Descartes Leib Seele Problem

Ich habe gelesen, dass laut Descartes ist der Verstand eine Funktion von Sinnesorganen und Nerven und auch andere mentale Funktionen werden dem Körper zugeschrieben. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann müssten diese doch aber eigentlich der Seele zugeschrieben werden ?

Mit dem Geist rechne ich
Mit der Seele erfinde ich

Die Seele ist die Fähigkeit der imaginären Vorstellung. Hauptzweck ist die Vorstellung des Begriffes „Gott“, aber so großzügig wie ER ist haben wir Kultur und Technik ebenfalls dadurch bekommen.

Der Verstand ist bei Descartes keine „Funktion von Sinnesorgangen und Nerven“, sondern ist in der Tat ein „denkendes Ding“, res cogitans, Idee schließt an Idee.

Was ein Funktion von Sinnesorgangen, Nerven, Fäden, Röhren, Drüsen usw. ist, ist das Gehirn.
Dieses ist ein „ausgedehntes Ding“, res extensa, körperlich, den Gesetzen der Physik gehorchend, Ursache+Wirkung, Teil der Mensch-Maschine.

Konkreter: das Gehirn liefert, aus aktuellen Sinneseindrücken oder aus der Erinnerung stammend, Bilder.
Diese Bilder versteht der Verstand, d.h. er bildet Ideen darüber.

Gruß
F.

Und was genau hat dieser unsinnige Quark nun mit Descartes(!) Leib-Seele-Problem zu tun!? Danach ist nämlich im UP gefragt!

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Es geht um die Idee der Aufklärung. Dazu gehört auch die Vorstellung, dass der Mensch als Maschine funktioniert. Wir lächeln heute über diese mechanistische Vorstellung, aber das war damals schon ein großer Schritt Richtung naturwissenschaftliches Denken. Mit dem Begriff Seele ist der göttliche Odem verbunden, der aus einem Wesen aus Fleisch und Blut erst ein Lebewesen macht. Wir sehen aber heute mehr und mehr, v.a. auch durch die Molekularbiologie, dass das Bild einer Maschine im Prinzip richtig ist. Wenn Du die biologische Evolution als Prinzip unserer Welt verstanden hast, ist auch der Begriff der Seele entbehrlich und das Schreckenswort „Maschine“ verliert seinen Schrecken.
Udo Becker

Servus,

wer oder was ist „es“, das Du so verstanden hast, dass es eigentlich so sein müßte? Etwas von Descartes? Wenn ja, was?

Schöne Grüße

MM

Ich denke da liegst du nicht ganz richtig. Der Verstand faßt eigentlich nur Ursache und Wirkung auf nur darin besteht seine Funktion. Denken und abstrakte ideen liegen eigentlich schon in der Sphäre der Vernunft (Geist)

Viele Grüße

Auf welchen Philosophen beziehst du dich denn hierbei?
Descartes war halt noch kein Kantianer, so dass diese Unterscheidung Verstand/Vernunft (entendement/raison) bei ihm noch keine sehr große, jedenfalls nicht diese, Rolle gespielt hat.

Ich fürchte, ich habe schon recht mit meiner kleinen Ausführung :wink:

Gruß
F.

Hallo,

du hast sicher deine Gründe, weshalb du uns verbirgst, wo du das gelesen hast. Immerhin wäre der Autor jemand, der behauptet, daß das Hauptproblem der Descartesschen Variante des Leib-Seele-Problems, so wie Descartes es in den Meditationes entwickelt, gar nicht existiere. Oder anders gesagt: Bei Descartes gebe es gar kein Leib-Seele-Problem.

Ich setze mal blind vertrauend voraus. dass du mit „es“ eben die Meditationes meinst. Das ist doch gerade das von Descartes aufgeworfene, aber von ihm nicht gelöste Problem: Aus seiner streng dualistischen Metaphysik, die zwei disjunkte Prinzipien hat, zwei Absoluta, nämlich die res cogitans und die res extensa, leitet er den absoluten Dualismus Körper-Geist bzw. Leib-Seele ab. Und steht nun vor dem Problem (besser gesagt: Es läßt seine Leser mit dem Problem im Regen stehen): Es gibt offenbar Wirkungen des Körpers auf Geistiges (Schmerzempfindungen z.B.) und auch Wirkungen von Geistigem (Gedankengänge, Willensinhalte usw.) auf Körperliches. Es gibt Wechselkwirkungen, die es aber per unabdingbarer Voraussetzung, nämlich der dualen Absoluta, nicht geben kann.

Descartes weiß, daß es offenbar Wechselwirkungen gibt. Das bezeichnet die Rezeptionsgeschichte in Folge als den sog. interaktionistischen Ansatz des Leib-Seele-Problems (den außer Descartes ja auch njoch andere machten). Aber er weiß die daraus resultiuerenden Probleme nicht zu lösen. Wenn Geist/Denken/Vorstellen auf Materie einwirken könnte, dann wäre es ja möglich, Naturgesetze zu unterlaufen. Oder, um allein beim Körper zu bleiben: Meine Lieblingsformulierung dazu „Woher weiß mein Gehirn, was ich denke?“.

