Deutung von Arbeitszeugniss

Hallo,
könnt ihr mir mal folgendes Zeugniss deuten? Ist hier etwas negatives oder etwas was nicht gut ist / fehlt?

Vielen dank im vorraus.


Zeugnis
Herr Armin P*, geboren am 17.07.1982, war vom 14.02.2011 bis zum 15.05.2012 als Messtechniker in unserem Unternehmen tätig.
Muster0 GmbH ist ein Dienstleistungsunternehmen für den Auftraggeber Muster1 GmbH und spezialisiert sich auf die Durchführung von Messungen, unter anderem für Telekommunikationsunternehmen.

Herr P* war für das Projekt des Kunden *** LTE-Mobilfunk Messungen und Kontrolle verantwortlich. Zu seinem Aufgabengebiet gehörte im Wesentlichen die Identifizierung und Ermittlung eines geeigneten Messpunktes sowie das Starten einer Messung. Darüber hinaus zählten zu seinen Aufgaben im Einsatz die Teamleitung sowie die Einweisung des Fahrers, das Navigieren der Route und die Festlegung eines entsprechenden Standortes für das Fahrzeug mit passenden Messwerten.
In dieser Position war er außerdem für folgende Tätigkeiten zuständig:
Prüfen, Durchführen und Aufzeichnen der Messungen
Problemlösung von auftretenden technischen Fehlern am Computer oder Messequipment, auch in englischer Sprache
Anlernen neuer Arbeitskräfte
Selbstständige Reiseplanung mit Übernachtungen sowie Reisekostenabrechnung
Bereitschaftsdienst zu Sondereinsätzen

Herr P* verfügt über ein gutes und umfassendes Fachwissen, das er auch bei schwierigen Aufgaben effektiv und erfolgreich einsetzte. Durch die Teilnahme an Seminaren erweiterte und aktualisierte Herr P* eigeninitiativ seine Kenntnisse. Das hierdurch erworbene Wissen setzte er zielstrebig bei der Erledigung seiner Aufgaben um.
Seine sehr gute Auffassungsgabe ermöglichte es ihm, auch schwierige Situationen sofort zutreffend zu erfassen. Besonders hervorzuheben ist seine Fähigkeit, jederzeit optimale Lösungen zu finden.
Herr P* war jederzeit offen und interessiert an neuen Herausforderungen. Gern und bereitwillig übernahm er auch zusätzliche Aufgaben, die über seinen gewöhnlichen Arbeitsbereich und die übliche Arbeitszeit hinausgingen.
Herr P* war ein sehr engagierter Mitarbeiter, der besonders durch seine hervorragende Leistungsbereitschaft überzeugen konnte. Auch in Zeiten größerer Arbeitsbelastung bearbeitete Herr P* seine Aufgaben äußerst zielgerichtet. Sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht erzielte er immer gute Arbeitsergebnisse.

Herr P* ist zudem ein sehr umsichtiger, verantwortungsbewusster und gewissenhafter Mitarbeiter. Er war äußerst zuverlässig und genoss unser volles Vertrauen.
Herr P* bewältigte seinen Aufgabenbereich stets zu unserer vollen Zufriedenheit. Sein kollegiales Wesen sicherte ihm immer ein gutes Verhältnis zu Vorgesetzten und Mitarbeitern. Im Umgang mit Kunden war er jederzeit freundlich und respektvoll.
Aus betriebsbedingten Gründen wurde das Arbeitsverhältnis mit dem heutigen Tag beendet. Wir bedauern diese Entwicklung sehr, da wir mit Herrn P* einen guten Mitarbeiter verlieren. Wir danken ihm für seine Arbeit und wünschen ihm für die Zukunft weiterhin Erfolg und persönlich alles Gute.

