Deutscher Idealismus

Hi,

ist der dialektische Idealismus eigentlich mal falsifiziert worden? Streit gabs da ja einigen, aber ein Ergebnis war mir nicht bekannt.
Weiss einer was?

Danke
Frank

Hallo Frank,

ist der dialektische Idealismus eigentlich mal falsifiziert worden?

der Frage nach einer erfolgten Falsifizierung des dialektische Idealismus liegt ein Missverständnis zugrunde. Der dialektische Idealismus ist keine Theorie, sondern eine Methode und kann als solche nicht richtig oder falsch, allenfalls angemessen oder unangemessen sein. Und diese Angemessenheit bzw. Unangemessenheit hängt von den Problemen ab, die man mit dieser Methode lösen möchte.

Streit gabs da ja einigen, aber ein Ergebnis war mir nicht bekannt.

Auch hierin liegt ein Missverständnis, denn in Fragen der philosophischen Herangehensweisen kann es kein „Ergebnis“ in dem von dir gemeinten Sinn geben. Wenn es eines gäbe, müsste es notwendig in Dogmatismus erstarren und wäre damit philosophisch nicht mehr interessant.

Weiss einer was?

Ich antworte mit einigem Zögern, weil ich eigentlich nicht mehr bereit war, mich wie üblich von dir beschimpfen zu lassen. Es ist mir klar, dass meine Antwort für dich unerheblich ist, aber da die Frage unter Umständen von allgemeinem Interesse sein könnte, antworte ich doch und bitte dich lediglich in deinem eigenen Interesse um Mäßigung.

Herzliche GrĂĽĂźe

Thomas Miller

Hallo Thomas,

ist der dialektische Idealismus eigentlich mal falsifiziert worden?

der Frage nach einer erfolgten Falsifizierung des dialektische
Idealismus liegt ein Missverständnis zugrunde. Der
dialektische Idealismus ist keine Theorie, sondern eine
Methode und kann als solche nicht richtig oder falsch,
allenfalls angemessen oder unangemessen sein. Und diese
Angemessenheit bzw. Unangemessenheit hängt von den Problemen
ab, die man mit dieser Methode lösen möchte.

Wieso meinst du, dass dies lediglich Methode sein soll? Auch der dial. Materialismus synthetisiert, nur völlig anders. Ich begreife dahinter noch immer ein Weltbild. So, wie ich Hegel gelesen habe, ergibt sich daraus eine völlig andere Struktur beim Denken. Er moppelt nämlich etwas doppelt: die Zeit.
Einerseits nutzt er weiterhin Kants Zeitbegriff, andererseits ist die Zeit bereits in der Bewegung, dem Werden enthalten. Daraus ergibt soich ja das strukturelle Problem beim denken schon.
Bei Marx passt Kants Zeitbegriff nicht mehr hinein. Daher kann er auch synthetisch (!!)(Aufhebung…) die fehlende Reflexion bei Hegel aufzeigen.

Streit gabs da ja einigen, aber ein Ergebnis war mir nicht bekannt.

Auch hierin liegt ein Missverständnis, denn in Fragen der
philosophischen Herangehensweisen kann es kein „Ergebnis“ in
dem von dir gemeinten Sinn geben. Wenn es eines gäbe, müsste
es notwendig in Dogmatismus erstarren und wäre damit
philosophisch nicht mehr interessant.

Bedenke: die Reflexion fehlt. Das macht den Idealismus ohne ihm eigene Struktur unmöglich. Die Synthese wäre nur eine logische Methode, richtig.

Weiss einer was?

Ich antworte mit einigem Zögern, weil ich eigentlich nicht
mehr bereit war, mich wie ĂĽblich von dir beschimpfen zu
lassen.

Nein, bin lieb :smile:

GruĂź
Frank

4 Like

Hallo Frank,

Wieso meinst du, dass dies lediglich Methode sein soll?

weil es nicht darum geht, eine Behauptung ĂĽber die Welt aufzustellen, sondern ĂĽber das Erkennen der Welt. Es ist richtig, dass der dialektische Materialismus das anders sieht, aber es ist die Frage, ob das methodisch korrekt ist.

Bei Marx passt Kants Zeitbegriff nicht mehr hinein. Daher kann
er auch synthetisch (!!)(Aufhebung…) die fehlende Reflexion
bei Hegel aufzeigen.

Marx hat an Kant nicht den Zeitbegriff, sondern die Antinomien ersetzen wollen. Dass du daraus schlieĂźt, der Zeitbegriff Kants sei falsch, ist aus meiner Sicht ein Irrtum, weil du induktiv schlieĂźst.

Bedenke: die Reflexion fehlt. Das macht den Idealismus ohne
ihm eigene Struktur unmöglich. Die Synthese wäre nur eine
logische Methode, richtig.

