Hallo Wissende,
bloss mal eine Frage in Bezug auf nicht nötiges Wissen: Angenommen, eine Frau
hat Sex mit einem Mann und dessen eineiigem Zwillingsbruder und sie wird schwanger von einem der beiden: Kann man durch einen DNA-Test feststellen, welcher der beiden Männer der Vater ist?
Gruß Gabi
Das ist nit ganz unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich.
Eineiige Zwillinge haben im Wesentlichen identisches Erbgut. Ganz egal, wie ich mir was vom Erbgut der beiden angucke - es wird verdammt gleich aussehen.
VG
Jochen
Hallo Gabi,
eine äusserst interessante Frage!
Auf alle Fälle war das Erbgut der beiden eineiigen Zwilligen gleich nach der Entstehung (=Teilung) aus der befruchteten Eizelle identisch. Im laufe der Schwangerschaft und dann im Laufe des Lebens der Zwillinge können dann aber zufällige Mutationen (z.B. Basenaustausch an einer nicht-codierenden Stelle) entstanden sein, die dann bei beiden an unterscheidlichen Stellen in der Erbsubstanz (Genom) auftreten können. dies kann auch in unterschiedlichen Geweben passieren. Wenn nun ein paar zufällige Mutationen in den Spermien-bildenden Zellen im Laufe des Lebens entstanden sind, dann werden diese auch Mutationen auch an das Kind weitergegeben.
in Zukunft wird man diese Fragestellung lösen können; theoretich geht das auch heute schon: man muss einfach die vollständigen Genome der beiden Zwillinge untersuchen (am besten aus Hodengewebe) und wenn man beim Vergleich der beiden Genome beider Zwillinge aufgrund der möglichen, zufällig entstandenen Mutationen Unterschiede findet, dann müssten man mit dem Vergleich der Genomsequenz des Kindes sehen können, welche zufälligen Mutationen weitervererbt worden sind. Natürlich muss man auhcdas Genom der Muter sequenzieren, weil ja das genom des Kindes aus einem Chromosomensatz der Muttter und eines Zwillings besteht (das müttlerliche Genom muss man „wegrechnen“).
Also 4 Humangenom-vollsequenzierungen und dann die Vergleiche. Heutzutage würde das Jahre dauern und sehr viel kosten.
Aber in einigen Jahren wird dann das 1000$-Genom erhältlich sein und dann wäre es machbar.
(Nebenbei: eine Anwendung des "1000$-Genoms wird sein, die Erbinformation von Metastasen zu untersuchen um herauszufinden, welceh Mutationen in genau diesem Tumos vorliegen um die Behandlung für diesen Tumor massgeschneidert zu gestalten)
Wie wahrscheinlich es ist, dass sich im Laufe des Lebens von eineiigen Zwilligen unterschiedliche Mutationen entstehen, weiss ich leider nicht. Aber DAS wird sicherlich in ein paar Jahren publiziert werden.
wirklich tolle Frage!
yps
Hi yps,
wirklich tolle Frage!
für mich wars erstmal eine der vielen Fragen, die man stellen kann, aber nicht muss. Für jede beantwortete Frage gibts ja immer ein paar neue, die sich aufwerfen.
Aber deine Anwort gefiel mir, weil das „geht natürlich theoretisch“ schon aufwandsmäßig abgeschätzt wurde.
Zoelomat, der sich in guten Phasen damit tröstet, dass neben Gier nach Geld und Macht Spieltrieb und Wissendurst die eigentlichen Triebfedern des Fortschritts sind.
Also 4 Humangenom-vollsequenzierungen und dann die Vergleiche.
Heutzutage würde das Jahre dauern und sehr viel kosten.
Aber in einigen Jahren wird dann das 1000$-Genom erhältlich
sein und dann wäre es machbar.
Hallo Yps,
also dank der next generation sequencing Techniken ist man davon eigentlich nicht mehr weit weg. Es werden im Wochentakt neue Humangenome sequenziert, auch bei Tieren und Pflanzen wird resequenziert was das Zeug hält.
