Deutsche Schreibweisen italienischer Städtenamen

Hallo zusammen!

Ich weiß gar nicht, ob ich in diesem Brett überhaupt richtig bin. Ich versuch´s trotzdem:

Mir ist aufgefallen, dass wir zumindest für die bekanntesten italienischen Städte mehr oder weniger „eingedeutschte“ Namen benutzen. Also:

Roma-Rom
Milano-Mailand
Firenze-Florenz
Napoli-Neapel
Genova-Genua

Diese Aufzählung ließe sich bei längerem Nachdenken sicher noch erweitern. „Eindeutschungen“ gibt es z.B. auch im osteuropäischen Raum, wie z.B. Praha-Prag und Warszawa-Warschau zeigen. Dies ist für mich aber noch erklärbar, weil in den osteuropäischen Ländern bis in das letzte Jahrhundert hinein noch viele Deutsche gelebt haben. Für Italien finde ich da aber keine schlüssige Erklärung. Insbesondere fällt auch auf, dass mit den Städtenamen anderer romanischer Länder nicht so verfahren wird. In Spanien und Frankreich z. B. bleiben auch in der deutschen Sprache die dortigen „Originalnamen“ erhalten; zumindest, was die Schreibweise angeht.

Weiß hier jemand über die Hintergründe Bescheid? Oder wäre ich bei den Historikern oder Geographen evt. besser aufgehoben?

Vielen Dank schon einmal für eure Hinweise!

Gruß

Christoph

Hallo, Christoph!

Schon seit der Völkerwanderungszeit gab es sehr viele Germanen, die in Italien kürzer oder länger Urlaub machten.
Seit Pippin dem Jüngeren, dem Vater Karls des Großen, hat sich das noch verstärkt, zur Zeit der Staufer (Friedrich Barbarossa, Friedrich II. etc.) waren deutsche Herrscher, Diplomaten und Krieger stets in Italien engagiert.
Schon ab dem 12. Jhdt kamen auch Kaufleute und Künstler dazu, z. B. die Fugger, Dürer, Goethe bis zu den Nazarenern.
Diese haben die italienischen Städtenamen schon damals ihren rauhen Zugen angepasst und so nach Deutschland gebracht.
Wenn du die Städte anschaust, so sind das eben die, mit denen die deutschen Kaiser, Diplomaten, Krieger, Künstler und Kaufleute häufig zu tun hatten.

Gruß Fritz

Hallo Christoph!

Ich weiß gar nicht, ob ich in diesem Brett überhaupt richtig
bin.

Ich denke auch, daß gehört ins Brett Geschichte, aber sei’s drum.
Imho sind folgende Faktoren dafür ausschlaggebend:

Über ein Jahrtausend ist italienische Geschichte gleich deutsche Geschichte (auch wenn es Deutschland und Italien in diesem Sinne zu der Zeit noch gar nicht gibt), so besteht nach der Herrschaft der Ostgoten, Langobarden und Franken eine zumindest nominelle Oberherrschaft des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ über Nord- und Mittelitalien bis zum Dreißigjährigen Krieg. Deutsche Könige unternehmen ihre Italienzüge und lassen sich in Rom zu Kaisern krönen. Italien ist immer Ziel „deutscher“ Interessen. Das Engagement der Staufer z.B. erstreckt sich bis zur äußersten Stiefelspitze, noch heute sind die Stauferburgen Sehenswürdigkeiten Süditaliens.
Auch nach dem Dreißigjährigen Krieg bestehen bis zur Gründung des italienischen Nationalstaates im 19. Jahrhundert noch folgende „deutschsprachige“ Herrschaftsverhältnisse:
Mailand 1706 - 1796 und 1815 - 1859 (österreichische Habsburger)
Mantua 1708 - 1859 (dito)
Parma und Piacenza 1736 - 1748 und 1814 - 1847 (dito)
Modena, Reggio und Ferrara 1814 - 1859 (dito)
Venedig 1797 - 1806 und 1814 - 1866 (dito)
Florenz und die Toscana 1737 - 1799 und 1814 - 1859 (dito
Sizilien 1718 - 1735 (dito)

Ich vermute daher, daß die „Doppelnamigkeit“ in dieser langen gemeinsamen Geschichte begründet ist.

Gruß, Hartmann.

deutsche Schreibweisen und Aussprache geogr. Namen
Hallo Christoph,

mir fallen spontan noch Kopenhagen, Lissabon und Peking ein.

Grundsätzlich plädiere ich für das Recht, fremde geografische Bezeichnungen in Schreibung und Aussprache dem eigenen System anzupassen - ohne dass gleich der Verdacht von Annexionswünschen aufkommt! Bei Ländernamen tun wir das ja auch ganz selbstverständlich.

Gruß,
Peter

Hallo

Ich bin immer wieder erstaunt und frage mich, warum man es sich im Deutschen so schwer macht. In anderen Sprachen (zB Französisch, Spanisch, Italienisch) werden fremde Namen ganz selbstverständlich in die eigene Sprache übernommen. Vor allem das Französische kennt praktisch für jeden Namen eine eigene Entsprechung. Hier als Beispiel die deutschen Bundesländer:

Bade-Wurtemberg = Baden-Württemberg
Basse-Saxe = Niedersachsen
Bavière = Bayern
Berlin = Berlin
Brandenbourg = Brandenburg
Brême = Bremen
Hambourg = Hamburg
Hesse = Hessen
Mecklembourg-Poméranie = Mecklenburg-Vorpommern
Rhénanie-Palatinat = Rheinland-Pfalz
Rhénaie-Westphalie = Rheinland-Westfalen
La Sarre = Saarland
Saxe = Sachsen
Saxe-Anhalt = Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thuringe = Thüringen

Dasselbe könnte man übrigens auch zu Personennamen sagen. Im Deutschen werden heute nur noch Papstnamen eingedeutscht. Die Namen von Königen und Prinzen werden im Original belassen (nicht so in den anderen erwähnten Sprachen: Prinz Charles heisst auf Italienisch principe Carlo). Warum nennen wir ihn im Deutschen nicht Prinz Karl? Schwieriger wird es dann allerdings bei arabischen, asiatischen, russischen usw. Namen, die man in unser Alphabet übertragen muss.

