Hallo,
entschuldige bitte, aber ein Lehrer - ein beamteter
Mittelerdienstmensch - ein Facharbeiter sind keine
„Oberschicht“, zählen aber zweifelsfrei zu dieser
Gesellschaft…
Nun gut, bzgl. der Stellung innerhalb der Gesellschaft kann man natürlich schon sagen daß es eine „bürgerliche Mittelschicht“ gibt, die dann auch sehr viele Mitglieder hat.
Ich habe mich mehr auf die finanzielle Situation bezogen und sehe dort daß „die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer“ werden, und vor allem gibt die gesellschaftliche Stellung dort keinen Hinweis mehr auf den finanziellen Status, weil selbst ein nach statistischen Gesichtspunkten mittelmäßiger Verdiener je nach persönlicher Lebenssituation finanziell ein gut situierter oder beschränkter Mensch sein kann.
Bezogen auf die finanzielle Situation entwickelt sich die Gesellschaft IMHO weg von einer Mittelschicht.
Du beschreibst weiter unten „die erlebten Geschichten“, dazu
eine von mir: Ehepaar, Er 42 Lagerfacharbeiter
dreischichtsystem, Sie 36 bei der Post keine Kinder - fahren
nächste Woche für zwei Wochen nach Ungarn, waren im Januar 10
tage in Österreich und letzten Oktober 14 tage in der Türkei,
fahren beide einen Kleinwagen Reihenhaus in der Vorstadt
kleines Motorboot auf der Havel; die sind Reiche??
Vielleicht nicht „reich“, aber ich finde „wohlhabend“. Allerdings kommen da ja auch 2 volle Einkommen, der steuerliche Vorteil des Verheiratet-seins und keinerlei Ausgaben für Kinder zusammen…
Das gleiche Ehepaar würde ganz anders dastehen wenn ein oder 2 Kinder da wären, sie nur noch halbtags oder gar nicht mehr arbeiten würde oder wenn sie nicht verheiratet wären und anders versteuert würden.
Die gesellschaftliche Stellung der beiden würde sich natürlich nicht ändern, die finanzielle Position aber ganz massiv.
und an der Scheidung soll dann die Allgemeinheit schuld sein
oder die „armen“ Menschen sollen dann aus der
Gemeinschaftskasse unterstützt werden? Hallo? wenn ich mich
beim Pferderennen irre bekomm ich meinen Einsatz dann auch aus
Stuermitteln zurück…??
Also erstens: ich habe keine Wertung abgeben wollen, mir ging es nur darum darzustellen daß die Wahrscheinlichkeit, in eine finanziell sehr enge Situation zu kommen, heute viel größer ist als früher. Natürlich hat es daran gelegen daß es früher nicht so einfach möglich oder sogar „verpönt“ war sich zu trennen und sich dieses Problem daher nicht so oft gestellt hat wie heute. Die Leute blieben vielleicht wohlhabender weil sie sich nicht scheiden liessen - und standen dadurch finanziell natürlich besser da als heute, wo man die Trennung durchzieht.
Nochmal: mir geht es nicht darum das zu werten. Ich möchte aber dem von Dir erweckten Eindruck entgegentreten daß es eine vergessene Mittelschicht gibt, die in der öffentlichen Wahrnehmung ausgeblendet wird obwohl sie in Wahrheit den größten Bevölkerungsanteil darstellt.
Gesellschaftspolitisch mag das so sein, finanziell sehe ich das aber nicht so und bleibe bei meiner These daß die Entwicklung sich zunehmend in Richtung der Ränder bewegt und immer mehr weggeht von den normalen Durschnitts-Geldbesitzern.
Stimmt, heute kann das bei Baupreisen von unter 1000 € pro m²
Wohnfläche und bei Grundstückspreisen so niedrig wie noch nie
und bei einer Eigenheimzulage, die rd. ein Fünftel der
Gesamtkosten deckt „fast jeder“
Das Grundstück dazu muß aber eventl. auch noch erworben werden, Makler und Notar verlangen viel Geld, aufwändige Genehmigungen müssen her (das war früher bestimmt weniger komplex als heute, wo man 1000 Auflagen und Energiespar-Zertifizierungen zu beachten hat), es müssen Rücklagen für Reparaturen und Sanierungen in späteren Jahren gebildet werden. Aufgrund komplexerer Technik und ausufernder Vorschriften kann Otto Normalverbraucher heute weniger Eigenleistung am Bau erbringen als vor 50 Jahren, wo es möglich war sich ein Haus mehr oder weniger selber zu bauen.
Es muß eine private Altersvorsorge angelegt werden, während man sich früher auf seine sichere Rente verlassen konnte.
Die Lebenshaltung ist in manchen Dingen teurer geworden weil man sein Auto zum Glühbirnenwechsel in die Werkstatt fahren muß anstatt sie selber zu tauschen, weil Internet oder ein Handy oder schlichtweg ein Festnetz-Telefon heute zum Standard gehören (ich erinnere mich gut daran daß Anfang/Mitte der 70er Jahre nicht jeder Haushalt einen Telefonanschluß hatte - sag heute mal jemandem daß Du kein Telefon hast…)
Ich kann den statistischen Darlegungen immer nicht viel abgewinnen weil die immer nur reine Zahlenwerte wiedergeben, aber nie die Lebenssituation Einzelner berücksichtigen.
Im Durchschnitt mögen diese Statistiken ja stimmen, aber die konkreten Menschen dahinter haben immer sehr individuelle Eigenschaften, es gibt gerade bei solchen komplexen finanziellen Betrachtungen, bei denen auch langfristige Zeitspannen bedacht werden müssen kaum eine realistische Musterrechnung.
