man gweinnt zunehmend den Eindruck Deutschland besteht nur noch aus zwei Gesellschaftsschichten
den dummfaulasozialen HartzIVEmpfängern oder
den millionenschweren Heuschreckenabzockern
m. E. wird hierbei die überwiegende Mehrheit der Deutschen - gut ausgebildet sozail engagiert sicher beschäftigt gut verdienent - völlig aus dem medialen Gesellschaftsbild herausgefiltert.
die folgenden Textstellen sind dem heutigen „Tagesspiegel“ entnommen, den vollständigen Text gibt es hier:
http://www.tagesspiegel.de/meinung/index.asp?gotos=h…
Die Sozialdemokraten warben, in manchem dem britischen Vorbild folgend, um die aufstrebenden Mittelschichten einer dynamischen Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft, um die neuen Funktionseliten der Arbeitnehmer, um das Bündnis von IT-Ingenieuren, Grafikdesignern und Pädagogen. Der grüne Koalitionspartner, bald darauf ja als neue Partei der Besserverdienenden bespöttelt, war in diesen Kreisen ohnehin schon angekommen.
Mit diesem programmatischen Begriff sollten Wählerstimmen gewonnen werden, die zuvor der Kohl’schen Mitte zugeneigt hatten. Aber es ging um mehr – um den Beweis, dass hart arbeitende und nicht schlecht verdienende Menschen jüngeren und mittleren Alters für progressive Politik zu gewinnen wären, und mehr noch: zu gewinnen wären für das Projekt einer engagierten, verantwortungsvollen Gesellschaft jenseits bequem gepflegter Eigeninteressen.
Über die Mitte zu sprechen, gleich ob neu oder alt, lohnt nicht mehr, weil es eine solche Mitte angesichts dramatischer sozialer Zuspitzungen überhaupt nicht mehr gibt.
Statt von selbstbewussten Mittelschichten moralisch und ökonomisch geführt zu werden, ist Deutschland, wenn es in den Spiegel schaut, in zwei Extreme zerrissen. Mehr als den Gegensatz von Hartz-IV-Klasse und Heuschreckenklasse scheint es nicht zu geben, dazwischen tut sich vermeintlich gähnende Leere auf. Wer in den letzten Monaten von außen auf das Land geblickt hat, muss den Eindruck gewonnen haben, Bezieher von Arbeitslosengeld II und solche, die es in absehbarer Zeit unausweichlich werden, machten bereits eine satte Mehrheit der Bevölkerung aus. Entsprechend düster ist die Stimmung.
Dafür hat sich der Begriff der „neuen Unterschichten“ eingebürgert, mit vielen Facetten wie der des momentan so aufgeregt diskutierten Unterschichtfernsehens. So erfolgreich war diese Wende der öffentlichen Aufmerksamkeit, dass wir den Diskurs über unsere Gesellschaft mittlerweile radikal auf die neuen Phänomene von Armut und Unterschichten hier, Millioneneinkommen dort umgestellt haben. Inzwischen wünschte man sich den jüngst vorgestellten zweiten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung ergänzt durch einen Mittelklassenbericht, der die Aufmerksamkeit wieder auf den weit verbreiteten, ganz normalen Wohlstand der Bundesrepublik lenkt. Die Debatte um Hartz IV hat diese Wahrnehmungsverzerrung auf einen neuen Höhepunkt geführt.
Dass man neuen Formen der Armut, zum Beispiel in den vielzitierten „bildungsfernen Schichten“, nicht mit den klassischen Instrumenten der Umverteilung beikommen kann, diese Lektion ist schnell gelernt worden. Es käme vielmehr darauf an, Menschen zu stärken – so klingt denn auch ein neuer Slogan der SPD –, ihnen also möglichst frühzeitig im Leben diejenigen kulturellen Ressourcen mit auf den Weg zu geben, die eine selbständige und verantwortliche Lebensführung im weitesten Sinne ermöglichen: von der Erwerbsfähigkeit bis zur Kompetenz, Kinder zu erziehen oder sich vernünftig zu ernähren.
Vielmehr bedarf es anscheinend, und genau das ist das Dilemma, zuvor der Intervention in der Form staatlicher Regulierung, Erziehung und Beaufsichtigung. Inzwischen haben wir so viele Defizite und Problemzonen erkannt, von rauchenden Jugendlichen bis zu erziehungsunfähigen Eltern, dass die Summe der Lösungsvorschläge das Ziel einer freieren und mündigeren Gesellschaft ad absurdum zu führen droht.
Von der Bildungspolitik über den Verbraucherschutz bis zur Gesundheitspolitik ist eigene Verantwortung, die doch allenthalben proklamiert worden war, nicht mehr gefragt. Die Bürger kriegen es alleine nicht mehr hin, deshalb muss erst einmal der Staat für gleiche Bedingungen sorgen. Dann muss die richtige Ernährung für alle vorgeschrieben, das Rauchen für alle verboten und – bizarrer Höhepunkt der Debatte – die Schulpflicht für Dreijährige eingeführt werden.
mit sonnigen Grüßen
Ralf