Nicht gut
Hallöchen,
zuerst mal Danke von mir an einen der Wenigen, die auf Anhieb die FAQ gelesen und korrekt angewandt haben :smile:

Für mich liest sich die Aufgabenbeschreibung sehr zwiespältig.
Armin war etwas über ein Jahr beschäftigt, dann lernt er schon - als einem Schwerpunkt seiner Tätigkeit - Mitarbeiter an.
Ohne Armin’s Karriere zu kennen, gibt das für mich zwei Interpretationen:

  • Entweder kann’s mit dem gesamten Inhalt der Tätigkeit nicht so weit her sein, weil man schon nach weniger als einem Jahr Leute anlernen kann - und das auch noch ohne allzu tief in den Inhalten drin zu sein

  • Oder Armin hat irgendwie nicht so sehr das getan, was seine Stellenbeschreibung vermuten läßt, weil ein Teamleiter eigentlich nicht so sehr der Mensch für’s detaillierte Inhaltliche sein sollte

Es klingt auch komisch, dass man hier einen Teamleiter vor sich hat, dessen Aufgabe „das Einweisen des Fahrers und Navigieren der Route sowie die Festlegung des Standorts“ sein soll. Das klingt für mich jetzt so nach „Fahr los, jetzt links abbiegen, stop“ - also eher nach jemandem, der wegen der Entdeckung des Navis wegrationalisiert wurde.

Das mit dem „im Wesentlichen … das Starten der Messung“ macht es nicht besser, auch wenn ich Laie bin, klingt es für mich so nach „Er weiß sogar, wo man mit der Maus klicken muss, damit das Programm startet“.

Selbstständige Reiseplanung mit Übernachtungen sowie Reisekostenabrechnung

Was soll das in diesem Kontext?
Das klingt jetzt in dieser Formulierung direkt nach „Hat auf Firmenkosten einen drauf gemacht“ - Ergo läßt grüßen.
Wenn, dann könnte man sagen, er hatte Verantwortung für die Einsatzplanung, auch außerorts. Ebenso „Kostenstellenverantwortung“.

Bereitschaftsdienst zu Sondereinsätzen

Das ist keine Tätigkeitsbeschreibung, sondern wird normalerweise in der Kategorie „Arbeitspensum“ aufgeführt.

Herr P* verfügt über ein gutes und umfassendes Fachwissen, das er auch bei schwierigen Aufgaben effektiv und erfolgreich einsetzte.

Das ist eher im 3er Bereich, insbesondere für einen Teamleiter hätte man mindestens ein „stets effektiv“ erwartet, wenn schon kein „sehr gutes Wissen“.

Durch die Teilnahme an Seminaren erweiterte und aktualisierte Herr P* eigeninitiativ seine Kenntnisse.

Was soll die Formulierung „eigeninitativ“?

Das hierdurch erworbene Wissen setzte er zielstrebig bei der Erledigung seiner Aufgaben um.

Wie setzt man Wissen um?

Seine sehr gute Auffassungsgabe ermöglichte es ihm, auch schwierige Situationen sofort zutreffend zu erfassen.

Ermöglichte - in der Praxis ist es aber doch oft schiefgelaufen …

Besonders hervorzuheben ist seine Fähigkeit, jederzeit optimale Lösungen zu finden.

Beißt sich gerade mit dem obigen nicht „sehr“ effektiven Einsatz von Talent.

Herr P* war jederzeit offen und interessiert an neuen Herausforderungen. Gern und bereitwillig übernahm er auch zusätzliche Aufgaben, die über seinen gewöhnlichen Arbeitsbereich und die übliche Arbeitszeit hinausgingen.

Hat sich mehr für anderer Leut’ Tätigkeiten als für einen eigenen Kram interessiert. Fehlplatziert?

Herr P* war ein sehr engagierter Mitarbeiter, der besonders durch seine hervorragende Leistungsbereitschaft überzeugen konnte.

Wenn schon die Ergebnisse Sch* waren, war er doch wenigstens leistungsbereit.

Auch in Zeiten größerer Arbeitsbelastung bearbeitete Herr P* seine Aufgaben äußerst zielgerichtet.

Wurde er auch ab und zu mal fertig?

Sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht erzielte er immer gute Arbeitsergebnisse.

Klingt gut, aber passt nicht ganz.

Herr P* ist zudem ein sehr umsichtiger, verantwortungsbewusster und gewissenhafter Mitarbeiter.

Stützt die These, daß er’s mit dem Fertigwerden bzw. Arbeitstempo nicht so hatte.

Er war äußerst zuverlässig und genoss unser volles Vertrauen.
Herr P* bewältigte seinen Aufgabenbereich stets zu unserer vollen Zufriedenheit.

Arbeitspensum = unter aller Kanone.

Sein kollegiales Wesen sicherte ihm immer ein gutes Verhältnis zu Vorgesetzten und Mitarbeitern.

Klingt auch besser als es ist.

Im Umgang mit Kunden war er jederzeit freundlich und respektvoll.

Geschätzt hat ihn aber von den Kunden trotzdem niemand.

Aus betriebsbedingten Gründen wurde das Arbeitsverhältnis mit dem heutigen Tag beendet.

Wow, dem Unternehmen muss es ja richtig dreckig gehen, dass man so eine wertvolle Person nicht wenigstens bis zum Monatsende beschäftigen kann.
Gut, „Monatsmitte“ ist auch ein „gerades“ Datum, aber ich würde hier wirklich annehmen, dass der „betriebsbedingte“ Grund war, dass man jemand Anderes gefunden hat.

Wir bedauern diese Entwicklung sehr, da wir mit Herrn P* einen guten Mitarbeiter verlieren.

*hüstel*

Wir danken ihm für seine Arbeit und wünschen ihm für die Zukunft weiterhin Erfolg und persönlich alles Gute.

Wohlgemerkt, die Arbeit war nicht „wertvoll“, nicht einmal „geleistet“.

Fehlt nur noch, dass nichtmal der Chef unterschreibt.

___________

Alles in Allem drängt sich für mich Folgendes Bild auf:
Armin konnte das, was er tun sollte, nicht vernünftig. Er war völlig fehlplaziert. Es gibt nichts Konkretes, was man als Erfolg erwähnen könnte.
Er arbeitet viel zu langsam und versuchte das dadurch zu kompensieren, dass er sich in Dinge einmischte, die ihn gar nichts angehen.
Vermutlich hat er seinen Kollegen mit seinem „Guckt mal was für tolle Sachen ich doch weiß“ den letzten Nerv getötet.

Würde sich Armin mit diesem Zeugnis bei mir bewerben, wäre das Schreiben sofort bei „Absage“ plaziert.

Mit dem Zeugnis sollte man schleunigst einen Fachanwalt aufsuchen.

Gruß,
Michael

Hallo,
vielen dank für deine schnelle und SEHR ausführliche Antwort.

Also ich muss sagen es läst sich zwischen den Zeilen doch viel mehr rauslesen als ich so sehe. Warum muss das alles nur so schwer sein…

Du hast muss ich sagen wirklich einige sachen richtig gedeutet aus der Arbeitsbeschreibung TOP! Das mit der wie es der Firma geht stimmt auch, der ehemalige Chef ist nun ins Krankenhaus eingeliefert worden und der (bei meinem ausschied) eingekaufte Chef stehen grad die Haare zum Kopf da die Bücher nicht richtig geführt wurden, keine Aufträge mehr von Kunden kommen und da noch 2 Mitarbeiter gegangen sind.

„Das klingt für mich jetzt so nach „Fahr los, jetzt links abbiegen, stop“ - also eher nach jemandem, …“ stimmt auch! Denn nur der Messtechniker konnte laut Karte sehen wie die Station sendet und danach musste der Fahrer navigiert werden.

„Fehlt nur noch, dass nichtmal der Chef unterschreibt.“ So wird es auch sein da dieser noch immer in ärztliche Behandlung ist und auf unbestimmte Zeit sein amt als Geschäftsführung niedergelegt hat.

nochmals vielen dank für deine Antwort

Gruß Armin

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