Hallo Thomas,
beim Stöbern in meiner Korrespondenz über die Feiertage habe ich möglicherweise eine auch hier geeignete Argumentation gefunden, die ich noch einbringen will.
Ich meinte ja, daß eine ausführliche Diskussion von Grundsatzfragen aufgrund der Konzeption des Forums nicht zielführend ist.
Weil das auch als Vorwurf falsch aufgefaßt werden kann, möchte ich jetzt noch ergänzen, daß einerseits das Internet selbst, weil es ja eine unpersönliche Kommunikationsplattform darstellt, bereits Einschränkungen erzwingt, die sich nur auf den Austausch von Information reduzieren, mit der dann ein anderer entweder etwas anfangen kann oder nicht.
Sich wechselseitig zu „verstehen“ zu versuchen, ist über diese Ebene schon grundsätzlich nicht möglich. Wenn man mit dieser Erwartungshaltung in´s Net geht, was ja viele tun, dann begeht man bereits einen schweren Fehler, der aber zu enormen Konflikten führen kann.
Über diesen spezifischen Kommunikationsbarrieren steht aber noch eine ganz grundsätzliche.
Und weil ich dazu, zwar von einer ganz anderen Fragestellung ausgehend, im Oktober einen Gedankenaustausch mit jemanden hatte, aus dem letztlich aber der zentrale Grund für die Kommunikationsprobleme ebenfalls abgeleitet wurde, will ich meine damalige Antwort auch hier einbringen und kopiere sie unten dran.
Sie war relativ lang, aber es geht m.E. auch daraus hervor, welches Thema ich zur Diskussion stelle, zumindest andeutungsweise hoffentlich. Weil das aber eben derart in die Breite gehen würde, erscheint es mir nicht möglich, hier eine Diskussion darüber entstehen zu lassen.
Vorallem, weil ja bereits im Sommer meine Versuche, das Thema von spezifischen Fragen ausgehend ableiten zu wollen, kläglich gescheitert sind, ja scheitern mußten.
Ich hoffe, ich überlade Dich nicht damit, aber der Gedanke sollte zumindest auch hier vorgebracht worden sein.
Herzliche Grüße
Gert
(Aus einem Briefwechsel im Oktober 04; Briefdatum: 3.10.04; Adressat gelöscht)
Betr.: Unser Dilemma: was ist „richtig“?
Es ist besser, die Frage so zu formulieren, weil man dann endlich von dem unnötigen Wirkbegriff „die Wahrheit“ weg kommt und konkreter werden kann.
Es ist auch klar, daß dieses Dilemma auch nur im Zusammenhang mit bekannten Erklärungen zu grundsätzlichen Fragestellungen steht und nicht, ob es z.B. „richtig“ ist, einen Nagel mit der Spitze oder dem Kopf voran in die Wand zu schlagen.
Das Dilemma zeigt sich ja darin, daß täglich Millionen von Diskussionen abgehandelt werden, mit der einzigen Intention, heraus zu finden, ob und welche Erklärung zu einer thematisierten grundsätzlichen Fragestellung „richtig“ sein würde. Heraus gekommen ist dabei außer jeder Menge zwischenmenschlicher Konflikte aber noch immer nichts.
Was läuft da also schief?
Im Grunde ist das nun aber nur deshalb so, weil man noch immer konsequent nicht zur Kenntnis nehmen will, daß jede einzelne dieser Fragestellungen und der damit verbundenen bekannten Erklärungen nur das Zwischenergebnis der seit historischen Zeiten bereits laufenden Erklärungsversuche zu einer einzigen Frage darstellt: was ist die „richtige“ Erklärung für meinen eigenen existenziellen Grund in dieser Welt?
Die noch immer ergebnislose Diskussion zur Frage, was z.B. „das Universum“ wäre, geht ebenfalls nur auf diese Grundsatzfrage zurück.
