was stellt Ihr Euch unter einer ´drohenden´und unter einer ´konkreten´ Gefahr für die Öffentlichkeit vor? Sind Euch Beispielsfälle bekannt, die entweder unter die eine oder die andere Kategorie fallen? Ist es vielleicht eher so, dass der schwarze Peter bei der Gefahrenabwehr eigentlich nur auf die Ermittler abgeladen wird und diese in einen immensen Entscheidungsdruck geraten? Was-droht-wem tatsächlich?
Zur Info: Die CSU strebt an, in dem Polizeiaufgabengesetz die „drohende Gefahr“ neben der „konkreten Gefahr“ in die Vorschriften zur Gefahrenabwehr als zusätzlicher Rechtsbegriff aufzunehmen. Zunächst auf Bayerischer Landesgesetzebene. Dies soll eine Entscheidung der Rechtsprechung veranlasst haben…
„drohende Gefahr“ ist ein noch unbestimmter Rechtsbegriff, der mit Sicherheit in der nächsten Zeit von Gerichten mit Leben gefüllt wird. Zum Begriff „konkrete Gefahr“:
Die drohende Gefahr ist übrigens das Pendant zu „muß denn immer erst etwas passieren, bevor die Polizei etwas unternimmt?“.
Bitte die Eingangsfrage beachten. Diese richtete sich explizit an die Teilnehmer des FORUMS von w-w-w. Ungeachtet der absehbaren Gerichtsentscheidungen. Zunächst liegt der Schwarze Peter bei den Ermittlern, die Gesetzeslage auszulegen. Die geraten dabei unter Entscheidungs- und Handlungszwang. Absehbar ist, dass viele Fälle gerichtlich kassiert werden. Das öffentliche Vertrauen in die Ordnungskräfte noch weiter abnimmt und der Ruf nach dem starken Mann noch lauter wird.
Etwas genauer bitte. Werden „drohende Gerfahren“ nicht bereits ordnungs- oder strafrechtlich geahndet (z.B. Trunkenheit am Steuer)? Ist es nicht Aufgabe des Gesetzgebers, sich Gedanken zu machen, wann eine Gefahr „droht“? Wozu ist sonst die Gewaltenteilung überhaupt gut? Wozu bedarf es dann noch einer polizeilichen Generalermächtigung in Form des PAG? Schafft nur zusätzliche Aufregung bei den Ermittlern und weitere kostspielige Verfahren. Unsere Steuergelder.
Das ist ein vollkommen sinnfreier Kommentar. Der Legislative beschließt Gesetze, die Exekutive führt sie aus und die Judikative urteilt aufgrund von Gesetzen bzw. legt diese aus. Das wer-weiss-was-Forum ist kein Element der Gewaltenteilung - zum Glück, möchte man sagen. Insofern ist auch nicht relevant, wie einzelne Mitglieder den begriff auslegen oder die Summe der Mitglieder. Relevant ist das, was im Gesetz steht bzw. wie das später ausgelegt wird. Ich vermute, daß demnächst eine Arbeitsgruppe in München zusammentritt, in die Vertreter des Innenministeriums und der Bayerischen Staatlichen Polizei entsandt werden dürften, die in einem ersten Ansatz versuchen werden, dem Begriff ein Leben zu verleihen, der Niederschlag in den bayerischen Dienstvorschriften finden wird.
Trunkenheit am Steuer ist bereits eine Straftat, d.h. die Frage nach der Gefahr stellt sich da gar nicht mehr. Letztlich ist das Ziel der Veranstaltung doch nicht so schwer zu verstehen: der Handlungsspielraum der Polizei soll erweitert werden, damit diese auch dann eingreifen kann, wenn die Kriterien für eine „konkrete Gefahr“ noch nicht erfüllt sind, aber absehbar ist, daß sich eine Gefahr entwickelt.
Da jetzt gleich den Untergang des Abendlandes zu postulieren, halte ich für ein bißchen übertrieben. Man sollte erst einmal abwarten, wie die neuen Möglichkeiten genutzt werden und ob das zu einer Verbesserung der Sicherheitslage führt oder aber zu einem (gefühlten) Mißbrauch durch die Polizei. Außerdem würde ich mal ganz entspannt abwarten, ob das Gesetz nicht wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitsprinzip kassiert wird.
Meinste wirklich eine absolut subjektive Einschhätzung von Laien? Die dann wahrscheinlich nirgendwo Bestand haben wird und möglicherweise auch falsch ist?
