Hi!
„Deutsch“ ist keine Rasse.
so wie du „deutsche nation“ definierst (bzw. meinst daß es
üblicherweise so definiert wird), ist es aber eine: eine
biologische kategorie wie blauäugig und braunhaarig, die
vererbt wird und nicht erworben werden kann.
Stop!
Um diesen Punkt genauer zu diskutieren, brauchen wir eine eindeutige Abgrenzung der Begriffe „Volk“, „Nation“ und „Staat“.
Ich kann dir mein Verständnis dieser Begriffe vorstellen, vermute aber, dass ich damit die Möglichkeiten dieses Forums hier sprenge würde(man überlege allein die Darstellung der Hegelschen Staats- und Nationenphilosophie!).
Vielleicht in Kurzform:
„Volk“ ist eine Gemeinschaft von Menschen, die eine gleichgeartete Sprache, Kultur und Geschichte haben.
Ein „Volk“ wird zu „Nation“, wenn es sich seiner Sprache, Kultur und Geschichte bewußt wird, daraus ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt, ein in sich geschlossenes Siedlungsgebiet anstrebt und eine von der Gemeinschaft akzeptierten Führung besitzt.
Ein „Staat“ ist nichts weiter als eine Organisationsform menschlichen Zusammenlebens, definiert durch territoriale Grenzen und feststehenden Regeln des Umganges miteinander. Fehlen einem Staat die territorialen, nationalen oder ethnischen Rahmenbedingungen, ist er i.d.R. zum Scheitern verurteilt.
Es geht um die Diskussion des „nationalen
Selbstverständnisses“, und dieser Begriff definiert sich
hierzulande leider immer noch über die ethnische Abstammung.
und die europäische idee soll dem abhilfe schaffen? habe ich
dich jetzt richtig verstanden?
Im Prinzip ja
Österreicher sind Österreicher, und die
deutschsprachigen Schweizer sind Schweizer.
weil sie sich dazu entschieden haben. solche entscheidungen
können sich auch ändern. die meisten österreicher waren vor
nicht allezulanger zeit der meinung, „eigentlich“ deutsche zu
sein.
Weil sich die Österreicher dazu entschieden haben?
Österreich wurde durch Bismarck ganz bewußt aus der Gemeinschaft der deutschen Nation rausgeworfen, weil ihm der preußische Staat wichtiger war als der Begriff der „deutschen Nation“. Die Vorstellung eines deutschen Nationalstaates unter Einbindung Österreichs war für Bismarck unerträglich, weil Preußen dann einen gleichwertigen Partner im neuen „Deutschen Reich“ gehabt hätte. Österreich hat sich also nicht gegen die „deutsche Nation“ entschieden (das Thema 1938/45 ist ein anderes).
das staatsbürgerschaftsgesetz in fast allen europäischen
ländern sieht zwei wege vor, die staatsangehörigkeit zu
erhalten:
- legitimation = abstammung
- verleih = einbürgerung
ersteres nenne ich „nationalität“, zweiteres
„staatsangehörigkeit“. bedenke aber, daß das kind eines
eingebürgerten ebenfalls unter punkt 1 fällt.
Genau an dieser Stelle scheiden sich die Geister. Ist die erste Generation von Menschen nach Einbürgerung bereits Teil einer Nation im Sinne von gemeinsamer Kultur und Geschichte?
wenn du das
abstreitest, dann bist du in einer unendlichen kette von
deutschen eltern gefangen. wo darf sie anfangen? beim heiligen
römischen deutschen reich? bei den kelten? es wird immer
irgendeinen geben, der keine deutschen eltern hatte.
Und um die Überwindung des letzteren Begriffes geht es
ja.
den rassischen nationaölitätsbegriff habe ich eben logisch
überwunden. wozu braucht man eine EU.
