Hallo
Etwas weiter unten fragt Walden:
Wenn denn nun die Welt determiniert wäre, dann läge der
Sinn lediglich im durchleben oder durchlaufen, weil man
sowieso keine andere Wahl hätte.
Siehst du das so?
Die Frage kann man umformulieren: Wenn alles determiniert ist, dann
ist das Universum und seine ganze Geschichte wie eine riesige
Maschine, die einmal aufgezogen wurde und nun auf festgelegte Weise
ablaeuft. Wir Menschen sind dann darin kleine Raedchen.
Welchen Sinn haben dann noch Hoffnungen?
Diese Auffassung ist unter der Bezeichnung Fatalismus bekannt und ich
bin mir nicht ganz sicher, ob sie eine notwendige Konsequenz aus der
Annahme des Determinismus ist. Ich verneine dies vorlaeufig mit
dieser Begruendung:
Dass die Welt determiniert ist, bedeutet nicht, dass alle Vorgaenge
in ihr kausal sind (Walden hat mich auf diesen Unterschied
hingewiesen). Es gibt Zufall und sogar Chaos.
Deshalb liegt die Zukunft jetzt noch nicht fest. Sie entwickelt sich
wie das Wetter: Dieses hat auch keinen freien Willen und doch ist es
prinzipiell unmoeglich es genau vorherzusagen.
Was nun die Hoffnungen betrifft, halte ich folgende Auffassung fuer
vernuenftig: Unsere Vergangenheit (hauptsaechlich ihre Auswirkung auf
unseren Charakter) determiniert, welche Hoffnungen wir haben und wie
stark sie sind. Diese Hoffnungen haben Einfluss auf unser Verhalten
und dieses wiederum wirkt auf zukuenftige Geschehenisse. Somit macht
es fuer meine Zukunft sehr wohl einen Unterschied, ob ich hoffe oder
nicht. Und es zeigt sich auch, dass ein hoffnungsvoller Mensch mehr
Erfolg hat als ein hoffnungsloser.
Deshalb sind Hoffnungen nicht sinnlos. Freilich koennen wir nicht
frei entscheiden, ob wir hoffen oder nicht.
Ausserdem will ich noch eine Moeglichkeit nennen, Freiheit und
Determinismus zu versoehnen: den Kompatibilismus.
Er besagt, dass wir insofern frei sind, als dass wir tun koennen, was
wir wollen. Eine andere Art Freiheit koennen wir auch gar nicht
fuehlen. Eigentlich ist es immer diese Freiheit, die wir meinen, wenn
wir von uns behaupten frei und nicht determiniert zu sein. Sitzen wir
im Gefaengnis, sind wir Neurotiker und leiden wir unter
Zwangshandlungen, Suchtverhalten u.s.w., dann sind wir nicht mehr
frei, weil wir unserem Willen nicht mehr folgen koennen.
Der Kompatiblismus sagt also, dass wir zwar frei sind, unserem Willen
zu folgen, aber dass dieser selbst determniniert ist.
Any comments?
Gruss, Tychi