Sehr geehrter Capcom,
Ich hab seit 2-3 Monaten permanente Ein-bzw.Schlafstörungen.
Das belastet mich sehr und da ich gerade mein Fach-Abitur nach
mache ist es für den Unterricht nicht gerade vorteilhaft.
Hab schon n paar Sachen ausprobiert
(Baldrian,Kawa…joggen…)keine besserung.
Ich will einfach wieder in meinen normalen Schlafrhitmus
kommen.
Ich war heut kurz beim Arzt, die hat mir dann das Medikament
„Doneurin“ verschrieben.
Hab mich jetzt n bisl im Internet informiert-das ist ein
Antidepressiva…die Beschreibung hört sich für mich nicht
sehr vielversprechend an.
Was haltet Ihr von Benzodiazepine???-ich glaub das könnte mir
helfen will mich einfach mal wieder um 9 oder 10 hinlegen
können und durchschlafen,damit ich wieder in den Rhytmus
komme.
Doneurin enthält den Wirkstoff Doxepin (besser unter dem Handelsnamen Aponal bekannt). Sie haben recht, das *ist* ein Antidepressivum.
Man muß dazu wissen, daß es in niedriger Dosierung durchaus als Schlafmittel angewandt wird und erst in höherer Dosierung und bei langfristiger, regelmäßiger Einnahme antidepressiv wirkt.
Das Problem mit den von Ihnen angesprochenen Benzodiazepinen (wie z.B. Valium oder Noctamid) ist, daß sie *kurzfristig* als potente Schlafmittel wirken können, aber in der Regel nicht zur langfristigen Einnahme geeignet sind (sie können dann abhängig machen, zu Gewöhnungseffekten und Dosissteigerung führen, je nach Halbwertszeit auch tagsüber müde machen, Schwindel und Gedächtnisstörungen hervorrufen, dürfen nicht mit Alkohol kombiniert werden usw.).
Dies ist auch der Grund dafür, warum verantwortungsvolle Ärzte zurückhaltend sind, diese Substanzen ruckzuck zu verschreiben.
Mit anderen Worten: wenn es nur darum geht, mal vorübergehend 2-3 Tage lang einschlafen zu können, könnte man Benzodiazepine in der Tat überlegen, doch wenn es sich um ein längerfristiges Problem handelt,
ist davon abzuraten.
Wenn das Problem, wie Sie schreiben, schon seit „2-3 Monaten“ besteht, müßte man natürlich einmal prinzipiell nach den Ursachen suchen. Eine Einschlafstörung *kann* z.B. auch im Rahmen einer Depression oder von belastenden Lebenskonflikten auftreten (und dazu schreiben Sie außer dem Fachabitur-Stress nichts, würde in diesem Rahmen wohl auch zu weit führen). Wenn dies so wäre, könnten Schlafmittel das Problem natürlich nicht lösen, sondern man sollte stattdessen eine spezifische Behandlung z.B. der Depression einleiten,
entweder durch Antidepressiva in höherer Dosierung oder/und durch eine ambulante Psychotherapie.
Schlafstörungen sind ein sehr weit verbreitetes, aber auch recht komplexes Problem. Prinzipiell sollte man nicht sofort zu Schlaftabletten greifen, sondern auch an seiner sogenannten
„Schlafhygiene“ arbeiten. Hierzu gibt es genügend Literatur, deswegen nur ein paar Stichworte: schweres Essen zu spät am Abend, Alkohol,
Drogen, zu viel Nikotin, Bewegungs- und Frischluftmangel, Arbeiten in Wechselschicht, falsche Schlafgewohnheiten, Fernsehen im Bett, ein ungünstiger Tagesrhythmus und vieles mehr können zu Einschlafstörungen führen.
Außerdem - wie oben gesagt - wenn einen das Leben, das man gerade führt, seelisch so belastet, daß man abends im Bett stundenlang wachliegt und nachgrübeln muß, sind Einschlafstörungen die typische Folge.
*Wenn* trotzdem ein Medikament erforderlich ist, dann am besten nur vorübergehend und nicht dauerhaft (sonst kann man irgendwann ohne Tabletten gar nicht mehr schlafen). Man fängt mit harmlosen pflanzlichen Präparaten an (z.B. Euvegal - Sie haben ja selber etwas in der Richtung erwähnt).
Das mit einem niedrigdosierten Antidepressivum ist gar nicht so schlecht (insofern würde ich Ihrem Arzt keine Vorwürfe machen).
Die besten Erfahrungen habe ich diesbezüglich mit Remergil Sol Tabs (Wirkstoff: Mirtazapin) gemacht, was allerdings relativ teuer ist und deshalb von manchen Ärzten wegen des Praxis-Budgets nicht so gerne verschrieben wird.
Ich bin am überlegen ob ich das Rezept noch behalte, und am
Montag zu einem anderen Arzt gehe und Ihm meine Bedenken
vortrage…habe aber Angst das der denkt ich sei n Süchtiger,
und will nur n bestimmtes Mittel.Das kratzt doch bestimmt an
seiner „Ehre“ wenn ich da ankomm und Ihm vorschlage was er mir
Verschreiben soll…
Naja, erst einmal sollten Sie *wissen*, was Sie da vorschlagen und warum… Mir ist, ehrlich gesagt, nicht recht klargeworden, was Sie an dem Doneurin eigentlich stört?!
Wenn Sie der Meinung sind, daß Benzodiazepine die bessere Lösung wären, stimmt das so nicht unbedingt (siehe oben).
Wie ich oben schon dargelegt habe: wenn das Problem schon länger besteht, sollten Sie möglicherweise erst einmal nach den Gründen suchen (vielleicht läßt sich ja an Ihrem Lebensstil oder an belastenden Problemen etwas verändern - mit oder ohne
Psychotherapie -, so daß Sie abends wieder Ruhe finden), denn ein Schlafmittel greift ja nur an dem Symptom an, nicht aber an den Ursachen.
Eventuell läßt sich auch schon durch einfache Mittel etwas verändern,
indem Sie z.B. wieder mehr Sport treiben oder vor dem Schlafengehen einen langen Spaziergang machen. Auch andere nicht-medikamentöse Methoden wie z.B. das Erlernen der Progressiven Muskelrelaxation nach Jacobson bzw. des Autogenen Trainings wären zu überlegen, es gibt auch sehr gute Entspannungscassetten zu kaufen.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Stefan Müschenich