Druck in Flaschen mit kohlensäurehaltigem Getränk

Also, Eurem Physikdilettanten hat man wieder mal ein Buch geschenkt. Daran tut man gut, denn er liest gerne, vor allem wenn es sich über physikalische Vorgänge im Alltag handelt. Ein solches Buch ist „Was Einstein seinem Friseur erzählte“ von Robert Wolke. Allerdings wird da in einem Artikel behauptet, daß sich in Flaschen mit kolhlesäurehaltigen Getränken sich nicht mehr Druck aufbaut, wenn man sie schüttelt. (Nur wenn man sie erwärmt) Das sollen zwei Chemiker (Deamer und Selinger) herausgefunden haben. Daß das ganze schöne Getränk rausspritzt wenn man den Verschluß aufmacht, liegt dann angeblich nicht am Druck, sondern daran, daß sich kleine Bläschen mit Kohlendioxyd plötzlich ausdehnen… Aber üben diese nicht schon vorher Druck aus? Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir ja folgendes in der Schule gelernt: Aus Kohlensäure wird bei mechanischer- oder Wärmeeinwirkung Wasser und Kohlendioxyd, und die wollen mehr Platz einnehmen als die reine Kohlensäure. (Für diese Formulierung hätte ich sicher bei meinem alten Physikprofessor ein minus erhalten) Auch entspricht es meiner Erfahrung, daß eine kinetisch herausgeforderte Colaflasche beim öffnen einen ordentlichen ‚Plopp‘ verursacht, während eine andere die man vorher in Ruhe gelassen hat beim öffnen nur ein leises Geräusch macht. Ich kenn mich nicht mehr aus. (Ist ja für mich keine Schande, bin ja nur der Physikdilettant) Aber vielleicht weiß ja jemand von Euch eine Lösung?

Servus
Herbert

Hallo Herbert

Es wäre ein interessantes Experiment, und eigentlich auch sehr simpel. Denkbar wäre, dass die Cola Flasche immer unter dem eigentlichen Maximaldruck steht. Wenn man sie nach dem Schütteln wieder stehen lässt beruhigt sie sich ja auch wieder. Ich könnte mir vorstellen, dass das System einfach instabiler wird durch das Schütteln.

Anderseits MUSS das Schütteln eine Druckerhöhung herbeirufen, auch wenn sie nur minimal ist. Wenn man ein kohlensäurehaltiges Getränk stehenlässt, es also ins Glechgewicht mit der Umgebung bringt, und dann schüttelt (alles offen natürlich), enstehen ja wieder Bläschen, also haben wir durch das Schütteln den Atmosphärendruck wieder ein wenig überwunden.

Meiner Meinung nach liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen: Ja Schütteln macht Druck, Nein es ist nicht viel

Lg

Doogy

lang lang ist es her.
Da war doch was mit dem Raoultschen Gesetz…

Der Druck der Komponente in der Dampfphase entspricht dem molaren Anteil der gelösten Komponente…

In einem geschlossenem System wie diesem sollte das auch so sein. Und wenn man dazu nimmt das pysikalisch gesehen Bewegung = Wärme ist (verallgemeinert…) dann stimmt auch das Vorposting.

pv=mRT

spez. Volumen in der Flasche ändert sich nicht
Masse auch nicht
Gaskonstante ebenso

also muß hier mit der Temperaturerhöhung sich auch der Druck erhöhen.

Gruß

olli

der hofft sich richtig zu erinnern…

@ Olli und Doggy und eine Beobachtung
Zunächst mal Dank an Olli und Doggy

Ein wenig amüsiert stelle ich fest, daß wir über Vorgänge im Weltall oft besser mehr wissen, als über täglich (für die meisten von uns) gebrauchte Gegenstände.
Folgende Beobachtung: Man kaufe ein kohlensäurehaltiges Getränk in einer weichen Plastikflasche. Dann trinke man so in etwa die Hälfte des Getränkes, mache bei geöffneten Zustand eine kleine Delle, verschließe die Flasche wieder. Die Delle bleibt. Dann schüttle man die Flasche. Die Delle verschwindet und die Flasche fühlt sich wieder prall an. So, ich bin zwar kein Physiker, aber ich behaupte die beiden Chemiker liegen falsch und der Autor hat das ganze vorbehaltlos übernommen. Er schreibt ja auch: 99% der Physiker sind nicht seiner Ansicht — also ich glaube eher den 99%… Aber, ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, vielleicht hab ich ja was falsch verstanden…

Servus
Herbert

Statische und dynamische Vorgänge
Hallo,
Du hast da eine richtige Beobachtung gemacht, aber die
Randbedingungen nicht beachtet und deshalb falsche Schlüsse
gezogen!

