Drastische Anläße für Veränderungen notwendig?

Großes Gezeter gab es neulich, als man darüber diskutierte, ob mitunter auch längere Arbeitszeiten denkbar sein sollten oder nicht.

Naja, die Franzosen schaffen einen Feiertag ab:

Franzosen müssen künftig am Pfingstmontag arbeiten
Paris (dpa) - In Frankreich wird künftig der Pfingstmontag als Feiertag gestrichen. Durch den zusätzlichen Arbeitstag soll eine neue Solidaritätskasse für Alte und Behinderte nach dem Vorbild der deutschen Pflegeversicherung finanziert werden. Frankreichs Premierminister Jean-Pierre Raffarin erklärte in Paris, die Regierung ziehe damit Konsequenzen aus den dramatischen Auswirkungen der Hitzewelle im vergangenen August mit etwa 15 000 Toten. Darunter waren vor allem alte Menschen. Veröffentlicht von RZ-Online am 06.11.2003 15:16

Ich weiß, ich weiß, auch wir haben seinerzeit den Buß- und Bettag abgeschafft, als es um die Pflegeversicherung ging.

Aber vielleicht braucht es auch in Deutschland auch mal 15.000 Tote bis einige Menschen begreifen, daß auch mal unangenehme Veränderungen sein müssen.

Gruß,
Christian

Hi,

Aber vielleicht braucht es auch in Deutschland auch mal 15.000
Tote bis einige Menschen begreifen, daß auch mal unangenehme
Veränderungen sein müssen.

Wo soll dabei der Sinn stecken?
Dieses Land ist effizient genug um sich sämtliche sozialen Vergünstigungen leisten zu können - theoretisch. Da stehen noch 5-10 Mio Leute rum, die auch gern was machen würden. Nur 5% davon beschäftigt und es wäre dasselbe erreicht.

Gruß
Frank

Hallo Christian,

Naja, die Franzosen schaffen einen Feiertag ab:

Franzosen müssen künftig am Pfingstmontag arbeiten
Paris (dpa) - In Frankreich wird künftig der Pfingstmontag als
Feiertag gestrichen. Durch den zusätzlichen Arbeitstag soll
eine neue Solidaritätskasse für Alte und Behinderte nach dem
Vorbild der deutschen Pflegeversicherung finanziert werden.
Frankreichs Premierminister Jean-Pierre Raffarin erklärte in
Paris, die Regierung ziehe damit Konsequenzen aus den
dramatischen Auswirkungen der Hitzewelle im vergangenen August
mit etwa 15 000 Toten. Darunter waren vor allem alte Menschen.
Veröffentlicht von RZ-Online am 06.11.2003 15:16

Also ich bin für die Umwandlung aller Feiertage in Urlaubstage.

Aber vielleicht braucht es auch in Deutschland auch mal 15.000
Tote bis einige Menschen begreifen, daß auch mal unangenehme
Veränderungen sein müssen.

Sterben für die Reform also - Hmmh … Wer macht den Anfang?

Gruß,
Christian

Gruß
karin

Hi!

Aber vielleicht braucht es auch in Deutschland auch mal 15.000
Tote bis einige Menschen begreifen, daß auch mal unangenehme
Veränderungen sein müssen.

Nein, Deutschland benötigt dafür üblicherweise 10 Mio. Tote…

Im Ernst: die Veränderungen kommen sowieso, allerdings ins negative.
Wir wachen erst auf, wenn der Bürger 70% Abzüge bezahlt und das Niveau unter das der engländer gesunken ist. Dazu brauchen wir noch 10 Mio. Arbeitslose.
Das wird in ca. 10 Jahren der Fall sein.
Nur fürchte ich, wird Deutschland dann nicht nur begreifen, sondern erwachen…

Grüße,

Mathias

Nachgefragt
Hallo Christian,

könntest du bitte diesen deinen Schlußgedanken ein wenig ausführlicher darstellen?

Aber vielleicht braucht es auch in Deutschland auch mal 15.000
Tote bis einige Menschen begreifen, daß auch mal unangenehme
Veränderungen sein müssen.

Besten Dank!