Dass die Reflexion fehlt, kann ich nicht nachvollziehen. Natürlich ist Hegels Methode eine andere als die Kants, aber das heißt ja nicht, dass eine von beiden falsch sein muss, sondern nur, dass man mit der einen vielleicht andere Ergebnisse bekommt, weil man etwas anderes untersucht. Dein zweiter Satz enthält eine Wertung, die ich ebenfalls nicht nachvollziehen kann: „nur“ eine logische Methode; es muss aus meiner Sicht heißen: „immerhin“ eine Methode, denn zwar hat der dialektische Materialismus auch eine Methode (das bestreite ich ja nicht), aber er begründet die entscheidende Stelle nicht, den Übergang von der dialektischen Logik zur dialektischen Naturphilosophie. Hypothetisch habe ich damit kein Problem, aber eben nur hypothetisch.

Nein, bin lieb :smile:

Das freut mich.

Herzliche GrĂĽĂźe

Thomas Miller

Hallo Thomas,

Wieso meinst du, dass dies lediglich Methode sein soll?

weil es nicht darum geht, eine Behauptung ĂĽber die Welt
aufzustellen, sondern ĂĽber das Erkennen der Welt. Es ist
richtig, dass der dialektische Materialismus das anders sieht,
aber es ist die Frage, ob das methodisch korrekt ist.

Bei Hegel ist es die Phänomenologie des Geistes als Wissenschaft der Logik, in welcher er seine Dialektik (unterm Strich ist das boolsche Algebra) hineinpackt. Er definiert sie also als reine Gesetze des Denkens, die er auf die Natur abträgt.

Bei Marx passt Kants Zeitbegriff nicht mehr hinein. Daher kann
er auch synthetisch (!!)(Aufhebung…) die fehlende Reflexion
bei Hegel aufzeigen.

Marx hat an Kant nicht den Zeitbegriff, sondern die Antinomien
ersetzen wollen. Dass du daraus schlieĂźt, der Zeitbegriff
Kants sei falsch, ist aus meiner Sicht ein Irrtum, weil du
induktiv schlieĂźst.

Nein, auch definitiv der Zeitbegriff passt nicht. Siehe AntidĂĽhring, Apriorismus, Raum, Zeit. Er passt einfach nicht hinein. Ich kann nicht einfach die Bewegung im historischen Verlauf erkennen und dem noch eine Uhrzeitachse draufbĂĽgeln. Damit erfinde ich ein Raumzeitkontinuum.
Wenn du möchtest, erkläre ich den Unterschied zwischen historischem Verlauf und Uhrzeit nochmal näher. Die Begriffe ähneln stark, werden aber prinzipiell gleichgesetzt, was falsch ist.

Bedenke: die Reflexion fehlt. Das macht den Idealismus ohne
ihm eigene Struktur unmöglich. Die Synthese wäre nur eine
logische Methode, richtig.

Dass die Reflexion fehlt, kann ich nicht nachvollziehen.

Scheint ein schwieriges Thema zu sein. Lassen wir es hier lieber.

GruĂź
Frank

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Hallo Frank,

Bei Hegel ist es die Phänomenologie des Geistes als
Wissenschaft der Logik, in welcher er seine Dialektik (unterm
Strich ist das boolsche Algebra) hineinpackt. Er definiert sie
also als reine Gesetze des Denkens,

bis hierher gehe ich mit.

die er auf die Natur abträgt.

Das aber stimmt nur, wenn man den Naturbegriff so fasst wie Hegel. Genau das aber macht Marx nicht.

Nein, auch definitiv der Zeitbegriff passt nicht. Siehe
AntidĂĽhring, Apriorismus, Raum, Zeit. Er passt einfach nicht
hinein. Ich kann nicht einfach die Bewegung im historischen
Verlauf erkennen und dem noch eine Uhrzeitachse draufbĂĽgeln.
Damit erfinde ich ein Raumzeitkontinuum.
Wenn du möchtest, erkläre ich den Unterschied zwischen
historischem Verlauf und Uhrzeit nochmal näher. Die Begriffe
ähneln stark, werden aber prinzipiell gleichgesetzt, was
falsch ist.

Ich (und andere hier und im Physikbrett haben das auch getan) habe deine Theorien mehrfach diskutiert und kein Interesse daran, dass du mir das noch einmal erläuterst. Ich halte deine Theorie - die ich inzwischen kennen sollte - für falsch, eher noch für verworren, weil von Unkenntnis und Vorurteilen durchsetzt. Dass du das anders siehst, ist normal und in Ordnung. Da du schon wieder den Antidühring als Argument (was er nicht ist) und auch als philosophische Schrift (was er auch nicht ist) anführst, kann ich nicht finden, dass du die vielen Argumente, die gegen deine Theorie sprechen (könnten), auch nur irgendwie inzwischen in Erwägung gezogen hättest oder ziehen würdest. Es wäre also wieder ein reiner Schlagabtausch, bei dem du auf Gegenargumente nicht eingehst. Das müssen wir nicht wiederholen; es steht alles im Archiv.

