Dinnele, Rezept für

Hab ich auf meinem letzten Tag auf dem
Wormser Weihnachtsmarkt gegessen.

Hatte ich noch nie vorher gehört!

Es kam aus dem Holzofen ähnlich wie Flamm-
kuchen mit Boden aus Brotteig,Belag ist aber variationsreicher.
Mit Kartoffeln,Pilzen,Gemüse Kräuter und und und…
wie man´s möcht.

Natürlich super lecker.
Hat da jemand ein erprobtes Rezept parat?

Schmeckt bestimmt auch ohne Holzbackofen und
wenns nur zum Überbrücken ist?

Danke und lechtz…
Gruß Kai

Servus Kai,

Hatte ich noch nie vorher gehört!

das ist normal. Dinnete oder Dinneta kommen aus schwäbisch-Alabama, südlich von Ulm. Der Boos aus Aulendorf hat sie jahrmarktsfähig gemacht, indem er gemauerte Holzöfen entwickelt hat, die man auf eine Palette bauen und auf diese Art transportieren kann.

Es kam aus dem Holzofen ähnlich wie Flamm-
kuchen mit Boden aus Brotteig, Belag ist aber
variationsreicher.

Hmm. Traditionell eigentlich nicht; aber als die Pizza erfunden wurde, hat auch noch niemand an Ananasscheiben zum Drauftun gedacht…

Natürlich super lecker.
Hat da jemand ein erprobtes Rezept parat?

Für ein Blech:

1 kg Mehl (vorzugsweise 1050er Weizenmehl und Dinkelmehl 3:1 gemischt)
1 Würfel Hefe
1 guten Esslöffel Salz
etwa 1/2 Liter Wasser - je nach Wasseraufnahmefähigkeit des Mehls

Daraus einen Hefeteig machen, gehen lassen, noch einmal durchkneten, auf dem bemehlten Blech auswellen, dort noch einmal nachgehen lassen. Wenn man im Haushaltsbackofen backt, den Teig gleichmäßig über das Blech auswellen, keine kleineren Dinneta machen. Die werden sonst zu trocken.

Die Dinneta bemehlen, 250g Sauerrahm - 10% oder 20% reichen, aber er sollte eine schöne Milchsäure haben - 2 Eier, Salz, Pfeffer, Kümmel verkleppern. Für ein Blech drei bis vier Zwiebeln, vielleicht 200g durchwachsenen Speck wenn mans mag, gekochte Kartoffeln in Rädlein geschnitten wenn man mag, blanchierten Lauch wenn man mag vorbereiten. Das Rahm-Ei-Gemisch auf den Dinneta verteilen, mit den anderen Dingen belegen.

Etwas anderes als die zitierten Dinge gehören eigentlich nicht drauf - wobei der Phantasie und dem Gusto natürlich keine Grenzen gesetzt sind.

Schmeckt bestimmt auch ohne Holzbackofen und
wenns nur zum Überbrücken ist?

Schwierig. Die 250°, die ein Haushaltsbackofen hergibt, sind eigentlich ein bissel zu wenig - Dinneta wurden früher beim Backen in den Ofen geschoben, wenn man grad die Glut herausgekehrt hatte und er für Brot noch zu heiß war. Wenn man die Dinneta drauß hatte, war es recht, um das Brot einzuschießen. Es geht aber trotzdem, sie werden bei 250°/etwa 30-40 Minuten aber gern ein bissel zu fest.

Ein gutes Mehl dafür - vor allem Mehl von Vesen alias Dinkel ist nicht überall besonders gut - aus dem Herzen des Dinneta-Landes bekommst Du beim Vogel in Aulendorf

http://www.herrenmuehle.de/

(der beiläufig auch Spezialist für Spätzlesmehl, Musmehl usw. ist)

Falls es Dir tatsächlich die Fahrt wert ist, vergess nicht in der Herrenmühle auch einen Kasten Walder Bräu einzupacken, vielleicht hat er auch grad einen rechten Most da - dann passt alles!

Schöne Grüße

MM

Hallo - noch ein Nachschlag:

Weil er viele Nachahmer hat, hier noch die Adresse des ersten Jahrmarkts-Dinnetebäckers Boos aus Aulendorf:

http://www.dinnete.de/

Ich weiß net recht, ob er bereit ist, auch einen Ofen zu liefern; das könnte aber schon sein, wenn man ihm erklären kann, dass man nicht als Konkurrent auftreten möchte: Immerhin hat er diese Konstruktion entwickelt; ich denke, er baut sie auch selber (oder lässt bauen).

Schöne Grüße

MM

Hallo Kai, hallo Martin,

Schwäbisch-Alabama naja - die Dinnele kenn’ ich aus dem gesamten alemannischen Sprach- und Kulturraum, sprich Baden, (Deutsch-)Schweiz, Elsass (von dort als Flammkuchen exportiert) und wenn’s sein muss zählen wir eben auch noch Schwaben dazu :wink:).