Suche ich übrigens nach französischen Städtenamen, die „eingedeutscht“ worden sind, sehe ich nur einen, und der ist erst noch italienisch: Nizza. (Paris wird zumindest phonetisch angepasst)

Anders sieht es (aus politischen Gründen) in anderen französischsprachigen Ländern aus, ich nenne nur Belgien, die Schweiz oder Kanada.

Doch zurück zu Italien: Vergessen wir das Südtirol (Alto-Adige) nicht, wo alle Ortsnamen auch eine italienische Entsprechung kennen!

Zur Frage, warum und auf welche Weise fremde Ortsnamen in die eigene Sprache assimiliert werden, könnte man ganze Bücher schreiben… Verschiedene Unis befassen sich übrigens seit langem mit diesem Thema.

Grübelnde Grüsse
Renato
*derseinelizarbeitzumthemageschriebenhat* :smile:

Hallo zusammen!

Vielen Dank für eure ausführlichen und logisch klingenden Antworten. Obwohl mir diese historischen Zusammenhänge allergrößtenteils geläufig sind, bin ich da nicht von selber drauf gekommen. Umgekehrt ist es natürlich genauso interessant. Wie kamen etwa die Südtiroler Ortsnamen zu ihren italienischen Entsprechungen? Denn nicht jeder Ortsname ließ sich ja so ohne weiteres nach dem ersten Weltkrieg 1:1 übersetzen. Lissabon fiel mir als einzige nichtitalienische Stadt im romanischen Sprachraum gestern abend selber noch ein. Zu Nizza ist zu sagen, dass diese Stadt meines Wissens auch dort, wo sie liegt, ursprünglich so genannt wurde. Denn sie gehörte lange zu Piemont ( ? ) und damit zum heutigen Italien. Es handelt sich hierbei also um keine „Eindeutschung“ im von mir genannten Sinne. Falls ich mit dieser Behauptung falsch liegen sollte, korrigiert mich bitte.

Ich bin immer wieder erstaunt und frage mich, warum man es
sich im Deutschen so schwer macht. In anderen Sprachen (zB
Französisch, Spanisch, Italienisch) werden fremde Namen ganz
selbstverständlich in die eigene Sprache übernommen. Vor allem
das Französische kennt praktisch für jeden Namen eine eigene
Entsprechung. Hier als Beispiel die deutschen Bundesländer:

Bade-Wurtemberg = Baden-Württemberg
Basse-Saxe = Niedersachsen
Bavière = Bayern
Berlin = Berlin
Brandenbourg = Brandenburg
Brême = Bremen
Hambourg = Hamburg
Hesse = Hessen
Mecklembourg-Poméranie = Mecklenburg-Vorpommern
Rhénanie-Palatinat = Rheinland-Pfalz
Rhénaie-Westphalie = Rheinland-Westfalen
La Sarre = Saarland
Saxe = Sachsen
Saxe-Anhalt = Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thuringe = Thüringen

Die deutsche Methode, sich eine fremde Topographie zu erarbeiten, mag vielleicht ungewöhnlich sein, hat aber sicherlich den Vorteil, dass man im Ausland nicht erst lange überlegen muss, wenn man nach dem Weg fragen will. Ausnahme: Italien

Dasselbe könnte man übrigens auch zu Personennamen sagen. Im
Deutschen werden heute nur noch Papstnamen eingedeutscht. Die
Namen von Königen und Prinzen werden im Original belassen
(nicht so in den anderen erwähnten Sprachen: Prinz Charles
heisst auf Italienisch principe Carlo). Warum nennen wir ihn
im Deutschen nicht Prinz Karl? Schwieriger wird es dann
allerdings bei arabischen, asiatischen, russischen usw. Namen,
die man in unser Alphabet übertragen muss.

Bei Personennamen wären „Eindeutschungen“ sicherlich noch gewöhnungsbedürftiger.

Suche ich übrigens nach französischen Städtenamen, die
„eingedeutscht“ worden sind, sehe ich nur einen, und der ist
erst noch italienisch: Nizza. (Paris wird zumindest phonetisch
angepasst)

Anders sieht es (aus politischen Gründen) in anderen
französischsprachigen Ländern aus, ich nenne nur Belgien, die
Schweiz oder Kanada.

Doch zurück zu Italien: Vergessen wir das Südtirol
(Alto-Adige) nicht, wo alle Ortsnamen auch eine italienische
Entsprechung kennen!

Zur Frage, warum und auf welche Weise fremde Ortsnamen in die
eigene Sprache assimiliert werden, könnte man ganze Bücher
schreiben… Verschiedene Unis befassen sich übrigens seit
langem mit diesem Thema.

Gibt es zu diesem Thema irgendwelche Links im Web?

Grübelnde Grüsse
Renato
*derseinelizarbeitzumthemageschriebenhat* :smile:

Was für eine Arbeit war das? Eine Lizenzarbeit, oder wie ist die Abkürzung zu verstehen?

Gruß

Christoph

Hallo Christoph!

Wie kamen etwa die Südtiroler Ortsnamen zu ihren
italienischen Entsprechungen? Denn nicht jeder Ortsname ließ
sich ja so ohne weiteres nach dem ersten Weltkrieg 1:1
übersetzen.

Diese sind tatsächlich künstliche Schöpfungen einer nationalistischen italienischen Kommission unter Vorsitz eines - heute würde man sagen „durchgeknallten“ - Lehrers (typisch :wink:, eben des besagten Ettore Tolomei.