Weil man also nach wie vor geflissentlich darauf vergisst, kehrt trotz all dieser Erfahrungen noch immer keine Diskussion zur nun eigentlich zu diskutierenden Frage zurück:
Waren bzw. sind denn diese bekannten Erklärungsversuche überhaupt „richtig“? Sind sie überhaupt „zielführend“ in Bezug auf die Fragestellung?
Bekannt ist ja, daß über einen nicht unerheblichen Zeitraum zuerst so genannte „Religionen“ und dann eine Weile lang so genannte „Wissenschaften“ diese Erklärung nicht zustande gebracht haben, oder schon? Wieso geht man dann aber weiter so vor und warum stellt niemand diese Frage konsequent zur Diskussion?
Aus „Angst“ vielleicht?
Warum und vor allem vor wem?
Dafür muß es also einen Grund geben, den man nun aber systematisch ableiten und letztlich auf eine erst durch den Vollzug von „Gehirnwäsche“ geschaffene Kommunikationsbarriere zurück führen kann. Und zwar dann, wenn man „richtigerweise“ damit beginnt, diese „Ur-Frage“ endlich dort hin in Bezug zu setzen beginnt, wo sie beginnt: auf die ureigenste Interessenslage in diesem Zusammenhang!!
Diese Frage ist nämlich keine „historische“, sondern die höchst aktuelle „Ur-Frage“ eines jeden Menschen vom ersten Lebenstag an! So einfach käme dann diese Frage wieder zentral in die Diskussion.
Warum sie aber trotzdem nicht so in sämtlichen Diskussionen vor kommt, lässt sich nun aber darstellen, wenn man sich quasi selber wieder zurück versetzt und dann vergleicht, mit welcher Situation man von Anfang an konfrontiert war. „Rückerinnerung“ ist dazu gar nicht erforderlich, sondern lediglich logisch-systematisches Denken.
Diese subjektive, damit auch ganz „konkrete“ Interessenslage in diesem Zusammenhang beginnt logischerweise doch bereits mit dem Tag, wo man auf die „Welt“ kommt (gekommen ist), oder nicht?
Denn der erste, natürlich aber noch nicht begrifflich verbundene Wahrnehmungsbezug ist ja nichts anderes als genau diese Frage: „ich“? und „das Andere“? („mein Körper“ als der allernächste Bezugspunkt und dann die Aspekte „dieser Welt“). Meinungen (Ansichten) dazu hat man natürlich noch keine, aber der unausgesprochene Wahrnehmungsbezug dazu (die „(Ur)Frage“, wenn Du so willst) ist da und bleibt da.
Damit ist letztlich aber die gesamte weitere „Entwicklung“ sämtlicher eigener Intentionen und Möglichkeiten jedes Menschen nur von dieser Fragestellung zentral geleitet. Das logischerweise deshalb, weil ja sehr bald dann auch der Wahrnehmungsbezug dazu kommt, daß diese Angelegenheit der eigenen Existenz hier augenscheinlich auch nur eine temporäre zu sein scheint. Man trägt diesen Gedanken nur nicht ständig mit sich herum (das ist einem nicht ständig „bewusst“), was ja auch gar nicht notwendig ist.
Ab dem Zeitpunkt, als man dann endlich auch die lokal gebräuchlichen sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten beherrschte, war man allerdings mit der wohl kuriosesten Situation konfrontiert, die man sich vorstellen kann.
Denn logisch ist ja, daß es auf die Frage „was bin ich in dieser Welt?“ nur eine einzige Erklärung geben kann, die dann auch „richtig“ ist. Es kann nicht zwei verschiedene geben, die dann gleichzeitig „richtig“ sein würden!
Konfrontiert war man dann aber mit „erwachsenen“(?) Menschen, von denen nicht zwei verschiedene, sondern abertausend verschiedene Ansichten (Erklärungen) in Bezug auf diese Fragestellung vertreten wurden!
Eine eigentlich doch kuriose Situation, oder nicht?