Zerredet
Hallo Christian,

könntest du bitte diesen deinen Schlußgedanken ein wenig
ausführlicher darstellen?

aber bitte per Email an Peet. Ich habe dich verstanden und vermutlich auch jeder andere, der sich mit der Wirtschaftspolitik beschäftigt bzw. an deren Wertschöpfungsprozessen aktiv beteiligt ist. Welchen Sinn macht es, wenn man offensichtliche Wahrheiten zeredet, weil das öffentliche Demonstrieren von sozialer Gesinnung zwar dufte erscheinen läßt, die aktuellen Probleme aber verdeckt?

verärgert,
Klaus

Wind of Change?
Tag Peet.

könntest du bitte diesen deinen Schlußgedanken ein wenig
ausführlicher darstellen?

Die Franzosen sind nicht dafür bekannt, daß sie Einschnitte im sozialen Bereich bzw. im Arbeitsleben (Arbeitszeit, Bezahlung usw.) begeistert hinnehmen. Daß man gleich auf einen ganzen Feiertag verzichtet, ohne daß es zu revolutionsartigen Aufständen kommt, kann man also nur darauf zurückführen, daß die Politiker es verstanden haben, einen kausalen Zusammenhang zwischen Feiertagsverzicht und 15.000 toten Menschen herzustellen.

Wenn ich mir die Diskussionen, die in der Öffentlichkeit und nicht zuletzt hier geführt wurden, ins Gedächtnis rufe, kann ich nur sagen, daß sich die Menschen anscheinend mehr für quartalsweise 10 Euro („Arztgebühr“) interessieren, als darum, daß die jährlichen Krankenkassenausgaben inzwischen wahrscheinlich ausreichen würden, um den Freistaat Bayern zu erwerben.

Anscheinend braucht es in Deutschland auch ein drastisches Ereignis, damit die Menschen einsehen, daß es so nicht weitergehen kann, ob nun in der Arbeitsmarkt- bzw. Wirtschaftspolitik oder bei den Sozialsystemen. Um jedes Fitzelchen Reform wird debattiert, als ob es um den Untergang des Abendlandes ginge, von großen Veränderungen ganz zu schweigen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie die SPD nach der Machtergreifung (Vokabel mit Absicht gewählt, Erläuterung auf Wunsch erhältlich) die wenigen zaghaften (obgleich unzureichenden und verspäteten) Reformen in Sachen Arbeitsmarkt sofort wieder gekippt hat.

So läuft der Hase hier seit 25 Jahren. Inzwischen ist zwar irgendwie jedem bekannt, daß es Probleme gibt, aber es ist nur wenigen bewußt. Ob es nun gleich 15.000 tote Rentner sein müssen, damit ein Umdenken einsetzt, sei dahingestellt. Vielleicht reicht auch schon ein Massenamoklauf der gesamten Berliner Ärzteschaft oder so.

Gruß,
Christian

Sternchen! (zumindest virtuell)

Hallo Christian,

könntest du bitte diesen deinen Schlußgedanken ein wenig
ausführlicher darstellen?

aber bitte per Email an Peet. Ich habe dich verstanden und
vermutlich auch jeder andere, der sich mit der
Wirtschaftspolitik beschäftigt bzw. an deren
Wertschöpfungsprozessen aktiv beteiligt ist. Welchen Sinn
macht es, wenn man offensichtliche Wahrheiten zeredet, weil
das öffentliche Demonstrieren von sozialer Gesinnung zwar
dufte erscheinen läßt, die aktuellen Probleme aber verdeckt?

Schade, dass es hier keine Sternchen gibt.

Die Formulierung ist treffend und spricht
mir auch für einige andere endlos-Threads
aus dem Herzen.

Gruss, Marco

verspätet
Hallo Klaus,

aber bitte per Email an Peet.

tut mir leid, hab die Aufforderung erst gelesen, als mein Artikel schon abgeschickt war. Jetzt mag ich ihn aber auch nicht mehr löschen.

Gruß,
Christian

http://…

Team: URL entsprechend der AGB gelöscht

worst-case-Szenario?
Hi Christian,

Ob es nun gleich 15.000 tote Rentner sein
müssen, damit ein Umdenken einsetzt, sei dahingestellt.
Vielleicht reicht auch schon ein Massenamoklauf der gesamten
Berliner Ärzteschaft oder so.