Die EU macht den Unterschied aus zwischen Theorie und Praxis. Die EU will die Überwindung des Nationalstaates leben, nicht nur definieren.
anders gefragt: haben die US-amerikaner den „nationalismus
überwunden“? was soll dann dieser st.patrickskram und kwanzee
usw usg.?
US-amerikaner haben eine oder mehrere identitäten. (die
meisten fragen lassen sich dadurch beantworten, indem man
statt ODER ein UND denkt.)
Ich verweise auf oben: Gib bitte deine Definition von „Volk“, „Nation“ und „Staat“ an.
Weil in der Türkei allenfalls eine sehr kleine Oberschicht
dieses Bekenntnis versteht.
aber du hast doch grade gesagt, daß in europa die meinung
vorherrsche, deutscher sei man nur durch abstammung und juden
seien keine deutschen. was genau hat die EU überwunden? ich
verstehe dich jetzt nicht.
Seit etwa 200 Jahren versteht man „deutsch sein“ als ein Nationalitätenproblem (Definition von „Nation“ siehe oben). Aus diesem Verständnis leitet sich die Idee des Nationalstaates ab. Genau diese Idee führte zu den großen Katastrophen des 19. und vor allem 20.Jahrhundert. Das „Deutsche Reich“, basierend auf der Vorstellung einer „deutschen Nation“ bestand aus einer Bevölkerung, die sich durch Abstammung als „deutsch“ verstanden.
Zielsetzung ist es, die Idee einer „deutschen Nation“ zugunsten einer Europäischen Gemeinschaft aufzugeben. In den letzten 40 Jahren wurden enorme Fortschritte gemacht, die jetzt leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Es muss in Europa unerheblich sein, ob ein Mensch aus Frankreich, Spanien oder Deutschland stammt. Wichtig ist allein das verbindende Element des gleichen Kulturverständnisses.
Weil sich Kultur und Lebensart zu
stark von jener unterscheidet, die in West-, Mittel- und
Südeuropa gelebt wird
türkische lebensart und griechische lebensart unterscheiden
sich nur marginal.
Wie ist das eigentlich bei dir im Lande?
Wie definiert sich das Nationalgefühl in Israel? Wer empfindet sich als Israeli? Fühlt sich ein Bürger Israels jüdischen Glaubens genauso als Israeli wie ein Bürger Israels islamischen Glaubens? Oder ist man erst Jude und dann erst Israeli? Und sind die Muslime mit israelischem Pass erst Muslime, dann Araber, und dann erst Israeli?
Da du der EU empfiehlst, die Türkei als Mitglied zu akzeptieren, müsstest du dann nicht auch für eine Staatengemeinschaft optieren, gebildet aus Israel und den Palästinensergebieten? Religion und Lebensart sind ja nicht so weit auseinander (etwa 20% der Bevölkerung Israels sind muslimische Araber, das ist ein höherer Anteil als Türken in der gesamten EU leben). Kann die Vorstellung einer „israelischen Nation“, gebildet aus der jüdischen und der arabischen Bevölkerung Israels, nicht auch überwunden werden?
Nochmals zur Erläuterung: Die Aufgabe, die sich die Europäische Gemeinschaft gestellt hat, ist die Überwindung der europäischen Nationalstaaterei auf Basis einer gemeinsamen Kultur und Geschichte des Kontinents. Weil man aber diese Aufgabe durch das Drängen von Nationalstaaten in Richtung wirtschaftlichem Wohlstand aus den Augen verloren hat, droht die Europäische Idee zu scheitern. Und der deutlichste Indikator für dieses Scheitern ist die Diskussion um den Beitritt der Türkei zur EU mitsamt den daraus folgenden Vorwürfen von Anti-Islamismus, Rassismus usw.
Wenn ich einen Verein gründe mit dem Ziel, Fußballspieler zu fördern, und deshalb keine Handballspieler aufnehme, finde ich Kritik wegen der Aufnahmebeschränkungen schlicht nicht nachvollziehbar.
Grüße
Heinrich