  1. In einer geschlossenen Flasche mit Flüssigkeit ist
    Kohlensäure gelöst. Wieviel max. das ist, hängt eindeutig von
    Temp. und Druck ab. Temp. nehmen wir mal als konstant an.
    -> Dann wird sich ! ein Gleichgewicht zwischen gelöster
    Kohlensäure und dem Innendruck einstellen. Schütteln wird
    daran höchtens kurzzeitig was ändern.
    Das Gleichgewicht sihet so aus:

-> Kohlesäure wird frei -> höherer Druck -> Hohlensäure geht in Lösung.

  1. Was Du nun aber beschreibst, ist die Reaktion nach einer
    Störung dieses Gleichgewichts (Druckänderung).
    Nach dem Öffnen ist nämlich der Druck geringer und Kohlensäure
    wird freigesetzt. Die Zeit, die es aber braucht, bis sich jetzt
    wieder ein Gleichgewicht einstellt ist nicht gleich Null!

Außerdem ist diese Zeit stark von den Randbedingungen abhängig.

-> Steht die Flasche in Ruhe wird landsam Köhlensäure freigesetzt
und das Gleichgewicht stellt sich nach längerer Zeit ein!

-> Durch Schütteln (oder Einfüllen von bischen Kristall-Zücker)
wird die Kohlensäure schnell freigesetzt und das Gleichgewicht
stellt sich schnell ein -> Konsequenz: Überschäumen!!!

Beachte also: statische Endzustände können durch die geg.
Formeln sehr leicht berechnet werden aber
-> Übergangszustände sind meist sehr schwer zu beschreiben
-> und dürfen nicht mit dem Gleichgewichtszustand verwechselt werden.
Gruß Uwi

Folgende Beobachtung: Man kaufe ein kohlensäurehaltiges
Getränk in einer weichen Plastikflasche. Dann trinke man so in
etwa die Hälfte des Getränkes, mache bei geöffneten Zustand
eine kleine Delle, verschließe die Flasche wieder. Die Delle
bleibt. Dann schüttle man die Flasche. Die Delle verschwindet
und die Flasche fühlt sich wieder prall an. So, ich bin zwar
kein Physiker, aber ich behaupte die beiden Chemiker liegen
falsch und der Autor hat das ganze vorbehaltlos übernommen. Er
schreibt ja auch: 99% der Physiker sind nicht seiner Ansicht
— also ich glaube eher den 99%… Aber, ich lasse mich gerne
eines Besseren belehren, vielleicht hab ich ja was falsch
verstanden…

Servus
Herbert

Hallo

Allerdings wird da in einem Artikel
behauptet, daß sich in Flaschen mit kolhlesäurehaltigen
Getränken sich nicht mehr Druck aufbaut, wenn man sie
schüttelt. (Nur wenn man sie erwärmt) Das sollen zwei Chemiker
(Deamer und Selinger) herausgefunden haben.

Da haben sie recht. Der Druck ist nach der allg. Gasgleichung nur von der Temperatur abhängig: pV=RT
Da die Temp. konstant bleibt, muss auch der Druck konstant bleiben. (von vernachlässigbaren „Schmutzeffekten“ im Mikrometerbereich mal abgesehen)

Daß das ganze

schöne Getränk rausspritzt wenn man den Verschluß aufmacht,
liegt dann angeblich nicht am Druck, sondern daran, daß sich
kleine Bläschen mit Kohlendioxyd plötzlich ausdehnen… Aber
üben diese nicht schon vorher Druck aus?

Da musst du den Artikel nochmal sorgfältiger lesen: Der Witz beim Schütteln ist nämlich, dass das CO2 sich nun GLEICHMÄSSIG in der Flasche verteilt. Und wenn man die Flasche dann öffnet, wird ein großer Teil der Flüssigkeit beim Expandieren der Gasbläschen mitgerissen. Und das spritzt dann.
Während sich bei der ungeschüttelten Flasche der Druck unbemerkt rauszischt.