Hierzu folgende Biographie von einer alles anderen als neutralen Webseite, was aber nichts an der Richtigkeit der Darstellung ändert:

"Ettore Tolomei wird am 16. August 1865 als 2. Kind eines Holzhändlers in Rovereto geboren, also im Kronland Tirols als österreichischer Staatsbürger, besucht die Volksschule und das humanistische Gymnasium in Rovereto und studiert Sprachwissen- schaften/Literatur in Florenz und später in Rom, wo er die Geschichte der Markusrepublik Venedig promoviert. Dort kommt er offensichtlich in Verbindung mit den Geographen Giovanni und Olinto Mavinelli, Leiter des Istituto Studi Superiori in Florenz , die eine eigene Art Schule begründet hatten, wonach wissenschaftlich bewiesen werden sollte, daß die Staatszugehörigkeit gemäß der Wasseischeide und Entwässerung zu erfolgen habe, eine These, die von der Dante-Alighieri-Gesellschaft auch in Florenz und ihrem Mitteilungsblatt „Politica“ stark forciert wurde. 1888-1890 arbeitet Tolomei an der italienischen Schule in Tunis, wird 1890 zum Militärdienst nach Wien eingezogen, wo er trotz mehrmonatigen Aufenthaltes kein Wort Deutsch lernt. Nach dem Tod des Vaters wird er entlassen. Die Familie zieht nach Rom, Tolomei geht nach Saloniki, Smirne und Kairo, immer als Italienisch-Lehrer an italienischen Schulen und kehrt 1901 nach Italien zurück. Er beginnt intensiv mit seinen Bestrebungen der Einverleibung Tirols ins Italienische Königreich und geht strategisch vor: er versucht, „wissenschaftlich“ das Gebiet als römisches, vormals italienisches, vor kurzem eingedeutschtes Gebiet auszuweisen und weiß daß Denkmäler der Sprache und der Kultur - Namen von Orten und Menschen - Kunstdenkmäler als Beweise hilfreich sind. Er begründet die führende expansionistische Zeitschrift „La Nazione Italiana“, um die „italienischen Gebiete zwischen den politischen und natürlichen Grenzen“ (dem Alpenhauptkamm) der italienischen Öffentlichkeit zur Kenntnis zu bringen. In dieser Wochenzeitschrift formuliert er bereits in den 90er Jahren des vorigen Jhds. ein expansionistischen Programm, das die Linie Reschen - Brenner - Toblach als natürliche geographische wie historische legitime Nordgrenze Italiens bezeichnet. Bereits in der ersten Nummer der „Nazione Italiana“ veröffentlichte der „historische“ Namen für einige Orte Deutsch - Südtirols: so nannte er den Brenner Pirene, den Reschenpaß Passo Raseno. Über lange Zeit war sich Tolomei gar nicht klar, welchen Namen er Deutsch - Südtirol geben sollte, nachdem für das Welschtirol um etwa 1848 durch die linksintellektuellen Kreise das Wort Trentino aufgekommen war - ein Begriff, der zuvor nur für Trient und seine nähere Stadtumgebung volkstümlich gebräuchlich war, zum ersten Mal übrigens in einem Artikel eines in der deutschen Nationalversammlung vertretenen Geistlichen. Tolomei nannte Südtirol einmal Trentino Superiore, dann Valdadige Superiore und erst 1916, bei der Veröffentlichung des „1. Prontuario dei nomi locali dellAlto Adige", bezeichnete er in Anlehnung an die napoleonische Diktion, Haute Adige, Südtirol mit Alto Adige. Diesen Begriff kannte natürlich niemand, auch in Italien nicht, außer die irredentistischen Kreise und darüber beklagte sich Tolomei mehrfach. Überhaupt war die italienische Öffentlichkeit vollkommen unwissend: die meisten wußten nicht einmal, ob das Trentino diesseits oder jenseits des Alpenhauptkammes lag. 1904 besteigt Tolomei den Klockerkarkopf im hinteren Ahrntal, macht ihn zum nördlichsten Punkt Italiens, bezeichnetet sich als Erstbesteiger und nennt ihn als solcher "Vetta dItalia“; dies, obwohl dieser Berg seit 1895 von Dipl. Ing. Fritz Koegel bestiegen und der Rundblick in der Alpenvereinsschrift 1897 publiziert worden ist.

Tolomei wußte, daß das zu 99% in den Händen Deutscher liegende Land von Italienern angekauft werden mußte; er studierte daher die lokalen anzeigen über Verkäufe von Gasthöfen, Gründen und Höfen - eine Aktion, die er im Jahre 1915 und während des Krieges ganz systematisch betrieb.

So erwarb er 1905 den Thalerhof in Glen bei Montan, wohin er 1906 zog und gründete im gleichen Jahr das Jahrbuch „Archivio per l`Alto Adige, con Ampezzo e Livinalongo“.

In seinem Tagebuch schreibt er: „Das düstere Unternehmen beginnt“ und im Vorwort des 1. Bandes des „Archivio“: „Durch das Fördern der Erforschung und der Bestimmung der örtlichen atesinischen Namen übernimmt das Archivio eine große Aufgabe, einige Namen zu ersetzen und welche zu schaffen, und kurz und gut, irgendwie eine volksfindige italienische Namenkltur zu kreieren.“ [Zitat aus: Archivio per L`M, Bd. 1, Gleno 1906]