Leibniz z.B. (siehe deine erste Frage) hat dieses Problem nicht: Es hat einerseitrs die prästabilierte Harmonie der Monaden, und andererseits die Zirbeldrüse.

Gruß
Metapher

achso kann sein ich dachte nur das du das selbst auch so siehst weil du es nochmal mit deinen eignen Worten erklärt hast, hab ich gedacht du hättest es auch so verstanden …

Wobei man natürlich auch einfach darauf verzichten kann, Descartes streng substanzdualistisch zu lesen :wink:

Was dagegen das anlangt, was uns als Ding oder dessen Zustand gilt, so ist es der Mühe werth, es einzeln für sich zu betrachten. Unter Substanz können wir nur ein Ding verstehen, das so besteht, dass es zu seinem Bestehen keines anderen Dinges bedarf; und eine Substanz, die durchaus keines anderen Dinges bedarf, kann nur als eine einzige bestehen, nämlich als Gott. Alle anderen aber können, wie wir einsehen, nur mit Gottes Beistand bestehen.

52. Dagegen können die körperliche Substanz und die Seele oder die denkende Substanz, als geschaffen, unter einem gemeinsamen Begriff gefasst werden, weil sie Dinge sind, die blos Gottes Beistand zu ihrem Dasein bedürfen

54. So haben wir also zwei klare und deutliche Begriffe oder Vorstellungen; die eine von einer erschaffenen denkenden Substanz, die andere von einer körperlichen Substanz; wenn wir nämlich alle Attribute des Denkens genau von den Attributen der Ausdehnung unterscheiden.

(Descartes, Prinzipien der Philosophie, Erster Teil)

Woher weiß der Stein, in welche Richtung er fallen muss, und welches Volumen hat meine Todessehnsucht bei Raumtemperatur? :wink:


Worauf ich eigentlich nur antworten wollte:

Auch Descartes hat andererseits die Zirbeldrüse, dieser Teil „in welchem die Seele unmittelbar ihre Verrichtungen ausübt“, wo geringste Bewegungen auf den Geist wirken und geringste Veränderungen des Geistes Bewegungen hervorrufen, und einerseits hat er die „eine Substanz“ des Denkens und der Ausdehnung, Gott, die Denken und Ausdehnung notwendig, jederzeit und immer schon „harmonisiert“, weil sie eben eine ist.

Gruß
F.

Also, fassen wir mal zusammen:

Jemand meldet sich im w-w-w als Neu-User an. Wirft innerhalb weniger Minuten eine offenbar vorgefertigte Frage (→ Leibniz) ins richtige Brett, und verschwindet wieder. Am nächsten Tag nochmal dasselbe, hier. Und ward nicht mehr gesehen. Wie zu erwarten war, interessieren den Neu-User die Antworten gar nicht.

Beide Fragen vom selben Typ, nämlich: Wer sie so zu formulieren versteht, weiß die Antworten selbst. Anders gesagt: Sie sind von einem Sachkundigen so gestellt, daß man glauben soll, er sei nicht sachkundig. Zu dumm nur, wie durchsichtig es war.

Honni soit qui mal y pense.

Metapher

Ich will nicht deine Frage beantworten, sondern sie von einer höheren Ebene betrachten, als sogenannte Meta-Kognition (den Begriff habe ich von Metzinger). Deshalb nur zwei winzige Anmerkungen zur Bewertung deiner Frage:

Eine Anmerkung von Nietzsche und eine von Damasio.

  1. „Descartes ist oberflächlich“ (lernte N. von Schopenhauer).

  2. „Descartes Irrtum“ (der führende Neurobiologe und Hirnforscher Antonio Damasio hat ein Buch mit diesem Titel geschrieben, das auch schon wieder längst von neueren Erkenntnissen überholt ist, aber dennoch als Grundlage der Moderne, Postmoderne und Medienwissenschaften ins Bücherregal gehört, von Profis und halbgebildeten Laien).

SCHÖNE GRÜSSE
S.

Aber ganz ungeachtet was Nietzsche (Schopenhauer und viele andere eingeschlossen) und Damasio über Descartes dachten, ist es doch eine für mich absolute vernünftige Identitätsstrategie von Descartes, wenn er seinen weltberühmten Satz, als abgeleitete Erkenntnis aus seinen Meditationen, zur „ersten Philosophie“ erhebt, um sich damit gezielt von den Dogmatikern in Philosophie und Wissenschaft zu distanzieren, um absolute Evidenz zu gewinnen, die auch nicht durch die beiden Kritiken von Nietzsche und Damasio entkräftet werden können, denn das Denken ist absolut sicher und identisch mit dem Denkenden selbst, und darin hat auch Descartes noch im extremsten Dualismus, der aus heutiger Sicht absurd erscheint, recht: Wenn ich denke, kann ich mich nicht irren, dass ich es selber bin, der denkt. Das ist eine gezielte Abgrenzungsstrategie gegen alle Dogmatiker.

SCHÖNE GRÜSsE
S.