
a) Descartes hat es tatsaechlich so gemeint, wie ich es verstanden
habe.
b) Die echten Experten wuerden mir zustimmen.

Aber da sich hier bis jetzt noch kein Widerspruch regte, nehme ich
an, dass ich nicht allzuweit daneben liege mit meiner Analogie.

Liebe Gruesse, Tychi

Hallo Tychi,

Aber da sich hier bis jetzt noch kein Widerspruch regte, nehme
ich
an, dass ich nicht allzuweit daneben liege mit meiner
Analogie.

Deine Analogie ist sehr anschaulich und hilfreich; Widerspruch kann sich hier aber noch nicht regen, nicht weil sie sehr nahe an der Problematik der sechsten kartesischen Meditation wäre, sondern im Gegenteil, weil sie noch zu weit davon entfernt ist. So veranschaulicht sie beispielsweise gleichermaßen Descartes’ Dualismus (res cogitans vs. res extensa) wie auch Spinozas Gegenprogramm dazu, einen Monismus, der Denken und Ausdehnung als zwei Attribute der all-einen Substanz (Deus sive Natura) denkt.
Wem von den beiden die Analogie nun näher steht, hängt grosso modo davon ab, welchen Aspekt Deiner Analogie Du näher ausführen möchtest, entweder die „Schnittstelle“ (Zirbeldrüse; Descartes) oder „das Prinzip ist das Gleiche“ (Parallelität der beiden Attribute, das Prinzip entstammt der gemeinsamen Substanz; Spinoza)

Deine Analogie verstehe ich aber jedenfalls als gelungene (ante-festum-)Antwort auf Hardy’s Posting.

Viele Grüße
franz

Da hast du sicher Recht, nur zum ersten Punkt lässt sich sagen: Wir werden nie wirklich wissen, was er sich gedacht hat.
Zum zweiten Punkt: Bin zwar kein Experte in Form eines Professors oder ähnlichem, aber mache gerade meinen Abschluss in Philosophie und hab es mir ähnlich gedacht wie du. Ich finde die sechste Meditation sehr schwierig geschrieben (übigens nicht nur ich, sondern viele Kommilitonen) und war mir nicht sicher, ob ich es verstanden habe.

Also, nimm das Kompliment „kompetent“ ruhig an!! :wink:))

*Diana

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Diana,

Sehe zu viele Unklarheiten.

die Sache ist in der Tat unklar, was der Grund dafür ist, dass sich alle - auch die widersprüchlich zueinander stehenden - modernen Positionen zum Problem als Widerlegungen Descartes verstehen. Descartes ist vor allem als Folie bedeutend, auf der man eigene Theorien aufbaut. Seine Theorien selbst sind - darüber besteht allgemeiner Konsens - nicht haltbar.

Herzliche Grüße

Thomas Miller