Die Enzymkette von Eisen zu Hämoglobin

Hallo Fachleute,

wer kann mir mal die Enzymkette von einem Organismus zugeführten Nahrungsmitteln mit Eisen bis hin zu dem Hämoglobin (Häm, das Ergebnis der Kette) erklären - und wie man bei Fehlfunktionen in der Kette herausfinden kann, welches Glied in der Kette die Fehlfunktion ist ?

Erklärung: Ich habe eine Bekannte, die Pyphorie (Typ AIP) hat. Dabei stimmt etwas in der Eisenresorption nicht, ist genetische Sache.
Wir würden nun aber gern herausfinden, was genau in der Enzymkette Schuld daran hat und dann evtl. mit gezielter Ernährung oder auch mit chemischen Hilfsmitteln versuchen, einen Ersatz zu finden, der die Aufgabe des fehlenden oder defekten Enzyms übernehmen kann.
Wir haben schon herausgefunden, dass bei ganz bestimmten Formen der Krankheit Chlorophyll (das Pflanzengrün) diese Aufgabe übernehmen kann. Damit ist uns aber nicht geholfen. Wir möchten im ersten Schritt die gesamte Enzymkette erst einmal verstehen lernen, dann im 2. Schritt das fehlende oder nicht funktionierende Enzym identifizieren (anhand der entstehenden Reststoffe) und erst im 3. Schritt das genau fehlende Enzym ersetzen können.

Gruss
ANDY

Hallo Andy,

AIP heißt „akute intermittierende Porphyrie“. Das ist eine genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung der Biosynthese von Häm. Häm wird in mehreren Schritten gebildet; jeder Schritt wird von einem Enzym katalysiert. Das Problem bei AIP liegt darin, dass ein Enzym dieses Syntheseweges (die Porphobilinogen-Deaminase) eine reduzierte Aktivität aufweist. Akute Porphyrieattacken treten auf, wenn die Hämsynthese durch Medikamente, Alkohol oder Infektionen gesteigert wird und sich die Vorstufen des Häm „stauen“.

Glycin + Succinyl-CoA werden vom Enzym 5-Aminolävulinatsynthase zu 5-Aminolävulinat umgesetzt.

Zwei Moleküle 5-Aminolävulinat werden von dem Enzym 5-Aminolävulinsäure-Dehydrogenase (=Porphobilinogen-Synthase) zu einem Porphobillinogen umgesetzt.

Man braucht jetzt vier Moleküle Porphobillinogen, die werden von dem Enzym Porphobilinogen-Deaminase zu 4 reaktiven Molekülen.

Das Enzym Uroporyhrinogen-Synthase III katalysiert den Ringschluss zum Uroporyhrinogen III.

Das Enzym Uroporyhrinogen-Decarboxylase ändert noch Seitenketten ab, es entsteht das Coporphyrinogen III.

Das Enzym Coporphyrinogen-Oxidase katalysiert zwei oxidative Decarboxylierungen zum Protoporphyrinogen IX.

Das Enzym Ferrochelatase fügt nun das Fe2±Ion ein und vollendet die Häm-Biosynthese.

Ich bin keine Ärztin sondern Biologin und habs mir grad selber angelesen und versucht zu vereinfachen. Also nimm meine Antwort bitte nicht als ultimative Wahrheit :smile:
Schönen Gruß

Hallo Lebkuchenmädel,

danke, das war doch schon recht gut erklärt, so als grundsätzliche Erklärung der Kette.
Hast Du vieleicht noch eine Quelle für mich, wo ich mehr Infos bekomme?

Besten Dank und viele Grüsse
ANDY

Hallo Andy,
ich hab´s zusammengesammelt aus Wikipedia, dem deutschen Ärzteblatt und dem Campbell (ein Biobuch)und dem Harold Hart (ein Chemiebuch).
LG

Hallo Lebkuchenmädel,

ich habe durch die Stichworte in Deiner Antwort nun auch jede Menge Sachen gefunden. Wir sind dadurch sogar schon auf den Verursacher gestossen, das PBG bei AIP.
Das hat uns schon ein ganzes Stück weiter gebracht.