Allein die Tatsache daß man früher, wenn man einmal einen Job hatte, wußte daß man dort bis zur Rente bleibt und seinen Verdienst annähernd hochrechnen konnte, funktioniert heute nicht mehr weil die Arbeitsmarktsituation zu unruhig geworden ist. Die wenigsten Leute können heute mit Bestimmtheit sagen daß sie mit 60 Jahren (oder 65 oder was auch immer…) von einer schon mit 25 abzusehenden Position aus in Rente gehen werden.
Das wiederum erfordert es noch mehr Wert als früher auf eine solide Absicherung zu legen - was die Sache am Ende vermutlich nochmal wieder teurer macht, tendentiell.
oder benutzt Eigenkapital,
das von Großeltern und Eltern erwirtschaftet wurde.„den Kindern solls mal besser gehen“, meiner (insbesondere
berufliche) Erfahrung zeigt, dass dies die Regel ist;
Ja, aber demnach war es früheren Generationen offenbar möglich etwas für die Kinder/Enkel beiseite zu legen. Heute muß man erstmal sehen daß man selber etwas für’s Alter beiseite legt bevor man sich Gedanken darüber machen kann was man für die Nachkommen anspart.
Und wenn es denn so ist daß heute vielfach auf Eigenkapital, das durch Eltern und Großeltern erwirtschaftet wurde, zurückgegriffen werden muß zeigt das doch, daß es die früheren Generationen offenbar geschaffrt haben sich selber aus dem „Nichts“ heraus etwas aufzubauen und dazu auch noch ein Startkapital für die Nachkommen anzulegen.
Ich glaube aber nicht daß es heute noch viele Leute gibt, bei denen das genauso funktioniert. Den meisten Leuten dürfte das heute eher nicht mehr möglich sein.
also: bei 120 m² Wfl. kostet das haus rd. 130T€, bei einer
Verzinsung von (hoch gerechneten) 6% p. A. sind dies
aufgerundet 8000€ p. A:, also aufgerundet 680 € mtl., dafür
bekomm ich keine !!! Wohnung mit der Grundfläche. und wenn ich
das EK fürs Grundstück nicht habe, dann geh ich zur
(Kirchen)Gemeinde und besorg mir ein Erbbaugrundstück… wo
ist das Problem??
Der Fehler liegt darin daß Du nicht einfach die Miete gegen die monatliche Rate einer Eigenheim-Finanzierung stellen kannst.
Im Gegensatz zum Mieter muß ein Hauseigentümer Rücklagen für Reparaturen und Sanierungen bilden, während ein Mieter nur - eher preiswerte - Schönheitsreparaturen zahlen muß.
Zusätzlich zahlt ein Hauseigentümer Steuern und andere Abgaben, z. B. an die Gemeinde (etwa wenn die eine nahe Straße erschließt oder neue Lampen aufbaut - aktuelle Beispiele aus dem Leben…)
Die Eigenheimfinanzierung muß abgesichert werden (was ist wenn der Hauptverdiener arbeitsunfähig wird?) - was letztlich Geld kostet.
Sicherlich gibt es Eigenheimzulage oder andere Vergünstigungen, aber unter dem Strich dürfte ein Mieter mitunter besser dastehen. Ein HAus bringt neben viel Verantwortung auch hohe Kosten mit sich und es funzt nicht so einfach daß man eine Miete der Ratenabzahlung entgegenstellt.
Und komm mir jetzt nicht mit der Wertsteigerung der Immobilie etc. Sicher, theoretisch ist die natürlich gegeben. Aber da die „Mittelschicht“, über die wir hier reden, ein Haus einfach nur baut um darin zu leben und nicht um damit zu spekulieren nützt es denen wenig wenn ihr Haus auf dem Papier einen theoretischen Handelswert hat. Dieser nützt einem nämlich nur dann wenn man diesen Besitz als monatlich vorhandenes, verfügbares Geld und nicht nur als Grundbucheintrag verfügbar hat…
was ich she ich eine medialer Verzerrung der Realität, wen
shen wir denn im Fernsehen, den Mittelständler? Nee, was wir
zu shen bekommen ist die 52jährige alleinerziehende Mutter von
neugeborenen Sechslingen, die in einer verschimmelten
2-Zimmer-Altbauwohnung mit dem rheumakranken Schäferhund die
Aldichappidose teilt…
Kein Thema, im inzwischen so genannten „Unterschichten-Fernsehen“, vor allem irgendwelchen mittäglichen Talkshows oder Boulevard-Magazinen, werden einem hauptsächlich die Assis gezeigt,der „white trash“.
Das sollte man aber nicht als Maßstab nehmen um davon die These abzuleiten daß das Fernsehen hauptsächlich derartiges Klientel zeigt. Wenn man mal von RTL, Sat1 und Pro 7 wegzappt sieht man auch „normale bürgerliche“ Menschen, die aber trotzdem mehrheitlich erzählen daß ihnen das Geld nicht mehr so locker sitzt wie früher.
Wenn dann immer gesagt wird daß das Kapital allerdings da wäre, nur gespart wird anstatt es auszugeben: das mag zwar so sein. Aber da auch ein Zwang zur persönlichen Altersvorsorge besteht sind die Rücklagen bei vielen Leuten zunehmend Gelder, die gespart werden MÜSSEN und nicht nur aus prinzipieller Zurückhaltung oder der Unlust, etwas auszugeben, gespart werden.
Gruß,
MecFleih