Das Beeindruckendste bei spiritueller, intellektueller und poetischer Erfahrung des Menschen ist, jedenfalls für mich, immer das universale Vorherrschen jener verblüffenden Augenblicke der Einsicht gewesen, welches Richard Bucke das „kosmische Bewußtsein“ nannte. Für diese Art Erfahrung gibt es eigentlich keine befriedigende Bezeichnung. Bezeichnet man sie als mystisch, so verwechselt man sie mit Visionen von einer anderen Welt oder von Göttern und Engeln. Bezeichnet man sie als spirituell oder metaphysisch, so suggeriert man, daß sie nicht auch äußerst konkret und physisch ist, während die Bezeichnung „kosmisches Bewußtsein“ selbst mit dem unpoetischen Beigeschmack okkulten Jargons behaftet ist. Doch liegen uns aus allen historischen Epochen Berichte über dieselbe, unverkennbare Sinneswahrnehmung vor, die gewöhnlich ziemlich überraschend und unerwartet und ohne sichtbare Ursache auftaucht. Dem so erleuchteten Individuum erscheint es als klare und überwältigende Gewißheit, daß das Universum, so wie es genau in diesem Moment als ein Ganzes und in all seinen Einzelheiten ist, völlig richtig ist und keiner Erklärung oder Rechtfertigung über das hinaus bedarf, was es ist. Die Existenz hört nicht nur auf, ein Problem zu sein; der Verstand, der Geist ist über die selbstverständliche und selbstgenügsame Zweckmäßigkeit der Dinge, so wie sie sind, das eingeschlossen, was man normalerweise für etwas Schlimmes hält, derart von Staunen gepackt, daß sich kein Wort finden läßt, das stark genug wäre, die Perfektion und die Wahrnehmung der Erfahrung auszudrücken. Die Klarheit der Erfahrung vermittelt die Wahrnehmung, daß die Welt transparent oder leuchtend geworden ist, und ihre Einfachheit die Wahrnehmung, daß sie von einer höheren Intelligenz durchdrungen und geordnet wird. Es ist nicht ungewöhnlich, daß der einzelne Mensch gleichzeitig das Gefühl hat, die ganze Welt sei zu seinem Körper geworden und daß, was immer er ist, nicht nur zu dem geworden ist, was alles andere auch ist, sondern es immer gewesen ist. Es verhält sich nicht so, daß er seine Identität soweit verliert, daß er nun tatsächlich durch die Augen aller anderen sieht, buchstäblich allwissend wird, sondern eher so, daß sein individuelles Bewußtsein und seine Existenz nichts weiter sind als ein Gesichtspunkt, den sich eine nicht meßbare Größe vorübergehend zu eigen macht.
Der Kernpunkt der Erfahrung scheint die innere Gewißheit oder Einsicht zu sein, daß das unmittelbare Jetzt, wie immer es geartet sein mag, das Ziel und die Erfüllung allen Lebens ist. Um diese Einsicht herum, und aus ihr heraus, fließt eine Ekstase der Gefühle, die Wahrnehmung einer großen Erleichterung, Frieden und Leichtigkeit und oft eine unerträgliche Liebe für die Welt, was jedoch nebensächlich ist. Häufig wird die Freude der Erfahrung mit der Erfahrung und der Einsicht, die in der Ekstase verlorengingen, durcheinandergebracht, so daß das Individuum, indem es versucht, die Nebeneffekte der Erfahrung festzuhalten, sich das Wesentliche entgehen läßt - nämlich, daß das unmittelbare Jetzt komplett ist, selbst wenn es nicht in Ekstase getaucht ist. Denn Ekstase ist ein notwendigerweise unbeständiger Kontrast im ständigen Fluß unserer Gefühle. Einsicht aber wird, sofern sie klar genug ist, weiter dauern; hat man ein bestimmtes Können erst einmal erreicht, wird man es nicht wieder verlieren.
Die Begriffe, mit denen man diese Erfahrung beschreibt, werden natürlich aus dem religiösen und philosophischen Gedankengut seiner Kultur gewählt werden, und deren Verschiedenartigkeit verbergen häufig ihre grundlegende Gleichheit. Wie das Wasser den Weg des geringsten Widerstandes sucht, so umgeben sich auch Emotionen mit Symbolen, die am nächsten liegen, und die Assoziation geschieht so rasch und automatisch, dass es erscheinen mag, als sei das Symbol der Kern der Erfahrung. Klarheit erinnert an Licht, und in Augenblicken einer solch akuten Klarheit mag sich die physische Wahrnehmung von alles durchdringenden Licht einstellen.