DNA-Replikation (DNA-Polymerase,Phosphate)

Hallo :smile:

Ich habe zur Zeit das Problem, dass ich im Biologieunterricht nicht wirklich gefordert werde, bzw. wir im Unterricht wirklich nur an der Oberfläche kratzen. Leider kann mir meine Lehrerin meine tiefergehenden Fragen häufig auch nicht zu meiner Zufriedenheit beantworten…
Deswegen jetzt folgende Fragen an euch:

-Wie groß ist die DNA-Polymerase? (die die Nucleotide anbaut)Wie arbeitet sie genau ? (wie „findet“ sie die nucleotide, wie baut sie sie an?)
-Wie funktioniert das genau mit der Energiegewinnung durch die Abspaltung der Phosphat (vom Nucleosidtriphosphat)? Wie kann man sich das vorstellen ? Wie kann durch Abspaltung Energie gewonnen werden ?

ja, soweit erstmal zu meinen Frage. Schoneinmal Dankeschön für jede Antwort.
Segen!

Hallo!

Die Fragen, die Du stellst, sind sehr komplex. In einem Biologie-Lehramts-Studium lernt man darauf keine Antworten. Wenn überhaupt, dann wird sowas in Chemie-Post-Doc-Seminaren diskutiert. Geh also mit Deiner Biolehrerin nicht zu hart ins Gericht. Viel kann ich auch nicht beitragen, aber immerhin ein bisschen.

-Wie groß ist die DNA-Polymerase? (die die Nucleotide
anbaut)

Wikipedia gibt eine Größe für das ganze Enzym von 900 kDa an. Es besteht jedoch aus 14 Untereinheiten. (1 Da = 1 u = 1 AME)

Wie arbeitet sie genau ? (wie „findet“ sie die
nucleotide, wie baut sie sie an?)

Sie sucht nicht aktiv. Wie alle Enzyme hat sie ein aktives Zentrum, in das das Substrat wie ein Schlüssel in ein Schloss passt. Genaueres kann ich Dir dazu aber nicht sagen.

-Wie funktioniert das genau mit der Energiegewinnung durch die
Abspaltung der Phosphat (vom Nucleosidtriphosphat)? Wie kann
man sich das vorstellen ? Wie kann durch Abspaltung Energie
gewonnen werden ?

Wenn es Energie kostet, eine Bindung zu knüpfen, dann ist es logisch, dass bei ihrer Lösung diese Energie wieder frei wird. Die energiereiche Verbindung (also z. B. ATP) befindet sich nur in einem metastabilen Zustand. Die Aktivierungsenergie ist zu groß, als dass sie von selbst in den günstigeren gespalteten Zustand übergehen könnte (ADP + Pi).

Anschaulich kann man sich die Bindung wie eine gespannte Mausefalle vorstellen. Zunächst passiert nichts. Wenn man die Falle aber an der richtigen Stelle berührt, dann löst sich einerseits der Sicherungsstift, der alles zusammen gehalten hatte, und andererseits wird die gesamte Energie, die in der Feder steckte, freigesetzt.

Michael

Hallo,

-Wie groß ist die DNA-Polymerase? (die die Nucleotide
anbaut)Wie arbeitet sie genau ? (wie „findet“ sie die
nucleotide, wie baut sie sie an?)

Lustigerweise gibt es auf YouTube sehr anschauliche Trickfilme, die das verdeutlichen:

http://www.youtube.com/watch?v=TC2mYWR8754
http://www.youtube.com/watch?v=vn_HICkswI4&feature=r…
http://www.youtube.com/watch?v=AkI1yRoLnXo&feature=r…

Zur Frage des „Findens“ von Nukleotiden:

Wir sind hier im molekularen Massstab. Hier spielt die thermische Bewegung („Brown’sche Molekularbewegung“, http://de.wikipedia.org/wiki/Brownsche_Bewegung) eine wichtige Rolle. Moleküle schwimmen nicht still und ruhig an Ort und Stelle, sondern sie sind ständig in (zufälliger) Bewegung. Im Molekülmassstab ist diese Bewegung sehr heftig! In jedem Kubiknanometer befinden sich hunderte und tausende von Molekülen, die in Bruchteilen einer Sekunde durch diese Bewegung praktisch jeden Punkt in diesem Raumbereich ein- oder mehrmals erreichen.

Biologische Moleküle sind nicht einfach „Haufen von Atomen“, sondern sie haben eine bestimmte Form und einen Aufbau, der nach außen hin ein bestimmtes „Muster von Eigenschaften“ ergibt. Die wichtigsten Eigenschaften sind die elektrische Ladung und die Hydrophobizität („Wassserabweisung“). Sie bedingen die elektrostatischen und hydrophobe Wechselwirkungen mit anderen Molekülen. Außerdem sind Moleküle nicht starr, sondern sie sind in sich beweglich, flexibel, sie können ihre Form (Konformation) ändern.

Gerde die elektrostatischen Wechselwirkungen treten aber nicht erst auf, wenn zwei Moleküle sich bereits berühren. Wie kleine Magnete, die aneinander vorbeischwirren, richten sich so die Moleküle gegenseitig aus, ziehen sich an oder stossen sich ab. Wenn du zwei klein Stabmagnete wild in die Luft wirfst, so dass sie recht dicht aneinander vorbeifliegen, dann werden sie sich ausrichten und zusammenpappen, und zwar in einer ganz bestimmten Orientierung. So ähnlich (nur komplexer, schneller und genauer) ist das auch mit den Molekülen. Enzyme haben „Bindungstaschen“, deren elektrostatisches Feld genau zum Bindungspartner passt, so dass dieser, wenn er vorbeifliegt, richtig orientiert in diese Tasche „hineinfällt“. Außerdem kommen auch noch die hydrophoben Wechselwirkungen zum Tragen.