Gruß
Oliver

Danke :smile:und noch eine Frage
Servus Uwi,

Vielen Dank, das ist sehr aufschlußreich…

Hmmm, ich hab den Artikel nochmal gelesen. So wie Du es sagst entspricht es auch meiner Beobachtung: Druck baut sich auf, reduziert sich allerdings wenn man die Flasche in Ruhe läßt…logisch, so habe ich das auch früher gesehen. Hmmm, vielleicht hat sich der Autor auch nur mißverständlich ausgedrückt, oder ich hab was falsch verstanden…
Jetzt möchte ich es aber genau wissen: Also, aus Kohlensäure wird Kohlendioxyd und Wasser, und der Vorgang kehrt sich unter Druck wieder um bis sozusagen (für die Flasche) wieder Normaldruck herrscht. Richtig?

Servus
Herbert

Hallo,
Du hast da eine richtige Beobachtung gemacht, aber die
Randbedingungen nicht beachtet und deshalb falsche Schlüsse
gezogen!

  1. In einer geschlossenen Flasche mit Flüssigkeit ist
    Kohlensäure gelöst. Wieviel max. das ist, hängt eindeutig von
    Temp. und Druck ab. Temp. nehmen wir mal als konstant an.
    -> Dann wird sich ! ein Gleichgewicht zwischen gelöster
    Kohlensäure und dem Innendruck einstellen. Schütteln wird
    daran höchtens kurzzeitig was ändern.
    Das Gleichgewicht sihet so aus:

-> Kohlesäure wird frei -> höherer Druck ->
Hohlensäure geht in Lösung.

  1. Was Du nun aber beschreibst, ist die Reaktion nach einer
    Störung dieses Gleichgewichts (Druckänderung).
    Nach dem Öffnen ist nämlich der Druck geringer und Kohlensäure
    wird freigesetzt. Die Zeit, die es aber braucht, bis sich
    jetzt
    wieder ein Gleichgewicht einstellt ist nicht gleich Null!

Außerdem ist diese Zeit stark von den Randbedingungen
abhängig.

-> Steht die Flasche in Ruhe wird landsam Köhlensäure
freigesetzt
und das Gleichgewicht stellt sich nach längerer Zeit ein!

-> Durch Schütteln (oder Einfüllen von bischen
Kristall-Zücker)
wird die Kohlensäure schnell freigesetzt und das Gleichgewicht
stellt sich schnell ein -> Konsequenz: Überschäumen!!!

Beachte also: statische Endzustände können durch die geg.
Formeln sehr leicht berechnet werden aber
-> Übergangszustände sind meist sehr schwer zu beschreiben
-> und dürfen nicht mit dem Gleichgewichtszustand
verwechselt werden.
Gruß Uwi

Folgende Beobachtung: Man kaufe ein kohlensäurehaltiges
Getränk in einer weichen Plastikflasche. Dann trinke man so in
etwa die Hälfte des Getränkes, mache bei geöffneten Zustand
eine kleine Delle, verschließe die Flasche wieder. Die Delle
bleibt. Dann schüttle man die Flasche. Die Delle verschwindet
und die Flasche fühlt sich wieder prall an. So, ich bin zwar
kein Physiker, aber ich behaupte die beiden Chemiker liegen
falsch und der Autor hat das ganze vorbehaltlos übernommen. Er
schreibt ja auch: 99% der Physiker sind nicht seiner Ansicht
— also ich glaube eher den 99%… Aber, ich lasse mich gerne
eines Besseren belehren, vielleicht hab ich ja was falsch
verstanden…

Servus
Herbert

Jetzt möchte ich es aber genau wissen: Also, aus Kohlensäure
wird Kohlendioxyd und Wasser, und der Vorgang kehrt sich unter
Druck wieder um bis sozusagen (für die Flasche) wieder
Normaldruck herrscht. Richtig?

Da weiss ich jetzt nicht , was Du unter Normaldruck verstehst?
Normaldruck ist in der Physik def. mit 1013hPa.

Ich nehme aber an, Du meist eben den Gleichgewichtdruck,
bei dem das gelöste Gas und das ungelöste Gas anteilmäßig
konstant bleibt. Es verändert sich also dann nichts mehr
bis sich entweder der Druck oder die Temp. ändert oder
sonst irgend eine äußere Störung eintritt.
Gruß Uwi