Mit Beginn des 1. Weltkrieges 1914 verläßt Tolomei Glen, übersiedelt nach Rom um dort, finanziert und gefördert durch die „Dante-Alighieri-Gesellschaft“, seine Propaganda fortzusetzen. 1915 bei Kriegserklärung Italiens an Österreich meldet er sich als Freiwilliger unter dem Kampfnamen Eugenio Treponti, wird Mitglied des Generalstabes. Die antiösterreichische Stimmung ausnützend beginnt er seinen Kampf um die Italianisierung Südtirols über die Ortsnamen: 1915 erarbeitet er als Mitglied des Genaralstabes „Provvidimenti per Lannessione e adattamento dellAA“. Bereits 1914 erscheint im Archivio die Idee der Aussiedelung der Südtiroler in einem Artikel, wonach das Nationalitätenrecht Vorrang vor allen anderen Rechten habe. Im Mai 1916 - ein Jahr nach dem Kriegseintritt Italiens - gelingt es Tolomei, in der „Reale Societá Geografica Italiana“ - der Königlich Geografischen Gesellschaft Italiens - eine Kommission einzusetzen, die sich mit der Toponomastik des noch zu „erobernden Gebietes“, wie es in den Protokollen über die Einsetzung der Kommission heißt, zu befassen hatte. Dieser Kommission gehören neben Tolomei noch Ettore De Togni, Prof. für Botanik und Chemie und Vittorio Baroncelli, Bibliothekar, an. Innerhalb von 40 Tagen übersetzt diese Kommission „höchst wissenschaftlich“ 12.000 Orts- und Flurnamen, wobei sie sich wesentlich auf die privaten Studien Tolomeis stützt. Bereits im Juni 1916 erscheint diese Liste als Band XV, Teil II der „Memorie“ der Reale Societá Geografica Italiana als „Prontuario die Nomi locali dell`Alto Adige“, zeitgleich mit der Veröffentlichung im Archivio.

Mit der militärischen Besetzung Deutsch - Südtirols durch italienische Truppen beginnt für Tolomei die hohe Zeit; bereits im Oktober 1918 wird er mit Förderung des Min. Präs. Orlando zum Leiter der Kultur-Kommission im Bozner Museum ein; vier Ziele verfolgt er:

durch die italienische Toponomastik den historisch begründeten Anspruch Italiens auf Deutsch - Südtirol der Entente zu beweisen.

Denkmäler, die auf das Deutschtum hinweisen, zu entfernen und durch „römische“ zu ersetzen.Landeigentum zu gewinnen, die finanzielle - Ausblutung des Landes durch den Krieg, insbesondere durch die Zeichnung der wertlos gewordenen Kriegsanleihen ausnutzend .

Die Bevölkerung entweder italienisch zu machen, sie mit Menschen aus den alten Provinzen zu überschwemmen oder sie auszusiedeln.

Er schreibt in einem Brief an seine Freude: „Bozen ist besetzt - das Alto Adige ist unser. Jetzt muß die militärische Besetzung in einen endgültigen Besitz umgewandelt werden.“

Die Italianisierung konnte beginnen. Am 23. November nahm ein Mitarbeiter Tolomeis, Adriano Colocci-Vespucci, zwei Soldaten und ein Paar Kübel mit schwarzer Farbe und fuhr die Bahnlinie entlang und übermalt auf Geheiß Tolomeis die deutschen Stationsnamen mit italienischen Namen aus dem Prontuario, dies sehr zum Mißfallen der Militärregierung, die sich geweigert hatte, generell die italienischen Ortsnamen einzuführen; am 31. Juli 1919 wurde die Militärverwaltung von einer Zivilverwaltung für das Gebiet „Venezia Tridentina“, unter dem beide Provinzen, Bozen und Trient, zusammengefaßt waren, unter der Leitung des ehemaligen Unterrichtsministers Luigi Credaro abgelöst: zu dieser Zeit führten die meisten deutschen Ortschaften den deutschen Namen, während die Ortschaften zwischen Bozen und Salurn mit einem italienischen Bevölkerungsanteil nur mehr die italienischen Ortsnamen führten. Credano macht sowohl die Übermalung der Stationsschilder wie die italienischen Ortsnamen bis auf 29 rückgängig, wobei bei diesen der deutsche Name an erster Stelle stand. Im Zuge der Friedensverhandlungen, an denen wie alle anderen Verliererstaaten Österreich nicht teilnahm, weilte Tomolei zwischen April und Mai in Paris und beriet entsprechend die italienische Kommission.

Auch in Sachen Kunst war Tolomei, 1938 zum Grafen (Conte della Vetta) ernannt, aktiv: beseitigt werden mußte alles, was Zeuge der Vergangenheit war, die lokale Italianitá mußte gezeigt werden; einerseits versuchte man dies mit einheimischen Künstlern, die man zu einer Großausstellung nach Rom einlud und für sich vereinnahmte - auch Egger Lienz, Durst, Othmar Winkler, die Gebrüder Stolz, Hans Piffrader, sie alle wurden geblendet vom möglichen Ruhm und von der Aussicht auf Verkauf ihrer Bilder. Gleichzeitig schliff man deutsche Denkmäler: einen Tiroler Adler in Eisen auf der Adlerbrücke in Brixen und das Denkmal des Erzherzog Heinrich auf der Talferbrücker bereits 1921, das Sissi-Denkmal in Meran 1922; bereits 1926 sollte das Waltherdenkmal verschwinden und durch ein Drusus - Denkmal ersetzt werden; Mussolini war 1926 noch gegen die Verlegung, da Walther von der Vogelweide kein Zeuge der Habsburgerzeit war und weil Mussolini sich die Zuneigung Deutschlands nicht verscherzen wollte. 1933 war er sich aber sicher und ließ das Denkmal in einen kleinen Park gegenüber der Quästur versetzen. Das Katharina - Lanz - Denkmal (ein „Symbol des Deutschtums gegen die Italianitá der Dolomitentäler“) verschwand ins Kriegsmuseum nach Rovereto. Gleichzeitig wurden „italienische“ Bauten errichtet - die Drusus-brücke mit den faschistischen Adlern, die Italienallee mit Gerichtsgebäude und Finanzamt und die Augustastraße -, die heute noch den italienischen Stadtteil Bozens bilden.