Dann hier, bitte, mit Beispielen:
Drohende Gefahr:
„Wenn du mir das nächste mal so doof kommst, kriegstn paar aufs Maul“
Konkrete Gefahr:
Es bauen sich ein paar Kleiderschränke auf, krempeln die Ärmel hoch und wetzen das Messer.
Alles andere kommentiere ich nicht weiter, habe keinen Bock auf Weltuntergangsszenarien.
Das FORUM ist dazu da, sich hier die Welt zu erklären. Wir sind allesamt Wähler. Tragen Verantwortung, kreuzen an! Sind nicht nur Stimmvieh, die ihre Verantwortung mit dem Kreuz in der Wahlurne auskreuzen. Sollten daher tunlichst auch eine Ahnung davon haben, was die Volksbeauftragen (Politiker) so anstellen. Aktuell: Was es mit der von seiten der CSU geplanten AUFWEICHUNG des Polizeiaufgabengesetz auf sich hat. Ein urdemokratisches Prinzip. Bitte. Danke.
Schlau, wie Du bist! Eine Straftat „Trunkenheit am Steuer“, sehr richtig. Ja, aber warum, die große Frage? Weist Du sicher auch. Weil der Gesetzgeber (hört, hört) festgelegt hat, dass die Gefahr nicht mehr nur konkret vorliegen muss, sondern generell angenommen wird. Wer alkoholisiert mit dem Auto fährt, begeht eine Straftat schlechthin. Sein persönliche Verfassung ist völlig unerheblich. Und kann dem/r Wachmeister/in schnuppe sein. Das ist die gesetzlich definierte Vorgabe zur Abwehr einer drohenden Gefahr. Da hat der Gesetzgeber entschieden. Nun droht, dass der bayerische Gesetzgeber seine Verantwortung ganz und gar an die Polizei abschiebt. Bedroht das nicht eher das was wir schützen wollen? Unseren demokratischen Rechtsstaat? Soll der Gesetzgeber doch im Gesetz aufnehmen, was strafwürdig ist und was nicht.
Aha. Überraschung! Interessant, dass Du dich soweit aus dem Fenster legst und dabei Dir selbst ja ein gewisses Urteilsvermögen zusprichst - im FORUM. Danke.
Nein. Um eine Einschätzung als Wähler habe ich nachgefragt. Jeder, der meint, zu wissen was hier gespielt wird, ist eingeladen, sich zu äußern. Um was geht es letztlich bei der angestrebten Aufweichung des PAG?. Als Wähler bevollmächtigen wir Kandidaten. Mit dem Kreuz in der Wahlkabine erneuern wir unsere Verantwotung. Sie wird angekreuzt. Nicht anders.
Ja, wäre gut. Allerdings reicht ja ein Blick ins Forum, um zu erkennen, daß das nicht einmal ansatzweise der Fall ist.
Keine Ahnung, was das mit undemokratisch zu tun haben soll. Das Gesetz wurde von den gewählten Volksvertretern beschlossen. Und nicht nur das: es dürfte auch dem Wunsch der Mehrheit der bayerischen Bevölkerung entsprechen und wenn sich die Diskussion hier nicht gerade um staatliche Willkür dreht, kann man schon den Eindruck haben, daß auch ein Großteil der WWW-Mitglieder gerne eine Polizei hätte, die nicht erst dann eingreifen darf, wenn die Gefahr konkret ist oder die Straftat passiert ist. Das Problem mit der Gefahr ist nämlich, daß sie oft erst dann konkret ist, wenn es zu spät ist, um noch einzugreifen. Wie oben zitiert: muß denn immer erst etwas passieren, bevor die Polizei eingreift?
Es geht nicht um die Strafbarkeit, sondern um die Frage, wann (d.h. in welcher Situation) die Polizei die Möglichkeit hat, einzugreifen und z.B. Telefone zu überwachen. Hier gibt’s mehr dazu zu lesen:
Daß es nicht erlaubt ist, Kraftwerke in die Luft zu sprengen oder Menschen umzubringen, hat der Gesetzgeber genauso geregelt wie das Verbot von Alkohol am Steuer. Die Frage ist nun, wann die Polizei in welcher Form tätig werden darf, wenn sich jemand daran macht, diese Straftat zu begehen. Bei der Trunkenheitsfahrt war, ist und bleibt das relativ eindeutig. Bei der Gefahr eines Anschlages auf die öffentliche Infrastruktur verhält sich das etwas anders. Zukünftig darf die Polizei präventive Maßnahmen ergreifen, auch wenn die Gefahr noch nicht konkret ist, sondern es reicht, daß die Gefahr „droht“.
