Die neuen Tricks der GEZ-Gebührenjäger
Abends kurz nach sieben klingelte bei Sonja Baumeister* das Telefon.
„Guten Abend, Beckmann von der Marktforschung“, stellte sich ein freundlicher Herr vor. „Wir machen eine Umfrage zu „Wetten, dass…?“ Welche Wette gefiel Ihnen Samstag am besten?“ Als die Hamburger Werbegrafikerin bereitwillig Auskunft gab, hakte der Mann nach: „Haben Sie die Sendung bei sich zu Hause gesehen?“ Sonja Baumeister hatte kaum bejaht, da klingelte es an ihrer Haustür. „Herr Beckmann“ persönlich, mit Handy am Ohr und einem Ausweis der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) in der Hand. Schnippisch fragte er die überrumpelte Frau: „Warum ist Ihr Fernsehgerät bisher nicht angemeldet?“
Die Marktforschungs-Methode ist der neueste Trick, mit dem die rund 1800 GEZ-Fahnder Schwarzsehern auf die Schliche kommen wollen. Dabei gehen sie (fast) immer nach demselben Prinzip vor: Bluffen, einschüchtern - und kassieren. Manchmal fragen die GEZ-Spione: „Störe ich gerade bei der ‚Tagesschau?‘“ - oder sie geben sich als Vertreter einer Handelskette aus: „Wir bieten Ihnen ein preisgünstiges Neugerät und nehmen Ihren alten Fernseher zu Super-Konditionen in Zahlung.“
Wer sich verrät, hat verloren. Die Schwarzseher werden meist noch an Ort und Stelle verdonnert, ihr Gerät anzumelden. Dem ‚Fahnder‘, der auf Provision arbeitet, winken 55 Mark „Belohnung“.
Doch die GEZ-Behörde in Köln (ca. 800 Mitarbeiter) setzt nicht nur auf ihre Detektiv-Truppe. Auch mit TV- und Kino-Spots, in denen Schwarzseher als Kriminelle karikiert werden, soll Druck ausgeübt werden. „Es ist ja wirklich nicht in Ordnung, wenn 38 Millionen ehrliche Gebührenzahler die Schwarzseher mitfinanzieren“, sagt Ex-GEZ-Fahnder Horst König* (46). „Aber ich kann mich in meiner langjährigen Laufbahn an keinen Fall erinnern, wo tatsächlich jemand angezeigt wurde. Die meisten Ertappten melden ihr Gerät schnell noch freiwillig an.“
Die GEZ selbst schweigt sich über die Zahl der Schwarzseher aus. Sicher ist aber: Es werden mehr. Seit Jahren übersteigt die Zahl der Abmeldungen die der Anmeldungen.
Viele nutzen etwa einen Umzug, um anschließend die TV-Gebühren zu sparen. Deshalb vergleichen die Fahnder nicht nur die Namen an den Klingel-Leisten der Wohnhäuser mit ihren GEZ-Listen, sondern recherchieren auch bei Einwohnermeldeämtern, wo neue Mieter sind. Auch abendliche Kontrollgänge (Flimmern verrät den Fernseher) gehören zur Fahndung. Auf das Märchen von den Peilwagen fällt heute aber kaum noch jemand rein:
Sie gehören der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und suchen nach Störfeldern - nicht nach Schwarzsehern…
*) Namen geändert
Ihr Recht
Offiziell haben die Gebührenfahnder zwar ein Recht auf Auskunft, aber ohne die Zustimmung des Mieters bzw. Hausbesitzers dürfen sie keine Wohnung betreten. Im Klartext: Die GEZ ist auf die Ehrlichkeit der Menschen angewiesen. Nur wer sich selbst verraten hat oder überführt wurde und trotzdem nicht zahlen will, muss mit einer Anzeige rechnen. Grundsätzlich ist jeder TV-Besitzer zur Zahlung von Gebühren verpflichtet. Ausreden wie „Ich gucke nur Privat-TV“ ziehen nicht. Schwarzsehern drohen bis zu 2000 Mark Bußgeld sowie Nachzahlungen von bis zu vier Jahren. Ab Januar 2001 betragen die Rundfunkgebühren monatlich 31,58 Mark - 3,33 Mark mehr als bisher.
aus „Funk-Uhr“ vom 29.12.2000