Die Chinesen und das 'R'

Hallo,

wollte schon lange mal wissen, wie eigentlich das Gerücht aufkam, dass die Chinesen kein „R“ aussprechen können und stattdessen „L“ sagen sollen?
Kann nicht stimmen, denn bei Olympia waren chinesische Sportler mit „R“ im Namen dabei, außerdem bin ich im Atlas über die chinesische Stadt Rongcheng gestolpert.

Wel weiß was?

Gluß
Lawlence

Sei geglüßt, Lawlence! :wink:
Es ist nicht nur ein Gerücht, das passiert auch im richtigen Leben, allerdings ein wenig anders…

Die Chinesischen haben einen Laut, den sie in der gängigen Pinyin-Umschrift mit „R“ umschreiben. Ausgesprochen wird er in etwa zwischen einem amerikanischem R („Rrrrreally…“) und einem französischen J („Jacques“). Die genaue Aussprache schwankt je nach Subdialekt, aber meist ist’s irgendwo dazwischen. Das chinesische L ist dagegen ein ganz gewöhnliches L, wie wir es auch kennen.

Die Stadt Rongcheng wird daher wie eine Mischung aus engl. „Roong-chang“ und frnz. „Joung-tcheung“ gesprochen.

Nun ist’s so, dass beide Laute relativ weit von den „normalen“ R-Lauten aus den eurasischen Sprachen entfernt sind, das chinesisch L wird aber an der selben Stelle im Mund artikuliert wie ein spanisches, italienisches oder russisches („gerolltes“) R. Zumindest für diese Sprachen ist daher die Aussprache mit L logischer, weil phonetisch näher.

Warum das auch für Englisch, Französisch und Deutsch gilt, weiß ich nicht genau, wahrscheinlich hat sich die R>L-Aussprache auf generell alle ausländischen Sprachen ausgeweitet.

Interessant ist, dass viele Deutsch lernende Chinesen eigentlich fast mehr Probleme mit unserem L am Wortende haben, da es sowas im Chinesischen nicht gibt, wohl aber ein auslautendes chinesisches R. Deswegen sprechen manche Chinesen den Namen Ralf wie „Larf“ aus oder sagen statt Milch „Mirsh“.

Weiß nicht, ob dir das ars Erklärung leicht. =)

  • André

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Hi Lawlence :wink:

wollte schon lange mal wissen, wie eigentlich das Gerücht
aufkam, dass die Chinesen kein „R“ aussprechen können und
stattdessen „L“ sagen sollen?

Im Chinesischen gibt es keinen Laut, der dem deutschen „R“ gleicht. Im Chinesischen gibt es einen „L“-Laut, aber kein „R“.

Im Bereich der Sprachforschung gehören „R“ und „L“ in die gleiche Laut-Klasse. Man nennt sie Liquide. Und weil sich die beiden Laute ähneln, setzen Chinesen da, wo sie ein deutsches „R“ sprechen sollten, ein „L“ ein. Ihnen ist das deutsche „R“ völlig fremd. Sie müssen erst lernen, wie man es ausspricht.
Das heisst aber nicht, dass sie es eben nicht lernen können.
Ich schätze, es ist für sie genau so Übungssache wie für uns das englische ‚th‘ oder das spanische ‚J‘

Gruss
ExNicki

Hallo Andre, hallo alle anderen,

also ich glaube nicht, dass es zwingend die R>L als Richtung sein muss, es kann genau so gut anders herum sein. Wenn man L>R ansetzen würde, dann würde das bedeuten, dass der L-Laut älter als der R-Laut ist. Und dass dem so sein könnte, dafür gibt es etliche Hinweise.

So kennt das Baskische z.B. (außer in modernen Fremdwörtern wie Radio) kein R am Wortbeginn (im Wortinneren oder am Wortende aber schon.

Um jetzt gleich den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen: man muss gar nicht ins Baskische gehen um diesen R-L-Wechsel zu finden, sondern es genügt die bayerische Aussprache des Ortes „Ruhpolding“. Einheimische sagen nämlich „Ruaperting“. Schriftlich nachgewiesen ist für die Einöde Jepolding bei Massing an der Rott (Bayern, bei Erding) die Namensform Irperding.

Somit hat es auch in unseren Breiten in der Vergangenheit diesen R-L-Wechsel gegeben. Ich bin mir aber keineswegs sicher, ob diese von mir angeführten Beispiele irgendwelche Rückschlüsse auf die Frage zulassen, welcher Laut (R oder L) der ältere ist. Ich denke eher, dass es ein in beide Richtungen offener Prozess war.