Scheint ein schwieriges Thema zu sein. Lassen wir es hier
lieber.

Wie wahr, wie wahr …

Herzliche GrĂĽĂźe

Thomas Miller

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Deutscher Idealismus

ist der dialektische Idealismus eigentlich mal falsifiziert worden?

Es gibt keinen „dialektischen Idealismus“. Es gibt in der Epoche des „Deutschen Idealismus“ einen subjektiven Idealismus (Fichte, teilweise Jakobi), und einen objektiven Idealismus (Schelling, Hegel), wobei Hegel selbst aus bestimmten Gründen den seinigen als absoluten Idealismus charakterisiert.

Wie Thomas richtig sagt, handelt es sich beim objektiven/absoluten I. nicht um Theorien, sondern um Ansätze von Systemphilosophien. Dabei ist Hegels Dialektik die Methode der Systementwicklung. Seine Methode (nämlich der Begriffsanalyse und der Reflektion des Denkens an sich selbst) nennt Hegel selbst die spekulative Methode, denn nicht die Dialektik, sondern die von ihm so genannte Spekulation ist das Entscheidende dabei. Für eine Kurzdarstellung dazu siehe Enzyklopädie 1830 §§ 79-82

An kritischer Auseinandersetzung mit Argumentationen in seinem System gibt es bibliothekenfĂĽllende Mengen. Ebenso an Kritiken des Systemaufbaus und der Sytemidee ĂĽberhaupt.

Bei Hegel ist es die Phänomenologie des Geistes als Wissenschaft der Logik

Die PhdG ist keine Wissenschaft der Logik, sondern ein selbstständiges Werk, das von einigen als Einleitung in das eigentliche System aufgefaßt wird (diese Meinung teile ich nicht), von anderen als eine eigenständige Systemvariante. Die „Wissenschaft der Logik“ dagegen ist der erste eigentliche System"teil", neben Naturphilosophie und dann der Geistesphilosophie, die beide als „Realphilosophie“ von ihm entwickelt sind.

… in welcher er seine Dialektik (unterm Strich ist das boolsche Algebra) hineinpackt.

Die Dialektik wird da nicht „hineingepackt“ sondern (siehe oben) sie ist die Methode. Das mit der boolschen Algebra in diesem Zusammenhang ist schlichtweg Quatsch.

Er definiert sie also als reine Gesetze des Denkens, die er auf die Natur abträgt.

Die Hegelsche Logik definiert keine Gesetze des Denkens. Gesetze des Denkens (nämlich in Form der formellen Logik) kommen lt. Hegel lediglich dem formellen Denken zu, demgegenüber er das dialektische und weiter das spekulative Denken unterscheidet.

Die Interpretation der „Beziehung“ zwischen Logik und Real- (also Natur- und Geistes-)philosophie ist eines der wichtigsten systemtheoretischen Probleme in der Hegelforschung. Ganz sicher ist die Realphilosophie aber weder eine „Anwendung“ noch eine „Abtragung“ der dialektischen (bzw. spekulativen) Logik.

Scheint ein schwieriges Thema zu sein. Lassen wir es hier lieber.

völlig d’accord

Metapher

Hallo Metapher,

ich danke dir erstmal für den Versuch, mir im Verständnis um diesen weitergeholfen zu haben. Ich habe dazu sicher noch weitere Fragen, wenn ich weiss, wie ich die je formulieren soll :frowning:
Jedenfalls funktioniert das definitiv anders als in meinem Kopf.

Wie Thomas richtig sagt, handelt es sich beim
objektiven/absoluten I. nicht um Theorien, sondern um Ansätze
von Systemphilosophien. Dabei ist Hegels Dialektik die Methode
der Systementwicklung.

Wie ist hier „System“ zu verstehen? Irgendwie scheinst du den zu verstehen - kein Wunder, dass wir uns nie verstehen oder prinzipiell gegensätzlicher Meinung sind :smile:
Ich nehme das einfach mal so hin.

Seine Methode (nämlich der
Begriffsanalyse und der Reflektion des Denkens an sich selbst)

Ich sprach von Reflexion - das ist sicher hier anders gemeint? Wie kann sich Denken an sich selbst reflektieren?

Bei Hegel ist es die Phänomenologie des Geistes als Wissenschaft der Logik

… in welcher er seine Dialektik (unterm Strich ist das boolsche Algebra) hineinpackt.

Die Dialektik wird da nicht „hineingepackt“ sondern (siehe
oben) sie ist die Methode. Das mit der boolschen Algebra in
diesem Zusammenhang ist schlichtweg Quatsch.

Hm, bei Hegel vielleicht. Ansonsten passt das hervorragend zum abbilden der objektiven Realität - siehe PC. Auch unser Gehirn kann nur anhand dieser Bewegungen logisch erfassen.

GruĂź
Frank

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