Das Rezept von Martin mag schon angehen, ganz klassisch hat man eigentlich den Brotteig verwendet von dem Brot dass man gerade backen wollte (bei jeder Hausfrau ein bißchen anders). Belag klassich wie von Martin beschrieben, aber als Kinder bekommen wir von der Bäurin nebenan auch Apfel-Dinnele, im Herbst Zwetschgen-Dinnele usw. Fanden wir zumindest damals viel besser.

In der Tat sind hier der Phantasie wenig Grenzen gesetzt - im Grunde haben die Bäuerinnen früher drauf getan was halt da war. Sie hatten eben nicht die Auswahl wie wir heute…

Um Enttäuschungen vorzubeugen muss ich Dich warnen: im normalen Haushaltsherd wirst Du keine mit dem Holzbackofen auch nur annähernd vergleichbare Qualität erreichen, dazu reicht einfach die Hitze nicht aus. Trotzdem viel Spaß beim probieren.

Gruß
Werner

Hallo Werner,

Schwäbisch-Alabama naja - die Dinnele kenn’ ich aus dem
gesamten alemannischen Sprach- und Kulturraum,

in welchen Teilen des beschriebenen Gebietes sagt man dazu „Dinnele“ mit l? Ist das im Südbadischen so? (Nordbaden gehört nicht zum Alemannischen Raum).

Der Elsässer Flammchueche wird sehr viel dünner ausgewellt als Dinneta. Das ist etwas anderes. Ich spreche von Dinneta, nicht von Flammchueche. „Ungefähr das gleiche“ ist schließlich auch Pizza, aber trotzdem gibts in Trapani keine Dinnete. Im alemannischen Südschwarzwald, dem Hochrheintal, der Deutschschweiz und im Gsibergischen habe ich zwar noch nirgendwo Dinneta gesehen, aber ich lass mich da gern eines besseren belehren. Idealerweise von einem Indigenen.

(Deutsch-)Schweiz, Elsass (von dort als Flammkuchen
exportiert) und wenn’s sein muss zählen wir eben auch noch
Schwaben dazu :wink:).

Nein, von Schwaben war überhaupt nicht die Rede. Sondern vom neuwürttembergischen Vorderösterreich, südlich einer Linie etwa Saulgau - Waldsee - Kisslegg - Memmingen, die auch etwa der schwäbisch-alemannischen Sprachgrenze entspricht (letztere etwas weiter südlich).

Das Rezept von Martin mag schon angehen, ganz klassisch hat
man eigentlich den Brotteig verwendet von dem Brot das man
gerade backen wollte (bei jeder Hausfrau ein bißchen anders).

Nein, die Unterschiede sind vernachlässigbar. Brotteig ist Brotteig; man unterscheidet allenfalls zwischen Sauerteig dort, wo noch wöchentlich gebacken wurde, und Hefeteig dort, wo man nicht mehr so oft backt. Wobei Hefeteig für Dinneta völlig ausreicht. Vesen muss in Teig für Dinnete auf jeden Fall hinein, Roggen tut nicht Not.

In der Tat sind hier der Phantasie wenig Grenzen gesetzt - im
Grunde haben die Bäuerinnen früher drauf getan was halt da
war. Sie hatten eben nicht die Auswahl wie wir heute…

Nunja, einmal durch den bäuerlichen Garten: Mangold-Dinneta? Tomaten-Dinneta? Kohlraben-Dinneta? Erbsen-Dinneta? Kraut-Dinneta? Hmmm…

Im normalen Haushaltsherd wirst Du keine mit dem Holzbackofen
auch nur annähernd vergleichbare Qualität erreichen, dazu
reicht einfach die Hitze nicht aus.

Sell chunnt druf aa wärs macht… In der Tat werden Dinnete (wie beschrieben) bei niedriger Temperatur ein bissel trockener, mit einer dickeren Rinde. Aber sonst?

Schöne Grüße

MM

Hallo Martin,

in welchen Teilen des beschriebenen Gebietes sagt man dazu
„Dinnele“ mit l? Ist das im Südbadischen so?

Ja, da bin ich aufgewachsen und daher kenn’ ich die Dinnele oder Dinnela (der letzte Buchstabe liegt phonetisch irgendwo zwischen e und a - weiß nicht genau wie ich das umschreiben soll).

(Nordbaden gehört

nicht zum Alemannischen Raum)

stimmt natürlich!

Der Elsässer Flammchueche wird sehr viel dünner ausgewellt als
Dinneta.

Die Dinnele wie ich sie kenne ist genau so dünn wie ein Flammkuchen.

Ich spreche von Dinneta, nicht
von Flammchueche. „Ungefähr das gleiche“ ist schließlich auch
Pizza, aber trotzdem gibts in Trapani keine Dinnete.