1936 - der Plan Tolomeis, die Südtiroler zu assimilieren, ist gescheitert - will Tolomei 2000 Südtiroler Bauern nach Abessinien verfrachten. Es kommt - obwohl erste Auswahlen bereits getroffen werden - nicht dazu. Der Anschluß Österreichs 1938 entfacht in Südtirol eine pro-deutsche Euphorie einerseits, andererseits erzeugt sie Angst bei den Italienern, die nunmehr die Deutschen als unmittelbare Nachbarn haben. Am 7. Mai 1938 besucht Hitler Mussolini in Rom und vereinbart, die ganze deutschsprachige Minderheit nach Deutschland zu verfrachten. Südtirol wird zum Kaufpreis für die Achse Rom-Berlin. In der Berliner Vereinbarung vom 23. Juni 1939 wird die Umsiedelung der Südtiroler vereinbart, falls sie sich nicht für Italien entscheiden. Bis zur endgültigen Vereinbarung, die am 31. Oktober 1939 unterzeichnet wird, gab es langwierige Verhandlungen über die Ablöse der Vermögenswerte. Nach der Vereinbarung hatten die Südtiroler bis 31. Dezember 1939 Zeit zur sogenannten Option., d.h. eindeutig zu erklären, ob sie nach Deutschland auswandern oder als Italiener in Italien bleiben wollen. Beide Parteien, die Optionsbefürworter, wie der VKS und die sog. Dableiber mobilisierten das Volk, das zerrissen wurde - Wunden davon waren nach dem 2. Weltkrieg und sind bis heute unverheilt vorhanden. Rund 90% votierten für die Auswanderung nach Deutschland, nur 10%, hauptsächlich die Besitzenden in den Städten, votierten für Italien. Die Umsiedlung, die bis 31. Dezember 1942 abgeschlossen sein sollte, wurde aber ab 1940 sowohl von den Deutschen wie vom italienischen Präfekten Mastromattei verzögert: von der deutschen Regierung, weil sie ursprünglich ein geschlossenes Siedlungsgebiet - Himmler dachte an Nordmähren - angeboten hatte und dieses erst erobern mußte und von Mastomattei, weil 90% eines Volkes, das sich freiwillig für das Verlassen der Heimat ausgesprochen hatte, eine internationale Blamage war und zudem, weil die Vermögensablöse rd. 8-10 Milliarden Lire kostete, was der italienische Staat kaum aufbringen konnte. Außerdem wäre die Tolomeische Lüge - die Südtiroler sind ein ethnisches Relikt und nur verdeutschte Italiener - offenkundig geworden. So waren 1940 nur 52.358 sog. „Volksdeutsche“, wie die Südtiroler bezeichnet wurden ausgesiedelt; 1941 und 1942 ließ das Interesse an der Aussiedelung deutlich nach, einerseits wegen des immer noch nicht benannten, geschlossenen Siedlungsgebietes, wegen der Wohnungsnot im Reich, aber auch wegen wiederholten Bestätigung Mastromatteis wie Mussolinis, daß die für Italien votierenden Südtiroler nicht in die alten Provinzen verfrachtet würden, wie vielfach von den Optionsbefürwortern behauptet worden war.

Am 31. Dezember 1942 waren 74.000 Südtiroler abgewandert: 50% ließen sich in Nordtirol und Vorarlberg nieder, Innsbruck, Jenbach und das Rheintal waren die neuen Heimaten, rd. 10.000 siedelten nach Bayern und Baden-Württemberg aus, 3.700 nach Böhmen, Mähren, Lothringen, von wo sie nur 3-4 Jahre später grausam vertrieben wurden. Die Aussiedelung wurde um ein weiteres Jahr verlängert. Aber dazu kam es nicht mehr. Durch das Umschwenken Italiens zu den Alliierten wird am 3. September 1943 - Südtirol Operationszone Alpenvorland.

Tolomei wird verhaftet, 3 Monate in Dachau eingesperrt, kommt auf mysteriöse Weise 1944 in ein Sanatorium in Friedrichsroda in Thüringen und wird dort 1945 von den Amerikanern befreit; die Zone wird russische Besatzungszone, Tolomei flieht mit Hilfe von Freunden. Er stirbt am 25. Mai 1952 in Rom, erhält in Glen/Montan ein Staatsbegräbnis."

Quelle: http://users.dnet.it/ahmeran/ettore_tolomei.htm

Gruß, Hartmann.

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Hallo Renato!

Ich bin immer wieder erstaunt und frage mich, warum man es
sich im Deutschen so schwer macht. In anderen Sprachen (zB
Französisch, Spanisch, Italienisch) werden fremde Namen ganz
selbstverständlich in die eigene Sprache übernommen. Vor allem
das Französische kennt praktisch für jeden Namen eine eigene
Entsprechung. Hier als Beispiel die deutschen Bundesländer:

Tja, in einem Internetforum hat sich jemand fürchterlich über Eindeutschungen aufgeregt und meinte, dies gebe es in anderen Sprachen nicht (es ging zwar um die Transkription von Wörtern aus anderen Alphabeten, wo er auf die englische Schreibweise als Einheitsschreibweise pocht (inklusive der Vokale, einfach grässlich, wo das Englische die dauernd unterschiedlich ausspricht), aber „Saragossa“ für „Zaragoza“ stört ihn auch). Wir haben vergeblich versucht ihm klarzumachen, dass es in anderen Sprachen absolut üblich ist und auch sinnvoller ist. Eine Anpassung an die eigene Sprache ist mir deutlich lieber als eine falsche Aussprache der Namen, das stört einen nur, wenn man die Sprache mal lernen will, weil man bestimmte Sachen immer falsch ausgesprochen hat. Dann ist es schwerer, es zu lernen.
Merkwürdig ist auf jeden Fall, dass Warschau, aber nicht Krakau oder Stettin geschrieben wird. Anpassungen haben doch nun wirklich nichts mit Annexionsgedanken zu tun, Straßburg wird ja auch geschrieben. Bei Städtenamen (und ähnlichen Sachen) finde ich es also gut, bei Personennamen aber nicht.

MfG,
Car

Sehr interessant, lieber Hartmann,

und dafür gibts noch ein STernchen!

Gruß
Aia

Hallo Car!

Tja, in einem Internetforum hat sich jemand fürchterlich über
Eindeutschungen aufgeregt und meinte, dies gebe es in anderen
Sprachen nicht

In welchem Forum war das? Interessiert mich!