Einen schönen Abend an alle

wünscht

Alexander

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Hallo,
Nette Theorie. Trifft aber nicht zu, da es in den indo-europäischen Sprachen schon immer beide Laute gab, sowohl R als auch L. Die beiden Laute sind auch fürs Proto-Indo-Europäische rekonstruiert. Bei den sino-tibetischen Sprachen ist das was anderes. Ich weiß nicht, was dort zugrundeliegt und ob es im Proto-Sino-Tibetischen beide Laute gegeben hat. Das Tibetische hat R und L, das Mandarin auch, die meisten anderen chinesischen Sprachen (Kantonesisch, usw.) aber nicht, soweit ich weiß.

Und dass Baskisch kein R am Wortanfang hat, sagt eigentlich nichts über die Existenz dieses Lautes in dieser Sprache aus.

Grüße,

  • André

Hi,

ich kann es fürs Chinesische nicht sagen, aber bei den Thais ist es tatsächlich so, dass viele das „R“ nicht sprechen, sondern stattdessen „L“ (außer bei den Südthais) und das, obwohl beide Buchstaben in der Sprache existieren und auch bedeutungsunterscheidend sind. So heißt bspw. das thailändische Wort für Gebäude „rong“ (vielen Reisenden aus dem Wort „rong raem“ für Hotel bekannt) und das Wort für Sarg „long“. Das hindert die Thais nicht daran, das Gebäude „long“ auszusprechen. Nur ein Beispiel…

Von daher haut auch Dein

Kann nicht stimmen, denn bei Olympia waren chinesische
Sportler mit „R“ im Namen dabei,

nicht ganz hin.

Diese sprachliche Verwirrung führt sogar soweit, dass viele Thais nicht mehr genau wissen, mit welchem Buchstaben ein Wort geschrieben wird und es viele entsprechende Rechtschreibfehler auch im thailändischen Schriftgebrauch gibt.

Aber das ist nicht die einzige sprachliche Besonderheit. „L“ am Ende eines Wortes wird wie „N“ ausgesprochen, „X“ am Ende wie „K“ und „J“ am Ende wie „D“. So wird dann aus einem „Hotel Rex“ das „Hoten Lek“. Kein Scherz!

Schöne Grüße
Burkhard

Hallo,

bei den Thais habe ich erlebt, dass sie wohl nur mit dem englisch „r“ ein Problem haben.

Das vorne gerollte „r“ (von Carrrolin Rrreiber) können sie aber sehr gut aussprechen, z.B. „rong“ für „hundert“.

Chrissie

Hallo,

wollte schon lange mal wissen, wie eigentlich das Gerücht
aufkam, dass die Chinesen kein „R“ aussprechen können und
stattdessen „L“ sagen sollen?
Kann nicht stimmen, denn bei Olympia waren chinesische
Sportler mit „R“ im Namen dabei, außerdem bin ich im Atlas
über die chinesische Stadt Rongcheng gestolpert.

Wel weiß was?

Gluß
Lawlence

Sei geglüßt, Lawlence! :wink:

Ich lerne seit vielen Jahren chinesisch und war auch jahrelang mit Chinesen und Japanern bei der Arbeit im Büro zusammen. Ich habe mich auch vor Jahren schon mit genau dieser Frage beschäftigt.

Tatsächlich ist es so, daß die Chinesen jeden Tag beide Laute richtig aussprechen.
Chiesisch Li ist ein bekannter Familienname
Lü, Long, Ling usw usw
Riben Ren ein Japaner

Das hält die und auch die Japaner aber nicht davon ab, die beiden durcheinanderzubringen.
Die sagen allerding nicht so etwas wie: :Sei geglüßt, Lawlence! sondern umgekehrt sprechen ein R wenn es ein L sein soll.
Oftmals bringen sie einen Laut hervor, der zwischen den beiden liegt!
Und ich habe häufig Mails bekommen, in denen die Rede vom Internet Exproler war!

Das hält die und auch die Japaner aber nicht davon ab, die
beiden durcheinanderzubringen.

Ich meinte natürlich nur, wenn sie Englisch oder Deutsch sprachen.

Ja, das stimmt. Aber es ist nicht ganz ohne Muster. Also nicht bloße Verwechselungen, sondern meist ein Zusammenhang mit der Position des R/L in der Silbe. Quasi phonotaktisch bedingte Tendenzen… „Exproler“ kann ich mir gut vorstellen, das von einer Chinesin zu hören. Ist auf jeden Fall mal 'ne genaue Untersuchung wert. :smile:

Es kennt wahrscheinlich keiner, aber es gab mal eine grandiose britische Comedyserie namens Mind Your Language, in der eine Chinesin vorkam, die beim Englischsprechen R und L einfach vertauscht hat. Sie sprach dann immer vom „gleat and grolious chailman Mao“ und so…
Hier kann man sich einen Ausschnitt angucken; bei ca. 1:55 fängt die Chinesin an zu sprechen:
http://www.youtube.com/watch?v=PJ1jbR4LsMg&feature=r…

Grüße,

  • André