Aber da kam dann noch etwas dazu: mit keiner dieser Erklärungen war je das Angebot verbunden, sie auch subjektiv, somit „konkret“ als „richtig“ verifizieren zu können! Egal, von welcher Richtung solche Erklärungen gekommen sind, von den „Religionen“ oder den „Wissenschaften“. Oder hast Du je die Möglichkeit geboten bekommen, z.B. die Erklärung subjektiv als „richtig“ verifizieren können, dass Dein Gehirn denken würde und nicht „Du“?
Was in diesem Zusammenhang lediglich „geboten“ wurde, waren erhebliche Strafdrohungen, wenn man die Erklärungen nicht „richtig“(?) nachgeplappert hat!! Darauf wurde man ständig „geprüft“! Ob das dann inhaltlich subjektiv als „richtig“ verifizierbar ist oder nicht, war und ist dabei völlig nebensächlich. Das haben ja auch die „Erwachsenen“, von denen man so „erzogen“ wurde, selber nicht gewusst und wissen es augenscheinlich noch immer nicht.
Daher war auch das einzige, was in diesem Zusammenhang nur subjektiv verifizierbar wurde, daß der Zustand „Angst“ eintritt, nur weil man etwas jemandem anderen gegenüber nicht „richtig“ sagt. Also wie der das vorgesprochen (eine Theorie „zitiert“) hat, weil man dann möglicherweise persönliche Straffolgen zu erwarten hat!
Somit kann man einmal daraus schlussfolgern, daß sämtliche Ansichten zu grundsätzlichen Fragestellungen, die individuell dann auch später von jemandem vertreten werden und von denen dann ja auch die gesamte Lebenseinstellung (also auch das Verhalten) bestimmt ist, nicht dessen „eigene Ansichten“ sein können! Aber gleichzeitig auch, daß es nicht die „eigenen Ansichten“ jener Erwachsenen sein konnten, der Vorgeneration also, von denen jemand „erzogen“ wurde.
Das ist deshalb so wesentlich, verstanden zu werden, weil solcherart eigentlich auch keine Schuldzuweisung für „nicht richtige“ Ansichten erfolgen dürfte, die in der Praxis aber ständig erfolgt, verpackt in Begriffen, wie: „dumm“, „bösartig“, „geistesgestört“, u.v.a.m.
Wenn man daher einmal von diesem konkreten Sachverhalt ausgeht, dann kann jetzt daraus auch der Grund dafür abgeleitet werden, warum dieses Dilemma überhaupt besteht, „richtig“ nicht feststellen zu können: „nur“ aus „Angst“ (der zentrale Aspekt von „Gehirnwäsche“)!
Also nicht aus einer sachlich begründeten, sondern erst aufgrund dieser „Erziehung“ erworbenen „Angst“ vor anderen Menschen.
Aus Gründen zwingender Logik ist es nun aber auch so, daß es unter diesen abertausenden Ansichten (Erklärungen) zur Grundsatzfrage auch die „richtige“ darauf geben bzw. immer schon gegeben haben muß.
Zum Dilemma, daß diese, auch wenn sie vorliegt, aber nicht mehr als „richtig“ feststellbar ist, wurde es letztlich deshalb, weil unter diesen kuriosen erziehungsbedingt erst entstandenen Umständen dann aufgrund der Feststellung, eine Erklärung würde „richtig“ sein, alle anderen Ansichten als „nicht richtig“ erklärt verstanden würden. Von den Trägern jeweiliger solcher Ansichten wird das dann aber als persönliche Schuldzuweisung falsch verstanden und somit „Angst“ (vor Straffolgen) wieder ausgelöst. Das ist dann wie ein unvermeidbarer „Reflex“, vom Betroffenen selber aber auch nicht mehr beeinflussbar bzw. verhinderbar.
Eine beliebige Erklärung (Ansicht) hängt ja nicht frei irgend wo herum, sondern wird immer durch einen Menschen repräsentiert. Die „Angst“ entsteht daher nicht vor den Erklärungen, sondern vor den argumentierenden Menschen, selbst dann, wenn diese gar kein Schuldzuweisungen dabei andeuten oder tätigen.
