Hallo Wolfgang,
weiter unten habe ich meine Sichtweise zur gewerblichen
Ausbildung beschrieben. Der Schwerpunkt hat in der Lehrzeit
auf der Ausbildung zu liegen, wobei dazu natürlich auch die
praktische Ausführung von Verwertbarem gehört.
Was ist Ausbildung?
Ein Handwerker muss praktisch arbeiten können. Mich interessiert es einen Sche***dreck, was für Noten in seinem Lehrzeugnis stehen.
Aber was wird heute verlangt?
Ein Handwerker muss absolut Bestnoten haben, BMW übernimmt keinen Lehrling mit Abschlussnoten ab 3… Irrsinn!!
Ein Schafshirte kann Autos am Band zusammen schrauben, aber ein Maschinenbauer mit Abschluss 3 kann das komischerweise dann nicht.
Warum verstehe ich das nicht?
Aus der Erfahrung der eigenen gewerblichen Ausbildung und der
Kenntnis der Gepflogenheiten in vielen Betrieben aller
Größenordnungen erkenne ich abgesehen von löblichen Ausnahmen
erhebliche Qualitätsdefizite in weiten Teilen der gewerblichen
Ausbildung im dualen System.
Wer legt denn den Ausbildungsplan fest?
Das macht doch Industrie, Handwerk und die entsprechenden Kammern dazu.
Der Auszubildende hat doch nur noch Kadavergehorsam auszuüben, sonst nichts.
Beispiel:
Meine Tochter hat in der Berufsschule eine medizinische Ausbildung genossen.
eines Tages kam der berühmte blaue Brief von der Beruffschule, Klassenarbeit in einem bestimmten Fach mit 5 geschrieben, so weit so gut. Der Hammer kam zum Schluss, Klassenschnitt der Arbeit war … fünf!!!
Den Antwortbrief an die Schule kannst Dir ja wohl vorstellen.
So wird heute gelehrt, friss oder stirb. Ob eine Ausbildungskraft für das Lehramt geeignet ist, wird selten geprüft, in diesem fall reichte das Prädikat Ärztin.
Ob Betriebsinhaber, ein
angestellter Meister oder ein erfahrener Geselle - es muß sich
jemand in der Hauptsache um die Azubis kümmern. Ich erlebte
bei Maurern, die ich vor Jahren beschäftigte, daß ich denen
zeigen mußte, wie man eine Treppe aus Klinkern mauert; ich
mußte Metall-Facharbeitern zeigen, wie man einen Bohrer
anschleift, damit er in Messing nicht reißt. Ich erlebte Leute
mit Gesellenbrief, die nicht merken, daß ein Werkzeug schlicht
falsch herum läuft, die mit einfachen Mitteln keine
Stahlsorten unterscheiden können, die ganz einfach keine
Ahnung von den Grundlagen ihres Berufs hatten.
Hier irrst Du gewaltig.
Es lernt ein Maurer nicht in jedem Fall ein Klinker zu verarbeiten. Wir haben nur noch speziell ausgebildete Bauhandwerker, jeder lernt nur seinen Fachbereich.
Betonbauer können nicht mauern und Maurer können nicht Beton verarbeiten, so wird es gelernt.
Der Ausgebildete hat an dieser Lage überhaupt kein eigenes Verschulden, sondern unsere Oberschlauen an den Schreibtischen, die niemals auch nur einen Handgriff in diesen Berufen ausgeübt haben, aber darüber entscheiden was wie und wann gelehrt wird.
Zu den Metallern. Du und ich haben bis zur Unendlichkeit das Schleifen von Bohrern und das Bestimmen von Stahlsorten per Schliffbild gelernt.
Lernen die Lehrlinge heute auch, zwei Stunden im Blockunterricht nach Lehrplan und dann eine theoretische Klassenarbeit darüber.
Fertig!
Das nennt man dann auf den Punkt gelernt und angewendet.
Heute lernt ein Lehrling soviel, wie zu meiner Zeit sehr wahrschein ein Techniker damals lernte.
Glaubst Du im Ernst, dass heute ein Maschinenbauing. einem Lehrling zeigen kann, wie Bohrer geschliffen werden und welcher Stahl da gerade rumliegt?
Glaube kaum.
Sowas ist heute überhaupt nicht mehr gefragt.
