Hallo Manucho,
Du hast vermutlich Recht: viele solcher Diabetiker Szenen werden ohne ärztlichen Beistand geschrieben (man muss das ja Beistand nennen, bei dem Quatsch, der da produziert wird).
Auch Deine Vermutung stimmt zum größten Teil:
- Unterzucker tritt unverhoffter ein als ein Überzucker (was die Übersetzung von Hyperglykämie ist). Bis jemand im UZ umkippt dauert es u.U. nicht lange - ist aber sehr davon abhängig, welchen mittleren Blutzucker (BZ) derjenige gewohnt ist. Ist der mittlere BZ in der Regel niedrig, wird ein UZ meist später bemerkt, also bei niedrigerem BZ erst festgestellt. Ist der mittlere BZ höher, empfindet man schon bei einem an und für sich normalen BZ in Flattern.
Egal wie: ohne vorherige BZ-Messung sollte nie agiert werden, weil Symptome von Hypo- und Hyperglykämie durchaus deckungsgleich sein können - da hätten wir den ersten und häufigsten Regiefehler - ich habe noch nie eine BZ-Messung im Film gesehen…
Ist es ein UZ und der Betroffene ist bei Bewusstsein, sollte man ihm reinen Obstsaft oder normal gesüsste Limonade (Cola, Pepsi, Fanta, …) geben - keine Light-Getränke. Saft deshalb, weil aufgrund des UZ der Magen blockiert sein kann und als Tabletten aufgenommener Zucker/Kohlenhydrate (KH) dadurch viel langsamer aufgenommen werden.
Ist es ein UZ und der Betroffene ist NICHT bei Bewusstsein: stabile Seitenlage - und intravenöse Injektion von Glukose durch einen Arzt. Es gibt noch die Möglichkeit der intramuskulären Injektion von Glukagen durch Angehörige. Dafür gibts fertige Sets bei denen man das Pulver in der Ampulle der fertigen Spritze mit dem beiliegenden Flüssigkeit mischt und die Spritze durchaus durch die Hose in den Oberschenkel senkrecht setzt. (auch das habe ich im Film noch nie gesehen!!).
Nur bei festgestellter Hyperglykämie muss man Insulin subkutan spritzen, im Extrem-Stadium kann Insulin auch intravenös gespritzt werden, das darf aber nur ein Arzt machen!! Und - meiner Meinung nach - auch nur ein Diabetologe, weil sich die Wirkungsweise massiv ändert, ich weiß aber nicht genau ob nun erheblich schneller oder sehr viel kräftiger oder vielleicht auch nicht wesentlich anders als bei subkutaner Injektion.
Das langsam ins Koma sinken, spricht m.E. eher für einen UZ als für eine Hyperglikämie, daher ist Insulingabe das allerfalscheste. Aber wie gesagt, erst eine BZ-Messung sagt wirklich aus, was aktuell los ist.
Ich weiß nicht, was in den Szenen gespielt wird, meine aber, dass oft gar nicht „gesagt“ wird, was sie da gespritzt bekommen. Könntest Du das gespritzte „Insulin“ dazuempfunden haben, obwohl es nicht benannt war?
Wie dem auch sei, derartige Szenen sind sehr, sehr oft höchst fragwürdig und vermitteln ein falsches, viel zu dramatisches Bild des Diabetes-Habens. Was nämlich fehlt (fehlen muss) ist, das Empfiden der Betroffenen nach solch einem Hilfseingriff durch Dritte: Das ist nämlich alles andere als toll und vor allem ist es sehr belastend.
Insgesamt müsste man wirklich den Drehbuchautoren mal ärztliche Beratung angedeien lassen.
Aber strotzt nicht auch nahezu jeder Tatort vor Regiefehlern?? Da gibt es schier unnatürliche Verhaltensweisen der Herren (und Damen) Kommissare alle Nase lang und Standortwechsel mit Tageszeitenwechseln, die ebenfalls nicht nachvollziehbar sind.
Noch eine Frage: Woher rührt Dein Interesse? Wills Du einen Film drehen, machst Du eine Analyse oder beschäftigst Du Dich (zwangsweise) mit Diabetes?
Hoffe, ich habe erklären können.
Liebe Grüße
Angela