Für ca. 10-20.000 EUR (reine Verbrauchsmaterialkosten, ohne Personalkosten) kann man ein Humangenom mit etwa 30-50x Abdeckung sequenzieren. Das reicht zusammen mit der Referenzsequenz locker aus, um eine vernünftige Assemblierung hinzubekommen. Das Aufwendige ist heute die Bioinformatik, nicht die Erzeugung der Sequenzen.
Für einen schnellen Vergleich zwischen den Zwillingen wäre aber wohl nicht mal so tiefe Sequenzierung nötig. Ich gehe davon aus, daß mit 5-10.000 EUR genug Sequenzinformation der beiden Zwillinge erzeugt werden kann, um Punktmutationen zu finden, die die beiden unterscheiden. Dazu noch die Mutter und das Kind mit gleichem Aufwand sequenzieren und man hat die Information, die man sucht.
Der Ansatz setzt natürlich voraus, daß die Mutationen nicht nur einmal in der Keimbahn aufgetreten und über das erfolgreiche Spermium weitergegeben wurden, sondern früh in der embryonalen Entwicklung, so daß auch im somatischen Gewebe der Brüder tatsächlich fixierte Mutationen nachweisbar sind.
Aber das nur am Rande…
Eva
Primitive Abschätzung
Hi yps,
Wie wahrscheinlich es ist, dass sich im Laufe des Lebens von
eineiigen Zwilligen unterschiedliche Mutationen entstehen,
weiss ich leider nicht. Aber DAS wird sicherlich in ein paar
Jahren publiziert werden.
Die Wahrscheinlichkeit kann man zumindest abschätzen. Es gibt einige Erbkrankheiten, deren spontanes Auftreten im 1:1000 -Bereich liegt. (Z.B. Neurofibromatose). Da sich der dafür ausschlaggebende Genbereich erstens in den 10% Gentragenden Abschnitten der DNA befindet, muss die Wahrscheinlichkeit für Spontanmutationen mindestens nochmal um den Faktor 10 höher sein.
D.h. mit dieser einfachen Abschätzung kommen wir schon auf die Wahrscheinlichkeit irgendeiner Mutation auf ungefähr 1:10.
Ich nehme mal an, da ich hierbei noch einiges unberücksichtigt gelassen habe, dass selbst eineiige Zwillinge sehr häufig unterschiedliche DNAs haben.
Gruss Marco
Hallo Eva,
Für einen schnellen Vergleich zwischen den Zwillingen wäre
aber wohl nicht mal so tiefe Sequenzierung nötig. Ich gehe
davon aus, daß mit 5-10.000 EUR genug Sequenzinformation der
beiden Zwillinge erzeugt werden kann, um Punktmutationen zu
finden, die die beiden unterscheiden. Dazu noch die Mutter und
das Kind mit gleichem Aufwand sequenzieren und man hat die
Information, die man sucht.
Das kann man natürlich machen. Gerichtlich annerkannte DNA-Tests zum Vaterschaftsnachweis beruhen allerdings immer noch auf der Analyse von Short-Tandem-Repeat-(STR)-Polymorphismen. Noch früher hat man RFLPs (Restriktionsfragmentlängenpolymorphismen) untersucht.
Das Problem bei Basengenauen Sequenzioerungen ist die Abschätzung, wie wahrscheinlich gleiche Mutationen sind (-> falsch positive Ergebnisse für den Vaterschaftsnachweis). Nicht jede Position ist gleich suszeptibel für Mutationen, entweder wegen struktureller Eigenschaften oder wegen klonaler Selektion von Zellen, welche die Mutation tragen.
Weiterhin sind somatische Zellen sicher ein wildes Mosaik unterschiedlicher Mutationen. Hier braucht es auch wieder Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen zur Verteilung von erworbenen und geerbten Punktmutationen.
So einfach wie mal zwei Sequenzen zu vergleichen ist das Ganze nicht. Wohl ist es nicht unlösbar, aber eben momentan gerichtlich nicht verwertbar, eben wegen dieser vielen noch offenen Fragen.
Der Ansatz setzt natürlich voraus, daß die Mutationen nicht
nur einmal in der Keimbahn aufgetreten und über das
erfolgreiche Spermium weitergegeben wurden, sondern früh in
der embryonalen Entwicklung, so daß auch im somatischen Gewebe
der Brüder tatsächlich fixierte Mutationen nachweisbar sind.