Natürlich gibt es in anderen Sprachen keine Eindeutschungen *grins*
Aber die Aussage stimmt so einfach nicht! Französisch, Italienisch, Spanisch und auch Englisch übernehmen nicht, sondern passen an! Und auch auf Deutsch wird das so gemacht. Dafür sind verschiedene Gremien zuständig. Bei euch in Deutschland ist das Auswärtige Amt dafür zuständig. Die haben entsprechende Listen veröffentlicht. Auch die UNO befasst sich mit diesem Thema und hat vor Jahren eine Kommission gebildet. Solche Gremien braucht es v.a. für neue Namen, die noch nicht in andere Sprachen übernommen wurden. Das hängt in erster Linie mit der heutigen Weltpolitik zusammen.

Eindeutschungen nach englischen Regeln? Das kann ja wohl nicht sein!!! Assimilierungen in andere Sprachen erfolgen immer nach den Regeln und nach der Phonetik der jeweiligen Sprache. Vor allem die Phonetik spielt dabei eine grosse Rolle. Stell dir mal vor, Paris würde auf Deutsch wie auf Englisch ausgesprochen.

Bei Städtenamen (und ähnlichen
Sachen) finde ich es also gut, bei Personennamen aber nicht.

Hm, das wird mit Personennamen aber schon auch gemacht, kommt nur drauf an, woher die Leute sind. Vergleiche mal den Namen Gorbatschow in den verschiedenen Sprachen:

DE = Gorbatschow
EN = Gorbachev
FR = Gorbatchev
IT = Gorbaciov

Vor allem bei Namen aus anderen Alphabeten spielt die Phonetik eine ausschlaggebende Rolle, damit eine Assimilierung in die eigene Sprache stattfinden kann. Das geschieht täglich, vor allem über die Medien. Man sieht dann sofort, ob ein Journalist bei CNN abgeschrieben hat oder ob er die Regeln der eigenen Muttersprache kennt. Vgl. die Ortsnamen, die im Zusammenhang mit dem Irakkrieg verwendet wurden. (Schlagzeile eines TV-Senders: „Krieg im Iraq“).

Fazit: Eindeutschungen werden täglich vorgenommen, anders sieht es hingegen mit den Übersetzungen aus (ich erinnere an Prinz Karl)… Da herrscht absolutes Chaos, und die Leute, die sich am meisten aufregen, haben nie logische Erklärungen, warum sie die eine Übersetzung brauchen, andere übersetzte Ortsnamen (Exonyme) aber nie gebrauchen würden:

  • Das IKRK hat seinen Sitz in GENF.
  • Ich war in ITALIEN in Urlaub und habe die Städte ROM, MILANO, FLORENZ und NAPOLI besucht…

Im ersten Fall würde wohl niemand sagen „Das IKRK hat seinen Sitz in Genève“. Beim zweiten Beispiel fehlt die Logik.
Ich möchte eben herausfinden, warum diese Vermischung stattfindet. Ich weigere mich zu glauben, dass es nur Bildungslücken sind…

Aber spannend ist das Thema allemal und es freut mich, dass sich andere Leute auch Fragen stellen… Vielleicht gibt es hier ja mal sogar eine eigene Rubrik zum Thema Toponomastik :smile:))

Gruss
Renato

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Hallo Christoph!

Die deutsche Methode, sich eine fremde Topographie zu
erarbeiten, mag vielleicht ungewöhnlich sein, hat aber
sicherlich den Vorteil, dass man im Ausland nicht erst lange
überlegen muss, wenn man nach dem Weg fragen will. Ausnahme:
Italien

Es kommt immer drauf an, in welcher Sprache du nach dem Weg fragen willst :smile: Es gibt aber auch noch andere „Ausnahmen“: du hast die wunderschöne Schweiz vergessen, wo es praktisch für jeden Ort auch ein Exonym gibt! (Das mit den Endonymen und Exonymen habe ich in diesem Brett schon öfters erklärt)

Bei Personennamen wären „Eindeutschungen“ sicherlich noch
gewöhnungsbedürftiger.

Das wird gemacht und niemand stört sich gross daran, vgl. meine oben stehende Antwort an Car.

Gibt es zu diesem Thema irgendwelche Links im Web?

Ja, das gibt es in Hülle und Fülle. Such in Google mal mit den Stichwörten „Toponomastik“ oder „Toponymie“.

Gruss
Renato

P.S.: Lizarbeit nennt man in der Schweiz die Uni-Abschlussarbeit. Ein mindestens 4-jähriges Vollstudium wird hier in den meisten Fällen mit einem Lizenziat abgeschlossen.

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advocatus diaboli
Hallo Hartmann :smile:

Florenz und die Toscana 1737 - 1799 und 1814 - 1859 (dito
Sizilien 1718 - 1735 (dito)

Liegt Florenz nun in der „Toscana“ oder vielleicht doch eher in der „Toskana“?

Das sind genau die unlogischen Sachen, die mich brennend interessieren und für die es meistens keine eindeutige Erklärung gibt…

Gruss
Renato

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… habe ich da unpräzise formuliert.

Hallo Renato!

Liegt Florenz nun in der „Toscana“ oder vielleicht doch eher
in der „Toskana“?

Florenz liegt natürlich in der Tos k ana, während Firenze in der Tos c ana liegt :wink:

Wenn man sich für die italienische oder die deutsche Schreibweise entschieden hat, sollte man die jeweilige dann natürlich auch konsequent verwenden.

Noch spaßiger/chaotischer wird es, wenn ich mir die Frage stelle, fliege ich jetzt
von Frankfurt nach Florenz,
von Frankfurt nach Firenze,
von Francoforte nach Firenze oder
von Francoforte nach Florenz?

Gruß, Hartmann,
nur noch 6 Tage bis Roma/Rom in Lazio/Latium :wink:

Ciao Uomoduro :smile:

nur noch 6 Tage bis Roma/Rom in Lazio/Latium :wink:

Super, Rom ist immer eine Reise wert!!!
Hier schon einen kleinen Vorgeschmack (der Link ist brandneu!):

http://mv.vatican.va/6_DE/pages/CSN/CSN_Main.html

Viel Spass!
Renato

1 Like

Hallo Renato!!

