Die Revolution in der DDR

Hi,
beziehe mich auf den Artikel weiter unten zur Wiedervereinigung. Bin froh, dass der Jahrestag der Revolution in der DDR zum Anlaß wurde, diese Geschehnisse auch in den Medien gebührend zu würdigen. Etwas, was die westdeutsche Medienlandschaft und Politik leider 20 Jahre verschlafen hat.
Die Wiedervereinigung war nicht das (zumindest bewußte) Ziel der Wende. Sie hatte rein innenpolitische Gründe. Unfreiheit, verlogene Medien, Bevormundung, Wahlfälschungen, Unfähigkeit der vergreisten "Führungs"riege. Mit Unterstützung der Ungarn und des ungarischen Staates (erster sozialistischer Staat, der sich offen zur Freiheit bekannte - > Ausreise der DDRler am 11.9.89 gen Westen) wurde das morsche System aus den Angeln gehoben. Dass ein Jahr später die Vereinigung stattfand, hätten frei nach Honecker weder Ochs , Esel noch Kohl aufhalten können. Mag sein, dass er dabei manches clever angestellt hat, ich glaube, er brauchte nur seine Unterschrift hergeben, alles andere hätten die Ostdeutschen sich mit der Wucht der
Revolution früher oder später ohnehin genommen. Wer hätte sie denn aufhalten sollen Amis mit Kernwaffen? Die Russen, die eh schon pleite und Problem geplagt waren? Die Engländer und Franzosen mit - ja womit denn?
Bin froh, wie es gekommen ist, den Westdeutschen und auch Österreichern sehr dankbar bis heute für den sehr herzlichen Empfang, ich hatte nie Probleme mit meinem „Ossisein“. Die wirklich bewegenden Momente von 89 werden all den alltäglichen Kleinkram immer überstrahlen. Schön, dass ich das miterleben durfte. Geile Zeit!

pp

Hallo

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Gruß Parzival

Hi,

Wiedervereinigung. Bin froh, dass der Jahrestag der Revolution
in der DDR zum Anlaß wurde, diese Geschehnisse auch in den
Medien gebührend zu würdigen. Etwas, was die westdeutsche
Medienlandschaft und Politik leider 20 Jahre verschlafen hat.

Ausser an jedem einzelnen Jahrestag von früh bis spät auf allen Sendern, in jeder Zeitung und jedem Magazin.
Vor zehn Jahren war es auch nur möglich das zu verpassen indem man sich zwei Wochen in einer Kiste irgendwo eingraben ließ.

Wo wurde denn da was verschlafen?

Gruß
Nick

warum ich das wichtig finde
Hi,
das mag meine subjektive Wahrnehmung sein: In den Medien wurde in der Vergangenheit viel stärker die Wiedervereinigung, die Kohlschen Meisterwerke in diesem Zusammenhang und die Aufbauleistung des Westens gen Osten thematisiert. Zumindest letzteres vollkommen zu Recht.
Die Tatsache, dass die Wiedervereinigung praktisch alleine von den Leuten in der DDR bewirkt wurde, die unter Lebensgefahr auf die Straße gingen und all das, was derzeit tagein tagaus Fernsehen und Presse dominiert, diese Tatsache ist seit 1990 recht stiefmütterlich behandelt worden. Warum ist mir das wichtig? Es geht mir um diese ewig beschworene Mauer in den Köpfen. Die gibts nicht wirklich, aber es gibt verschiedene Lebensläufe.
Westdeutschland, dass die Freiheit geschenkt bekam und daraus das beste machte - und sein Selbstwertgefühl über seine wirtschaftliche Leistung definiert.
Ostdeutschland, dass sich unter Sowjetbesatzung und schlechter Führung durchs Leben schlug und sich die Freiheit selbst erkämpfte. Das kann sich nicht über die Wirtschaftswunderjahre definieren, sondern über diese auch nach 20 Jahren noch sensationelle revolutionäre Leistung.
Ich glaube, eine angemessenere Würdigung dessen hätte die mancherorts bestehende auf verkapptem Minderwertigkeitsgefühl beruhende ostdeutsche Lamentobefindlichkeit deutlich zu reduzieren vermocht. Jetzt sind wir auf gutem Weg, was das angeht.

pp

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Hallo

das mag meine subjektive Wahrnehmung sein: In den Medien wurde
in der Vergangenheit viel stärker die Wiedervereinigung, die
Kohlschen Meisterwerke in diesem Zusammenhang und die
Aufbauleistung des Westens gen Osten thematisiert.

Die Wiedervereinigung war auch primär eine Sache des Westens.

Die Tatsache, dass die Wiedervereinigung praktisch alleine von
den Leuten in der DDR bewirkt wurde, die unter Lebensgefahr
auf die Straße gingen und all das, was derzeit tagein tagaus
Fernsehen und Presse dominiert, diese Tatsache ist seit 1990
recht stiefmütterlich behandelt worden.

Die Demonstrationen welche für uns im Osten noch gefährlich waren hatten absolut nichts mit „Wiedervereinigung“ zu tun. Es gab damals im wesendlichen 2 Formen der Demonstration.