Also besten Dank nochmal
und beste Grüsse
ANDY

Hallo Andy,

du hast Recht, das Porphobillinogen scheint wohl von den ganzen „übrig gebliebenen“ Vorstufen des Häm die meisten Probleme zu machen. Das Zeug lagert sich wohl in Organen oder der Haut ab, außerdem kann es wenn´s ganz viel wird über den Urin oder Stuhl ausgeschieden werden (Rotfärbung).

Der Regelmechanismus dieses Syntheseweges läuft über die Hemmung des Enzyms 5-Aminolävulinatsynthase. Also, wenn ausreichend viel Häm vorhanden ist, wird das erste Enzym des Syntheseweges runterreguliert und somit weniger produziert. Da aber erst das Endprodukt (das Häm) der ganzen Synthesereihe diese Regulation machen kann ist die Regelung außer Kraft gesetzt, wenn irgendein Zwischenschritt nicht funktioniert (die Porphobilinogen-Deaminase).

Schöne Grüße

hallo Lebkuchenmädel,

ja, das scheint so zu passen. Es gibt aber offenbar mehrere Arten von Abfallstoffen, die bei AIP entstehen können.
Die Patientin hat zu wenig und zu kleine rote Blutkörperchen, dafür ist als Reststoff ein erhöhter Wassergehalt im Körper vorhanden. Das H2O ist in einer Tabelle über die Enzymkette auch genau so in www.laborlexikon.de als Abfallstoff bei AIP beschrieben.

Im Prinzip haben wir die Enzymkette jetzt verstanden und das fehlerhafte (unzureichend funktionierende) PBG identifiziert. Mit dem müssen wir uns jetzt beschäftigen und herausfinden, ob es möglich ist einen Ersatzstoff für das PBG zu finden, den man irgendwie einschleusen kann. Alternativ könnte man auf andere Weise die Bildung des Endproduktes Häm verbessern.
Interessant und lustig ist, dass das Dopingmittel EPO zu erhöhter Häm Bildung führt, aber das wollen wir der Patientin doch besser nicht zumuten :wink:)

Gruss ANDY

Hallo Andy: EPO (Erythropoietin) ist ein körpereigenes Hormon, dessen Funktion die Anregung der Häm-Bildung ist. Ist eine zusätzliche EPO-Gabe im Falle einer Krankheit sinnvoll, sollte ma(n) nicht mit Ächtung als Dopingmittel reagieren. Engagiert einen guten Arzt der den Überblick über die ganze Biochemie hat. Gruss. Paul
Alternativ könnte man auf

andere Weise die Bildung des Endproduktes Häm verbessern.
Interessant und lustig ist, dass das Dopingmittel EPO zu
erhöhter Häm Bildung führt, aber das wollen wir der Patientin
doch besser nicht zumuten :wink:)
Gruss ANDY

Hallo Paul,

nee, ist schon klar.
Die Patientin bekommt auch EPO bei akuten Anfällen, wenn ihr Hb unter 5.5 gesunken ist. Aber das ist eben keine dauerhafte Lösung, sondern nur Notfallmedizin. Es zeigt nur die Hilflosigkeit und Unfähigkeit der Medizin, mehr nicht.
Wir versuchen dagegen das System der Enzymkette anzugehen, den Mechanismus verstehen, die Regelkette zu begreifen und einen Ersatz- oder Unterstützungs-Stoff für das nicht richtig funktionierende PBG zu finden.

Gruss ANDY

Hallo Andy,
du hast geschrieben „… nicht richtig funktionierende PBG zu finden.“
Bei AIP-Patienten ist aber das PBG (=Phosphobilinogen) in Ordnung, das Problem ist die PBG-Desaminase. Die PBG-Desaminase ist das Enzym, welches vom PBG die Abspaltung von Ammoniak durchführt (bzw. bei AIP-Patienten: „durchführen sollte“).

Zur Behandlung: es sieht so aus, als würde hauptsächlich versucht, Auslöser von akuten Porphyrieattacken zu meiden. Falls das mal schiefgeht, versucht man, das erste Enzym der Kette, die 5-Aminolävulinatsynthase (=5-ALA) durch Gabe von Häm „abzuschalten“. Man nutzt hier also den normalen Regelmechanismus des Biosyntheseweges aus.