Daneben gibt es auch noch einen stochastischen Effekt: Jede Sekunde werden durch die Molekularbewegung Billionen und Billionen von Molekülen in die Bindungstasche gedrückt (um sogleich wieder rauszufliegen). Wenn jedes Milliardste Molekül der „passende“ bindungspartner ist, bleibt dieses wegen seiner passenden Ladungsverhältnisse, seiner Form und seiner Hyrophobizität „hängen“.

Ein „passendes“ Molekül in der Bindungstasche sorgt dafür, dass sich die Feldstärken in der Tasche ändern (Ladungen werden ausgeglichen). Dadurch ändern sich lokal Kräfte, die auf das Enzym (und den Bindungspartner) wirken. Dadurch verändern beide ihre Form, was beim passenden Bindungspartner zu einer festern Bindung führt und die Form des Enzyms gerade in so einer Weise verändert, dass die enzymatische Reaktion dadurch begünstigt wird.

Im Gegensatz zu Michaels Antwort spricht man heute eigentlich nicht mehr vom „Schlüssel-Schloß-Prinzip“, sondern vom „induced fit“, wo die exakt passende Form von Schlüssel und Schloß sich erst herausbilden, wenn der Schlüssel sich dem Schloß nähert. Ich muß Michael aber zugestehen, dass dieses „einfachere“ Modell vom Schlüssel-Schloß-Prinzip den zentralen Punkt aber immer nnoch anschaulich verdeutlicht.

-Wie funktioniert das genau mit der Energiegewinnung durch die
Abspaltung der Phosphat (vom Nucleosidtriphosphat)? Wie kann
man sich das vorstellen ? Wie kann durch Abspaltung Energie
gewonnen werden ?

Die Folgende Erklärung ist vereinfacht, sollte aber das wesentliche Prinzip verdeutlichen: Die Triphosphatgruppe ist stark negativ geladen. Sie kann so einen großen „elektrostatischen Druck“ auf das umgebende Molekül (Enzym) ausüben. Das Enzym positioniert in der Nähe des ATP bestimmte Aminosäuren, welche ihrerseits durch ihre elektrostatischen Eigenschaften die Bindungselektronen des ATP in Richtung des letzten Phosphats „schieben“. Dadurch wird es wahrscheinlich, dass die Bindung zu diesem letzen Phosphatrest bricht. Wenn das passiert, kann sich das letzte Phosphat vom ADP wegbewegen (negative Ladungen stoßen sich ab; außerdem „drückt“ das Enzym wie eine Feder). Wenn es wegfliegt, löst sich die Spannung im Enzym, es kommt zu einer Konformationsänderung. Die kann gegen einen Gegendruck erfolgen, so dass das Enzym eine Arbeit verrichten kann. Diese Arbeit kann zB. so aussehen, dass eine negativ geladene Aminosäure gegen eine negativ geladene Gruppe eines Substrats gedrückt wird, dort lokal die Bindungselektronen wegschiebt und so eine Substratspaltung oder einen Nulkeophilen Angriff eines Kosubstrats erlaubt.

Das die Sache Variationen haben kann zeigt folgendes Video über die Muskelkontraktion:

http://www.youtube.com/watch?v=vJ9ffKeUCvE&feature=r…

Ein Video dazu, wie ein Enzym ATP spaltet, um eine andere Reaktion zu katalysieren, habe ich leider nicht gefunden. Allerdings gibt es ein supergutes Video, das zeigt, wie ATP hergestellt wird. Hier sieht man sehr schön, wie flexibel die Moleküle sind, den „induced fit“ und wie die Konformationsänderungen von Substrat und Enzym bei der Bindung das Mikromilieu in der Bindungstasche so verändern, dass es zu chemischen Reaktionen und weiteren dadurch induzierten Konformationsänderungen kommt:

http://www.youtube.com/watch?v=U_mZGTB5uKg&NR=1

Sehr sehenswert!

Ich hoffe, das hilft erstmal weiter.

VG
Jochen

Höchst besternungswürdig OT
Hallo Jo,

Kann leider nur einen Stern vergeben.
Vielen Dank für Deinen ausührlichen und lehrreichen Text.

Das sind die Artikel deretwegen ich bei w-w-w bin.

Gruss
M.

Hallo mopedhexle,

Kann leider nur einen Stern vergeben.

mehr konnte ich auch nicht.

Vielen Dank für Deinen ausührlichen und lehrreichen Text.

Das sind die Artikel deretwegen ich bei w-w-w bin.

Mir geht’s ähnlich, nicht nur wegen der Antworten, sondern auch wegen der Frage, wieviel man selbst (noch) weiß. Als ich suudiert habe, gab es ein Dutzend verschiedener Polymerasen, von denen aber kene die „eigentliche“ sein konnte, v.a. weil alle viel zu langsam waren.

Theorien waren seinerzeit Sonderfunktionen (Reparatur) oder unphysiologische Bedingungen (im Reagenzglas) oder die Vermutung, dass die eigentliche Polymerase noch nicht gefunden war.

Auch solche geschichtlichen Aspekte können - je nach deinen Neigungen - interessant sein.

Gruß, Zoelomat