Dass dieser „Angstzustand“ die unmittelbare Präsenz eines Menschen bedingt, kann auch damit verifiziert werden, daß er durch das Lesen eines Buches, durch welches eigene Ansichten ja auch als nicht „richtig“ heraus kommen können, nicht ausgelöst wird.
Die Folgen davon, daß sich Menschen selbst aufgrund einer völlig unpersönlich formulierten, also einer sachlichen sprachlichen Formulierung persönlich angegriffen empfinden, kann man in sämtlichen Gesprächssituationen beobachten, wo es darum geht, heraus zu finden, ob eine vorgebrachte Erklärung „richtig“ ist.
Einerseits versuchen die Teilnehmer stets zu vermeiden, Erklärungen als „eigene Ansichten“ in die Diskussion einzubringen. Das erfolgt ganz einfach dadurch, daß man jemanden anderen dafür vorschiebt, man sagt dann dazu, man „zitiert“ jemanden: „Der- oder diejenige hat das so oder so einmal gesagt…“ z.B.
Oder man lenkt sehr bald vom eigentlichen Thema auf ganz andere Themen um, sobald die eingebrachte Meinung droht, als „nicht richtig“ angesprochen zu werden.
Wenn beides nicht gelingt und jemand auf einer „Richtigstellung“ herum bohrt, fliegen bald nurmehr verbale Fetzen gegen die Personen. Versuch´ doch einmal bei einem Kongress von Gehirnforschern aufzustehen und die Frage zu stellen, aufgrund welcher Beweise man behauptet, daß das Gehirn denken würde, warum diese Erklärung also „richtig“ sein würde. Wenn Du Dich danach in einer Zwangsjacke wieder findest, dann hast Du noch Glück gehabt.
Letztlich ist auch jeder „Krieg“ immer das Endergebnis davon, daß man über Grundsatzfragen ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr miteinander reden kann. Und dann „sprechen“ halt die Waffen. Eine schlimme Sachlage natürlich, und das in jeder Hinsicht.
Um es jetzt aber zu einem Ende zu bringen. Diese, nur erziehungsbedingt erst erworbene „Angst“ ist es letztlich, welche es verhindert, daß Erklärungen (Theorien) zu Grundsatzfragen als „richtig“ und „nicht richtig“ zumindest einmal festgestellt werden könnten, als unabdingbare Voraussetzung, um in weiterer Folge dann auch subjektiv diese unterscheidende Feststellung erfassen zu können.
Dieses Dilemma mit all seinen katastrophalen Folgen bleibt daher auch so lange unüberwindbar, solange nicht gleichzeitig auch die Erklärung dafür in alle Diskussionen einfließt, daß, vor allem aber warum kein Mensch aus persönlich schuldhaften Gründen zu einem Träger nicht richtiger Ansichten geworden ist.
Sämtliche, bisher auch dazu entwickelte Erklärungen als bestehende Ansichten darüber sind daher ihrerseits bereits „nicht richtig“.
Ja mehr noch: es muß gleichzeitig auch die Einsicht erfolgen, daß alle bisher „nicht richtigen“ Erklärungen die essentielle Voraussetzung dafür darstellen, daß die „richtige“ irgend wann im Vergleich auch subjektiv als „richtig“ feststellbar werden kann.
Das heißt, dass bereits diese Besprechung eine sehr umfassende Grundlage haben muß und nicht von einer einzelnen Problemfrage ausgehend, wie z.B. hier, gesamtheitlich abgeleitet werden kann.
Mein Manuskript darüber soll ja nur als Beispiel dafür dienen. Als Vorschlag gewissermaßen, den ich, mangels eines anderen damaligen Diskussionspartners sozusagen einmal mit mir selber diskutiert und das Ergebnis daraus dann als eben in dieser Variante nieder geschrieben habe.
So, das war zwar einigermaßen lang, aber zu Deiner Frage in diesem Umfang notwendig.
Liebe Grüße
Gert