Was Dinnele, Flammkuchen und Deine Dinneta gemeinsam haben ist der Belag mit Sauerrahmbasis, was nun doch einen ganz andere Geschmacksrichtung gibt als die Tomaten/Käse-Basis einer Pizza. Verwandt sind sie natürlich am Ende alle irgendwie.

Im alemannischen Südschwarzwald, dem Hochrheintal, der

Deutschschweiz und im Gsibergischen habe ich zwar noch
nirgendwo Dinneta gesehen,

Also für die Gegend um den Bodensee, den Südschwarzwald kann ich mich für die Dinnele verbürgen, im Thurgau (Nordost-Schweiz) habe ich sie auch schon gegegessen, wobei ich mir nicht mehr 100% sicher bin wie sie dort bezeichnet wurde (das Schweizer Idiom weicht ja doch immer wieder deutlich von unserem südbadischen Alemannisch ab).

Gruß
Werner

Servus Werner,

Die Dinnele wie ich sie kenne ist genau so dünn wie ein
Flammkuchen.

Dann war also die ursprüngliche Frage kein Tippfehler, wie ich ihn vermutet hatte, sondern tatsächlich auf ein anderes Backwerk bezogen;

aber

für die Gegend um den Bodensee,

gelten zumindest im Raum Teuringertal - Pfrungen - Saulgau - Waldsee - Kisslegg - Leutkirch - Lindau die dickeren Dinneta; einschließlich Tettnang, Neukirch, Isny, Oberreitnau etc.

Da müssten wir einmal eine Exkursion nach Markdorf und Bodman machen, um festzustellen, ab wo der Teig auf badisch ausgewellt wird…

Darauf ein Viertel Hagnauer!

MM

Für spontane Gelüste funktioniert dieses Rezept:
Hallo Forum!

Habe gestern unvorsichtigerweise das Rezept von Martin May gelesen und unser Sohn auch.Auf dem Weihnachtsmarkt hatten wir nämlich kürzlich genau diese Fladen genüsslich verspeist.

Mit einer Pfütze auf der Zunge den Küchenschrank inspiziert und fündig geworden.

Die Hälfte einer Backmischung für Ciabatta-Brot in der Knetmaschine mit etwas weniger Wasser als angegeben angerührt.
Gehen lassen.

Auf bemehltem Blech je 2 große Fladen ausgewellt.
Wieder gehen lassen.

Währenddessen die folgenden Zutaten verrühren:

1,5 Becher 10%ige saure Sahne
2 Eiern
frischer schwarzer Pfeffer
Salz
Prise Zucker
Muskatnuss
gemahlener Kümmel

Diese Masse auf den gegangenen Fladen verteilen.
Darauf 4 feingewüfelte Zwiebeln verteilen, pro Fladen (also pro halbes Blech) 2 EL geraspelten Emmenthaler darüberstreuen.

Meinen E-Herd hatte ich auf 250 Grad Heißluft vorgeheizt und die Fladen erstmal 20 Min. gebacken.
Da waren sie aber untendrunter noch sehr weich und obendrauf blass.
Nach weiteren 6 Minuten war das oberste Blech genau richtig, unten knusprig, in der Mitte noch ein bisschen weich, obendrauf leicht gebräunt.

Das untere Blech habe ich noch 5 Minuten länger bei 200 Grad dringelassen, anschließend war es perfekt.

Meine Leute haben nicht gegessen, sondern gefressen!
Und durch die Größe der Fladen war nicht einmal Besteck nötig.

Angelika

Eigentlich habt ihr ja alle ein Sternchen verdient
aber ich kann leider noch keine vergeben,da ich
erst kurz dabei bin,schade…

…aber viiiiiiiiiiiiiillen DANK!!!
Gruß
Kai

Darauf ein Viertel Hagnauer!

Darauf können wir uns allemal einigen :wink:)

Gruß
Werner

Servus Angelika,

dieses:

Die Hälfte einer Backmischung für Ciabatta-Brot

ist wahrscheinlich genau die richtige Lösung, wenn man es bis zur Herrenmühle in Aulendorf etwas weiter hat.

Immerhin ist die Kornstraße als Handelsweg zwischen Saulgau und Firenze seit etwa 1100 belegt, auf dem Florenzer Markt bekommt man ganz ordentliche Knauzenwecken, in Palermo ein gutes schwäbisches Siedfleisch und Friedrich Barbarossa, der herich als Bub mit seinem Vetter Heinrich dem Löwen auf der Ravensburger Veitsburg Fussball gespielt hat, stellt eine weitere Verbindung nach Sizilien her. Und irgendwie scheint mir auch der Montepulciano etwas von einem Trollinger zu haben…

Wieauchimmer - brauchets xund

wünscht

MM

Hallo Martin!

Jepp, bis zur besagten Mühle wäre das wirklich ein bisschen weit aus OWL.

Dank Deiner guten Beschreibung der Zubereitung (und meiner Vorratshaltung *g*)war es jedenfalls ein wunderbares, billiges UND superleckeres Abendessen.

Angelika