Danke für deine Erklärung und eine Milderung der zu erwartenden Opferzahl. Für mich geht diese Auffassung von der politischen Rhetorik und/oder Volksdemokratie in eine ähnliche Richtung wie z.B. in dem folgenden Interview:

„Erst wenn die glaubwürdige Bedrohung von viereinhalb Millionen Menschen rüberkommt, dann werden sich Schröder und Fischer umsehen. Fischer hat selbst mal im hessischen Landtag zu Manfred Kanther, als der noch Innenminister war, gesagt: Herr Innenminister, wenn die Arbeitslosen mal aus dem Ruder laufen, dann wird es so viel Polizei nicht geben im Lande. Und so muss es kommen. Die Erwerbslosen müssen zumindest mal die Kulisse aufbauen, was passieren würde, wenn sie die Kreuzungen sperren, mal einen Stromkasten abhängen oder so.“ (http://www.jungle-world.com/seiten/2003/45/1965.php)

Gruß

Wer jammert denn ?
Hallo Christian !

Großes Gezeter gab es neulich, als man darüber diskutierte, ob
mitunter auch längere Arbeitszeiten denkbar sein sollten oder
nicht.

Großes Gezeter gibts auch dann, wenn wieder mal über eine Arbeitszeitverkürzung gesprochen wird. Die Frage ist nur, wer zetert wann und warum !

Naja, die Franzosen schaffen einen Feiertag ab:

Franzosen müssen künftig am Pfingstmontag arbeiten
Paris (dpa) - In Frankreich wird künftig der Pfingstmontag als
Feiertag gestrichen. Durch den zusätzlichen Arbeitstag soll
eine neue Solidaritätskasse für Alte und Behinderte nach dem
Vorbild der deutschen Pflegeversicherung finanziert werden.
Frankreichs Premierminister Jean-Pierre Raffarin erklärte in
Paris, die Regierung ziehe damit Konsequenzen aus den
dramatischen Auswirkungen der Hitzewelle im vergangenen August
mit etwa 15 000 Toten. Darunter waren vor allem alte Menschen.
Veröffentlicht von RZ-Online am 06.11.2003 15:16

Das wird deren Problem aber kaum lösen. Damit haben die Leute noch weniger Zeit, sich um alte, junge und/oder kranke Familienangehörige zu kümmern. So machst Du den Staatsbereich nur unnötig größer.

Ich weiß, ich weiß, auch wir haben seinerzeit den Buß- und
Bettag abgeschafft, als es um die Pflegeversicherung ging.

Aber vielleicht braucht es auch in Deutschland auch mal 15.000
Tote bis einige Menschen begreifen, daß auch mal unangenehme
Veränderungen sein müssen.

Das wird nur nicht helfen. Der Zusammenhang, mehr Arbeit bedeutet mehr Einkommen bedeutet mehr Geld für Bedürftige, ist statistisch und ökonomisch nicht oder nur sehr wenig signifikant. Das Problem liegt nicht nur im Geld, sondern auch in der Zeit, die kaum zur Verfügung steht.

In Zeiten, in denen über die Einschränkung des Staatssektors gesprochen wird, plädierst Du für eine Ausweitung ?? Wie darf ich das verstehn ?

Gruß,

Grüße retour

Christian

Wolkenstein

Hi,

Paris, die Regierung ziehe damit Konsequenzen aus den
dramatischen Auswirkungen der Hitzewelle im vergangenen August
mit etwa 15 000 Toten. Darunter waren vor allem alte Menschen.
Veröffentlicht von RZ-Online am 06.11.2003 15:16

Das wird deren Problem aber kaum lösen.

das habe ich nicht behauptet und das ist mir auch egal. Drücke ich mich denn so undeutlich aus? Mir ging es darum, daß es im streik- und protestgeübten Frankreich möglich ist, einen Feiertag zu streichen ohne dafür geköpft zu werden, wenn man nur das richtige (Schein-)Argument bringt.

Daraus schließe ich, daß es auch möglich wäre, die notwendigen Veränderungen auf den Weg zu bringen, wenn man ein ähnliches drastisches Ereignis präsentieren könnte.