In welchem Forum war das? Interessiert mich!

In einem Fußballforum sind wir mal zu dem Thema abgeschweift, weil er „Al Dschasira“ als „deutsche Sprachverhunzung“ bezeichnet hatte. Es waren also nur 1 oder 2 Threads. Ich kann dir aber gerne mal die Threads raussuchen und den Link dir per Mail schicken.

Aber die Aussage stimmt so einfach nicht! Französisch,
Italienisch, Spanisch und auch Englisch übernehmen nicht,
sondern passen an! Und auch auf Deutsch wird das so gemacht.

Und wenn im Englischen die Schreibweise nicht angepasst wird, wird die Aussprache angepasst (gibt es dafür eigentlich Regeln oder geschiet dies automatisch?). Im Deutschen bleibt sie oft zumindest einigermaßen erhalten, sofern die Leute, die das Wort oder den Namen benutzen, einigermaßen Ahnung haben wie es ausgesprochen wird und es nicht zu schwierig ist (Nasale z.B.).

Eindeutschungen nach englischen Regeln? Das kann ja wohl nicht
sein!!! Assimilierungen in andere Sprachen erfolgen immer nach
den Regeln und nach der Phonetik der jeweiligen Sprache. Vor
allem die Phonetik spielt dabei eine grosse Rolle. Stell dir
mal vor, Paris würde auf Deutsch wie auf Englisch
ausgesprochen.

Dann wäre man von der französischen Aussprache weiter entfernt, was nicht das Ziel sein kann. Internationale Regelungen (bei Transkriptionen) sind nur dann sinnvoll, wenn es einen funktionierenden Standard gibt. Es ist kein Zufall, dass die Konsonanten bei der Transkription zwar wie im Englischen wiedergegeben werden (mit Erweiterungen), die Vokale aber nicht. Wenn man einen internationalen Standard will, muss man da darauf achten, wie Vokale in den meisten Sprachen ausgesprochen werden. Auf jeden Fall deutlich regelmäßiger als im Englischen. Man muss sich nur mal Internetseiten oder Bücher angucken, die die Aussprache von Fremdwörtern in Landessprache wiedergegeben werden.

Bei Städtenamen (und ähnlichen
Sachen) finde ich es also gut, bei Personennamen aber nicht.

Hm, das wird mit Personennamen aber schon auch gemacht, kommt
nur drauf an, woher die Leute sind. Vergleiche mal den Namen
Gorbatschow in den verschiedenen Sprachen:

DE = Gorbatschow
EN = Gorbachev
FR = Gorbatchev
IT = Gorbaciov

Wobei es letzendlich nur 2 verschiedene Varianten sind, DE und IT sind im Prinzip gleich (bis auf das r) und EN und FR auch (ebenfalls bis auf das r). Transkriptionen müssen sein, wie soll man die Namen sonst wiedergeben? Es wirkt dadurch teilweise verwirrend, aber solange es keinen guten Standard gibt, ist es nur logisch, dass es für jede Sprache angepasst wird. Es geht eher darum, wenn aus Charles Karl wird, was mMn nicht sein muss.

Vor allem bei Namen aus anderen Alphabeten spielt die Phonetik
eine ausschlaggebende Rolle, damit eine Assimilierung in die
eigene Sprache stattfinden kann. Das geschieht täglich, vor
allem über die Medien. Man sieht dann sofort, ob ein
Journalist bei CNN abgeschrieben hat oder ob er die Regeln der
eigenen Muttersprache kennt. Vgl. die Ortsnamen, die im
Zusammenhang mit dem Irakkrieg verwendet wurden. (Schlagzeile
eines TV-Senders: „Krieg im Iraq“).

Schlimm ist es, wenn diese Schreibweisen andauernd geändert werden, die TV-Sender einem jeden Tag eine neue Schreibweise und Aussprache präsentieren.

Ich möchte eben herausfinden, warum diese Vermischung
stattfindet. Ich weigere mich zu glauben, dass es nur
Bildungslücken sind…

Eine gute Frage. Bei Polen und Tschechien sind es historische Gründe (die ich aber nicht nachvollziehen kann, da man sich bei Frankreich nicht so anstellt), aber ansonsten ist es nicht nachvollziehbar. Zumal die deutschen Varianten doch eigentlich bekannter sein müssten, wenn jemand also „Napoli“ benutzt, sieht es eher nach mehr Wissen aus.

Aber spannend ist das Thema allemal und es freut mich, dass
sich andere Leute auch Fragen stellen… Vielleicht gibt es
hier ja mal sogar eine eigene Rubrik zum Thema Toponomastik

-)))

Sprachen sind allgemein spannend. :smile:

MfG,
Car

Hallo!

In einem Fußballforum sind wir mal zu dem Thema abgeschweift,
weil er „Al Dschasira“ als „deutsche Sprachverhunzung“
bezeichnet hatte. Es waren also nur 1 oder 2 Threads. Ich kann
dir aber gerne mal die Threads raussuchen und den Link dir per
Mail schicken.

Gerne!

Und wenn im Englischen die Schreibweise nicht angepasst wird,
wird die Aussprache angepasst (gibt es dafür eigentlich Regeln
oder geschiet dies automatisch?). Im Deutschen bleibt sie oft
zumindest einigermaßen erhalten, sofern die Leute, die das
Wort oder den Namen benutzen, einigermaßen Ahnung haben wie es
ausgesprochen wird und es nicht zu schwierig ist (Nasale
z.B.).

Ja, es gibt Regeln, nur kennt sie keiner :frowning:

Gestern auf dem Sportsender: „KRISTINE ARRRONG war die schnellste“ (gemeint war die Französin Christine Arron).

Internationale
Regelungen (bei Transkriptionen) sind nur dann sinnvoll, wenn
es einen funktionierenden Standard gibt. Es ist kein Zufall,
dass die Konsonanten bei der Transkription zwar wie im
Englischen wiedergegeben werden (mit Erweiterungen), die
Vokale aber nicht. Wenn man einen internationalen Standard
will, muss man da darauf achten, wie Vokale in den meisten
Sprachen ausgesprochen werden.