Das werden viele zig-Millionen sein, in jeder Zelle ein paar andere. Genau das verwischt eine klare Aussage anhand somatischer Mutationen.
Aber das nur am Rande…
Dito
VG
Jochen
Hallo zusammen (sich selber grüssen wäre ja komisch)
in Zukunft wird man diese Fragestellung lösen können;
theoretich geht das auch heute schon:
ich ergänze: ein Genom-Vergleich von eineigen Zwilligen ist sogar in 2010 in Nature publiziert worden:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2862593/…
auf die Schnelle habe ich nicht rauslesen können, ob diese Sequenzen nun „geeignet genug unterschiedlich“ sind.
aber ggf kann ja jemand der zu-dieser-Frage-Mitdenkenden wie Eva,Jo, Zoelomat oder GMarco weiterhelfen.
bester Gruss
yps
Hallo Jo,
wir meinen schon beide ziemlich das selbe…
Das kann man natürlich machen. Gerichtlich annerkannte
DNA-Tests zum Vaterschaftsnachweis beruhen allerdings immer
noch auf der Analyse von
Short-Tandem-Repeat-(STR)-Polymorphismen. Noch früher hat man
RFLPs (Restriktionsfragmentlängenpolymorphismen) untersucht.
Ist mir schon klar. Die Chance STRs zu finden, die eineiige Zwillinge unterscheiden sind aber doch sehr gering. Da muß man schon mit etwas größerer Bandbreite ran, denke ich.
Das Problem bei Basengenauen Sequenzioerungen ist die
Abschätzung, wie wahrscheinlich gleiche Mutationen sind (->
falsch positive Ergebnisse für den Vaterschaftsnachweis).
Nicht jede Position ist gleich suszeptibel für Mutationen,
entweder wegen struktureller Eigenschaften oder wegen klonaler
Selektion von Zellen, welche die Mutation tragen.
Da widerspreche ich ja gar nicht. Nur dürfte aufgrund des Verdünnungseffektes der Mutationen eben ausreichend viele Loci gleichzeitig untersucht werden müssen, damit man überhaupt eine Chance hat Unterschiede zu finden. Bei einer whole genome Sequenzierung sind dies eben quasi alle überhaupt möglichen Loci. Man sollte nicht außer acht lassen, daß es sich hier ja nicht um einen üblichen Vaterschaftsnachweis handelt.
So einfach wie mal zwei Sequenzen zu vergleichen ist das Ganze
nicht. Wohl ist es nicht unlösbar, aber eben momentan
gerichtlich nicht verwertbar, eben wegen dieser vielen noch
offenen Fragen.
Daß es einfach ist habe ich nicht behauptet
Der Ansatz setzt natürlich voraus, daß die Mutationen nicht
nur einmal in der Keimbahn aufgetreten und über das
erfolgreiche Spermium weitergegeben wurden, sondern früh in
der embryonalen Entwicklung, so daß auch im somatischen Gewebe
der Brüder tatsächlich fixierte Mutationen nachweisbar sind.Das werden viele zig-Millionen sein, in jeder Zelle ein paar
andere. Genau das verwischt eine klare Aussage anhand
somatischer Mutationen.
Ja, eben das meinte ich ja. Man sucht bzw. findet im Grund nur die Nadel im Heuhaufen - nämlich eine Mutation, die in der Keimbahn oder früh in der embryonalen Entwicklung entstanden ist und sich an viele Tochterzellen weitergegeben hat. Von einer spontanen Mutation in einer Erythrozytenzelle oder einem einzelnen Spermium wird man nicht viel sehen. Bei einem Sprößling wären ja ohnehin nur Mutationen sichtbar, die auch beim Vater über die Keimbahn weitergegeben wurden.
Ich möchte diese Aufgabe jedenfalls nicht lösen müssen. Wollte eigentlich nur darauf hinaus, daß die whole genome Sequenzierung technisch und finanziell heute nicht mehr die gleiche Hürde wie noch vor 5 oder 10 Jahren darstellt.
Ciao
Eva