Hallo (ver)2felnder,
Das ganze ist recht kompliziert und man müsste mehr über den Verlauf deiner Fehlhörigkeit wissen. Kann aber auch sein, dass du das selbst lange nicht mitbekommen hast.
Das Gehirn ist plastisch, vereinfacht ausgedrückt lernfähig.
Fehlen jetzt einzelne Frequenzen oder sind bestimmte Frequenzen stark verzerrt, versucht das Gehirn mit den restlichen Informationen Laute zu unterscheiden. Das Gehirn kann dann z.B. tiefere oder höhere Frequenzen beiziehen um Laute zu unterscheiden. Normalerweise blendet das Gehirn viele Frequenzen aus, weil sie zur Erkennung eines Lautes nicht nötig sind. Dadurch werden aber auch Störgeräusche ausgeblendet.
Das kann dann zunächst aber dazu führen, dass je nach Stimmlage des Sprechers, dieser unterschiedlich gut zu verstehen ist.
Andererseits können Störgeräusche weniger gut ausgeblendet werden, da das Gehirn genau auf diese Frequenzen ausgewichen ist.
Um einen Laut zu erkennen, macht das Gehirn eine Spektrumanalyse. Die Lautstärke verteilt über die Frequenz er gibt ein Muster. Das Gehirn hat nun gelernt, welche Bereiche für die Erkennung relevant sind. Ziel der Natur ist es immer mit dem geringsten Aufwand ein Ziel zu erreichen.
Der Akustiker versuch nun meistens als erstes einen möglichst linearen Frequenzgang hin zu bekommen, zumindest was dann an Daten ans Gehirn geleitet wird. Da müsste dann das Gehirn wieder umlernen und Laute wieder „normal“ auswerten, sich also daran gewöhnen. Die Frage ist dabei natürlich auch, wie lange dein Gehirn schon mit den verzerrten Informationen zurecht kommen muss? Je länger dies der Fall ist, umso länger dauert meistens auch das Umlernen. Hinzu kommt, dass sich das Gehirn langsamen Veränderungen leicht anpassen kann, bei schnellen Veränderungen aber eher Chaos entsteht, da die erlernten Muster nicht mehr passen! Als erstes stürzt sich das Gehirn nun auf die offensichtlichsten Muster und dies scheinen bei dir die Hintergrundgeräusche zu sein.
In deinem Fall sollte man versuchen nicht gleich alles zu korrigieren, sondern den Frequenzgang nur mal um 5dB zu verbessern. Dann kann das Gehirn die bestehenden Muster einfacher umlernen, da es noch einen Bezug zu den alten Mustern herzustellen kann. Nach einer Weile korrigiert man dann weitere 5dB in Richtung linear.
Wobei linear auch nicht das Ideal ist, manchmal muss man einzelne Bereiche ganz ausblenden oder mehr verstärken, das ist die Idee hinter den unterschiedlichen Programmen.
Ein weiteres Problem kann auch noch darin liegen, dass du dich zuerst einmal an die geänderte Akustik gewöhnen musst. Theoretisch dürfte es keinen Unterschied machen ob mit oder ohne Hörgerät, wenn dieses gar keine Korrekturen am Frequenzgang vor nimmt. Praktisch kann es aber sein, dass du so schon mehr Probleme hast.
Das Problem an der ganzen Geschichte ist, dass der Akustiker keine technische Messmöglichkeit hat um zu messen, welche Einstellung eine Verbesserung für dich bringt. Da ist eben deine Mitarbeit gefragt. Je weniger du von Akustik verstehst umso schwieriger wird es eben auch, die Relevanten Informationen von dir zu bekommen 
Wenn du sagen kannst: zwischen 10kHz und 11kHz sind die Störgeräusche 20dB zu hoch, kann der Akustiker dir das schnell und genau einstellen 
Eine andere theoretische Möglichkeit wäre es, eine akustisch schwierige Situation in Labor zu holen und dort zu optimieren. Dazu müsste man aber die Situation aufzeichnen können. Allerdings verändert schon die Aufnahme den Frequenzgang etwas und zudem geht die es höchstens in Stereo, ist also nicht wirklich 3D, sodass das Richtmikrofon nicht wirklich funktioniert.
Die Praxis ist nicht immer einfach, obwohl die Theorie doch so schön wäre…
Ich selbst habe nur einen Tinnitus. Ein Pfeifton so um die 15kHz rum, welcher in etwa die Lautstärke eines normalen Gesprächs hat. Normalerweise kann ich den Ton locker ausblenden. Ich kann mich aber auch auf diesen Ton konzentrieren, dann übertönt er das Meiste. Nur wenn es mir schlecht geht (Krank, Übermüdet, schlechte Verfassung usw.), klappt das mit dem Ausblenden weniger gut.
MfG Peter(TOO)