Die einen demonstrierten durch Flucht, weil sie nicht keine Hoffnung mehr hatten und die anderen demonstrierten auf den Straßen der DDR, weil sie immer noch Hoffnung hatten. Aber beide suchten keine Wiedervereinigung. Denn was die einen hinter sich lassen wollten, suchten die aderen zu reformieren.

Auf den Straßen konnte man „Neues Forum!“, „Demokratie - jetzt oder nie!“, „Wir bleiben hier!“ lesen oder auch „Wir sind das Volk!“ Die Menschen wollten Veränderung und nicht den Anschluß.

Der 4. November artikulierte auf dem Alexanderplatz, was die Menschen bewegte. Das war der Wunsch nach freien Wahlen, Pressefreiheit, Parteienfreiheit und drastischen Reformen. Es ging um die Abschaffung des Führungsanspruches der SED, die Beseitigung der Stasi und vieles mehr.

Aber nicht um die Wiedervereinigung !

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e9/B…
http://www.hdg.de/lemo/objekte/pict/DieDeutscheEinhe…
http://www.hdg.de/lemo/objekte/pict/DieDeutscheEinhe…
http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/images/127411391…

„Das war weit mehr als der Austausch eines Wortes. Es signalisierte den Abschied von der Vorstellung einer reformierten, eigenständigen DDR und die Wende zum Beitritt zur Bundesrepublik. Ein Stimmungswandel, der vom Westen aus kräftig gefördert wurde.“

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/laenderreport…
_Sicher ist die Wiedervereinigung ein Ergebnis der Wendezeit und der friedlichen Revolution dieser Tage, doch es war ganz sicher weder die Triebkraft auf den Straßen, noch ein ein Auslöser oder Ziel dieser Reformbewegung. _

Warum ist mir das wichtig?
Es geht mir um diese ewig beschworene Mauer in den
Köpfen. Die gibts nicht wirklich, aber es gibt verschiedene
Lebensläufe.

Diese Mauer gibt es. Leider, aber war. Und sie zeigt sich in vielerlei Gestalt. Aber sie wird auch mit viel Sorgfalt durch die Medien am Leben erhalten und durch die Politik begünstigt. Sie ist sicher nicht mehr „die“ Mauer wie vor 20 Jahren, doch sie ist immer noch spührbar.

Ich glaube, eine angemessenere Würdigung dessen hätte die
mancherorts bestehende auf verkapptem Minderwertigkeitsgefühl
beruhende ostdeutsche Lamentobefindlichkeit
deutlich zu
reduzieren vermocht.

Und schon spührt man etwas …

Eine angemessen Würdigung, wäre in erster Linie die Feststellung, das die friedliche Bürgerbewegung der DDR (Neues Forum), welche ab dem Spätsommer 1989 die Menschen auf die Straßen trieb, eine reine Reformbeweung war und so rein gar keine Bewegung der Wiedervereinigung!

Gruß Parzival

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ja
hallo,
das hast Du gut dargestellt.
Ich habe auch bewußt geschrieben, dass die Demonstrationen das bewirkt haben, in der Tat war Wiedervereinigung 1989 kein Thema der Wende, nach meiner Erinnerung kam das Ende Dezember/Anfang Januar auf. Allerdings zumindest in Plauen aus den eigenen Reihen der Demonstranten, das Neue Forum begann da bereits vom Stimmungswandel überrollt zu werden. Die Medien hatten in der Zeit noch nicht die Macht, den Gang der Revolution zu beeinflussen, empfinde ich jedenfalls so. Und auch der politische Westen hat erst im Frühjahr Einfluß nehmen können über diese sog. Allianz für Deutschland, die sich für raschen Anschluß aussprach. Dass die sich aus Blockparteien, Stasiablegern wie Demokratischer Aufbruch und manch anderen seltsamen Konstrukten rekrutierte, hat mich sehr angewidert. Der Masse wars dann schon gleichgültig, solange das Ziel vielversprechend klang. Rückblickend würde ich in letzterem Punkt sogar Recht geben.

pp

Ergänzung
Hallo

Der 4. November artikulierte auf dem Alexanderplatz, was die
Menschen bewegte. Das war der Wunsch nach freien Wahlen,
Pressefreiheit, Parteienfreiheit und drastischen Reformen. Es
ging um die Abschaffung des Führungsanspruches der SED, die
Beseitigung der Stasi und vieles mehr.

Jens Reich, damals Mitorganisator, hat schon wenige Tage später - nach Öffnung der Mauer - gespürt, dass der Reformwillen in Richtung Wiedervereinigung kippt. Bei einer Veranstaltung vor gut 10 Jahren berichtete er über die Menschenströme, die in Grenzrichtung liefen, und er auf dem Weg zu einer Besprechung des NF zum Thema Reform der DDR querlaufend den Leuten ziemlich im Wege war. Er meinte das symbolische daran hätte ihm ziemlich deutlich die Augen geöffnet, dass die Entwicklung dem NF zu entgleiten beginnt.

pp