Soviel ich weiss, gibt es keinen internationalen Standard für Lautschriftzeichen. Es gibt zwar Entsprechungen, aber die Lautschriftzeichen sind in jeder Sprache auf eine eigene Art definiert.
Deshalb muss es ja auch zu unterschiedlichen Schreibungen kommen: Putin heisst auf Französisch deshalb (und auch aus anderen Gründen *g*) Poutine!

DE = Gorbatschow
EN = Gorbachev
FR = Gorbatchev
IT = Gorbaciov

Wobei es letzendlich nur 2 verschiedene Varianten sind, DE und
IT sind im Prinzip gleich (bis auf das r) und EN und FR auch
(ebenfalls bis auf das r).

Das versteh ich jetzt nicht… hier liegen doch vier verschiedene Schreibungen vor, oder?

Es geht eher darum, wenn aus Charles Karl wird, was mMn
nicht sein muss.

Anscheinend „muss“ es heute wohl nicht mehr so sein, warum ist mir aber nicht klar, denn Louis XIV heisst auf Deutsch doch auch heute noch Ludwig XIV.

wenn jemand also „Napoli“ benutzt, sieht es eher nach mehr Wissen aus.

Oder nach Bildungsdünkel?

Sprachen sind allgemein spannend. :smile:

Wem sagst du das?!? Das erlebe ich in meiner Arbeit als Übersetzer jeden Tag, vor allem wenn es zu lustigen Missverständnissen kommt (zB. wurden die „Simmenthaler Kühe“ auf Französisch mit „vaches sentimentales“ übersetzt, grins

Gruss
R.

Hallo Renato!

In einem Fußballforum sind wir mal zu dem Thema abgeschweift,
weil er „Al Dschasira“ als „deutsche Sprachverhunzung“
bezeichnet hatte. Es waren also nur 1 oder 2 Threads. Ich kann
dir aber gerne mal die Threads raussuchen und den Link dir per
Mail schicken.

Gerne!

Gut, ich schicke dir die Links dann per Mail (die Adresse des Forums soll nicht überall bekanntgegeben werden).

Gestern auf dem Sportsender: „KRISTINE ARRRONG war die
schnellste“ (gemeint war die Französin Christine Arron).

Oh ja, das ist immer wieder toll, ich habe mich bei der Fußball-WM auch aufgeregt, als ein Kommentator bei einem spanischen Namen das „c“ konsequent falsch aussprach (und dabei ging es um den Unterschied von c vor e und i und c vor a, o und u)…

Internationale
Regelungen (bei Transkriptionen) sind nur dann sinnvoll, wenn
es einen funktionierenden Standard gibt. Es ist kein Zufall,
dass die Konsonanten bei der Transkription zwar wie im
Englischen wiedergegeben werden (mit Erweiterungen), die
Vokale aber nicht. Wenn man einen internationalen Standard
will, muss man da darauf achten, wie Vokale in den meisten
Sprachen ausgesprochen werden.

Soviel ich weiss, gibt es keinen internationalen Standard für
Lautschriftzeichen. Es gibt zwar Entsprechungen, aber die
Lautschriftzeichen sind in jeder Sprache auf eine eigene Art
definiert.

IPA, kann aber bei normalen Texten nicht verwendet werden und muss auch erstmal gelernt werden. Beim Japanischen gibt es schon einen Standard, ansonsten aber nicht.

DE = Gorbatschow
EN = Gorbachev
FR = Gorbatchev
IT = Gorbaciov

Wobei es letzendlich nur 2 verschiedene Varianten sind, DE und
IT sind im Prinzip gleich (bis auf das r) und EN und FR auch
(ebenfalls bis auf das r).

Das versteh ich jetzt nicht… hier liegen doch vier
verschiedene Schreibungen vor, oder?

Ja, aber es sind nur 2 verschiedene Aussprachevarianten.

Es geht eher darum, wenn aus Charles Karl wird, was mMn
nicht sein muss.

Anscheinend „muss“ es heute wohl nicht mehr so sein, warum ist
mir aber nicht klar, denn Louis XIV heisst auf Deutsch doch
auch heute noch Ludwig XIV.

Weil es früher üblich war (und in anderen Ländern/ Sprachen auch noch ist) und es dann einfach übriggeblieben ist. Konsequenter wäre dann schon Louis XIV. Solange es die wirklichen Namen der Personen sind, sollte man es mMn nicht übersetzen. Transkriptionen sind wieder was anderes.

Sprachen sind allgemein spannend. :smile:

Wem sagst du das?!? Das erlebe ich in meiner Arbeit als
Übersetzer jeden Tag, vor allem wenn es zu lustigen
Missverständnissen kommt (zB. wurden die „Simmenthaler Kühe“
auf Französisch mit „vaches sentimentales“ übersetzt, grins

*g*

MfG,
Car

Hallo Hartmann!, Hallo Car!, Hallo Renato!

Erstaunt darüber, was ich hier für eine interessante Diskussion ausgelöst habe, lese ich eure Beiträge! Vielen Dank für den Lesestoff! Die überraschendste Erkenntnis ist für mich jetzt, dass das Ganze eine regelrechte Wissenschaft ist und keineswegs von Zufällen abhängt. Da z.B. Goethe und die Staufer ganz am Anfang ( ich glaube von Fritz ) erwähnt wurden, würde mich mal interessieren, ob diese historischen Personen bei der „Taufe“ der italienischen Städte auf deutsche Namen auch schon auf wissenschaftlicher Grundlage gearbeitet haben. Die Staufer dürften zwar eher unwissend gewesen sein. Aber Goethe???

Dass die Umbenennung der Orte in Südtirol eine so lange Vorgeschichte hat, war mir auch nicht bekannt. Und es wird auch klar: In der Schweiz muss es eigentlich für jeden Ort drei Namen geben.

Gruß und vielen Dank für die hilfreichen Diskussionsbeiträge!

Christoph