Hallo ElaMiNaTo,
ich weiß leider nicht genau, was Du meinst; da ich jedoch Deinen Bildungsstand aus vorangegangenen Postings einigermaßen einschätzen kann, sehe ich in Deiner Frage hauptsächlich ein Problem mit dem Grenzwertbegriff. Ich hoffe inständig, dass Dir meine weiteren Ausführungen helfen werden, die „Lüge der Tangentensteigung“ zu durchschauen. Wenn nicht, frag einfach weiter.
Schau Dir zuerst einmal dieses Bild an: Es zeigt den Graphen einer Funktion. Ich denke, es ist einigermaßen klar erkennbar, dass diese Funktion bei x=0 den Wert 1 annimmt.
Und nun schau, der Graph welcher Funktion das ist: f(x)=sin(x)/x.
Oha, bei x=0 besitzt diese Funktion überhaupt keinen Wert, weil man durch 0 nicht teilen kann. Aber je näher man der Null kommt, desto näher kommen die Funktionswerte der 1. Offenbar lässt sich die Funktion durch f(0):=1 stetig (sogar unendlich oft differenzierbar!) fortsetzen.
Als nächstes stell Dir die Funktion f(x)=x²/x vor. Für alle von null verschiedenen x gilt f(x)=x, nur für x=0 gilt dies nicht. Aber es gibt nichts, was dagegen spräche, der 0 einfach den Funktionswert 0 zuzuweisen, denn dadurch wird die Funktion unendlich oft differenzierbar.
Und nun stell Dir eine Normalparabel vor: f(x)=x². Bei x=0 besitzt diese Funktion offenbar (anschaulich!) eine waagerechte Tangente, die Steigung der Tangente ist also 0. Und jetzt stellt sich halt die Frage, wie man das ausrechnen kann.
Dazu kann man natürlich erst einmal Näherungen bestimmen, indem man den Punkt bei x=0 und noch einen weiteren Punkt bei x=h (in der Nähe von null) auf dem Funktionsgraphen nimmt, eine Sekante durch diese zwei Punkte legt. Die Näherung sollte immer besser werden, je näher h an 0 kommt.
Die Steigung dieser Sekanten kann man aber ausrechnen: Sie beträgt m(h)=h²/h. Das ist die Funktion, die wir eben schon einmal betrachtet haben: Wenn h nicht null ist, ist m(h)=h. Wenn man also mit h immer näher an 0 kommt, dann geht auch m(h) immer näher an null; und da wir mit m(h) die Steigung der Tangente genähert haben, hat diese offenbar die Steigung 0.
Machen wir das gleiche mit der Sinusfunktion: Hier erhalten wir für die Sekantensteigungen m(h)=sin(h)/h, das ist die Funktion, deren Graphen ich Dir ganz am Anfang gezeigt habe. Wie Du dort sahst, „besitzt“ dieser Graph bei h=0 den Funktionswert 1, auch wenn m(0) rechnerisch nicht definiert ist. Der Graph der Sinusfunktion sollte also bei x=0 die Steigung 1 haben, was Du zeichnerisch schnell verifizieren kannst.
Liebe Grüße
Immo