Sehr viele Texte zu diesem Thema zitieren diesen Artikel:
http://www.akuteporphyrie.de/AkutePorphyrie1997.pdf
Ich hoffe, ihr findet einen guten Arzt.
LG

Hallo Lebkuchenmädel,

danke für das Dokument, welches allerdings auch schon 13 Jahre alt ist. Da wird sich doch sicher in der Zeit etwas getan haben. Ich recherschiere da auch weiter.
In die Medizin setze ich da nicht viel Hoffnung. Zum einen hatten die Mediziner schon über 30 Jahre Zeit, sich mit der Patientin zu beschäftigen und haben nur Notfall-Lösungen. Zum anderen scheint das Konzept der Interdisziplinären Handlungsweise (z.B. mit Biologen und Geneforschern) noch nicht bis zu den Medizinern durchgedrungen zu sein.
Nein, ich denke, dass wir uns da erstmal selbst helfen müssen. Ich werde mir ein bestimmtes, Ihnen sicher auch bekanntes Simulationsprogramm für Computer beschaffen und versuchen die Enzymkette darin abzubilden, zu simulieren und versuchen herauszufinden, was passiert wenn man an welchen „Stellschrauben“ dreht - und das unter Umgehung oder Ersatz der PBG-Desaminase.
Erst wenn wir da eine brauchbare und dauerhaft anwendbare und möglichst sanfte Lösung gefunden haben, suchen wir uns einen Mediziner, der das nachvollziehen und bestätigen kann.

Zur Behandlung: es sieht so aus, als würde hauptsächlich
versucht, Auslöser von akuten Porphyrieattacken zu meiden.
Falls das mal schiefgeht, versucht man, das erste Enzym der
Kette, die 5-Aminolävulinatsynthase (=5-ALA) durch Gabe von
Häm „abzuschalten“. Man nutzt hier also den normalen
Regelmechanismus des Biosyntheseweges aus.

Das sieht aber eher aus als würde man genau das Gegenteil tun.

Gruss ANDY

.

Hallo Andy,
was meinst du damit:
„Das sieht aber eher aus als würde man genau das Gegenteil tun.“ ?

In dem Artikel steht:
„Akute Porphyrieattacken werden durch Gabe von Glukose behandelt, das die d-ALA-Synthase hemmt (sogenannter Glukoseeffekt). Spricht der Patient nicht ausreichend auf Glukose an, so ist die Gabe von Häm-Arginat (Normosang, seit kurzem in Deutschland vertrieben) angezeigt. Durch die Zufuhr von Häm wird das erste Enzym der Hämsynthese und damit die Bildung von PBG gehemmt.“

Und laut Wikipedia: „Im akuten Schub kommen als medikamentöse Therapie Glukose-Infusionen (20 g/h bzw. 500 g/Tag) sowie Hämin (Normosang)zur Anwendung.“

Wenn man mal Wikipedia als meist halbwegs aktuell annimmt, passt es doch gut mit der Therapie-Aussage des Ärzteblattes und meiner Zusammenfasssung zusammen.

Schöne Grüße

Hallo Lebkuchenmädel,

was meinst du damit:
„Das sieht aber eher aus als würde man genau das Gegenteil
tun.“ ?

Also, ich habe es bisher so verstanden, dass gerade zu wenig Häm gebildet wird (zu kleine und zu wenig rote Blutkörperchen, Hb-Werte unterhalb 12, u.s.w.).
Wenn ich nun unter Ausnutzung der Regelkette Häm zuführe und damit das erste Enzym der Synthese hemme, dann wird ja noch weniger Häm selbst gebildet. Klar ist schon, dass dadurch auch der Stau von PBG gemindert (oder unterbunden) wird. Aber bedeutet das nicht gleichzeitig, dass die Kette selbst noch weniger in der Lage ist, eigenes Häm zu bilden?

"Akute Porphyrieattacken …

Ich glaube, hier haben wir uns missverstanden. Um die geht es mir garnicht, sondern um eine annähernde Normalisierung des Verlaufs der Synthese (z.B. mittels eines Hilfs- oder Ersatzstoffes für das PBG-D) und damit um die ausreichende Bildung von Häm und die Abfuhr der Restprodukte des gestauten PBG - und das dauerhaft.
Die genannten Medikamente bei akuten Attacken sind bekannt, sind aber eben keine dauerhafte Lösung, sondern IMO sogar kontraproduktiv.