In Zeiten, in denen über die Einschränkung des Staatssektors
gesprochen wird, plädierst Du für eine Ausweitung ??

Genau, dafür bin ich ja bekannt: Alles verstaatlichen und den fiesen freien Markt aus dem Verkehr ziehen, das ist die einzige Lösung für unsere Probleme. Oder war es doch die Ursache? Hmmm…

Gruß,
Christian

Hi,

Hallo Christian !

das habe ich nicht behauptet und das ist mir auch egal. Drücke
ich mich denn so undeutlich aus? Mir ging es darum, daß es im
streik- und protestgeübten Frankreich möglich ist, einen
Feiertag zu streichen ohne dafür geköpft zu werden, wenn man
nur das richtige (Schein-)Argument bringt.

Das letzte Mal öffentlich auffällig wurden Louis XVII und seine Gattin Marie Antoinette geköpft. Danach, nach der Französischen Revolution, habens das mehr in den verborgenen Bereich, sprich nach drinnen, verlegt.

Daraus schließe ich, daß es auch möglich wäre, die notwendigen
Veränderungen auf den Weg zu bringen, wenn man ein ähnliches
drastisches Ereignis präsentieren könnte.

Drastik entbindet aber nicht vom Nachdenken darüber, ob die angewandte Rezeptur tatsächlich das Problem löst oder daran vorbeigeht.

In Zeiten, in denen über die Einschränkung des Staatssektors
gesprochen wird, plädierst Du für eine Ausweitung ??

Genau, dafür bin ich ja bekannt: Alles verstaatlichen und den
fiesen freien Markt aus dem Verkehr ziehen, das ist die
einzige Lösung für unsere Probleme. Oder war es doch die
Ursache? Hmmm…

*breites grins* Hab ich mir doch gedacht. Du und den staatlichen Sektor erweitern, klang so gar nicht nach Dir.

Nur eins is halt blöd, neben dem Staatsversagen gibts auch das Marktversagen. Da gerätst in ein Dilemma. So wie der alte Odysseus, auf der einen Seite der alles verschlingende Strudel und auf der anderen das menschenfressende Ungeheuer.

Ich mein, motivationstheoretisch gesehn, hat zuviel Staat nicht wirklich was für sich, es gibt aber Bereiche, die nur bedingt marktfähig sind. Dazu gehören unter anderem die Bildung und die Altenpflege. Is halt n Zeit- und n Geldproblem. Mit Geld allein wird sichs schwer lösen lassen, wenngleich s ohne auch nich geht.

Gruß,
Christian

Grüße retour
Wolkenstein

Hallo Christian,

das habe ich nicht behauptet und das ist mir auch egal. Drücke
ich mich denn so undeutlich aus? Mir ging es darum, daß es im
streik- und protestgeübten Frankreich möglich ist, einen
Feiertag zu streichen ohne dafür geköpft zu werden, wenn man
nur das richtige (Schein-)Argument bringt.

Glaubst Du wirklich, dass Das nur ein Scheinargument ist um die leeren Kassen zu füllen?

Daraus schließe ich, daß es auch möglich wäre, die notwendigen
Veränderungen auf den Weg zu bringen, wenn man ein ähnliches
drastisches Ereignis präsentieren könnte.

Drastische Ereignisse in diesem Bereich gibt es doch schon mehr als genug:
http://www.verhungern-im-heim.de/

Gruß
karin

Hallo Karin,

Glaubst Du wirklich, dass Das nur ein Scheinargument ist um
die leeren Kassen zu füllen?

sagen wir es so: Man hat den (traurigen) Anlaß genutzt, was unter normalen Umständen nicht durchsetzbar gewesen wäre.

Daraus schließe ich, daß es auch möglich wäre, die notwendigen
Veränderungen auf den Weg zu bringen, wenn man ein ähnliches
drastisches Ereignis präsentieren könnte.

Drastische Ereignisse in diesem Bereich gibt es doch schon
mehr als genug:

Tja, die sind aber nicht medienwirksam genug bzw. werden nicht medienwirksam genug ausgenutzt.

Gruß,
Christian