Gefragt ist, wie man hochkomplizierte Berechnungen anstellt, die dann kein Mensch mehr braucht.
Das gleiche
traurige Bild in kaufmännischen Berufen. Das waren keine
Einzelfälle, vielmehr bezeichnende Beispiele für mangelhafte
Ausbildung, wo Lehrlinge offenkundig im eingeschränkten
Spektrum des Lehrbetriebs als billige Arbeitskräfte eingesetzt
wurden.
Ich weiss, Du hast grundsätzlich mit immer den falschen Leuten zu tun, neulich hast Dich ja auch über Deine technischen Mitarbeiter ziemlich negativ geäussert.
Kann es sein, dass Du so überheblich bist und grundsätzlich alles besser weisst, als eine dem entsprechende ausgebildete Fachkraft?
In meinem Berufsleben sind mir jede Menge Leute begegenet, die sich wirklich in ihren Berufen auskannten, sonst hätte ich sie ja wohl nicht eingestellt.
Ausnahmen hat es natürlich auch gegeben, jeder kann nicht immer der Allerbeste sein, man muss ihn dann nur richtig einsetzen.
Nachdem ich ja auch schon an zwei Umbauten von alten Häusern massgeblich mitgewirkt habe, muss ich Dir sagen, alle meine Mitarbeiter aus dem Baugewerbe waren mir in fachlichen Angelegenheiten weit überlegen, obwohl ich mir in handwerklichen Dingen überall helfen kann.
Ich habe vorher aber gefragt, welche Fachrichtungen sie beherrschen und was ich will, danach habe ich mich für eine Anstellung entschieden.
Das war wohl mein Vorteil, warum ich nicht meckern brauchte?
Ich maße mir nicht an, Klinkertreppen fachlich einwandfrei zu bauen!
Wir brauchen nicht mehr Ausbildungsbetriebe, sondern bessere
Ausbildungsbetriebe. Mit Masse ist keinem geholfen. Wird der
Ausbildungsvertrag ernst genommen, kostet die Ausbildung viel
Geld. Das Angebot einer qualitativ hochwertigen Ausbildung
darf man dabei den Betrieben nicht durch Zahlungen von ca.
20.000 Euro pro Azubi erschweren.
Wenn die gesicherte Qualität der Ausbildung und eine
ausreichende Zahl solcher qualifizierten Ausbildungsplätze im
Vordergrund stehen (das ist im Moment vielerorts nicht der
Fall), wird die „Entlohnung“ in den Hintergrund treten müssen.
Wer wird entlohnt?
Es ist eine Ausbildungsbeihilfe, sonst nichts.
Warum stellst Du dieses in Frage?
Ein Lehrling bringt Leistung, auch wenn deine Überlegungen zur Ausbildung angeblich nur Geld kosten, ganz bestimmt zahlt kein Handwerksbetrieb bei einem Lehrling während der Ausbildungzeit drauf, sondern macht unterm Strich ein Gewinn.
Du stellst Überlegungen an, die weit von der Praxis entfernt sind, Lehrlinge sind im Handwerk einfach die billigsten Arbeitskräfte, Fakt!
Warum gibst Du dem Studenten dann soviel Freiheiten und Rechte, kosten die kein Geld?
All diese hochqualifizierten Ausbildungen, die mit dem Hochschulabschluss enden, kosten dem Steuerzahler gewaltig mehr, als jemals ein Lehrling kosten wird.
Das materielle Ungleichgewicht fängt schon mit dem Abschluss des Abiturs an, aber darüber redet niemand, denn dann müsste man ja die Schicht angreifen, die danach über sich entscheiden müssten.
Wer sägt schon an seinem Ast, auf dem er selber sitzt.
Lehrlinge sind im Moment in! Die wehren sich nicht, sind auch nicht mit einer Lobby abgesichert, also drauf!
Zum Schluss, wie Du selber sagst, Du suchst absolute Topleute, aber willst für deren Ausbildung nichts auf den Tisch legen.
So geht es aber nicht, jeder will für seine Leistung bezahlt werden, auch ein Lehrling, denn er bringt auch eine Leistung, die für den Betrieb Gewinn abwirft.
Wenn das nicht willst, dann musst Dir auch was für eine Hochschulausbildung was einfallen lassen, die jedem Steuerzahler gewaltig was kostet, denn Hochschulen kosten irre Geld an Unterhaltung, oder?
Gruss
Gerd