In der ganzen Diskussion wird übrigens gerne mal unterschlagen, daß online-Durchsuchungen und TKÜ weiterhin dem Richtervorbehalt unterliegen. Von Überwachungsstaat kann insofern nicht die Rede sein.
Noch ein Beispiel zum Abschluß: wenn jemand verdächtig herumlungert und das auch noch in einer Gegend, in der in letzter Zeit gehäuft Wohnungseinbrüche von international tätigen Banden begangen wurde, wäre es dann nicht sinnvoll, wenn die Polizei sich mit dieser Person befassen dürfte? Darf sie aber u.U. gar nicht oder nur sehr eingeschränkt. In NRW z.B. darf sie gar nichts unternehmen, während sie in Niedersachsen nicht nur die Personalien feststellen, sondern nachschauen darf, was die Person so mit sich herumträgt.
Was ist denn Deiner Ansicht nach sinnvoller und besser geeignet, die Sicherheitslage zu verbessern?
Vor dem Hintergrund: was genau ist das Problem mit dem neuen PAG?
Genau das droht (unter Vorbehalt!) mit dem erweiterten - aufgeweichten - PAG.
Ja. Den schwarzen Peter schiebt die CSU aber nur der Polizei zu. Motto: „Macht mal, liebe Ordnungshüter - jetzt müsst ihr sogar. Wir sind aus allem raus“.
Bei letzterem lastet der Schwarze Peter auf den Schultern der Gerichte
Angesprochen wurden in dem von Dir dankenswerter Weise bereit gestellten Artikel ein paar konkrete Beispiele (bedeutende Rechtsgüter), die ohne Frage bedrohlich sind - laufend und stets gegenwärtig.
Meine Bedenken haben sich insoweit erübrigt. Vielen Dank
.
Kommentar ist das Stichwort. Jedes Gesetz wird nicht einfach so verabschiedet und „dann schauen wir mal, was die Gerichte daraus machen“. Zu jedem Gesetz gibt es Kommentare von irgendwelchen Rechtsexperten (?), wie sie eigentlich gemeint sind.
Da wir als Laien hier keinen dieser Expertenkommentare kennen ist es komplett sinfrei, hier irgendwas in den blauen Dunst zu phantasieren.
Gruß
damals
Um wirklich jeglicher Form von Kriminalität vorzubeugen müßte man alles Leben auslöschen.
Wahrscheinlich läuft es auf willkürliche Festnahmen heraus, frei nach dem Motto: 90% aller Attentäter waren Salafisten, haben sich bestimmte Videos angesehen, bestimmte Kommentare im Internet verfasst - Person X hat dies auch getan, also plant er bestimmt einen Anschlag und wird schonmal präventiv ins Gefängnis gesteckt.
nein.
der handlungsspielraum wird erweitert, die verantwortung - das risiko einer falschen oder voreiligen handlung - reduziert.
„drohende gefahr“ ist jetzt der kurze weg und die einfache lösung.
einfache lösung wird stets dann eingerichtet, wenn die ressourcen knapp sind, hier beispielsweise überlastete gerichte und überstunden bei polizei. man verschiebt das problem auf später, die ursachen bleiben gar völlig unberührt.
der kater beißt sich in den schwanz. mangels „unterbringungsstätten“ beispielsweise oder konstanten ressourcen wird sich die zahl der fälle zusätzlich erhöhen, aber sie werden nicht verarbeitet und umgesetzt. von zusätzlichen problemen wie juristische gegenwehr gegen übergriffige polizei ganz zu schweigen.
falscher weg, falsche lösung.
prävention beginnt bei den ursachen.
nicht erst bei den problemen.
Was sind die Ursachen des Darknets, des Menschenhandels, der Landessabotage, des Terrorismus, der Geldwäsche, der Umweltverschmutzung?
Wäre es nicht effzienter, die Missstände, d.h. die Gefahren für bedeutende Rechtsgüter im öffentlichen Interesse , polizeilich zu bekämpfen: Leib und Leben, der Bestand des Landes, die sexuelle Selbstbestimmung, Eigentums- und Sachenrecht und Umweltschutz?!?
Sie drohen zudem permanent und mit beachtlicher krimineller Energie. Eine ganz andere Liga sozusagen. Sie unterscheidet sich von normaler Kriminalität in erheblicher Art und Weise.
Die Kommentare basieren im wesentlichen auf Gerichtsurteilen und Dokumenten, die im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren entstanden sind. Die reine Meinung von Experten spielt nur eine untergeordnete Rolle. Von daher werden wir schon ein Weilchen warten müssen, bis es zum neuen PAG Kommentare gibt, die sich mit den neuen bzw. geänderten Passagen befassen.