Und laut Wikipedia: …

Ich denke, Wikipedia sollten wir nicht als verlässliche Quelle betrachten. Im technischen Bereich steht fest, dass gerademal 50% der Infos auf Wikipedia verlässlich zutreffend sind. Ich habe keinen Grund anzunehmen, dass das im Bereich Medizin und Biologie anders sein sollte.
Da verlassen wir uns doch besser auf Fach-Foren, die Datenbänke von Universitäten und andere fachlich qualifizierte Quellen. Das von Dir geschickte 13 Jahre alte Dokument ist trotzdem recht gut und wohl immer noch aktueller Stand.

Gruss ANDY

Hallo Andy,

Aber bedeutet das nicht gleichzeitig, dass die Kette selbst noch
weniger in der Lage ist, eigenes Häm zu bilden?

Stimmt, allerdings war mir das Problem mit dem niedriegen Hb-Wert bisher gar nicht so bewußt. In den Texten, die ich bisher zu dem Thema gelesen habe, wurde das gar nicht als Symptom von AIP-Patienten erwähnt.

"Akute Porphyrieattacken …

Ich glaube, hier haben wir uns missverstanden.

Stimmt. :smile:
Du hast ja eigentlich von Anfang an geschrieben, dass du das Übel an der Wurzel packen willst. Da ich bisher aber immer nur von den „bösen“ Schüben gelesen habe und der Verlauf sonst als „latent“ bezeichnet wurde, war und ist mir noch nicht klar, wie sich die Krankheit zwischen den Schüben bemerkbar macht.

Das von Dir geschickte 13 Jahre alte Dokument ist
trotzdem recht gut und wohl immer noch aktueller Stand.

Das Wikipedia-Zitat diente nur dazu, einen groben Eindruck von der Aktualität der Therapieempfehlung zu bekommen.

Liebe Grüße und vielen Dank für den Impuls, mich mal mit diesem Thema zu beschäftigen!

Hallo Lebkuchenmädel,

auch danke erstmal, für die Infos und Impulse.

Ja, unsere Welt ist nicht digital ( 0 und 1, ein und aus), sondern analog. Es gibt bei der Krankheit also nicht *schnipp* jetzt Attacke, *schnipp*schnipp* jetzt Attacke weg.

Es ist ein analoger Regelmechanismus. Der Genedefekt sorgt dauerhaft für die zu geringen Hb Werte von etwa 10…12 (bei normalen Menschen sollte er nicht unter etwa 14 fallen), bei unserer Patientin besteht also gegetisch diese immer vorhandene Neigung zu Attacken, die dann auftreten, wenn durch bestimmte Umstände der Wert unter 10 fällt.
Die Medikamentation im akuten Fall ist klar, bei unter 10 die mehrfach genannten Medikamente, ab 5.5 wird massiv EPO gegeben. Das ist alles soweit verstanden.
Mir geht es nun darum, durch Umgehung, Ersatz- oder Hilfsstoffe den Wert grundsätzlich und dauerhaft über 14 zu bekommen, um die Neigung zum absinken und damit die grundsätzliche Möglichkeit von Attacken abzustellen. Hier schwebt mir die gesamte Bandbreite von dauerhafter Ernährungsgewohnheit bis zur regelmässigen Medikation vor, aber so sanft wie möglich.
Eine Erkenntnis der letzten Wochen möchte ich als Beispiel nennen.
Bei gleichzeitigem verspeisen von Eisen-haltigem Gemüse und Fleisch, wird die Produktion von Häm aus den pflanzlichen Anteilen fast verdoppelt. Wir in der Technik nennen das eine erhebliche Verbesserung des Wirkungsgrades (hier der gesamten Enzymkette).
Wie sich das in der Biologie oder Medizin nennt, weiss ich nicht, aber ich denke Du verstehst wo unser Weg hingeht.
Das Problem der Abführung der Reststoffe ist natürlich auch noch zu lösen und da hoffen wir auf gleiche Weise zu Erkenntnissen zu kommen. Schliesslich können wir die obige Erkenntnis erst praktisch anwenden, wenn wir dieses Problem gelöst haben. Erste Hinweise gehen in Richtung Brennessel-Tee.

Also besten Dank nochmal
und beste Grüsse
ANDY